Franz Kafka - Beim Bau der chinesischen Mauer
27.04.2024 um 01:27Der Ich-Erzähler ist ein südchinesischer Bauer, der über die Errichtung der Mauer gegen die Nordvölker reflektiert. Diese kann wegen ihrer Lückenhaftigkeit keinen Schutz bieten, für die Menschen im Süden hat sie überhaupt keinen Zweck, da die Nordvölker nie bis dorthin gelangen, doch sie eint durch die Baumethode das riesenhafte Volk zu einem Volkskörper, auch wenn die Führerschaft, die alleine den Zweck versteht, entrückt ist. Am weitesten entfernt ist der Kaiser in Peking, ein Pünktchen im riesigen Reich, der genauso ein Mensch ist wie alle seine Untertanen. Trotz dieser kritischen Reflexion ist das Volk nicht zugänglich für Aufständische, da deren Sprache eine alte Sprache des Vergangenen ist.
Kafka entwirft in dieser Erzählung aus 1917 ein totalitäres System und reflektiert, wie sich das Volk selbst an einen weit entrückten Führer (Kaiser) bindet, indem sie den Unterführern beim Bau der eigentlich zwecklosen Mauer folgen. Der Interpretationsspielraum ist - wie in vielen Erzählungen Kafkas - riesig. Ein großartiger Text.