@allVelikovsky
"In seinem Buch Welten im Zusammenstoß (1950) stellte der amerikanische Psychologe Dr. Immanuel Velikovsky die These auf, daß sich zwischen dem 15. und 8. Jahrhundert v. Chr. eine Reihe weltweiter Katastrophen ereignete. Teile der Erdoberfläche erwärmten sich, bis sie schmolzen, Meere siedeten und verdampften. Gebirgsketten verschwanden, während an anderer Stelle neue entstanden. Kontinente hoben sich und verursachten globale Fluten. Velikovsky untermauerte sein Szenario von einer weltweiten Katastrophe mit einer Fülle von Zitaten aus alten Quellen - zum Beispiel aus dem Alten Testament, der hinduistischen Veda, der griechischen und römischen Mythologie sowie den Mythen und Legenden alter Völker - wie auch mit physikalischen Beweisen aus der Geologie und Paläontologie.
Velikovsky zufolge wurden diese gewaltigen Umwälzungen durch eine außergewöhnliche Serie astronomischer Ereignisse verursacht. Die von ihm vorgebrachten Beweise legen nahe, daß es einst Kollisionen oder Beinahkollisionen von Planeten im Sonnensystem gegeben hat und daß die Erde mit dem Schweif eines Kometen kollidiert sein muß, der dann zum Planeten Venus wurde. Diese Ereignisse, bei denen die Wechselwirkungen zwischen den Magnetfeldern der Erde und anderer Planeten eine wichtige Rolle spielten, waren laut Velikovsky dafür verantwortlich, daß sich die Umlaufbahn und die Inklination der Achse der Erde wiederholt verändert haben.
Bereits im Jahre 1946 hatte Velikovsky mit der Macmillan Company einen Vertrag für dieses Buch geschlossen, und im Jahre 1950 lag es zur Veröffentlichung vor. Im Januar jenes Jahres erschienen in der Zeitschrift Harper's Magazine zwei gekürzte Artikel des Buches unter der Überschrift 'Der Tag, an dem die Sonne stillstand'. Die Zeitschrift war sofort ausverkauft. Zeitungen in den USA und im Ausland druckten die Artikel nach, und weitere, populärwissenschaftlich gehaltene, erschienen in Reader's Digest und in Collier's Magazine. Die meisten Artikel waren reißerisch abgefaßt, und Velikovsky drohte, sie nicht als seine eigenen anzuerkennen, falls sie nicht im Ton gemäßigt würden.
Als diese sensationellen Geschichten überall kursierten, begann das wissenschaftliche Establishment zu reagieren. Kurz bevor das Buch veröffentlicht werden sollte, erhielt Macmillan zwei Schreiben von Harlow Shapley, Professor für Astronomie an der Harvard University. In seinem ersten Brief äußerte Shapley sein Erstaunen darüber, daß Macmillan es auch nur in Erwägung gezogen habe, sich in den Bereich der 'Schwarzen Kunst' vorzuwagen, zeigte sich jedoch zufrieden darüber, daß man nun Vernunft angenommen und beschlossen habe, das Buch nicht herauszugeben. Als der Verlag darauf antwortete und dem Professor erklärte, daß er einem Gerücht aufgesessen sei, weil die Veröffentlichung wie geplant erfolgen werde, erwiderte Shapley, obwohl er das Manuskript noch nicht gesehen hatte: 'Es wird interessant sein, in einem Jahr von Ihnen zu erfahren, ob der Ruf von Macmillan Co. durch die Veröffentlich von Welten im Zusammenstoß Schaden nahm oder nicht.' Er schloß seinen Brief mit dem Hinweis, man solle doch einmal Velikovskys Background überprüfen, da es sehr gut möglich sei, daß es sich bei diesem Buch um 'intellektuellen Betrug' handele.
Im Februar 1950 wurden Velikovskys Ideen in einer Ausgabe des von Shapley herausgegebenen Science News Letter gründlich verrissen. Dieser vernichtende Bericht erschien zu gleicher Zeit wie das Buch, das noch keiner der Kritiker bis dahin gesehen hatte.
Velikovsky hatte seine Theorien mit sehr detaillierten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen untermauert, und zwar aus den unterschiedlichsten Disziplinen wie Geschichte, Anthropologie, Geologie, Astronomie und Biologie, um nur einige zu nennen. Ja, seine Fachkenntnisse zu diesem Thema übertrafen bei weitem die Kenntnisse einiger seiner Kritiker, was die unschwer zu erratende Konsequenz zur Folge hatte, daß sie sich nicht mit den zur Diskussion stehenden wissenschaftlichen Fragen beschäftigten, sondern Velikovsky persönlich angriffen.
In den folgenden Monaten konnten sich die Zeitungen des Landes der beleidigenden Rezensionen wissenschaftlicher Kapazitäten kaum noch erwehren. Jedoch mit den wissenschaftlichen Fragen hatten sich die wenigsten auseinandergesetzt; man begnügte sich damit, Velikovsky zu verspotten. [...]
Aber im Mai, als die höchsten Verkaufszahlen erreicht wurden, hatte man Velikovsky zu Macmillan zitiert und ihn davon unterrichtet, daß die Professoren bestimmter Universitäten sich weigerten, die Vertreter von Macmillan zu empfangen. Das brachte den Verlag in ernsthafte Schwierigkeiten, denn ein wesentlicher Teil seiner Einnahmen stammte aus dem Verkauf von Lehrbüchern an Universitäten. Außerdem hatte man Briefe von Wissenschaftlern erhalten, die von Macmillan verlangten, den Vertrieb des Buches einzustellen. [...]
Als Velikovsky an Welten im Zusammenstoß schrieb, glaubten die Astronomen, daß der Planet Venus ein alter Planet sei, dessen Oberfläche wie die der Erde kühl sei und dessen Athmosphäre vorwiegend aus Wasserdampf oder Kohlendioxid bestehe. 1946 hatte Velikovsky das Manuskript für sein Buch fertiggestellt und versuchte nun, die Unterstützung von Wissenschaftlern zur Durchführung von Experimenten zu gewinnen, mit denen seine These kritisch überprüft werden sollte. Was den Planeten Venus betrifft, machte er drei Voraussagen, die im Prinzip alle durch Experimente falsifizierbar waren. Als erstes behauptete er, daß die Oberflächentemperatur der Vernus, sofern sie ein relativ junger Planet sei, immer noch sehr heiß sein würde. Zweitens würde die Venus dann von Kohlenwasserstoffwolken umgeben sein - nämlich den Überresten eines kohlenwasserstoffhaltigen Kometenschweifs. Und drittens müßte sie eine anomale Rotationsbewegung haben, da Perturbationen von ihrem erst relativ kurz zurückliegenden Eintritt in eine Umlaufbahn zurückgeblieben seien.
Als Velikovsky 1953 vor Hochschulabsolventen der Universität Princeton sprach, wies er auf zwei weitere überprüfbare Phänomene hin: daß das Magnetfeld der Erde genauso weit in den Weltraum hineinreiche wie die Umlaufbahn des Mondes und für dessen Libration oder Schwankungen verantwortlich sei und daß der Planet Jupiter (von dem seiner Meinung nach der Komet Venus abstamme) im Hochfrequenzbereich des elektromagnetischen Sprektrums strahle.
Diese Voraussagen waren für die Wissenschaftler der fünfziger Jahre der Beweis für Velikovskys Unwissenheit, seinen Wahnsinn oder auch beides. Harlow Shapley wollte absolut nichts mit den experimentellen Forschungen, mit denen Velikovskys Ideen bestätigt werden sollten, zu schaffen haben. Als man beispielsweise vorschlug, Shapley könne doch das Harvardobservatorium benutzen, um nach Beweisen für das Vorhandensein von Kohlenwasserstoff in der Venusatmosphäre zu suchen, antwortete Shapley, daß er an Velikovskys 'Sensationsmeldungen' nicht interessiert sei, da sie gegen die Gesetze der Mechanik verstießen. 'Wenn Velikovsky recht hat,' meinte er, 'dann sind wir anderen alle verrückt.'
Ein Jahrzehnt nach der Veröffentlichung des Buches wurden alle Thesen Velikovskys experimentell bestätigt. Die Raumsonde Mariner übermittelte 1963, daß die Oberflächentemperatur der Venus im Bereich von 500 Grad Celsius liegt und daß sich die über 20 Kilometer dicke Atmosphäre des Planeten aus schweren Kohlenwasserstoffmolekülen und möglicherweise noch komplexeren organischen Verbindungen zusammensetzt.
Im April 1955 berichteten Dr. B.F. Burke und Dr. K.L. Franklin der American Astronomical Society von ihrer zufälligen Entdeckung des Funkrauschens, das Jupiter sendet. Im Jahre 1962 verkündeten das US Naval Research Laboratory in Washington und die Goldstone Tracking Station in Südkalifornien, radiometrische Beobachtungen würden eine rückläufige Bewegung der Venus zeigen. Im gleichen Jahr entdeckte der Satellit Explorer das Magnetfeld der Erde in einem Abstand von mindestens zweiundzwanzig Erdradien, und 1965 wurde berichtet, daß es sich 'mindestens bis zum Mond' erstreckt."
aus: Richard Milton: Verbotene Wissenschaften
Richard Milton: Verbotene Wissenschaften
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Für die deutsche Übersetz
Welches Muster verbindet den Krebs mit dem Hummer und die Orchidee mit der Primel und diese vier mit mir? Und mich mit Ihnen? (Gregory Bateson)