Die Grundlage für die Berechnung ist, wie bereits in vielen Beiträgen festgestellt wurde, das
Coulomb'sche Gesetz:
F=\frac{1}{4*\pi*\varepsilon_0}*\frac{q_1*q_2}{r^2}
Streng genommen gilt das Gesetz in dieser Form nur unter idealisierten Bedingungen (u.a. punktförmige Ladungen und Vakuum-Umgebung), die ich aber vereinfachungshalber im Folgenden als erfüllt annehme.
Grob kann man die Formel in drei Teilterme zerlegen: Links vom zentralen Multiplikationszeichen den konstanten Proportionalitätsfaktor, und rechts vom zentralen Multiplikationszeichen das Produkt der beiden Ladungen über dem Bruchstrich, und das Quadrat der Entfernung unter dem Bruchstrich. Um das korrekte Ergebnis zu ermitteln, müssen die einzusetzenden numerischen Werte für alle drei Teilterme bestimmt werden.
Zunächst zum Proportionalitätsfaktor, der auch als Coulomb-Konstante bezeichnet wird. Die Notwendigkeit dieses Faktors beruht auf der Wahl der Einheit für elektrische Ladung. Es gibt andere Einheitensysteme, in denen dieser Faktor 1 ist, d.h. effektiv entfallen kann. Es hat aber gute Gründe, warum man im SI-System diesen Faktor verwendet, weil man sich sonst zusätzliche Terme bei anderen Berechnungen einhandelt. Der numerische Wert des Faktors beträgt:
k_c=\frac{1}{4*\pi*\varepsilon_0}≈\frac{1}{4*\pi*\mathrm{8{,}85419\times 10^{-12}\,\frac{As}{Vm}}}≈\mathrm{8{,}98755\times 10^{9}\,\frac{Vm}{As}}
Bei dem Symbol
\varepsilon_0 handelt es sich um die
elektrische Feldkonstante.
Am Rande erwähnt: Es gibt eine interessante, meiner Erfahrung nach wenig bekannte Fast-Übereinstimmung dieses Faktors mit einem anderen Ausdruck, der neben einem "glatten" Faktor nur das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit enthält:
k_c=\frac{1}{4*\pi*\varepsilon_0}≈\mathrm{1\times 10^{-7}\,\frac{N}{A^2}}*c^2=\mathrm{8{,}9875517873681764\times 10^{9}\frac{Vm}{As}}
Bis 2019 stimmten die beiden Werte sogar per Definition exakt überein. Durch eine Redefinition der elektrischen Feldkonstante
\varepsilon_0 2019 gibt es inzwischen eine leichte Abweichung, die allerdings erst ab der 9. signifikanten Stelle auftritt. Falls man den Wert für
k_c bzw.
\varepsilon_0 gerade nicht zur Hand hat (im Internet-Zeitalter zugegebenerweise kein allzu wahrscheinliches Szenario mehr
;)), kann man also auch über die Lichtgeschwindigkeit den Wert mit einer sehr guten Genauigkeit ermitteln.
Nun zu den Ladungen. Der m.E. einfachste Weg, die Zahl der Protonen in einem Wassertropfen zu bestimmen, geht über die
molare Masse. Allgemein gilt für alle Substanzen:
M=N_\mathrm{A}*m \quad\rightarrow\quad m=\frac{M}{N_\mathrm{A}}
Dabei ist M die molare Masse der jeweiligen Substanz, N
A die
Avogadro-Konstante (die eine bestimmte feste Anzahl von Teilchen angibt ≈ 6,02214×10
23 Teilchen), und m die Masse eines einzelnen Teilchens (Atoms oder Moleküls). Die molare Masse einer Substanz kann man Tabellen oder Lexika entnehmen, für
Wasser beträgt sie ≈ 18,01527 g/mol. Daraus kann man die Masse eines einzelnen Wassermoleküls berechnen:
m_\mathrm{w}=\frac{M_\mathrm{w}}{N_\mathrm{A}}≈\mathrm{\frac{18{,}01527\frac{g}{mol}}{6{,}02214\times 10^{23}\frac{1}{mol}}}≈\mathrm{2{,}99151\times 10^{-23}\,g}=\mathrm{2{,}99151\times 10^{-26}\,kg}
Mittels dieses Werts lässt sich nun die Zahl der Wassermoleküle in einem Tropfen berechnen (die Masse eines Tropfens hatte ich bei der
ursprünglichen Frage auf 50 mg festgesetzt):
N_\mathrm{Tr}=\frac{m_\mathrm{Tr}}{m_\mathrm{w}}≈\mathrm{\frac{50\times 10^{-6}\,kg}{2{,}99151\times 10^{-26}\,kg}}≈1{,}6714\times 10^{21}
Das ist gerundet der gleiche Wert, der auch in dem von
@Peter0167 verlinkten
Artikel (Archiv-Version vom 20.04.2021) ermittelt wurde.
Ein Wassermolekül besteht entsprechend der Formel H
2O bekanntlich aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom. Ein Wasserstoffatom hat ein Proton, ein Sauerstoffatom (entsprechend der
Ordnungszahl von Sauerstoff) acht Protonen. Zusammen ergibt das für ein Wassermolekül also 10 Protonen. Für die Ladung aller Protonen eines Wassertropfens zusammen ergibt sich (was mit umgekehrtem Vorzeichen auch für die Elektronen gilt):
Q_\mathrm{Tr}=N_\mathrm{Tr}*10*e≈\mathrm{1{,}6714\times 10^{21}*10*1{,}6022\times 10^{-19}\,C}≈\mathrm{2678\,C}
Die ermittelten Werte können nun in die obige Formel des Coulomb'schen Gesetzes eingesetzt werden:
F=\frac{1}{4*\pi*\varepsilon_0}*\frac{q_1*q_2}{r^2}≈\mathrm{8{,}98755\times 10^{9}\,\frac{Vm}{As}*\frac{2678\,C*-2678\,C}{(1000\,m)^2}}≈\mathrm{-6{,}45\times 10^{10}\,N}
Das negative Vorzeichen ist dabei im Sinne einer Anziehung zu verstehen.
Das ist vom Betrag her gerundet der gleiche Wert, den (nach Korrektur der Zahl der Protonen pro Wasserstoffmolekül) auch
@Chemik hier ermittelt hatte.
Die Kraft zwischen den Protonen und Elektronen eines
einzelnen Wassertropfens über eine Entfernung von 1000 Metern beträgt also ca. 64,5 Milliarden Newton, was ein kaum vorstellbar grosser Wert ist. Der Wert entspricht der Gewichtskraft einer Masse von m = F / g ≈ 6,45×10
10 N / 9,81 m/s^2 ≈ 6,57×10
9 kg = 6,57 Millionen Tonnen.
Fazit: In unserer ganz gewöhnlichen Alltagsumgebung sind unvorstellbare Kräfte gebunden, die nur deshalb normalerweise keine Wirkung zeigen, weil sie nahezu perfekt ausbalanciert sind.