kurz zur erläuterung:
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Das hin und her um Bad Aibling ist schon fastgrotesk, keiner kann genau sagen, was dort passiert und wer belauscht wird. Vor ein paarMonaten wurde behauptet, das die Kapazität im englischen Mega-Ohr in Menwith Hill denStandort in Bad Aibling überflüssig mache, und plötzlich ist der deutsche Echelon-Ablegerso wichtig.
Aber halten wir uns erstmal ein paar Fakten und eine grobe Timelinevor Augen:
Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges wird in Bad Aibling vonamerikanischen Militärs und Geheimdiensten (in wechselnden Konstellationen) eineAbhörstation betrieben. Diese Abhörstation ist Teil eines globalen Netzwerkes, dessenGrundlage das "UK-USA Security Agreement" (UKUSA) ist, und dem sich später nochAustralien, Kanada und Neuseeland anschließen. Deutschland als Nato-Partner hat auf dieauspionierten Daten lediglich Zugriff als "Drittverwerter" und befindet sich in einerständigen "Bettelrolle".
Die rechtliche Grundlage für die lauschenden Amerikanerin Bad Aibling ist das Nato-Truppenstatut, welches militärische Aufklärung erlaubt undihnen quasi Hoheitsrechte auf dem Gelände zugesteht. Eine Begehung durch deutscheBehörden ist eingeschränkt möglich, beschränkt sich dann aber nur auf nicht sicherheits-/geheimhaltungsrelevante Bereiche ...
Interessanterweise taucht erst im Januar2000 ein Dokument der "Air Intelligence Agency" aus dem Jahr 1995 auf, aus dem überUmwege abgeleitet werden kann, das Bad Aibling eine "Echelon Unit" ist und gibt denSpekulationen um das sagenumwobene Echelon-System neuen Auftrieb.
Im Juli desselben Jahres wird schlielßlich vom eurpäischen Parlament ein Untersuchungsausschußeingesetzt. Stimmen werden laut, die vermuten, daß die Amerikaner das Echelon-System auchzur Wirtschafts- und Industriespionage nutzen.
Im November erfährt die Presse,daß die USA Gelder bereitstellen wollen, um den Horchposten Bad Aibling weiterauszubauen.
Im ersten Quartal 2001 werden die Spekulationen um Echelon und BadAibling immer wilder, hinzukommt, das erste Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses dieÖffentlichkeit erreichen. Es werden mehrere Klagen abgewiesen, in denen dieBundesregierung bezichtigt wird ein Abhörsystem u.a. zur Wirtschaftsspionage zu dulden.Begründungen für die abgewiesenen Klagen sind Mangel an Beweisen und die Versicherung derUSA, das in Bad Aibling ausschließlich militärisch aufgeklärt würde. Einenichtmilitärische Nutzung wäre nicht vorschriftsgemäß und ist somit ja auszuschlielßen -so der Standpunkt der Staatsanwaltschaften.
Im Mai stellt derUntersuchungsausschuss bei einer Geländebegehung fest, daß alle Antennen nach Osteuropaausgerichtet sind.
Später scheinen sich Beweise für Wirtschaftsspionage zuhäufen, der Ausschuss kommt zu dem Schluss, das evtl. Verstöße gegen die europäischeMenschenrechtskonvention vorliegen.
Am 31.5. schlielßlich wird bekanntgegeben,das die Abhörstation Bad Aiblingen geschlossen werden soll.
Am 3.7. wird derEchelon-Abschlussbericht vom Untersuchungsausschuss verabschiedet und am 5.9. vomeuropäischen Parlament ebenso.
Der Abschlussbericht weisst unter anderem daraufhin, daß das Echelon- System durchaus geeignet ist, Wirtschaftsspionage zu betreiben.Namentlich werden Deutschland und England dazu aufgefordert, US- Überwachungsaktivitätenauf ihrem Territorium davon abhängig zu machen, ob diese gegen die europäischeMenschenrechtscharta verstossen.
Für die Bundesrepublik besteht also zunächstkein Handlungsbedarf, da man noch davon ausgeht, das Bad Aibling geschlossen wird.
Am 11.9. verändert sich die Lage radikal - als Folge der Terroranschläge in den USAwird den US-Geheimdiensten vorgeworfen versagt zu haben. Die USA befinden sich imZugzwang und greifen zunächsteinmal Afghanistan an.
Nachdem im Oktober dann derdeutsche Bundes- kanzler per cron-job unaufhörlich seine uneingeschränkte Solidarität zuden USA verkündet, gibt ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums bekannt, das in BadAibling weitergelauscht werden soll.
Was ist da nun passiert? Ein möglichesSzenario könnte so aussehen: die Bundesregierung gerät unter Druck, einmal wegen derVorwürfe aus der Bevölkerung US-Wirtschaftsspionage und massenhaft unkontrolliertesAbhören zu dulden und zum anderen wegen der Forderungen des Echelon- Abschlussberichtes.Die Bundesregierung versucht an mehr Informationen darüber zu kommen, was wirklich in BadAiblingen passiert und vor allem möchte sie teilhaben an den Abhörergebnissen. Vielleichtwird sogar damit gedroht, das Nato-Truppenstatut enger auszulegen und einernichtmilitärischen Nutzung durch u.a. Geländebegehung auf die Schliche zu kommen. LautUntersuchungsausschuss gibt es ja angeblich auch Beweise für die nichtmilitärischeNutzung.
Da die US-Regierung nicht gewillt ist die ersehnten Informationen zuteilen und unter Umständen weitere Enthüllungen befürchtet, zieht sie die Lauscher ausBad Aibling ab. Seit dem 11.9. herrscht die Situation vor, das den Amerikanern schlechtetwas abgeschlagen werden kann, was diese natürlich ausnutzen und bekannt geben, weiterin Bad Aibling Stellung zu halten.
Wenn sie, wie sie immer behaupten, nurmilitärische Aufklärung betreiben, hätten sie den Standort Bad Aibling gar nicht erstaufzugeben brauchen - wer gibt schon gerne "quasi Hoheitsgebiet" freiwillig ab? Es liegtdoch auf der Hand, das hier auch andere, als militärische Interressen im Spiel sind. Auchdie Vorwürfe des Untersuchungsausschusses bzgl. des Verstosses gegen die EU-Menschenrechtskonvetion stehen noch im Raum.
Eine Klärung ist aber ersteinmalnicht in Sicht."
quelle:
http://ds.ccc.de/076/echelon-verwirrspiel (Archiv-Version vom 04.05.2006)gruß michael