http://www.szbz.de/nachrichten/artikel/detail/?tx_szbzallinone_szbznews%5Bnews%5D=1024459&tx_szbzallinone_szbznews%5Baction%5D=show&tx_szbzallinone_szbznews%5Bcontroller%5D=News&cHash=5a201cb04fcd4cc099d84cfb948e9ce6 (Archiv-Version vom 09.03.2016) Die Sonne ließ sich nur sporadisch blicken am feuchtkalten 20. November. Für Armin Lauter wurde es höchste Zeit, das Fenster reparieren zu lassen. Seit Monaten hing es nicht mehr korrekt in den Angeln. Es war der stumme Zeuge eines Einbruchs, den der Magstadter erst jetzt anzeigte. Seine Versicherung verlangte nach einem polizeilichen Aktenzeichen.
In der Nacht zum Sonntag, 3. August, war Armin Lauter plötzlich hellwach. Merkwürdige Geräusche hatten ihn aufgeschreckt. Der 49-Jährige ertappte einen Unbekannten, der am Fenster hantierte. Der Einbrecher brach seinen Versuch ab und verschwand in der Nacht. Auf eine Anzeige verzichtete Armin Lauter zunächst.
„Er meinte, es sei nichts gestohlen worden“, sagt Polizeisprecherin Tatjana Wimmer, die Lauters Entscheidung auf Nachfrage der SZ/BZ als „schon irgendwie dubios“ bezeichnet. Allerdings: Armin Lauter ist ledig, lebt allein und macht gerne, was er will. Für die Polizei war das trotzdem eine klassische Fehlentscheidung. Tatjana Wimmer: „So hatten wir keine Möglichkeit mehr, Einbruchspuren auszuwerten.“
Ansätze gibt es einige – das soziale Netzwerk des Gebrauchtwagenhändlers, der mit teuren Schlitten arbeitete und des ehemaligen Feuerwehrmanns ist groß – aber die bisher wichtigsten Spuren verlieren sich. Zum letzten Mal gesehen wurde Armin Lauter kurz nach Weihnachten. Wie so oft trank er auch am Sonntag, dem 28. Dezember, in der K&U-Bäckerei im Magstadter Edeka seinen Kaffee. Um 10.30 Uhr zeichnete die Videoüberwachung auf, wie er das Gebäude verlässt. Er stieg in seine graue Mercedes G-Klasse mit roten Überführungskennzeichen und fuhr davon. Danach war er nicht mehr gesehen. Das schon ist ungewöhnlich für einen Mann mit so vielen Kontakten.
Anfang Januar wird daraus ein Vermisstenfall. Tatjana Wimmer: „Bekannte von Armin Lauter haben ihn Anfang Januar vermisst gemeldet.“ Die Polizei nahm die Arbeit auf, suchte auch nach der G-Klasse – und entdeckte diese am Mittwochabend, 7. Januar, in der Gartenstraße in Sindelfingen. Der Geländewagen stand unverschlossen im Halteverbot. Das war völlig untypisch für Armin Lauter, wie die Ermittler in dessen Bekanntenkreis hörten.
Spätestens jetzt konnte die Polizei ein Gewaltverbrechen nicht mehr ausschließen, sagt Tatjana Wimmer. Ein Dutzend Beamte arbeiteten ab sofort in der „Ermittlungsgruppe Garten“ Hand in Hand. Die Kripo nahm den Wagen auseinander, stieß dabei aber auf keinerlei Kampfspuren. Tatjana Wimmer: „Es gibt bislang keine Hinweise, dass Armin Lauter Gewalt angetan wurde.“
Zwei Tage später wurde aus der Ermittlungsgruppe eine Sonderkommission mit rund 30 Beamten. Die Suche nach einem Mann mit der Beschreibung „1,90 Meter groß, 100 Kilogramm, kurzes, graues, nach vorn gekämmtes Haar und blaue Augen“ nahm Fahrt auf.
Die Hoffnung, über GPS-Daten das Handy aufzuspüren und dadurch weiter zu kommen, zerplatzte. Tatjana Wimmer: „Sein Mobiltelefon war zuletzt am Nachmittag des 28. Dezember im Innenstadtbereich von Sindelfingen eingebucht. Das heißt aber nicht, dass damit telefoniert wurde, und lässt auch keinen Rückschluss darauf zu, ob es sich in seinem Besitz befand. Es war dort lediglich angeschaltet.“
Auch die Suche in Armin Lauters beruflichem Umfeld endete immer wieder in Sackgassen. Der Magstadter kauft gebrauchte, exklusive Autos, vornehmlich der Marken Porsche und Mercedes-Benz, im Ausland, bereitet diese auf und verkauft sie dann wieder. „Zunächst wurden seine Geschäftspartner – soweit bekannt und möglich – nach Hinweisen zu seinem derzeitigen Aufenthaltsort befragt“, sagt Tatjana Wimmer.
Parallel dazu nahm die Spurensicherung auf Lauters Betriebsgelände in der Blumenstraße dessen Mercedes S-Klasse unter die Lupe. In diesem Wagen war der 49-Jährige gerne unterwegs. Ein Spürhund steckte seine Nase in die Luxuslimousine. Tatjana Wimmer: „Sinn der Sache war Hinweise auf ein Kampfgeschehen zu erhalten oder über Dokumente und Gegenstände Hinweise zu seinem Aufenthaltsort zu bekommen. Es hat sich aber nichts ergeben.“ Auch gab es bis heute keine Erkenntnisse über gestohlene Fahrzeuge.
Am Abend des 9. Januar verteilten Polizisten in den Sindelfinger Kneipen und in Magstadt Flugblätter. Gleichzeitig laufen bis heute Suchaktionen und Befragungen. „Wir sind ab dem 8. Januar mit Personenspürhunden, dem Polizeihubschrauber und der Polizeireiterstaffel auf der Suche nach Hinweisen“, sagt Tatjana Wimmer, „und haben insbesondere in und um seine Wohnung sowie seine Firmensitze und eben um die G-Klasse Suchhunde eingesetzt. Wir erweitern den Radius Zug um Zug.“
Am 13. Januar nahm einer der Hunde eine Fährte auf. Zwar ist unklar, von welchem Datum diese stammte, aber sie führte zum Sindelfinger Klostersee. Am 20. Januar gingen Polizeitaucher mit Boot und Sonar ins Wasser. Am 25. Januar schnüffelten Wassersuchhunde, zwei Tage später durchwühlten Polizeitaucher den Klostersee.
Noch am gleichen Tag startete ein Polizeihubschrauber zu einem Erkundungsflug, um die Umgebung für weitere Suchansätze wie Waldgebiete und Seen zu inspizieren, danach legten erneut Suchhunde und die Reiterstaffel los, um die Gegend vom Boden aus zu betrachten. Mittlerweile dehnte sich die Suche durch Hunde und Reiter auch auf Gewässer und Wälder in Nufringen und Ehningen aus.
Suchaktionen starten, Befragungen im persönlichen und geschäftlichen Umfeld laufen. Die Spurensicherung wertet Fahrzeuge, Firma und Wohnung aus. Aktenordner füllen sich mit Dokumenten, die zu weiteren Kontaktpersonen führen. Armin Lauter bleibt vermisst, die Arbeit geht weiter.
Info
Zeugen, die Hinweise zum Vermissten geben können, werden gebeten, sich unter Telefon 0 70 31 / 13 11 00 oder 0 70 31 / 13 11 11 zu melden.