Klinger-Giafar

Friedrich Maximilian Klinger zählt mit seinem gleichnamigen Drama zum Namensgeber der literarischen Epoche des Sturm und Drangs, als die jungen Wilden die saturierten Aufklärer vom Sockel holten. Doch mit diesem Roman 1794 war Klinger selbst bereits zum Aufklärer geworden (meinte er) und in einer Militärkarriere bei der russischen Armee in Estland.

Dieser faustische Roman spielt fast ausnahmslos in den von Khalifen (selbsternannten Nachfolgern Mohameds) regierten Bagdad, die Barmeciden werden als ehemaliges (vormuslimisches) gütiges persisches Herrschergeschlecht vorgestellt, deren Mitglieder nun hohe Funktionen im Dienste des Khalifen ausüben. Giafars Vater wird im Auftrag des Khalifen Hadi ermordet, Giafar zieht an den Euphrat, möchte abgeschieden leben und seine Cousine heiraten.

Satan ist bestrebt, die Familie der Barmeciden auszulöschen, weil ihre Mitglieder zu gutherzig sind, so schickt er Leviathan in Menschengestalt zu Giafar, um seine Tugend und seinen Wunsch, großen Einfluss auszuüben, zu befördern, was ihm im Umfeld des Khalifen die Vernichtung bringen würde. Um ja kein tyrannischer Herrscher zu werden, lässt Leviathan in einem Traum ihn noch zeigen, dass Gier und Herrschsucht nur Schrecken bringen würde.

Giafar wird Großvizir beim neuen Khalifen Haroun, der die Hoffnung auf bessere Zeiten in sich trägt. Doch der ist nur an seiner Schwester interessiert. Um dem Vorwurf des Inzest entgegenzutreten, zwingt er die Cousine Giafars zur Ehe, gibt aber Giafar im Ausgleich seine Schwester zur Frau (Frauen gelten als Sachgüter). Als sie einen Sohn gebiert (mögliche Bedrohung der eigenen Linie), werden die Schwester und ihr Sohn von Haroun erstochen, Giafar unter einem Vorwand zum Tode verurteilt und hingerichtet (historisch verbürgt für das Jahr 803).

Eigentlich ist alles gelaufen, wie von Leviathan erhofft, doch er weiß, dass die Verehrung des großherzigen Barmeciden (sozialer Gedanke) und die Gedanken der willenskräftigen Vernunft gegenüber der lähmenden Prädestination weitergeführt werden, nicht ausgemerzt sind.

Durch die vielen, langatmigen Dialoge ist das ein zäh zu lesender Roman, der noch dazu in einem engen Machtzirkel spielt, deren mörderischen Intrigen nicht sonderlich zu Herzen gehen. Auch dass der Sozialgedanke nur freigebige Herrscher kennt, ist für die 1790er Jahre doch etwas wenig und höchstens zu verstehen, dass Klinger im zaristischen Dienst tätig war. Dort war dies wohl das Maximum an Sozialgedanke, der kommuniziert werden konnte. Sowas wie eine aufgeklärte Tyrannei wird hier präsentiert.

Nicht unbedingt eine Leseempfehlung.