Parapsychologie und Hochliteratur
13.01.2009 um 02:15Halli-Hallo
Beim neuerlichen Lesen von T.Manns "Doktor Faustus" beschäftigt mich wieder die Frage, inwiefern sich Hochliteraten mit der Parapsychologie beschäftigt haben.
Schon bei Tolstois "Krieg und Frieden" fiel mir diese Thematik auf, noch mehr bei Gustav Meyrinks "Golem" etc.
Dieses Thema scheint ein zentrales Grundmotiv der Anspruchsvollen Literatur zu sein und mich würde interessieren, was Ihr dazu gelesen habt.
Ohne diesen Drang zum Grenzwissenschaftlichen (man denke des weiteren an Paracelsus und die mittelalterliche Alchemie), gäbe es heute wohl keine moderne Naturwissenschaft (von Alchemie zur Chemie, von religiös-philosophischer Wissenschaft zur Naturwissenschaft, Psychologie und Parapsychologie).
Ich meine mit Parapsychologie alles von der Jungschen Synchronizität aufwärts, würde man heute vielleicht mit Esoterik gleichsetzen. Doch ich bevorzuge den wissenschaftlichen Begriff, da dahinter durchaus erforschbare Phänomene zu vermuten sind, eben noch Grenzwissenschaft oder Grenzwahrnehmung, wohin ja z. B. auch präkognitive Träume gehören.
Kafkas traummagische Welt und T.Manns (von ihm selbst bezeichneten) "sensitiven" Erzählstil gehören in diesem weiten Sinne auch zur Grenzwahrnehmung. Dieses Pionierhafte der Wahrnehmung ist wohl immer Kennzeichen großer Schriftsteller gewesen. Deshalb interessiert es mich besonders.
Was die Gefahren (Spiritismus/Abhängigkeit/Scharlatane) betrifft, kann ich etwaige Bedenken verstehen, doch sollte man m. M. n. das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, wenn es um die höheren Werte von Esoterik/Parapsychologie/Religion geht.
Wir dürfen nicht vergessen, dass etliche Geistes-/Naturwissenschaftler, Astrophysiker, (naturwissenschaftliche) Nobelpreisträger, Psychologen (Jung), Philosophen etc. durchaus von so etwas wie einer metaphysischen Welt ausgehen.
Natürlich meine ich mit diesen metaphysischen Grundgedanken nicht heiter-komische Gespenstergeschichten und dergleichen, sondern durchgängige Werkelemente der entsprechenden Schriftsteller.
Es gab/gibt übrigens Sekundärliteratur, wo Kafka, Gustav Meyrink und Döblin miteinander verglichen werden: "Phantastische Literatur des 1.Viertels des 20.Jahrhunderts" hieß es, als ich es vor Jahren begeistert las.
Gustav Meyrink hat zwar einige Schwächen wie jeder Hochliterat, doch zählt er sicherlich nicht zu May & Co. Abgesehen davon, dass ich einiges von ihm gelesen habe, fand ich nie derartiges in der Sekundärliteratur. Seine Werke sind sehr komplex und weisen eindeutig eine Meta-Ebene auf. Schwachpunkte sind wie bei Kafka das fragmenthaft Zusammengesetzte, das liegt am irrationalen Stoff.
Das oben von mir empfohlene Buch ist übrigens sehr literaturwissenschaftlich und führt unzählige Parallelen zu anderen Werken der Weltliteratur an (Motive, Stoffe, Gattungen usw.), zeigt auch die verschiedenen Definitionen der Phantastik auf (von Todorov, Lem bis zu Kafkas Traumphantastik), sehr lesenswert und trotz der hohen Informationsdichte kein bisschen trocken, kurz: sehr empfehlenswert!
Meyrink arbeitet wie Kafka mit Traumelementen, schreibt das auch explizit, als wären es luzide Träume, wo man sich des Träumens bewusst wird. Meyrink ähnelt kein bisschen Poe oder Hoffmann, von denen ich ebenfalls viel gelesen habe, sondern Meyrink gehört eindeutig in die moderne Pioniergeneration von Joyce & Co.
So, das wäre ein kleiner Abriss dazu. Mal sehen, was euch dazu einfällt. gg
LG Cosma Leah
Beim neuerlichen Lesen von T.Manns "Doktor Faustus" beschäftigt mich wieder die Frage, inwiefern sich Hochliteraten mit der Parapsychologie beschäftigt haben.
Schon bei Tolstois "Krieg und Frieden" fiel mir diese Thematik auf, noch mehr bei Gustav Meyrinks "Golem" etc.
Dieses Thema scheint ein zentrales Grundmotiv der Anspruchsvollen Literatur zu sein und mich würde interessieren, was Ihr dazu gelesen habt.
Ohne diesen Drang zum Grenzwissenschaftlichen (man denke des weiteren an Paracelsus und die mittelalterliche Alchemie), gäbe es heute wohl keine moderne Naturwissenschaft (von Alchemie zur Chemie, von religiös-philosophischer Wissenschaft zur Naturwissenschaft, Psychologie und Parapsychologie).
Ich meine mit Parapsychologie alles von der Jungschen Synchronizität aufwärts, würde man heute vielleicht mit Esoterik gleichsetzen. Doch ich bevorzuge den wissenschaftlichen Begriff, da dahinter durchaus erforschbare Phänomene zu vermuten sind, eben noch Grenzwissenschaft oder Grenzwahrnehmung, wohin ja z. B. auch präkognitive Träume gehören.
Kafkas traummagische Welt und T.Manns (von ihm selbst bezeichneten) "sensitiven" Erzählstil gehören in diesem weiten Sinne auch zur Grenzwahrnehmung. Dieses Pionierhafte der Wahrnehmung ist wohl immer Kennzeichen großer Schriftsteller gewesen. Deshalb interessiert es mich besonders.
Was die Gefahren (Spiritismus/Abhängigkeit/Scharlatane) betrifft, kann ich etwaige Bedenken verstehen, doch sollte man m. M. n. das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, wenn es um die höheren Werte von Esoterik/Parapsychologie/Religion geht.
Wir dürfen nicht vergessen, dass etliche Geistes-/Naturwissenschaftler, Astrophysiker, (naturwissenschaftliche) Nobelpreisträger, Psychologen (Jung), Philosophen etc. durchaus von so etwas wie einer metaphysischen Welt ausgehen.
Natürlich meine ich mit diesen metaphysischen Grundgedanken nicht heiter-komische Gespenstergeschichten und dergleichen, sondern durchgängige Werkelemente der entsprechenden Schriftsteller.
Es gab/gibt übrigens Sekundärliteratur, wo Kafka, Gustav Meyrink und Döblin miteinander verglichen werden: "Phantastische Literatur des 1.Viertels des 20.Jahrhunderts" hieß es, als ich es vor Jahren begeistert las.
Gustav Meyrink hat zwar einige Schwächen wie jeder Hochliterat, doch zählt er sicherlich nicht zu May & Co. Abgesehen davon, dass ich einiges von ihm gelesen habe, fand ich nie derartiges in der Sekundärliteratur. Seine Werke sind sehr komplex und weisen eindeutig eine Meta-Ebene auf. Schwachpunkte sind wie bei Kafka das fragmenthaft Zusammengesetzte, das liegt am irrationalen Stoff.
Das oben von mir empfohlene Buch ist übrigens sehr literaturwissenschaftlich und führt unzählige Parallelen zu anderen Werken der Weltliteratur an (Motive, Stoffe, Gattungen usw.), zeigt auch die verschiedenen Definitionen der Phantastik auf (von Todorov, Lem bis zu Kafkas Traumphantastik), sehr lesenswert und trotz der hohen Informationsdichte kein bisschen trocken, kurz: sehr empfehlenswert!
Meyrink arbeitet wie Kafka mit Traumelementen, schreibt das auch explizit, als wären es luzide Träume, wo man sich des Träumens bewusst wird. Meyrink ähnelt kein bisschen Poe oder Hoffmann, von denen ich ebenfalls viel gelesen habe, sondern Meyrink gehört eindeutig in die moderne Pioniergeneration von Joyce & Co.
So, das wäre ein kleiner Abriss dazu. Mal sehen, was euch dazu einfällt. gg
LG Cosma Leah