..
Danke, an alle Antwortenden, für Eure Rückmeldungen. Ich bin einigermaßen erstaunt, dass die Option "es kommt auf die Umsetzung / Therapeut an", im Vergleich so oft gewählt worden ist. Ich persönlich hätte nicht vermutet, dass der Eignung des Therapeuten solch ein großer Wert zugemessen wird. Ich selber habe dazu vor einiger Zeit etwas verfasst, das ich hier dann mal einstellen will. Womöglich kann das für Leser interessant sein, die für sich selber über eine Therapie nachdenken oder konkret auf der Suche nach einem Therapeuten sind.
"
1.) Psychotherapie - welcher Therapeut passt zu mir? (Der erste Eindruck.)
Das ist eine Frage, die in diesem Kontext erfahrungsgemäß häufig auftaucht. Nicht umsonst gibt es probatorische Sitzungen, so dass Klient / Patient und Psychotherapeut sich quasi "beschnuppern" können. Aktuell (Stand seit 2017) sind für Erwachsene mindestens zwei und höchstens vier probatorische Sitzungen von jeweils 50 Minuten Länge möglich. Nicht üppig, jedoch idR ausreichend um einen ersten Eindruck zu erhalten. Es geht vorrangig darum, feststellen zu können, ob die Arbeitsweise des Therapeuten für den Therapiewilligen greifbar ist, wie auch umgekehrt, der Therapeut einen "Fuß in die Tür" bekommt, will meinen, Zugang zu seinem Klienten findet. Die Motivation des Hilfesuchenden soll geklärt werden und seine Problemstellung möglichst exakt einen Umriss finden. Manche Therapeuten versuchen bereits eine grobe Richtung und Zielsetzung zu definieren, denn die Therapiestunden wollen schließlich bei der Kasse beantragt sein.
Einige Therapeuten setzen psychodiagnostische Testverfahren, wie beispielsweise Fragebögen, zur spezifizierenden und / oder Differenzialdiagnostik ein.
Grundsätzlich gilt, der Klient / Patient ist nicht verpflichtet zu beantworten, was er nicht beantworten will! Reagiert ein Therapeut unangemessen ungehalten, selbst wenn nur einige, wenige Angaben verweigert werden, würde ich persönlich sagen: Finger weg! Generell gilt, Therapie ist Vertrauenssache und das Gefühl, dass einen jemand versucht unter Druck zu setzen, ist keine gute Vertrauensbasis. Sicherlich ist es elementar, dass man sich als Hilfesuchender auf sein Gegenüber einlässt. Allerdings muss dieses sich dieses Einlassen auch durch ein Mindestmaß an Kompetenz verdienen. Mit Kompetenz ist in diesem Zusammenhang ein gewisses Maß an Souveränität gemeint. Diese äußert sich idR dadurch, dass der Therapeut sich, bzw. seine Art der Behandlung, gut zu erklären weiß und auf Nachfragen in einer aufklärenden, zugewandten Form reagiert.
Ein Psychotherapeut, der sich von Nachfragen eines mündigen Patienten aus dem Tritt bringen lässt und womöglich verkrampft oder ungehalten reagiert, ist nach meinem Dafürhalten noch nicht so weit erfahren (willens oder fähig) eine tragfähige Beziehung zu seinen Klienten aufzubauen und würde von mir aus dem Rennen genommen werden. Selbst, wenn das bedeuten würde, noch eine Weile auf einen neuerlichen Termin bei einem anderen Therapeuten warten zu müssen. Die Fragen, die man stellt, sollten natürlich rein sachbezogen sein. Es ist das Recht und im therapeutischen Kontext auch die Pflicht eines Behandlers, im Rahmen der Psychotherapie, einen professionellen Abstand zu waren.
Angehangen an diesen (Teil)Abriss zum Thema, nun noch ein Link zur
Richtlinie "Psychotherapie" (PDF) herausgegeben von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Für Patienten ist diese insofern interessant, als dass Pflichten und Qualifikation des Therapeuten, so wie Rechte des Patienten dargelegt werden. Durch das Lesen dieser Richtlinie werden womöglich auch viele Fragen, die ein Therapeut innerhalb der probatorischen Sitzungen stellen könnte, besser verständlich.
2.) Kompetenz versus Sympathie (Kann "der / die" das überhaupt?)
Um einmal das Wichtigste vorweg zu nehmen: Therapieren kann einen grundsätzlich jeder, der die fachliche Qualifikation dazu besitzt. Ich musste einmal herzlich lachen, als mir jemand schrieb, der wohl lange therapeutisch tätig war, dass man als Therapeut machtlos ist, hätte der Patient ein "Koryphäenkiller-Syndrom". Dieses wird beispielsweise wie folgt beschrieben:
Verhaltensstörung, bei der Patienten über hartnäckige, aber untypische Beschwerden klagen, die auch mit großem intellektuellen und apparativen Aufwand keiner bekannten Krankheit zugeordnet werden können. [Quelle: https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/koryphaeenkiller-syndrom/6746]
Im Wesentlichen geht es darum, dass der Patient seinem Behandler Zugang zu sich gewähren muss, damit dieser überhaupt effektiv arbeiten kann. Ergo ist die Frage, die man sich stellen sollte, wählt man besagten Behandler aus, nicht die, ob einem dieser Mensch sympathisch ist, sondern:
- Traue ich dieser Person die fachliche Kompetenz und Erfahrung zu, mich professionell zu behandeln?
- Traue ich mir selbst zu, mich dieser Person so weit zu öffnen, dass diese mich überhaupt behandeln kann?
Nur, weil einem jemand nicht sympathisch ist, ist er einem nicht zwingend unsympathisch. Eine neutrale Haltung genügt völlig, für das, was in einer Psychotherapie das Wesentliche ist. Nämlich die Bereitschaft des Patienten, sich zu öffnen und an / mit sich zu arbeiten. Der Therapeut begleitet lediglich den Prozess. Er ist Teil des Teams, das sich im besten Falle bildet. Der Hauptakteur, an vorderster Front, ist der Patient selbst. Der Therapeut stärkt lediglich den Rücken.
Deshalb ist die Motivation des Hilfesuchenden elementar. Wer den Irrtum begeht, zu meinen, man "würde sich therapieren
lassen", im Sinne davon, dass der Therapeut etwas mit einem tut, ist auf dem falschen Dampfer. Ein Psychotherapeut animiert den Patienten, etwas mit sich selbst zu tun und das dann gemeinsam anzuschauen. Es entstehen mitunter natürlich sehr intensive Gefühle, seitens des Patienten. Wenn man sich einmal bewusst macht, was da eigentlich passiert, ist das jedoch keineswegs verwunderlich. Schließlich offenbart man dort jemandem sein tiefstes Inneres und erfährt darin Annahme. Das ist eine Definition von Liebe, die sich in Vertrautheit und Annahme äußert.
Innerhalb der therapeutischen Begleitung, wird mitunter das nachgeholt, was im Kindesalter versäumt wurde. Die Erfahrung, dass da ein Mensch ist, der für einen da ist und einen annimmt, mit allem was man so mitbringt. Dass dabei liebevolle Gefühle seitens des Patienten entstehen, ist sogar Teil des therapeutischen Prozesses und die Professionalität des Therapeuten zeigt sich darin, mit diesen Voraussetzungen konstruktiv zu arbeiten. Die implizite Abhängigkeit, in Bahnen zu lenken, dass der Patient sein eigenes Potenzial darin zu erkennen vermag, das sich lediglich in Stellvertretung auf den Behandler richtet, jedoch nicht an (s)eine Person gebunden ist.
Zusammenfassend: Es ist nicht zwingend nötig, dass einem ein Therapeut sympathisch ist. Wichtig ist, dass man ihm und sich selbst zutraut, ein Team zu bilden, in dem man selbst den Löwenanteil an Arbeit verrichten wird. Der Therapeut ist ein Begleiter, den man wählt. So etwas wie ein Kampfgefährte, auf den man baut. Das kann also durchaus auch jemand sein, den man nun nicht zum Niederknien findet. Wichtig ist, dass er ein ordentliches Instrumentarium zur Verfügung hat und damit umzugehen weiß. "
Text Ende..
Wie auch immer man sich entscheidet, so denke ich persönlich, dass, wenn man unter der eigenen Lebenssituation leidet, es einen Versuch sicherlich wert sein kann. Eine Psychotherapie ist idR darauf ausgerichtet, das persönliche Befinden des Patienten zu verbessern. Dabei geht es nicht nur darum, Symptome aus der Welt zu schaffen, sondern generell zu erlernen, "gut / besser mit sich selber" zu leben / zurecht zu kommen.
LG Mina