Hume-Essays

Die mir vorliegenden dreizehn Essays des schottischen Aufklärers und Empiristen David Hume (18. Jahrhunderts) handeln beinahe ausschließlich von Politik (einer über Aberglauben und Enthusiamus, einer über Redekunst). Ausgangspunkt ist die britische konstitutionelle Monarchie.

Kernfrage des ersten Essays ist, warum in Großbritannien die Pressefreiheit so groß ist und die politischen Akteure scharf kritisiert werden dürfen, ohne dass es zu Repressionen kommt. Die Antwort ist zunächst erwartbar: weil es sich eben um eine Republik handelt. Der zweite Teil der Antwort, der sich über viele Essays durchzieht, überrascht jedoch. Republiken würden ihre Interessen viel härter und brutaler durchziehen als Monarchien oder absolut regierte Staaten. Als Beispiel führt er die Regime über beherrschte Gebiete, Kolonien an. Irland sei vom republikanischen Großbritannien viel härter unterdrückt und gegeiselt als zum Beispiel Korsika unter dem absolut regierten Frankreich. Auch im Rückblick auf das Römische Reich findet er Beispiele, dass die römische Republik ihre Provinzen viel härter ausgebeutet und ausgeplündert hätte als das römische Kaiserreich.

Die dahinterliegende Logik sieht Hume darin, dass Politik von INTERESTS (Eigeninteressen würde ich es übersetzen) gesteuert sei, und in Republiken sei die Herrschaftszeit viel kürzer, weswegen Bereicherungen viel weniger Zeitraum zur Verfügung stehen würde. Auch wäre der Kreis derjenigen, deren Interessen bedient werden müssten, aufgrund der kurzen Herrschaftszeit kleiner. Gewalt, Geld und Intrigen ist es, was Stimmen brächte. Seit den Tyrannen Griechenlands bzw. den Herrschern in Rom. Gewählte Repräsentanten müssten in kürzester Zeit ihr Raubgut in Sicherheit bringen, bevor die Nachfolger dran sind. Womit Hume eigentlich eine Theorie der Korruption entwickelt.

Warum sind republikanische Regierungen erfolgreich? Sie können skrupelloser agieren als aristokratische Herrscher, die sich immer mehr in Abhängigkeit der Verwaltung, von Beamten, der Administration begäben. Nicht sie würden den Staat lenken, sonder Letztere.

Für die konstitutionelle Monarchie in Großbritannien konstatiert Hume, dass die Kontrolle der Legislative nicht funktioniere. Der König sei zu schwach, und selbst wenn er einem Gesetz widerspräche, kann dieses Veto niedergestimmt werden. Was übrigens auch in demokratischen Republiken wie Österreich heutzutage noch der Fall ist: ein Veto durch den Präsidenten kann mittels Beharrungsbeschluss überstimmt werden, und wenn der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit bestätigt, hat der Präsident als höchster Vertreter der Exekutivgewalt keine Macht mehr.

Hume tritt für starke gegenseitige Kontrolle von Legislative und Exekutive ein, womit es auch nicht verwunderlich ist, dass er, der heutzutage als Vorreiter des Konsvervativismus gilt, für keine der Parteien in England eintritt. Er nimmt weder für die regierende Hof-Partei (Court Party) noch für die Land-Partei (Country Party - ein Bündnis von Torys und Whigs) Stellung. Und nach der Auflösung der Country Party 1740 tritt er weder den Torys noch den Whigs bei, was mit seinen Überzeugungen konsequent ist: Beide haben sich gegenseitig zu kontrollieren. Auf Englisch heißt das bis heute - wie es Hume nennt - Politik der Checks and Balances.

Da Hume mit jeder Wahl bürgerkriegsähnliche Zustände sieht, welche die Wahlen begleiten, tritt er für eine konstitutionelle Erbmonarchie ein. Dies begründet er mit der Feststellung, dass eine absolute Monarchie zwar die stabilsten politischen Verhältnisse hervorbrächte (weniger Korruption - siehe oben), die Verhältnisse in Frankreich würden jedoch zeigen, dass die Finanzierung des Staates nicht nur durch exorbitant hohe Steuern erfolgen würde, sondern die Steuereinhebung willkürlich und ungleich sei. In einem freien Staat sei dies nicht möglich. Daher strebt er das Beste beider Welten an: republikanische Freiheit in Symbiose mit aristokratischer Stabilität.