Aids
01.09.2005 um 11:51
Mal ne andrer Seuche....
US-Forscher haben eine ganze Metropole mitsamt Einwohnern im Supercomputer nachgebaut. Dort
simulieren sie nun den Kampf gegen tödliche Epidemien.
Schon wieder ein Großalarm, diesmal an der Franklin High School: Dutzende Schüler sind an Pocken
erkrankt. Das ganze Viertel ist abgeriegelt; Busse und Bahnen kehren an den Grenzen um.
Die Einwohner kennen es nicht anders. Ständig brechen hier irgendwo die Pocken aus. Demnächst
steht die Vogelgrippe auf dem Plan.
Die ganze Stadt besteht ja auch nur für die Seuchenforschung. Ihr Dasein spielt sich in einem
Großrechner ab, und sie gleicht bis ins Detail einer echten US-Metropole: Das gesamte Verkehrsnetz
von Portland im Bundesstaat Oregon ist hier nachgebaut. Mehr als hunderttausend Gebäude, darunter
Schulen, Supermärkte und Wohnhäuser, gehören zur Simulation. Vor allem wimmelt es von künstlichen
Städtern, die von früh bis spät, ganz wie die echten Portländer, ihren Geschäften nachgehen.
Bürgerin 97 105 etwa nimmt morgens die Bahn zur Arbeit, falls die Brücke über den Willamette
River wieder mal verstopft ist. Heimwärts kann sie dann aber nicht ihren kleinen 97 106 aus
dem Kindergarten abholen - Ehemann 97 107 springt ein. Die Familie besteht aus selbständigen
Unterprogrammen, genannt Agenten, die als Einwohner ihren Dienst tun.
Mehr als anderthalb Millionen solcher Agenten hausen im Rechner. Das ist die größte Simulation
ihrer Art, die je geschaffen wurde. Die Stadt der Seuchen, genannt Episims, entstand am Los
Alamos National Laboratory; aufgebaut hat sie eine Forschergruppe um den Projektleiter Chris
Barrett.
Nun können die Weltenschöpfer nach Belieben Unheil säen: Pockenerreger in der Schule, im Busbahnhof,
im Einkaufszentrum - alles Ziele, die auch für Terroranschläge in Frage kämen. Dann sehen die
Forscher ungerührt zu, wie die Erreger von Mensch zu Mensch springen.
Der Computer registriert tagelang alle Hauptrouten, Seitenpfade und Abkürzungen, über die sich
die Epidemie im digitalen Notstandsgebiet ausbreitet. Zwischendurch werden regelmäßig die Toten
gezählt.
Die Frage ist: Wie lassen die Pocken sich am schnellsten eindämmen? Mit Massenimpfungen? Oder
genügt es, rasch die Menschen aufzuspüren, die mit den ersten Erkrankten in Berührung gekommen
sind? Was nützt es, Schulen und Ämter zu schließen oder ganze Viertel unter Quarantäne zu stellen?
Alle Maßnahmen lassen sich in Episims durchspielen. Die Agenten sind sogar mit realistischen
Tagesplänen ausgestattet. Als Vorbilder dienten etwa zehntausend Portländer, die über 48 Stunden
hinweg alle ihre Wege aufgezeichnet hatten. Die digitalen Doppelgänger wurden dann gemäß den
Daten der letzten Volkszählung über den Stadtplan verteilt.
Der Aufwand für die Schattenmetropole im Computer war enorm. Sie beruht auf einer Verkehrssimulation
namens Transims, an der die Forscher zuvor schon mehr als ein Jahrzehnt lang gebaut hatten.
Am Ende verkehrten sogar die Busse nach realen Fahrplänen. Diese Detailwut kommt nun der Katastrophenabwehr
zugute.
Für die Pocken liegen bereits erste Ergebnisse vor. Sofortiges Handeln ist demnach mit Abstand
am wichtigsten. Diverse Maßnahmen erwiesen sich als ähnlich effizient, wenn sie nur unverzüglich
zum Einsatz kamen. Ließen die Forscher dagegen auch nur wenige Tage nach dem Ausbruch verstreichen,
war die Seuche bald kaum mehr einzudämmen - egal, was sie unternahmen.
Außerdem genügt es wohl nicht, nur Menschen wie Verkäufer, Ärzte oder Lehrer zu impfen, die
von Berufs wegen viele Kontakte haben. Zwar sind sie quasi die Verkehrsknotenpunkte im sozialen
Netz - und damit auch für den Erreger. Doch andere Menschen stehen ihnen darin nur um weniges
nach.
Die digitalen Portländer erwiesen sich nämlich durchweg als überaus begegnungsfreudig. Fast
alle - von überzeugten Eremiten abgesehen - hatten in rascher Folge Kontakt mit verschiedenen
größeren Menschengruppen. Für den Erreger wirkten sie damit wie Schnellverbindungen von der
einen Gruppe zur anderen.
"Episims sagt natürlich nicht voraus, wer wann krank wird", meint der Physiker Stephen Eubank,
der am Aufbau beteiligt war. "Aber wir können zum Beispiel sehen, in welchen Altersklassen
die Krankheit nach ein paar Tagen am schlimmsten wütet." Für den Fall einer Grippe-Epidemie
etwa ließe sich ermitteln, wie weit die Sterberate auch der Älteren sinkt, wenn man nur die
Kinder impft.
Die Simulation ist nun, mit Anpassungen, auf jede Großstadt anwendbar. Die digitale Schattenmetropole
Portland aber wird unterdessen schon auf den Angriff des derzeit wohl bedrohlichsten Erregers
vorbereitet. Die Forscher arbeiten an einem realistischen Modell der Vogelgrippe, die von dem
Virus H5N1 übertragen wird.
Experten rechnen damit, dass die Planspiele im Computer nur allzu schnell wahr werden könnten.
In Japan, Thailand und Vietnam fielen dem Virus schon mehr als 30 Menschen zum Opfer. Falls
H5N1 vollends auf den Menschen überspringt, sind Millionen von Toten zu befürchten.
Die Forscher in Los Alamos haben deshalb in ihrem Großrechner bereits eine weitere Kulisse
aufgebaut, die an eine ländliche Gegend in Südostasien erinnert: weit verstreute Städtchen
und kleine Landwirtschaften. Rund 500.000 Agenten sind dort im Einsatz. Sie sollen helfen bei
der Suche nach Methoden, wie sich die Vogelgrippe möglichst schon am Ursprungsort austilgen
ließe.
Bürgerin 97 105 und ihre Familie hätten dann eine Sorge weniger.
Greeting s M. (und was ist jetzt, jetzt hat die Menschheit, die Vogelgrippe am Hals)
In ALLEM kannst Du das NICHTS erkennen, und im NICHTS ALL - ES!
* le-o-ni-das *
= soli deo gloria =