Link: www.clausschekonstanten.de (extern) (Archiv-Version vom 20.10.2007)Die Geschichte passt zum Thema:
Kapitel 1: Verlorene Heimat
Eisig fegte derSturm über die Felder, die unseren westfälischen Bauernhof umgaben. Es war kurz nachMittag, doch der Himmel war eine milchiggraue Decke, unter der nur fahles Dämmerlichtherrschte. Meine Familie und ein paar Nachbarn hatten sich in dem Hof verschanzt, dennseit gut drei Wochen wurden wir von Banden belagert, die an unsere Vorräte wollten. Wirwaren alle froh, daß der Hof von einer massiven Steinmauer umgeben war, so daß wir ihnleichter verteidigen konnten. Die Familie saß beim Essen, bis auf meinen älteren Bruderund zwei Nachbarn, die draußen Wache halten mußten. Karg war das Essen, etwas Getreidewurde zu einer dünnen Suppe gekocht und mit ganz wenig Schinken verfeinert. Trotz allerKargheit war dieses Essen ein Luxus, denn mittlerweile hatte das zweite Jahr des Wintersbegonnen. Seit dem Beginn des Winters gab es keine Ernten mehr und das Vieh ging langsamzugrunde, als das Futter knapp wurde. Es war jetzt Mitte Mai, eine Zeit, in dernormalerweise die Sonne hervorkam und die Erde den ersten Hauch von Sommer erlebte. Dochdies war zum letzten Mal vor zwei Jahren, bevor der Winter begann. Jetzt saßen wirversammelt im Schein der Lampen und aßen, als auf einmal draußen Schüsse peitschten.Sofort rannte ich los und griff nach meinem Gewehr, genauso wie die anderen. Wir ranntenraus, wo uns die Wachen schon die Richtung sagten, aus welcher der Angriff kam. Sofortzogen wir uns an der Mauer hoch und legten unsere Waffen auf die Brüstung. In der Fernewar ein Jeep zu erkennen, der auf den Hof zufuhr, und aus dessen Fenstern Mündungsfeuerblitzten. Den Hauptweg zum Hof hatten wir blockiert, jetzt kamen sie über dieverschneiten Weiden am Rande. Ich legte an und zielte, was nicht ganz einfach war. DieScheiben waren bereits zerschossen, und so hoffte ich, einige der Angreifer zu erwischen.Ob ich traf, kann ich nicht sagen, jedenfalls merkte ich, daß sie gar nicht auf unsschossen, sondern weit über unsere Köpfe hinweg. Dann drehte der Jeep ab und rastezurück. Erleichtert sahen wir uns an, da wir sie wieder abgewehrt hatten. "Warum habensie denn über uns hinweggeschossen?" fragte ich Erwin, meinen älteren Bruder. Der zogzunächst nur ahnungslos die Schultern hoch. Doch dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz:"Die Windgeneratoren! Schaut nach, ob die Windgeneratoren noch in Ordnungsind!"
Wir hatten zwei dieser Windmühlen auf dem Gelände des Hofes stehen.Ursprünglich wurden sie auf mein Drängen hin angeschafft, da ich einen leichten Ökofimmelhatte. Lange versuchte ich meinen Vater zu überzeugen, daß die Dinger nicht nur gut fürdie Umwelt sind, sondern dank Subventionen sogar Geld bringen. Nun, Umweltschutz und Gelddurch Stromeinspeisung waren mittlerweile nicht mehr das, was zählte. Vielmehr waren dieMaschinen zu Lebensspendern geworden; dank ihnen hatten wir immer noch Strom. Dieöffentliche Elektrizitätsversorgung war schon wenige Wochen nach dem Beginn der großenKatastrophe weitgehend zusammengebrochen; die meisten Menschen mußten mit Kerzen vorliebnehmen oder zündeten einfach irgendwas an, was brannte. Motorgeneratoren wurden zubegehrten Luxusgütern, doch irgendwann gab es kaum noch Treibstoff für sie. UndSolaranlagen waren gänzlich nutzlos, denn die Sonne hatte seit Beginn des Winters niemandmehr gesehen. Schnell rannten wir über den Hof und sahen nach den Generatoren. Das eineWindrad drehte sich immer noch rasend, vom Sturm in Gang gehalten. Das andere aber standstill, die Blätter des Propellers wurden nur vom Wind hin- und hergeschüttelt. "VerdammteSchweine!" schrie Erwin. Schnell überlegten wir, ob wir versuchen sollten, den Apparat zureparieren. Doch der Generator saß oben auf einem 21 Meter hohen Mast und ein Mensch, derdort hinaufstieg, war ein leichtes Ziel für Angreifer. Mit Reparaturversuchen mußten wiralso warten, bis es dunkel wurde. Zwar lieferte der andere Generator immer noch genugStrom, aber niemand wußte, wie lange er noch funktionieren würde. Wir gingen zurück indas Wohngebäude und erzählten, was Sache war. "Offenbar wollen sie uns das Leben hierunmöglich machen", entgegnete meine Mutter. Und in der Tat hatten sie wohl eingesehen,daß sie den Hof nicht erobern konnten, so daß sie nun versuchten, unsere lebenswichtigenDinge zu zerstören. Das Baby meiner Schwester fing auf einmal an zu plärren und hörtenicht mehr auf. Sie hatte den kleinen Sohn vor zwei Wochen entbunden. Vor zwei Jahrenhatte sie geheiratet, in der Hoffnung, eine glückliche Familie zu gründen. Jedoch wurdesie erst vor einem Dreivierteljahr schwanger, als alle Menschen in der Dunkelheitkauerten. Es war eines jener Kinder der Finsternis und der Kälte, neues Leben, geboren ineine sterbende Welt.
Kapitel 2: Der Anfang vom Ende
Als es begann, nahm eskaum jemand ernst. Eine kleine Zeitungsmeldung erschien im März des Vorjahres, daß derYellowstone-Nationalpark in den USA für Touristen geschlossen wurde, weil man nacheinigen Erdbeben und Bodendeformationen den Ausbruch vulkanischer Aktivität fürchtete. Am2.April schließlich gingen im Laufe des Vormittags Gerüchte um, in den USA sei ein Vulkanexplodiert und habe riesige Verwüstungen angerichtet. Ich mußte bis zum Abend warten, bisich selbst Nachrichten sehen konnte. Am Nachmittag hörte man ein unheimlichesDonnergrollen in der Luft, oder besser, man fühlte es, denn der Klang war so tief. Dabeiwar weit und breit kein Gewitter, nicht einmal eine dickere Wolke zu sehen. In denAbendnachrichten wurde gemeldet, daß es zu einem verheerenden Ausbruch imYellowstone-Nationalpark gekommen sei. "Der Kontakt zu Städten in der Umgebung, darunterDenver, Salt Lake City und Omaha, ist abgebrochen.", meldete die Nachrichtensprecherin.Es gab sogar Bilder aus einem Space-Shuttle, die den Ausbruch aus dem Weltraum zeigten.Sie erinnerten an eine riesige Trockeneis-Nebelmaschine, nur, daß es Riesenmengenschmutziger Asche waren, die ausgestoßen wurden und in einem dicken Schleier über dieErde krochen. Viele Leute waren interessiert und schockiert, aber sie dachten, dies seieine Katastrophe, die nur die USA beträfe. Am nächsten Tag brach auch der Kontakt zuanderen Städten der USA und Kanadas ab; die wenigen Nachrichten, die noch durchkamen,meldeten gewaltigen Aschefall und schwefelverseuchte Luft. Der Nationalpark sei völligvernichtet worden; möglicherweise sei mit mehreren Millionen Toten zu rechnen. Am Abenddes dritten Tages, einem Samstag, wurde darauf hingewiesen, daß in der kommenden Nachtdie Aschewolken Europa erreichen würden; der Luftverkehr werde am Abend eingestellt.Autofahrer wurden vor rutschigen Straßen durch Asche gewarnt.
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