Wie 300 Jahre Geschichte erfunden wurden
18.06.2007 um 13:55
Illig und seine tollen Theorien...
Gut, mal ganz aus der Sicht des Historikersbetrachtet. Natürlich wäre es für die "Mächtigen des Mittelalters" einfach gewesen, maleben 300 Jahre dazu zu packen, ABER... Illig sagt ja, dass es ganz genau 297 Jahre waren,und schießt sich damit selbst ins Knie! Die Römer hatten, neben ihrem eigentlichenKalender, noch eine zweite Form der Zeitrechnung, nämlich einen Steuerzyklus von exakt 15Jahren, der Indiktion genannt wurde/wird. Bei einem Pfusch von 300 Jahren gäbe es demnachkeinen Unterschied, bei 297 Jahren aber müsste der Rhytmus schwanken, was er nicht tut...lässt sich bis heute lückenlos ausrechnen und passt genau. Soll heißen, da können keine297 Jahre zuviel sein.
Ferner, gibt es, wie schon mehrfach in diesem Thread erwähnt,andere Zeitrechnungen, die Ereignisse aus dem fraglichen Zeitraum aufgezeichnet haben unddie trotzdem keine 300 Jahre "nachgehen". Ich denke mal, einer der Grundfehler, den Illigbegangen hat, liegt darin, den jüdischen Kalender als Basis für die Beweisführung zuverwenden, da dieser ja erst bei etwa 5700 v. Chr. anfängt, und zwar mit der Schöpfungder Welt. Dendrochronologische Untersuchungen haben aber bewiesen, dass die Erde älterals 8000 Jahre ist, weshalb ein religiös motivierter Kalender wohl doch eher falsch seinmuss.
Kritiker könnten jetzt auf die gregorianische Kalenderreform hinweisen undsagen, ja aber die war doch auch religiös motiviert. Gut, stimmt schon irgendwo, aber nurdeshalb, weil sich der alte Julius verrechnet hatte, und deswegen die christlichen Feste,die es zu Caesars Zeiten ja noch nicht gab, aber durch Überlieferung an feste Abstände zueinander gebunden sind mit Fixpunkt auf dem 25.12., sich gegen einander verschoben undsomit das Kirchenjahr nicht mehr stimmte. Also ging der gute Papst Gregor hin, ließnachrechnen und siehe da, der Schalttag alle 4 Jahre fehlte. Also mal schnell 11 Tage ausdem Kalender geschmissen, damit es wieder stimmt und den 29. Februar erfunden, damit dasauch so bleibt. Völlig legitim, betrachtet man den Festtagskalender der katholischenKirche als zusätzliche Datierungsmethode, losgelöst vom eigentlichen Kalender.
WasC-14 angeht, so ist das Ergebnis immer recht vage und lässt recht gute Rückschlüsse fürdie Antike und die Vorgeschichte zu, nicht aber für das Mittelalter oder die Neuzeit.Außerdem muss immer berücksichtigt werden, dass dieses verfahren mit dem elementarenZerfall von Kohlenstoff operiert, was aber dazu führen kann, dass ein Artefakt vonbeträchtlichem Alter sehr viel jünger datiert wird, sollte es in der näheren Umgebungeines Feuers gelegen haben und somit duch Rauch und Ruß eine "frische Dosis" C/CO2abbekommen haben.
Ich persönlich bin der Meinung, Illig, als Germanist, hätte beiSchiller und Goethe (meinetwegen auch Hartmann von Aue und Walther von der Vogelweide)bleiben sollen und die Geschichte den Historikern überlassen sollen, anstatt Theorienaufzustellen, die an den Haaren herbeigezogen sind. Ich jedenfalls werde meinen Grotefendjetzt nicht wegschmeißen...