MarinaG. schrieb:Vor allem Migrantinnen aus ärmeren
osteuropäischen Ländern (z.B. Bulgarien,
Rumänien und Moldawien), oft aus
benachteiligten Minderheiten (wie z.B. Roma
oder türkische Minderheiten in Bulgarien)
werden teilweise sogar von
Familienmitgliedern dazu gebracht sich zu
prostituieren oder sie selber sehen dies als
einzige Möglichkeit, der Armut zu
entkommen und die eigene Familie finanziell
zu unterstützen.
Erstmal vorweg: Mir tun alle Menschen leid, die in der Armutsprostitution tätig sind und den Job nur machen, weil sie sonst überhaupt keine Alternative haben. Ich finde allerdings, das ist eine Stellvertreterdiskussion, die das eigentliche Problem verschleiert: kapitalistische Ausbeutung. Die hier angesprochenen Migrantinnen sind generell gezwungen, Jobs zu machen, die die wenigsten Deutschen machen würden: z.B auch als Pflegehilfskraft. Nur dabei sorgt sich niemand um das Thema Freiwilligkeit und die körperliche und psychische Integrität der Betroffenen, die vielfach durch die harte körperliche Arbeit und die allgemein bekannten prekären Zustände in der Pflege verletzt wird.
Das gleiche gilt für die Arbeiter*innen in den Schlachthöfen, auf dem Spargelfeld etc. All das wird im Allgemeinen gesellschaftlich hingenommen, denn man ist ja froh, dass die Großeltern versorgt werden, dass das Schweinefleisch billig ist etc. Die Empörung hält sich hier sehr in Grenzen.
MarinaG. schrieb:Das Problem ist, dass es SEX ist. Es verletzt die körperliche Integrität. Das ist der eigentliche Unterschied zu anderen ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen. Her wird keine Arbeitskraft ausgebeutet, sondern der Körper als solches. Gilt im übrigen für Prostituierte jedweden Geschlechts.
Gekaufter, freiwilliger Sex verletzt nicht an sich die körperliche Integrität. Es kommt ganz auf die konkreten Umstände an. Diese Logik geht nur auf, wenn man der Argumentation der Abolitionistinnen folgt, die der Meinung sind, jeder prostitutive Akt sei eine Vergewaltigung. Allerdings würde ich soweit mitgehen, dass die körperliche und psychische Integrität einer Prostituierten, deren finanziellen Nöte so groß sind, dass sie sich ihre Kunden absolut nicht aussuchen kann, regelmäßig stark gefährdet ist.
Abgesehen davon gibt es genug prostitutive Tätigkeiten, in die der Körper des Sexworkers nicht mal wirklich involviert ist, etwa bei Dominas oder Tantramasseur*innen und auch bei einigen Praktiken in der klassischen Prostitution.
Ich würde sagen, dass die meisten Prostituierten weder in der Armutsprostitution noch in der Luxusprostitution tätig sind, sondern irgendwo dazwischen.
Die meisten hatten eine Wahl, wenn diese auch möglicherweise oft begrenzt ist, wie etwa die Wahl zwischen einem Dasein als Angestellte in einem nicht so gut bezahlten Job mit wenig Sozialprestige oder oder eben im Bordell.
Es mag vielen unvorstellbar erscheinen, aber die Tätigkeit als Sexworker hat durchaus auch einiges zu bieten, wo die Tätigkeit in einem Angestelltenverhältnis nicht mithalten kann. Z.B gibt die Sexarbeit niedrigschwelligen Zugang zur Selbstständigkeit mit ihren Freiheiten. Es gibt ja kaum angestellte Prostituierte.