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2015 erschien dieses Werk des 2021 verstorbenen Leiters des Lepsiushauses Potsdam über den türkischen Genozid an den Armeniern in den Jahren 1915/16. Der ausgebildete Kulturhistoriker hat akribisch zeitgenössische Quellen (Augenzeugenberichte und staatliche türkische Quellen) herangezogen, um ein abgesichertes Gesamtbild des Grauens zu erstellen und leitet daraus ab, dass nicht nur die Vertreibung, sondern auch die systematische Ermordung eine Auftragsarbeit der jungtürkischen Regierung unter Mehmet Taalat war. Im Gegensatz zu den Massakern von 1895 bzw. 1908 waren die Ereignisse während des Ersten Weltkriegs genozidal.

Der Band endet damit, dass 1919 ein türkisches Gericht siebzehn Drahtzieher und Massenmörder wegen Verbrechen gegen die Menschheit zum Tode verurteilt hat, doch mit dem Erstarken Mustafa Kemal Atatürks, der den Massenmord nicht leugnete, wurde dieser Genozid unter den Tisch gekehrt und wird bis heute vom türkischen Staat nicht als solcher anerkannt.

Einen zweiten Ausblick bildet der Freispruch des armenischen Studenten Soghomon Tehlirjan, der 1921 in Berlin Mehmet Talaat ermordet hat, von einem deutschen Gericht. Der junge polnisch-jüdische Student Raphael Lemkin hat diesen Prozess sehr eng verfolgt und wurde schließlich zum federführenden Autor der UNO-Völkermordkonvention. Im Gerichtssaal saß der deutsch-jüdische Student Robert Kempner, der 1947 Stellvertretender Hauptankläger beim Nürnberger Prozess war. Der Genozid an den Armeniern war der erste Aufrüttler, dass die internationale Gemeinschaft nicht zuschauen und sich nicht hinter dem Prinzip der Nichteinmischung in interne Angelegenheiten verstecken darf.

Aufgrund der vielen erschütternden Berichte und schrecklichen Bildzeugnisse ist das Buch eine sehr herausfordernde Lektüre, jedoch für alle, die sich mit dem Thema beschäftigen möchten, auch aufgrund des zugänglichen Schreibstils lohnend.