Es ist so eine schöne, ruhige Nacht. Zeit für ein paar Chemtrail-Gedanken.
@naas
Ich denke das Problem bei den Chemtrails ist, dass die Argumente wie "schau doch mal in den Himmel, das war früher nicht so" sehr intuitiv und leicht einprägsam sind. Wenn man erst mal auf dem Gedanken ist, dann rutsch man leicht immer weiter in spekulative Theorien und ähnliche Argumente ab. Je länger man diese Gedankengänge verinnerlicht desto schwerer ist es automatisch sich davon wieder zu trennen. Auch wenn irgendwann objektive Argumente dagegen sprechen.
Das ist genau so ausgedrückt, wie ich es auch denke. Dieses „es war früher nicht so“ geht auch wirklich leicht ins Gehirn. Wenn ich an meine ganz persönliche Kondensstreifen-Geschichte denke, dann lässt sie sich so zusammenfassen: Meinen letzten Kondensstreifen bewusst gesehen, also so richtig wahrgenommen, habe ich vor grob geschätzt 15 Jahren, wenn das reicht. Und als ich dieses Chemtrail-Argument das erste Mal gehört habe, meinte ich mich auch verschwommen zu erinnern, daß ich Kondensstreifen gesehen habe, die schnell verschwunden waren. Was sicher auch so war.
Was ich aber immerhin auch sicher weiß, ist, daß andere von mir früher wahrgenommene Kondensstreifen auch lange am Himmel standen. Man guckt in den Himmel und sieht da ewig so nen Streifen stehen. Dann guckt man wieder weg. Und das wars. Mehr wusste ich bis vor einer Woche nicht von Kondensstreifen. Daß sie sich aber verwurschteln und verwerfen und dann dünne Wolkenstreifen bilden, das habe ich – glaube ich jedenfalls - nie bewusst beobachtet. So lange habe ich einen Kondensstreifen oder auch die Wolken schlicht nie angeguckt und mir auch ansonsten nie Gedanken über Kondensstreifen gemacht. Gab ja auch keinen Grund dazu. Kurz: Da wäre theoretisch genug Raum für ein „Früher war es doch anders!“ – und so wird es auch bei anderen sein. Wenngleich es einem auch nicht schwer fallen sollte, zu bemerken, daß er die letzten Jahre keine dramatischen Veränderungen am Himmel oder in den Wolken bemerkt hat.
Und daß die Leute von dem Gedanken, der dann erstmal da ist, sich immer schlechter trennen können, je länger er dauert, das ist psychologisch so eine Art Zwangsgedanke. Sie denken eben doch immer dieses „Es könnte eben doch möglich sein – ich muß das selbst überprüfen“ gepaart mit „Du bist doch ein Mensch, der lieber selbst denkt, traue deinen eigenen Erinnerungen. Lass dich nicht einlullen von den Leuten, die es nur nicht wahrhaben wollen. Denke selbst!“ So ungefähr stelle ich es mir vor, ein Chemmie zu sein. Jedes objektive Argument wird dann an den eigenen Erinnerungen und Gefühlen bemessen und hat daher schlechte Startchancen.
Was bei Verschwörungstheoretikern irgendwie dann aber zusätzlich noch fehlt, ist eine Art Gesamtgewichtung der weiteren Argumente und Wahrnehmungen. Sie können das Mustersuchen nicht lassen – und treiben das Selbstdenken irgendwie ein Stück zu weit, indem sie einfachsten Tatsachenargumenten nicht mehr richtig zugänglich sind.
Ich meine, öfter gelesen zu haben, daß Verschwörungstheorien einfach Antworten auf komplizierte Fragen liefern. Es ist aber eigentlich umgekehrt: Sie liefern oft unfassbar komplizierte Antworten auf relativ einfach zu beantwortende Fragen.
Um die durch Argumente nicht erreichbaren Chemtrailer zu überzeugen, daß normale Kondensstreifen normale Kondensstreifen sind, schlage ich jedenfalls vor, daß man ein bekanntes und wirksames Mittel,
Wikipedia: Haloperidol einsetzt. Nur, wie bringt man es unter die Leute? Ich denke, die einfachste Verbreitungsart wäre, wenn man es in der Luft verteilt, vielleicht dem Brennstoff der Linienmaschinen zusetzt. Das wäre doch eine Idee!