behind_eyes schrieb am 02.12.2019:Denke die Filterung nach KZ-Kategorie ist nicht sinnvoll in diesem Fall.
Das mag sein, steht aber auf einem anderen Blatt. Der Völkermord hat sich auf die Vernichtungslager konzentriert und dafür wurden sie auch konzipiert.
Der Begriff "Vernichtungslager" wiederum ist klar besetzt (
Wikipedia: Vernichtungslager), und wenn man dieses ernste Thema ernsthaft angehen möchte, dann sollte man den Begriff auch korrekt verwenden.
Heide_witzka schrieb am 29.11.2019:xydeza schrieb:
Und die Vernichtungslager befanden sich alle im Osten irgendwo im Nirgendwo - auch nicht ohne Grund.
Im Osten:
Is klar.
Es gab nicht nur Auschwitz.
Bergen-Belsen lag etwa so weit im Osten wie Hamburg.^^ Andere noch westlicher.
z. B. Papenburg. Noch etwas westlicher und es läge in den Niederlanden.
Dachau, Landsberg, alle unbekannt oder weit östlich?
Ich weiss nicht was du hier versuchst abzuziehen, aber auf mich wirkt es doch arg befremdlich.
Landsberg als Vernichtungslager? Papenburg ein KZ?? Völkermord an der niederländischen Grenze???
Si tacuisses, philosophus mansisses!!!
Landsberg war ein Außenlager von Dachau. Dachau wiederum zählt - wie schon weiter oben erwähnt - nicht zu den Vernichtungslagern. Unbestritten ist, dass es auch in besagtem Außenlager - zumal gemessen an dessen verhältnismäßig kurzer Existenz - hohe Opferzahlen gab. Die Klassifizierung als Vernichtungslager ist dennoch falsch.
Gleiches gilt für Bergen-Belsen und die Emslandlager ("Papenburg"). Es gab kein Vernichtungslager "so weit im Osten wie Hamburg" oder gar an der niederländischen Grenze. Die westlichsten Vernichtungslager waren - ja, richtig - Kulmhof (Chelmno) und - geringfügig östlicher - Auschwitz.
Und was
@xydeza mit seinem Beitrag "abziehen" wollte? Ich denke er wollte lediglich ein paar Fakten einbringen!
behind_eyes schrieb am 02.12.2019:Auschwitz war das Lager mit den mit Abstand meisten Toten, 1-1,5 Millionen.Wird im Wiki als Vernichtungslager geführt.
Treblinka danach mit 700.000-1,1Mio.
Auschwitz habe ich auch als Vernichtungslager aufgeführt (siehe mein Beitrag weiter oben), es zählt aber eben nicht als ausschließliches Vernichtungslager:
Wikipedia: Vernichtungslager#Konzentrationslager des SS-WVHA (siehe Tabelle).
behind_eyes schrieb am 02.12.2019:Die östliche Lage der allermeisten Vernichtungslager war aus meiner Sicht "effektiv" . Die meisten Opfer wurden dort eingesammelt. Vielleicht finde ich mal eine Karte dazu.
Im Bezug auf die zahlreichen polnischen Juden ja. Es wurden aber auch west- und mitteleuropäische Juden ins deutschbesetzte Polen und sogar in die eroberten Sowjetgebiete gebracht um dort den Völkermord an ihnen zu verüben.
Niederländische Juden etwa wurden (u. a.) nach Sobibor verschleppt. Deutsche Juden wurden 1941 sogar hinter die Ostfront gebracht um dort im "Niemandsland" erschossen zu werden. Das alles diente der Verschleierung.
Ebenfalls zur Verschleierung wurde die Legende verbreitet, dass die Juden in den Osten lediglich umgesiedelt werden, dort eine Zukunft erhalten, arbeiten können.
Apropos Verschleierung: In Sobibor wurden niederländische Juden direkt nach Ankunft und unmittelbar vor der Ermordung sogar aufgefordert ihren daheim gebliebenen Verwandten Postkarten zu schreiben und mitzuteilen, dass es ihnen gut geht. Einer der wenigen Überlebenden berichtet darüber hier:
https://www.spiegel.de/geschichte/sobibor-ueberlebender-philip-bialowitz-flucht-aus-dem-vernichtungslager-a-993066.htmlHistoriker haben mittlerweile solche Postkarten in den Niederlanden entdeckt was belegt, dass diese tatsächlich zugestellt wurden.
Mit diesem perfiden "Postkartentrick" wollte man vermutlich sowohl die ankommenden als auch die noch in den Niederlanden befindlichen Juden arglos halten respektive in falscher Sicherheit wiegen und sie dazu bewegen, im Lager keinen Widerstand zu leisten (die soeben angekommenen) bzw. widerstandslos in die Deportationszüge zu steigen (die in den Niederlanden befindlichen).
Die SS hat stets penibel darauf geachtet den Vernichtungsprozess möglichst reibungslos (und wenig personalintensiv) ablaufen zu lassen, die Opfer wurden bis zuletzt getäuscht; für eingesammelte Wertsachen etwa wurden Belege ausgegeben um eine spätere Rückgabe vorzutäuschen, die Gaskammern waren zum Teil (entgegen der landläufigen Meinung aber nicht alle) als "Brausebad" getarnt.
Thorsteen schrieb am 03.12.2019:Und 56.000 Tote allein in Buchenwald sind nicht gerade als klein zu bezeichnen. Wer Weimar kennt wird wissen das man den Ettersberg schon vom Bahnhof aus sieht, laut Aussagen von damaligen Bewohnern wurden die Krematorien in der Nacht angeworfen und man sah wohl die ganze Nacht einen roten Schein und Funkenflug über dem Lager. Jeder in Weimar wusste was da ablief.
Buchenwald gilt trotzdem nicht als Vernichtungslager, Zitat Wikipedia: "Daher war Buchenwald kein Vernichtungslager mit industrieller Vernichtung und Verwertung wie die großen Konzentrationslager in Polen." (
Wikipedia: KZ Buchenwald).
Die Vernichtungslager der Aktion Reinhardt (auch Reinhard bzw. Reinhart) dienten ausschließlich der Tötung der Juden unmittelbar nach Ankunft (vergleichbar mit denjenigen Opfern, die in Auschwitz-Birkenau direkt nach ihrer Ankunft an der sogenannten "Rampe" sowie erfolgter "Selektion" in die Gaskammern gebracht wurden - und im Übrigen auch dort mit Täuschungsmanövern ruhig gehalten werden sollten), was diese drei Lager zu Vernichtungslagern macht. Der Begriff der "industriellen Vernichtung" bezieht sich auf diesen Lagertyp. Die Überlebensquote der Ankommenden war außerordentlich gering. Eine (ergänzende) Verwendung als Arbeits-, Kriegsgefangenen- oder Umerziehungslager war - anders als bei anderen Konzentrationslagern - nicht vorgesehen.
Wikipedia: Vernichtungslager#Vernichtungslager der Aktion ReinhardtBuchenwald, zweifelsohne ein schrecklicher Ort, existierte von 1937 bis '45 (Opferzahlen 56.000). Die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka wurden ab März 1942 (Belzec) bis November 1943 (Treblinka) betrieben; Opferzahlen 150.000 (Sobibor), 434.500 (Belzec) und 900.000 (Treblinka; die Zahlen sind jeweils Mindestangaben und können sogar noch höher liegen, Angaben laut wikipedia.org, Link s. o.).
Wenn man die Betriebszeiten der genannten Konzentrationslager mit den Opferzahlen in Relation setzt erkennt man schnell die unterschiedlichen Dimensionen zwischen einem "herkömmlichen" Konzentrationslager und einem Vernichtungslager:
Konzentrationslager Buchenwald: 56.000 in knapp acht Jahren von Juli 1937 bis April 1945.
Vernichtungslager Sobibor: mindestens 150.000 Opfer in knapp anderthalb Jahren zwischen Mai 1942 und Oktober 1943, das macht mehr als 50.000 Menschen in einem halben Jahr und liegt damit auf dem Niveau der Gesamtopferzahl Buchenwalds.
In Sobibor wurden also in einem halben Jahr ebenso viele Menschen getötet wie in Buchenwald in deren acht. In Belcez und insbesondere Treblinka wurden bei ähnlicher Betriebsdauer wie Sobibor sogar noch deutlich höhere Opferzahlen erreicht (s. o.).
Der Verschleierung diente auch die Wahl der Orte dieser Vernichtungslager: Die Dörfer Bełżec, Sobibór und Treblinka, jeweils in Nähe der gleichnamigen Lager gelegen, befanden sich in dünn besiedelten Gebieten und waren letztlich vollkommen unbedeutende Ortschaften, auch bzgl. der Einwohnerzahlen.
Oder wie
@xydeza schon schrieb: "Und die Vernichtungslager befanden sich alle im Osten irgendwo im Nirgendwo - auch nicht ohne Grund." (s. o.).
Thorsteen schrieb am 03.12.2019:Die Lager im Osten waren aus zwei Gründen dort angelegt, zum einen das man den Massenmord nicht mitbekommt und zum anderen um die Vernichtung der Russen nach dem "Endsieg" zu betreiben.
Jein. Die Vernichtungslager der Aktion Reinhardt wurden noch vor Kriegsende abgebaut (bis November 1943). Neben den Unzulänglichkeiten im Betrieb war Auschwitz mittlerweile soweit ausgebaut (Birkenau), dass es besagter Lager nicht mehr bedurfte. Die "Ungarn-Aktion" zur Vernichtung der ungarischen Juden 1944 wurde daher in Auschwitz durchgeführt.
Wikipedia: KZ Auschwitz-Birkenau#Der Massenmord an den ungarischen JudenEine geplante Vernichtung aller Russen wäre mir nicht bekannt (deren Versklavung dagegen sehr wohl). Für dieses Mengengerüst hätten auch die Kapazitäten aller jemals existierenden deutschen Konzentrationslager kaum gereicht.
Womöglich hätte man daher nach dem "Endsieg" weitere Vernichtungsstätten errichtet da man davon ausgehen darf, dass zahllose Polen, Russen, Weißrussen, Ukrainer, usw., die aus Nazi-Sicht nicht für den Arbeitseinsatz geeignet waren, ermordet worden wären. Man wollte nur so viele leben lassen wie man als Arbeitssklaven benötigte.
Heide_witzka schrieb am 29.11.2019:Na ja, back to topic.
Facta, non verba!