Schirach-Collini

Dieser kurze Roman aus dem Jahr 2011 spielt 2001. Im Adlon wird ein 85-jähriger Industrieller namens Jean-Baptiste „Hans“ Meyer ermordet, der Mörder ist der italienische Fabriksarbeiter Fabrizio Collini. Als Pflichtverteidiger wird der junge aufstrebende Anwalt mit besten Referenzen Caspar Leinen bestellt, der den Fall zurücklegen will, da er herausfindet, dass er mit dem Mordopfer in seiner Kindheit bekannt war, mit dessen verstorbenem Enkel gemeinsam in die Schule gegangen ist und mit dessen Enkelin Johanna eine lose, auch sexuelle Beziehung hat. Collini wünscht ihn jedoch weiter als Anwalt, schweigt aber über sein Motiv.

Eine Verfahrenspause nutzt Leinen zum Aktenstudium und da der Mord mit der Wehrmachtswaffe Walther P38 begangen wurde, fährt er zur Ludwigsburger Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Er findet heraus, dass Meyer während der Besetzung Norditaliens im Raum Genua stationiert war. Collini ist nun bereit zu erzählen. Meyer vergewaltigte seine Schwester und ermordete seinen Vater während einer Vergeltungsaktion der Wehrmacht. Eine Anklage hatte keine Konsequenzen, da Meyer als Mordgehilfe gesehen worden sei und nach einem deutschen Gesetz von 1968 die Taten verjährt seien. 2001 habe er nach dem Tod seiner Tante beschlossen, Meyer zu töten, da er niemanden mehr in der Familie habe, den/die er mit seiner Tat belasten könne.

Die Frage, wie nun Collinis Tat zu beurteilen sei, beantwortet Schirach nicht. Er lässt Collini nach dessen Bericht über die Vergangenheit Meyers Selbstmord begehen.

Neben einigen Seitenhieben gegen die deutsche Justizlandschaft und dem EGOWiG (Gesetzesinfo auf der Wikipedia) kann das Werk an Schulen einen weiteren Lerneffekt bieten: Caspar und Johanna treiben es an einem Hotelfenster im Doggystyle ;)

Die Pornokamera scheint es der deutschen Literatur angetan zu haben. Ist mir in Dschihad Calling (einem Jugendroman) bereits aufgefallen.