@Charminbear Triefendes Auge: Steter Tropfen
Markus Batscheider, Wissenschaftsjournalist
Jens Richter, Arzt
Große Freude oder Trauer lassen die Tränen in die Augen schießen. Auch beim lästigen, aber meist harmlosen "triefenden Auge" kann vermehrter Tränenfluss auftreten. Manchmal ist auch der Abfluss in die Nasenhöhle verstopft.
Auf das Hundertfache kann die Tränenproduktion für kurze Zeit ansteigen. In wenigen Minuten bilden die Tränendrüsen mehrere Milliliter Flüssigkeit. Im Normalfall reicht ein Milliliter für einen ganzen Tag. Ein kleinen Überschuss transportieren die Tränenkanälchen im unteren Augenlid in Richtung Nase. So läuft das Auge nicht über. Beim "triefenden Auge" stimmen Mengen und Transportprozesse nicht mehr: Entweder ist die Tränendrüse (Glandula lacrimalis) übereifrig oder der Tränen-Nasenkanal (Ductus nasolacrimalis) wird überfordert.
Hinter dem Tränenschleier
Vor allem bei älteren Menschen ist ein gestörter Abfluss der Tränenflüssigkeit oft der Grund für ein triefendes Auge. Wenn das Bindegewebe des Unterlids erschlafft, liegt die kleine Öffnung des Kanälchens zur Nase nicht mehr dicht genug am Augapfel. Aber auch verschiedene Krankheiten können die ableitenden Tränenwege so blockieren, dass die Tränenflüssigkeit über das Unterlid abläuft. Das kann in jedem Lebensalter stattfinden.
Abflussstörung
Fehlstellungen des Unterlids: Sie können die Tränenkanälchen verlegen. Typische Formen sind das einwärts gedrehte Unterlid (Entropium) und das nach außen geklappte Unterlid (Ektropium). Bei letzterem verliert das Tränenpünktchen (Eversio puncti lacrimalis), eine kleine Öffnung des Tränenkanälchens im unteren Augenlid, den Kontakt zum Tränenfilm. Die Fehlstellungen entstehen häufig im Alter, wenn das Gewebe um die Augen erschlafft. Sie können aber auch erblich bedingt sein oder durch wucherndes Narbengewebe entstehen.
Einschnürungen oder Verengungen der ableitenden Tränenwege: Oft verschließen sich die Tränenwege durch Entzündungen (Kanalikulitis, Dakryozystitis) oder Infektionen. Manchmal verstopfen Erkrankungen der Nase (z.B. Polypen) die Tränenwege. Auch eine Unfallverletzung oder ein Tumor kann den Abfluss blockieren.
Eine Überproduktion (Hypersekretion) von Tränenflüssigkeit kann genauso hinter dem Tränenstau im Auge stecken. Dafür sind folgende Ursachen bekannt:
Hypersekretion
Erhöhte Reizung der Augen: Rauch, Staub, Fremdkörper, eine Verletzung oder eine Augenentzündung kann den Tränenfluss auf ein Vielfaches anschwellen lassen.
Psychische Erregungszustände: Das klassische Weinen aus tiefer Trauer, überschwänglicher Freude oder rasender Wut hält meist nur kurz an.
Tunnelbau für die TränenFehlstellungen und Vernarbungen des Unterlids lassen sich operativ korrigieren. Liegt eine akute Infektion der ableitenden Tränenwege vor, helfen meist antibiotische Augentropfen. Der chronischen Entzündung eines Tränensacks (Dakryozystitis chronica) muss dagegen mit einer Operation zu Leibe gerückt werden: Mit einem Tunnel vom Tränensack zur Nase entsteht bei der sogenannten Dakryzystorhinostomie eine neue Verbindung zwischen dem Auge und dem Inneren der Nase. Die kann auch einen vermehrten Tränenfluss noch bewältigen.
Lassen sich Augenerkrankungen ausschließen, muss unter Umständen ein HNO-Arzt nach Ursachen wie Polypen, Verwachsungen oder einem Tumor in den Nasennebenhöhlen fahnden. Meist bleibt die Ursache einer Abflussstörung aber im Dunkeln. Die Verengungen des Tränenwegs lassen sich oft mit einem vorübergehend eingelegten Silikonschlauch oder durch eine einfache Spülung des Tränenkanals beseitigen.
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