Zunächst schönen Dank für eure Antworten, die mir schon einmal Einiges erhellen.
Natürlich kenne ich die Artikel der Süddeutschen, die mir leider nur wenigl Neues vermitteln. Ich kenne auch einen Artikel aus c't (10/2020, S.15) in dem dargelegt ist, dass die in einer Messkammer gemessene Empfangsfeldstärke beim Abstand von 2 m zwischen unterschiedlichen Smartphones um 30 dB variiert.
Auf
https://www.researchgate.net/publication/340647120_Contact_Tracing_Coronavirus_COVID-19_-Calibration_Method_and_Proximity_Accuracygibt es eine Vorveröffentlichung (April 2020) von Prof. Meckelburg (Uni Bochum) zum Problem Abstand und Feldstärke (Auszug aus der Zusammenfassung):
"This work examines one of the problems that arise in determining the proximity. There are
basically two types. Smart phones are mass-produced products that are structured very
differently, what results in systematic proximity errors. This paper outlines a calibration
method by which these errors can be totally removed. The other problem concerns the radio
channel with multi path fading effects. If the systematic errors are not removed by the
calibration method, then BLE will be completely unsuitable for the intended purpose of
interrupting the infection chains."Meckelburg sieht die ganz oben angedeuteten unterschiedlichen Übertragungseigenschaften unterschiedlicher Smartphones als gelöst an. Allerdings unter idealen Bedingungen im HF-Messraum. Der Hammer sind sind die beiden letzten Sätze, die sinngemäß lauten:
"Das andere Problem betrifft die Übertragung mit Abschwächungen durch Mehrwegempfang. Wenn diese systematischen Fehler nicht durch die Kalibriermethode entfernt werden, ist BLE für die Unterbrechung von Infektionsketten völlig ungeeignet."Ich gehe davon aus, dass das Problem noch nicht gelöst ist, weil es noch keine endgültige Veröffentlichung ist (Stand Juli 2020).
Abahatschi schrieb:Das ist richtig, braucht keine SIM.
Danke für die Info. Ich halte sie für wichtig und frage mich, warum die der Öffentlichkeit vorenthalten wird.
FF schrieb:Dein Bluetooth funktioniert nicht in der Nähe von Metall?
Bluetooth funktioniert schon in der Nähe von Metall. Durch Reflexionen der Wellen an Metallflächen und Beugungen an Haltestangen usw. gibt es aber den von Meckelburg erwähnten Mehrfachempfang, der die Methode infrage stellt.
FF schrieb:Auch auf Deinem Computer/Laptop von vor 10 Jahren kannst Du nicht alle neuen Programme installieren. Man nennt es technischen Fortschritt, ohne den es gar kein Bluetooth oder Smnartphone gäbe.
Das ist schon richtig. BLE gibt es seit über 10 Jahren. Deshalb sollte es auch in älteren Geräten verfügbar sein. Ich sehe ein Telefon nicht als PC an (meiner ist 8 Jahre alt und läuft praktisch ohne Einschränkung). Bei einem Telefon denke ich an Nutzungsdauern von mindestens 20 Jahren. 5 Jahre sind schon mager. Bevor die Telekom das Analog-Netz abgeschaltet hat, funktionierten auch Apparate mit Wählscheibe aus den 1930er Jahren. Das Problem scheint nicht die Hardware zu sein, sondern die Weigerung der Hersteller ältere Betriebsystemversionen entsprechens zu modifizieren. Es wird uns in Aussicht gestellt, dass die Corona-App auch auf älteren Handys demnächst laufen soll.
FF schrieb:Was die Sicherheit angeht, würde ich eher dem CCC als meinem Bauchgefühl vertrauen, das ich angesichts einem für mich undurchschaubaren Zeichensalat bekomme.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass in der App keine Tricks enthalten sind. Ich behaupte nicht, dass es unmöglich ist, einen Quelltext nachzuempfinden. Ich behaupte auch nicht, dass die CCC-Leute unfähig sind. Ich behaupte, dass die dafür verfügbare Zeit zu kurz war, eventuell versteckte Tricks zu erkennen.
Ich kenne die Situation, dass mir ein Kollege einen von ihm erfundenen Programmtext vorlegt und mich um Mithilfe bei der Fehlersuche bittet. Bevor ich kapiert hatte, was er warum programmiert hat, hätte ich das Programm locker selbst schreiben können. Bei den CCC-Leuten düfte es kaum anders sein.
FF schrieb:Diu vertraust doch sonst auch auf die Technik Deines Smartphones.
Nein, dem vertraue ich nicht. Ich habe die Erfahrung, dass es im Normalbetrieb funktioniert. Ich hatte aber auch Situationen, in denen nichts ging. Und in unserem Fall ist das System zweckentfremdet für eine Funktion, für die es niemals konzipiert war.
FF schrieb:blattschuss schrieb:
Ich bin ein neugieriger Mensch. Deshalb würde es mich brennend interessieren, wie viele fremde Handys das Abstandskriterium im Laufe der Zeit erfüllen....
Dafür, dass es Dich so brennend interessiert, hast Du scheinbar noch nicht viel darüber gelesen.
Sorry hier steht mein Problem nur zwischen den Zeilen. Konkret interessiert mich, ob die Corona-App auf Kommando eine Liste aller intern gespeicherten Kontakte liefert.
FF schrieb:Warum sollten die Alarme bei Schülern häufiger Fehlalarme sein? Gehen die schlampig mit ihrem Bluetooth um?
Wir müssen davon ausgehen, dass die Entfernungsmessung unzuverlässig funktioniert (siehe oben Link zu Meckelburg). Logisch wäre also, dass während 15 min weit weniger Kontakte innerhalb eines Klassenraums erkannt werden als während mehrerer Stunden bei gleicher Konstellation. Es müssten also Viertel-Stunden-Intervalle dabei sein, in denen die Auslösegrenze nicht den vorgesehenen 2 m entspricht sondern durchaus auch 5 m oder 10 m erreicht. Ein Fehlalarm bestünde also darin, dass auch Mitschüler gewarnt werden, die viel zu weit entfernt waren. Die Existenz solcher Fehler ließe sich übrigens an der Liste aller gespeicherten Kontakte erkennen. Wenn es so viele sind wie Schüler in einer Klasse (das würde ich befürchten), dann stimmt etwas nicht.
Jairo schrieb:Meine schon einen richtigen Schlüsselanhänger...
Einen Schlüsselanhänger würde ich für absolut ungeeignet halten. Und zwar weil außer der Elektronik auch noch Schlüssel daran hängen. Die Reichweite hängt davon ab, ob es große, kleine, viele oder wenige Schlüssel sind, die das gesendete Feld beeinflussen.
Wir müssen uns im Klaren sein, dass nicht das Smartphone alleine das sendende System ist. Der Sender (von mir aus auch Sendeantenne) besteht aus dem Gerät und dem Träger.
Ich gehe jetzt davon aus, dass die Corona-App auch ohne SIM-Karte funktioniert. Wenn sie jetzt auch noch eine Liste der erkannten Kontakte herausgibt, würde ich ein Gefühl dafür bekommen, wie zuverlässig das Ganze funktioniert. Dann würde ich mir innerhalb der nächsten Tage ein Billig-Handy allein für diesen Zweck beschaffen.