RRM schrieb:ich habe mir inzwischen das Buch von Christian Drosten besorgt und durchgelesen.
Ich nehme an, du meinst "Alles überstanden? usw". Vorschau:
https://books.google.de/books?id=l3H_EAAAQBAJDas ist natürlich keine wissenschaftliche Veröffentlichung, sondern lediglich ein Interview eines Journalisten mit Drosten. Es ist natürlich nicht überraschend, dass Drosten in dem Buch nicht China anklagt, das Virus im Labor hergestellt zu haben. Laut der Vorschau spricht Drosten hingegen von einem anhaltenden "Streit" zwischen Labor- und Marktthese.
Inhaltlich bleibt Drosten wohl nur an der Oberfläche und bemüht sich gar nicht um eine Widerlegung. Vieles war ihm wohl auch gar nicht bekannt, als das Buch entstand - aber natürlich gehe ich (oder ich vermute sonst jemand) nicht davon aus, dass er öffentlich und sozusagen im Alleingang China beschuldigt und sich somit jede Menge Ärgert einhandelt. Troztdem hatte ich auf den Podcast von 2021 bereits hingewiesen:
https://www.ndr.de/nachrichten/info/92-Coronavirus-Update-Woher-stammt-das-Virus,podcastcoronavirus322.html. Der wurde zur Hochzeit der Pandemie breiter rezepiert. Bereits damals stand er der Laborthese auch öffentlich grundsätzlich offen gegenüber, ohne sich natürlich festzulegen.
Aber es geht um die von dir versuchten Argumente:
RRM schrieb:Zur Herkunft des Virus wurden dort auch die von China verbreiteten Behauptungen genannt, Corona stamme aus einem US-Labor und sei durch US-Soldaten bei einer militärischen Sportveranstaltung nach Wuhan gebracht worden. Oder, das Virus sei durch infizierte Tiefkühlkost nach Wuhan gelangt. Oder, auch das gab es, die Pandemie sei in Italien entstanden.
Ja, dazu hatte ich auch schon was geschrieben, etwas mehr noch in Kürze. China hat tatsächlich völlig unbelegte Behauptungen im Stile einer DARVO-Strategie herausgehauen, um eine unabhängige Unterschung in dem WIV zu verhindern. Statt dessen sollte in Fort Frederick nach der Herstellung einer Biowaffe gesucht werden.
Man kann all das allein deshalb ausschließen, weil die Pandemie in Wuhan begonnen hat. In den USA, Italien usw. gab es vorher keine Hinweise auf entsprechende Kranktheitsfälle.
Putin insinuiert sogar, Covid sei von den USA in der Ukraine entwickelt worden. Alles hier schon besprochen.
RRM schrieb:Die Sache von der Fledermaushöhle, die sich 1800km entfernt befindet und dass die Fledermäuse wohl kaum von dort bis nach Wuhan gelangt sein könnten, dass aber Proben von diesen Fledermäusen sich, zwinker, zwinker, in dem Labor direkt in Wuhan befunden haben, habe ich so platt auch schon von Donald Trump gehört.
Wann hat er das gesagt, hast du ein genaues Zitat? Und wenn Trump sagt, dass Putin ein schlechter Mensch ist, findest du, das Gegenteil ist richtig?
Wissenschaftlich belegt ist das jedenfalls.
RRM schrieb:Wenn man sich schon auf diese spezielle Fledermausart festlegt, sollte man auch zur Kenntnis nehmen, dass diese Art ein Verbreitungsgebiet bis 100km an Wuhan heran aufweist, so hatte ich es irgendwo gelesen.
Wenn du sagst, du hättest es gelesen, kannst du es betimmt belegen oder? Sicherlich nicht von Drosten (was bei Drosten steht und was du hinzunimmst, geht ja nicht aus deinem Post hervor).
Was sind die Fakten dazu:
Diese Fledermausart gibt es nicht, es handelt sich um eine Probe aus Fledermausexkrementen in der Höhle, von denen die Arbeiter dort schwer erkrankt, teils gestorben sind. Sie enthielt den Virenstamm RaTG13, der zu 96% identisch ist mit SarsCoV2. Der komplette Stamm ist identisch, nur das Spike Protein unterscheidet sich. Laut Nature (2020) ist RaTG13 der Stamm für SarsCoV2.
Daher gibt es auch kein Verbreitungsgebiet einer speziellen Fledermausart mit diesem Virus oder dem Stamm.
RRM schrieb:Abgesehen davon gibt es beliebig viele andere Fledermausarten.
Es wurden nach der Pandemie 17.000 Proben von Fledermäusen in China genommen, aber keine wiesen eine vergleichbare Ähnlichkeit auf, auch nicht aus der Provinz Yunnan. Schon davor wurden intensiv Proben genommen, aber ohne Ähnlichkeiten.
RRM schrieb:Und, Strohmann, niemand hat behauptet, Fledermäuse seien auf dem Markt in Wuhan verkauft worden. Es geht darum, dass Coronaviren von Fledermäusen auf eventuell mehrere Zwischenträger übertragen wurden und so auf den Wildtiermarkt in Wuhan gelangt sind.
@Heide_witzka hatte das vermutet, deswegen bin ich darauf eingegagen. Man kann die Zwischenwirte natürlich nicht ausschließen, aber es spricht nichts für sie. Man vermutet die Marder als letztliche Überträger, aber Ähnlichkeiten der Genomsequenz finden sich nur zu Mäusen (neben Fledermäusen), also den Labortieren.
RRM schrieb:Neben den Marderhunden oder anderen Tieren, die in freier Natur gefangen wurden, nennt Christan Drosten auch die Züchtung in Pelztierfarmen und Hinterhöfen. Da die Käfige nach oben nur durch ein Gitter gesichert sind, kann dort Kot und Urin von Fledermäusen hineingelangen.
Theoretisch natürlich schon. Die wenigen Marderhunde auf dem Fischmarkt stammten aber allem Anschein nach aus der Region und nicht aus weiter entfernten Gegenden. Theoretisch könnte sich das Virus über mehrere Zwischenwirte, die in der Summe 1800 km zurückgelegt haben, bis zum Tiermarkt verbreitet haben, aber es gibt keinen einzigen Hinweis darauf. Im Gegenteil wurde weder bei den Fledermausproben noch bei anderen Wildtierproben, sei es von dem Markt oder sonst aus China irgendeine Ähnlichkeit gefunden. Die Wissenschaft sagt aber, dass die natürliche Evolution des SarsCoV2 Jahrzehnte gedauert haben müsste (alles Punkte, die ich bereits belegt hatte).
RRM schrieb:Die Infektionsorte könnten statt der Verkaufstellen für Marderhunde u.a. auch auf Toiletten und Imbissbuden hinweisen? Die würden sich dann auf dem gesamten Markt finden und nicht nur im Westteil. Die Auswertung der Fälle vom Dezember 2019 zeigt, dass das Epizentrum der Pandemie mit den Ständen für die Wildtiere übereinstimmt.
Das ist stark vereinfacht dargestellt und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Drosten das so gesagt hat. Im Januar 2020 hat man gezielt nach Covidfällen gesucht, die einen Bezug zum Markt hatten und hat davon ausgehend zunächst mal rekonstruiert, wo es wahrscheinlich Mensch zu Mensch-Übertragung gab. Dort hat man dann Proben genommen und anschließend nach Wildtierspuren gesucht. Diese sind ja illegal dort, also kann man nur was zu den Orten sagen, wo Proben entnommen wurden (nach der Schließung und Desinfektion des Marktes).
Selbst die WHO-Auswertung kam zu dem Ergebnis, dass sich keine Clusterbildung ableiten lässt. Selbst wenn es wahr wäre, dass sich mehr Spuren von Mardern im Westen fänden, ist bei der 50-50 Verteilung keinerlei statistische Aussagekraft gegeben.
RRM schrieb:Bei den vermeintlichen Widerlegungen einer mehrfachen Übertragung von Tier auf Mensch gab es immerhin eine wissenschaftlich interessante Argumentation. Bei den Samples, die auf den Markt genommen wurden, waren auch ein paar mit unzureichender Qualität, die in den Studien nicht verwendet wurden, die auf eine Zwischenvariante A-B hinweisen.
Auch das hatte ich hier schon geschreiben. Worobey et al. behaupten nämlich in dem von dir und
@Heide_witzka mehrfach genannten 2024 Artikel in Cell, dass sie angeblich die zwei getrennten A- und B-Linien gefunden hätten. Sie unterschlagen dabei aber, dass sie in einer früheren Veröffentlichung die Zwischenvarianten unterschlagen hatten.
RRM schrieb:Christian Drosten weist in dem Buch darauf hin, dass es aus statistischen Gründen mindestens acht Übertragungen von Tier auf Mensch gegeben haben muss, damit zwei davon sich im Menschen festsetzen und zur Pandemie entwickeln konnten. Eine zusätzliche Übertragung mit einer Lineage A-B würde das bestätigen, statt es zu widerlegen.
Veröffentlicht hat er das wohl nicht, er widerspricht damit aber den Vertretern der Marktthese, wonach das angebliche Auftreten beider Stämme den Markt als Ursprung wahrscheinlicher werden ließe. Wenn es keine zwei separaten Linien mit Bezug zum Markt gibt, fällt das letzte Argument dafür weg.
RRM schrieb:Für das Projekt DEFUSE wurden von der EcoHealth Alliance, die mit dem Labor in Wuhan kooperiert, Gelder beantragt, die aber nicht bewilligt wurden. Die bloße Möglichkeit, dass man sich das Geld trotzdem irgendwo beschafft haben könnte, wird von denen, die daran glauben wollen, zur Tatsache umgedichtet.
EcoHealth hat das in einer Stellungnahme so zusammengefasst:
"There is much being said about the lab leak theory—the theory that COVID-19 is a 'man-made' virus that originated from a laboratory, either purposefully or accidentally. While many Americans believe this to be proven, this simply reflects its tireless iterations in the press, often with unfounded and sweeping generalizations, and without any credible supporting scientific evidence."
Auch das ist ein Strohmannargument, denn ich habe gleich zu Beginn der Serie von Posts geschrieben, dass das Pentagon den Antrag abgelehnt hat, da die Gefahr, dass diese Forschung eine Pandemie auslösen würde, zu groß schien. EcoHealth hat mittlerweile alle staatlichen Gelder verloren. Es ist natürlich klar, dass EcoHealth versucht hat, sich dagegen zu wehren, schließlich ging es um ihre Existenz. Es ist auch gar nicht falsch zu sagen, dass der Antrag von 2018 in dieser Forum nicht umgesetzt wurde, denn es war eine Kooperation zwischen Wuhan und den USA vorgeschlagen und die gab es nie.
RRM schrieb:Christian Drosten weist darauf hin, dass aus dem Antrag zur Bewilligung von DEFUSE nicht hervorgeht, wo die Experimente hätten stattfinden sollen. Er ist der Ansicht, dass man das eher in einem Labor in den USA mit der entsprechenden Ausstattung durchgeführt hätte, während das Labor in Wuhan dafür lediglich die Proben von den Fledermäusen bereitgestellt hätte.
Offenbar kannte er das neuere Dokumente mit den internen Kommentaren der Antragsteller zu Redaktionsschluss noch nicht. Ich hatte das oben vorgestellt. Demnach sollten die Experimente in Wuhan stattfinden. Er hat aber völlig recht, dass die Ausstattung in Wuhan nicht geeignet war. Auch das geht aus den Kommentaren hervor: es war geplant, die Experimente in Wuha nach den Standards einer Zahnarztpraxis durchzuführen. Und so kam es 2019 dann auch (mit Finanzierung durch das chinesische Militär - ein abgelehnter Antrag wird meist überarbeitet und wieder eingereicht)
RRM schrieb:Und selbst wenn die Experimente tatsächlich stattgefunden hätten, hätte daraus nicht SARS-CoV-2 entstehen können, weil die Corona-Viren, die in Wuhan aufbewahrt wurden, sich genetisch zu stark davon unterscheiden.
Wie wir oben gesehen haben, ist RaTG13 zu 96% identisch, es unterscheidet sich lediglich das Spike Protein mit der Furin-Spaltstelle. RaTG13 wurde als Probe nach Wuhan geschickt und dort isoliert.
RRM schrieb:Und wenn man es doch irgendwie geschafft hätte? Da ist dann noch die Sache mit dieser Furin-Spaltstelle, von der Verschwörungstheoretiker so sehr fasziniert sind.
Viele Corona-Viren haben so eine Furin-Spaltstelle von Natur aus, ganz ohne gentechnische Manipulation. Und wenn man dann doch zum Test einer Erhöhung der Übertragbarkeit bei einem der anderen Corona-Viren so eine Furin-Spaltstelle künstlich hinzugefügt hätte? Dazu schreibt Christian Drosten:
Das wurde auch bereits oben intensiver diskutiert. Richtig ist zwar, dass Furin-Spaltstellen vorkommen. Es geht aber laut den wissenschaftlichen Veröffentlichungen dazu - und hier gibt es auch keinen Dissens - um die ganz konkrete Furin-Spaltstelle, die in der Natur bei dem Virustyp so nicht vorkommt, aber auf das Andocken an menschliche ACE2-Rezeptoren und Lungengewebe optimiert ist.
RRM schrieb:"Auch für den theoretischen Fall, dass jemand im Labor daran gearbeitet hätte, ein denkbares Vorläufervirus von SARS-CoV-2 für den Menschen infektiöser zu machen, hätte er das auf eine technisch andere Art gemacht. Die Furin-Spaltstelle beispielsweise, die das Virus trägt, ist keine optimale Spaltstelle. Hätte sie jemand im Labor absichtlich eingefügt, hätte er wohl gleich eine optimale Spaltstelle genutzt."
Als ob Covid nicht einen hohen R-Wert gehabt hätte und deshalb das öffentliche Leben für zwei Jahre teilweise mehr oder weniger stillstand... Na dann...
RRM schrieb:Die Anhänger der Lab-Leak-Theorie verweisen auf drei Beschäftigte des Labors in Wuhan, die im November 2019 wegen Erkältungssymptomen in Behandlung waren. Dort sei der Patient Zero zu finden. Wahlweise wird der Beginn der Infektionen aber dann auch bis September oder gar Juli 2019 zurückverlegt. Dass der Ursprung sich damit vom Labor in Wuhan immer weiter entfernt und sogar in den USA oder Europa liegen könnte, merkt niemand. Es wird sowieso immer nur das wahrgenommen, was ins Narrativ passt.
Das sind auch nur von dir eingebrachte Halbwahrheiten, die oben ganz anders dargestellt wurden. Man weiß, dass mehrere Mitarbeiter im WIV erkrankt waren, teils mit Covid-ähnlichen Symptomen. Es sagt aber niemand, dass unter den drei in diesem Bericht zu findenden Namen Patient Zero war.
Ab September fingen die Krankenhäuser in Wuhan an, sich zu füllen und der früheste vermutete Fall im WIV, der dann von der Bildfläche verschwand, war ebenfalls früher als November.
Wenn dagegen das Virus in den USA ausgebrochen sei, warum fing die Pandemie nicht dort an?
RRM schrieb:Es wird festgestellt, dass die bloße Anwesenheit von Marderhunden und anderen Tieren, von denen man immerhin weiß, dass sie da waren, nicht beweist, dass die Übertragung von denen ausgegangen ist. Dann wird aber die ganze Verschwörungstheorie auf einem einzigen Superspreader aufgebaut, von dem man nicht weiß, ob er da war und für dessen Existenz es keinerlei Beweise gibt, der aber für alle Infektionen auf dem Markt verantwortlich gewesen sein soll.
Es wurden DNA-Spuren von Marderhunden auf dem Markt entdeckt und diese Tiere könnten grundsätzlich (im Gegensatz zu den anderen) Covid auf Menschen übertragen. Es ist aber ein Strohmannargumet zu sagen, es müsse auf dem Markt einen menschlichen Superspreader gegeben haben, denn China hat ja im Dezember nur nach Covidfällen gesucht, die einen Bezug zum Markt hatten, bei denen man vor allem von einer Infektion am Markt ausgehen konnte und nur diese auch an die WHO gemeldet, so dass allein darauf der von Worobey et al. genutzte Datensatz beruht. Man muss also davon ausgehen - und genau so steht es in der wissenschaftlichen Forschung - dass es mehrere Mensch zu Mensch-Übertragungen auf dem Markt (und anderswo) gab, also von mehreren Menschen ausgehend, nicht von einem einzigen.
RRM schrieb:All das sind nur Pseudoargumentationen für simple Gemüter, die darauf reinfallen.
Hier gebe ich dir in der Zusammenfassung deiner Ausführungen in dem Post mal recht. Wenn du die bisherigen Beiträge von mir gelesen hättest, wüsstest du, dass alles schon oben gepostet wurde - und zwar mit Belegen aus der einschlägigen Forschung (es ist frustrierend, das alles zu wiederholen). Aber die Vertreter der Marktheorie haben keine andere Möglichkeit mehr, als die bekannten Fakten zu ignorieren und sich an dem Nichtwissen festzubeißen. Ist allerdings vielleicht auch besser so. Bleib dabei, wenn du willst.