Ein Herz aus Kerzen: Spontane Trauerfeier für tote Schwangere
Fall Rebecca Rund 300 Menschen haben am Samstagabend gemeinsam um Rebecca W. getrauert. Auf dem Volksfestplatz in Aschaffenburg setzten sie weiße und rote Kerzen zu einem großen Herz zusammen. Die Gruppe hatte sich spontan getroffen, nachdem am Mittag auf Facebook dazu eingeladen worden war. Unterdessen planen Freunde und Bekannte der Angehörigen eine Spendenaktion, um die Familie jetzt finanziell zu unterstützen.
Nicht nur AB ist auf den Schildern der Autos zu lesen, die am Samstag gegen 20 Uhr auf dem Aschaffenburger Volksfestplatz eintrudeln, auch ALZ, MIL, HU, OF und DI sind zu sehen. Um die 300 Menschen sind hierher gekommen, einfach, um zusammen still zu sein und damit ihrer Trauer um Rebecca W. Ausdruck zu verleihen. Es ist die Live-Anteilnahme nach den vielen Kommentaren vor allem auf Facebook, in denen Freunde und Fremde – nicht nur aus unserer Region – ihre Gefühle und Gedanken aufgeschrieben haben zum Fall Rebecca, der von einem Vermisstenfall zu einer Gewaltat wurde, als die Polizei ihre Leiche in einer Garage in Großostheim fand.
Den Aufruf machte der Lastwagenfahrer Hans-Joachim Krizsán am Samstagmittag auf seiner Facebookseite. Er hatte, so berichtet der Aschaffenburger gegenüber unserem Medienhaus auf dem Volksfestplatz, am Morgen in dem sozialen Netzwerk vom Tod der 24-Jährigen gelesen. Man müsste was machen, dachte er sich, und zwar hier in Aschaffenburg. Um die Familie, die er gar nicht kannte, zu unterstützen. Das Echo auf den kleinen Facebookbeitrag ist gewaltig. Die, die nicht kommen können, wollen zu Hause eine Kerze anzünden.
Die große Anzahl derer, die kommen, zeigt, dass die anonyme Internetwelt ganz persönliche Kontakt herstellen kann: Hans-Joachim Krizsán jedenfalls kennt jetzt die Angehörigen, Fremde kommen ins Gespräch. Was sie verbindet ist, dass sie nicht fassen können, was da passiert ist: Eine junge Schwangere, tot, ihr Ungeborenes ebenso. Zwei Männer gelten als tatverdächtig. Dafür, das merkt man am Rande der Feier, finden sie keine Worte, können nur sagen, wie unfassbar das alles sei.
Und es sind nicht die coolen Facebook-Kids, die auf den Platz kommen. Frauen wischen sich Tränen aus dem Gesicht, Paare halten sich an den Händen, irgendwo quengelt ein kleines Kind. Es sind normale Leute, viele Eltern mit ihren Kindern, sie hören der Frau zu, die ein ruhiges Lied für alle singt, und dem Lebensgefährten, der mit tränenerstickter Stimme einige Worte an die Menschen richtet, die einfach da sind.
Auf die Bitte der Angehörigen haben die Medien erst gegen Ende der Feier fotografiert und gefilmt und bewusst keine Trauernden aufgenommen. Die ältere Schwester der Toten, Stephanie W., äußerte sich freiwillig gegenüber der Presse. Die 26-Jährige, selbst Mutter eines sechs jahre alten Kindes, beschrieb, wie Unfassbar das Geschehen für sie sei, wie schwer es für Mutter und Vater sei und dass der dreijährige Sohn der toten Schwangeren nach seiner Mutter frage.
Corina Wacker aus Aschaffenburg – die Mutter einer Freundin von Rebecca – und Hans-Joachim Krizsán planen, eine Spendenaktion für die Familie ins Leben zu rufen. "Die Idee ist erste heute entstanden", sagt Wacker. Krizsán lernte sie bei der Feier kennen, jetzt wollen sie gemeinsam dafür sorgen, dass die Familie finanziell entlastet wird, zum Beispiel für die Kosten der Beerdigung. "Zum seelischen Schmerz kommt noch der finanzielle Schmerz dazu", so Krizsán. Man wolle sich jetzt erkundigen, etwa, ob ein Spendenkonto eingerichtet wird. Nina Lenhardt
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