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Opferanwältin: „Es sind nicht mehr als Lippenbekenntnisse“
Für Opferanwältin Ina Alexandra Tust fallen die Worte von Sebastian S. zu spät. „Das hätte früher kommen können. Es sind nicht mehr als Lippenbekenntnisse, um Schönwetter zu machen“, glaubt die Rechtsvertreterin der Familie. Angehörige von Jasmin verfolgen im Saal 115 die Erklärung. Die Eltern des Opfers ersparen sich auch dieses Mal den Anblick des mutmaßlichen Mörders. Sebastian S. beobachtet genau. Mit den Zeugen hält er Blickkontakt. Auf die Besucherränge schaut er dagegen nicht einmal. Dort sitzen ehemalige Freunde und Weggefährten.
Der Angeklagte Sebastian S. hat die Tat bereits gestanden.
Die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Hans Jagenlauf lässt an diesem Verhandlungstag zunächst zwei Polizisten aus Borna zu Wort kommen. Der eine Beamte hat Sebastian K. vor dem Fund der Leiche noch als Zeugen befragt, sein Kollege dann später als dringend Tatverdächtigen. „Er war sehr kooperativ, versuchte auf jede Frage eine Antwort zu geben“, berichtet der erste Vernehmer. Auf der Rückfahrt vom Polizeirevier nach Hause plaudert Sebastian S. sogar mit den Ermittlern weiter. Er mache sich Sorgen, was mit Jasmin passiert ist, sagt er.
Dabei weiß der junge Mann aus dem kleinen Ort Hopfgarten das ganz genau. Reden will er vor Gericht noch immer nicht. „Mein Mandant ist nicht in der Lage, weitere Erklärungen abzugeben“, sagt Verteidiger Wittner. Die Kammer lässt deshalb am späten Vormittag Videoprotokolle auf einer Leinwand vorspielen.
Videoprotokolle zeigen Berichte von Sebastian S.
Knapp zwei Wochen nach seiner grausigen Tat führt der mutmaßliche Mörder die Polizei an die Orte seines Verbrechens und berichtet freimütig. Oft ist Sebastian S. nur schwer zu verstehen. Er spricht schnell, nuschelt dabei, die Worte im Dialekt eingefärbt. Die Tat schildert er so: Es ist zwischen 3 und 4 Uhr am Pfingstsonnabend. Jasmin will ihren Kumpel mit dem Auto schnell nach Hause bringen und dann selbst ins elterliche Haus nach Elbisbach.
Auf der Straße zwischen Bad Lausick und Elbisbach bittet Sebastian S. seine Fahrerin zu stoppen. Am Straßenrand muss er austreten. Als er zurück in den von Jasmins Mutter geliehenen Skoda steigt, geht alles ganz schnell. Zuerst schaltet der Beifahrer den Motor aus. „Was soll das“, sagt sein Opfer noch. Dann schlägt Sebastian S. auf die junge Frau ein und würgt sie, bis sie sich nicht mehr bewegt. Ob sie da schon tot ist, bleibt weiter offen.
Stroh 80 pur in der Disco
Anschließend zieht er die Auszubildende auf seinen Sitz und setzt sich selbst hinters Steuer. Zu diesem Zeitpunkt ist der junge Mann stark betrunken. „Ich habe schon frühs angefangen zu kippen“, formuliert er für das Videoprotokoll und meint damit den Vortag. Am Abend kommen weitere Getränke hinzu: Selbstgemixtes auf der Fahrt, Bier, Cocktails und Stroh 80 pur in der Disco. Dennoch schafft er es mit dem Auto bis nach Hause. Dort parkt er den Kleinwagen in der Garage, schleppt Jasmin ins Wohnzimmer und vergeht sich an ihr. Danach würgt er sie mit dem Riemen ihrer Handtasche. Sebastians Eltern sind nicht zu Hause, die kranke Großmutter schläft in einer anderen Etage und bemerkt nichts. Den leblosen Körper lädt der damals 23-Jährige in den Kofferraum des Skoda. Den Wagen will er in einem Tümpel bei Tautenhain versenken. Mit Schwung fährt er auf das Gewässer zu, bleibt mit dem Unterboden aber hängen und flüchtet zu Fuß nach Hause.
„Ich habe es nicht geplant“
Ein schlüssiges Motiv für diese Gewalttat liefert auch der zweite Prozesstag nicht. „Ich kann das nicht erklären, sie stand immer hinter mir“, sagt der Angeklagte in die Videokamera. Rainer Wittner sucht in der Vernehmung nach einem Ansatz. „Hatten Sie die Eingebung, einen Menschen töten zu müssen?“, fragt er seinen Mandanten. Wenn er sich Filme anschaute, habe er sich manchmal gefragt, wie es ist, einen Menschen umzubringen. Konkrete Mordfantasien seien daraus aber nicht entstanden. „Ich habe es nicht geplant“, versichert S.
Als emotionslos beschreibt der zweite Polizeivernehmer den mutmaßlichen Gewalttäter. Regungen wie einzelne Tränen wirkten auf den Beamten gespielt. „Er machte nicht den Eindruck, dass er trauere“, so der Polizist. Ein Motiv kann auch der Beamte seinem Gegenüber nicht entlocken. Eine unerwiderte Liebe bestreitet er. „Freundinnen von Kumpels sind tabu“, sagt S. aus. Jasmin war mit einem Bekannten aus der Clique liiert.
Die Kammer lässt am Nachmittag weitere Videoaufnahmen aus der Polizeidirektion vorspielen. Die Tatversion von S. ändert sich dabei nicht, er schmückt seine Aussagen mit zusätzlichen Details aus. Rund 20 Stunden haben die Ermittler mitgeschnitten.
Am Freitag wird der Prozess mit weiteren Zeugen fortgesetzt. Geladenen sind unter anderem Erik S., der zusammen mit Sebastian und Jasmin aus der Disco nach Hause fuhr, aber zuvor ausstieg. Aussagen soll dann auch Jasmins Freund.
© LVZ-Online, 16.12.2014, 22:49 Uhr