Ich muß sagen, dass ich mit der App in der bisherigen Form recht zufrieden bin. Sicher kann man noch einiges verbessern. Ich halte es für realistisch, dass man dies tun könnte ohne den Datenschutz einzuschränken.
Ich würde aber gern einige Punkte anschneiden, die meiner Meinung nach in der öffentlichen Diskussion zu kurz kommen.
1) zu der Forderung, dass die Gesundheitsämter mehr bzw. automatisch Daten erhalten sollen:
Dazu müßten die Daten zentral gespeichert werden.
Dies ist jedoch momentan schon rein technisch nicht möglich, da die Schnittstellen in Android und iOS nur die dezentrale Speicherung unterstützen.
Die Regierungen von Deutschland und Frankreich haben bereits im Frühjahr versucht, Google und Apple zu entsprechenden Änderungen zu bewegen, jedoch ohne Erfolg.
Außerdem ist es so, dass eine Corona-App mit zentraler Datenspeicherung nicht mehr mit den Corona-Apps der meisten anderen europäischen Länder kompatibel wäre, also im EU-Ausland nicht oder nicht richtig funktionieren würde.
2) weil Südkorea oft als Positivbeispiel genannt und gerne gesagt wird, dass das ja auch eine Demokratie ist:
Dort hat man teilweise zu grenzwertigen Mitteln gegrifffen, die einige unschöne Nebenwirkungen hatten.
Es wurden vom Staat z.B. Daten von Coronainfizierten veröffentlicht. Hatte sich in einem bestimmten Bezirk eine Person mit Corona infiziert, erhielten andere im selben Bezirk eine Nachricht auf ihr Handy, im Stil von "ein Mann zwischen 30 und 40 im Bezirk Nowon wurde positiv auf Corona getestet, seine Fallnummer ist 12345". Zudem gab es die Möglichkeit, einen Link zu einer Seite anzuklicken, auf der angezeigt wurde, wo sich diese Person in den letzten Tagen aufgehalten hatte.
In koreanischen Internetforen kursierten daraufhin wildeste Spekulationen und Hobbyermittler versuchten, die Personen zu identifizieren. Aufgrund der Aufenthaltsorte wurden den Personen u.a. Bordellbesuche, Ehebruch und Versicherungsbetrug unterstellt. Eine Frau wurde sogar von einem Fernsehteam aufgespürt und sah sich veranlasst, sich vor der Kamera für den angeblichen Versicherungsbetrug zu rechtfertigen.
Quellen:
https://www.bbc.com/news/world-asia-51733145https://www.theguardian.com/world/2020/mar/06/more-scary-than-coronavirus-south-koreas-health-alerts-expose-private-lives3) zu dem Argument "wir haben ohnehin schon Grundrechte eingeschränkt, da können wir den Datenschutz ja auch vorübergehend einschränken":
Der Unterschied ist meiner Meinung nach, dass man so etwas wie eine Ausgangsbeschränkung einfach aufheben kann und dann alles wieder wie vorher ist. Aber einmal gespeicherte Daten können auf viele Jahre hin bestehen bleiben und irgendwann in die falschen Hände geraten (siehe die Fälle, in denen Rechtsextremisten über Polizeicomputer persönliche Daten von "Feinden" abgefragt haben).
Es kam auch schon mehrfach vor, dass während Ausnahmesituationen Gesetze erlassen wurden, die erst streng begrenzt waren, dann aber einige Zeit später im Eilverfahren (vielleicht noch während einer Fußball-WM) erweitert oder entfristet wurden.