coronerswife
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Generalprobe
05.06.2021 um 09:24Niedergeschrieben für @Subtilitas
Der Tag danach. Ich bin müde und durch, muss aber gleich zur Arbeit. Warum so müde? Weil ich gestern nach knapp einem Jahr mal wieder Theater gespielt habe.
Es fing ganz harmlos an. Text saß, Tasche gepackt, nix vergessen, also los.
Die Zugfahrt verlief ereignlislos und so konnte ich nochmal manisch flüsternd meinen Text für mich runterrattern. Dann in die Straßenbahn. Mir gegenüber sitzt eine "etwas korpulentere" Familie und singt mit ihrem ebenso dicken Kind ein Lied über einen Elefanten: "Der Elefant ist groß und mächtig, er hat einen Bauch von 3 Metern 60. Dieser Bauch ist unser Ziel, darum essen wir so viel."
Während es mich innerlich zerreißt vor lachen, starre ich angestrengt aus dem Fenster und rede mir ein, dass das nur Zufall ist und keine höhere Macht (Hallo, Equus), die mich an so einem wichtigen Tag umhauen will :D.
ANgekommen im Barockgarten und niemand ist da, nichtmal die Einlasskontrolle. Gut, also runter zu den Toiletten, Umkleiden haben wir ja nicht, das Behindertenklo geentert und gehofft, dass es niemand braucht, während ich mich umziehe.
Wieder draußen treffe ich auf meinen Mentor, der die Führung begleitet. WÄhrend wir noch ein paar organisatorische Dinge durchgehen, fällt ihm auf, wie durstig er ist und dass er kein Geld mithat. Ich ziehe ihm also ein Wasser aus dem Automaten: 2, 50€! :D Die rechtfertigen die hohen Preise echt nur damit, wie toll der barocke Garten aussieht und wegen des Flairs, dass er mit sich bringt. Da wir beide keine Uhr haben, spreche ich einen Vorbeilaufenden an und er sagt uns, dass wir noch eine Viertelstunde haben, eh die Führung beginnt.
Ich renne also hoch und versuche noch, Flyer zu verteilen, während mein Mentor das Unmögliche versucht, sich nämlich in der kurzen Zeit umzuziehen.
Trotz Kostüm und Anmeldung werde ich sehr kritisch von der zweiten Einlasskontrolle beäugt, bis ich endlich in den Garten darf. Gähnende Leere, drei Menschen sitzen auf einer Bank, sonst niemand. Ich stehe hilflos da mit meinem Packen Flyern und sehe verloren aus. Keine Spur von meiner Oma und ihren zwei Freundinnen. Und auch sonst nichts zu sehen von den zwei Anderen, die bei uns mitspielen.
Die nächsten 20 Minuten verbringe ich damit, einzelnen Personen einen Flyer aufzuquatschen, die so schauten, als würden sie am liebsten gar nicht mit mehr reden wollen. Endlich taucht meine Oma mit Anhang auf, etwas gestresst, weil sie lange in einem Stau standen. Kurz unterhalten und dann kam Mentorchen in voller Montur durch den Eingang. Gut, irgendwie fangen wir jetzt wohl an. Da ich nicht damit gerechnet hab, kaum Flyer loszuwerden, weiß ich nicht, wohin mit dem Bündel, denn mein Kostüm hat keine Taschen. Oma springt ein und steckt sie in ihre Handtasche, ich gehe rüber zum Mentor und höhre zu, wie er die anderen beiden anruft. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie meine Oma vorbeilaufenden Teenagern die Flyer aufdrückt :D <3.
"Die standen im Stau und kommen gleich, sind grad auf den Parkplatz gefahren. Ich fang jetzt einfach an."
Okay. Ich wünsche Oma und den anderen viel Spaß und flaniere durch den Sonnenschein und den Garten bis zum Treffpunkt, an dem ich beobachten kann, wann mein erster Einsatz stattfindet und setze mich auf eine Bank. Da saß ich nun, hübsch drapiert, mit dem Buch auf meinem Schoß und fühle mich wie in einem Gemälde. Und warte. Und hoffe, dass die beiden wenigstens schon im Kostüm sind. Und warte. Und. Warte. Dann höre ich, wie unsere geführte Delegation näher kommt und nur zwei Hecken weiter steht, aber immer noch keine Spur von den Zweien. Vor Fassungslosikgeit und Stress fang ich ein bisschen an zu lachen, nur für mich selbst, und murmele "Das kann doch jetzt nicht sein. Bitte nicht. :D"
Und dann endlich tauchen die beiden auf, abgehetzt und erleichtert. Wir hatten eine Minute zur Rücksprache und sahen dann schon die Delegation durch die Hecke vorbeigehen, mein Zeichen für den ersten Einsatz.
Es blieb überhaupt keine Zeit für unser TOI TOI TOI, das riefen wir uns flüsternd über die Schultern zu.
Ich wartete hinter der nächsten Hecke, bereit, loszusprinten, wenn das Stichwort kommt. Durch die Blätter sehe ich, wie nah die Zuschauer am Heckeneingang stehen und entscheide mich für mehr Anlauf, während eine Gruppe Teenager an mir vorbeizieht und mich belächelt :D.
Das Stichwort kam, ich rannte los und alles lief nach Plan. Ich renne weiter, bis um die nächste Kurve und hatte meinen ersten Auftritt geschafft. Und plötzlich durchflutet mich dieses großartige Gefühl, dasselbe, was ich immer bei der Zeitreise habe: Wenn meine Wegszene vorbei ist, die Zuschauer in die große Bauernszene ziehen und ich im Licht der untergehenden Sonne in die Szene flaniere, entlang am Fluss und Feldern, mit dem Gedanken im Kopf, den ersten Auftritt geschafft zu haben, dass es gleich erst richtig losgeht und erfüllt mit so unglaublich viel Vorfreude, dieses Stück aufzuführen. Schwer zu erklären, aber alle, die da mitmachen, kennen dieses Gefühl. Und lieben es.
Die Sonne schien, ein lauer Wind wehte und ich schritt mit eben diesem Gefühl im Bauch vorbei an Rosengärten und Wasserspielen in Richtung der großen Fontäne. Ich hätte platzen können vor Glück!
Angekommen an der Fontäne begann dann das Warten. Wahrscheinlich waren es nicht mehr als 45 Minuten, es fühlte sich aber wie eine Ewigkeit an. Obwohl ich wusste, dass mich jemand holen würde, wenn die Führung wegen irgendetwas abgebrochen werden müsste, war ich irgendwann überzeugt, man hätte mich vergessen :D.
Während ich da stand und die Fontäne bewunderte, kamen immer wieder Besucher und machten Selfies in albernen Posen vor der Fontäne. Irgendwnan tapste so ein kleiner Bengel auf mich zu, vielleicht zwei Jahre alt und schaut mich: "Prinzessin?"
"Nein, ich bin leider keine Prinzessin."
Der Opa vom Jungen "Ach, mit ein bisschen Fantasie gehen Sie aber als eine durch!"
Ich, in der Rolle bleibend: "Das ist sehr nett, dass Ihr das sagt. Leider reicht es nur fürs untere Bürgertum, aber vielleicht heirate ich ja noch reich!"
Opa lacht, ich lache, und dann konnte ich ein bisschen über die Fontäne mit ihm fachsimpeln, das hat ihn echt unterhalten.
Als sie weiterzogen, wollte der Junge nicht gehen, sondern mich weiter anstarren. Ich winke also, und dann verstand er es und zog weiter. Als ich "Jetzt komm endlich!" höre, drehe ich mich nochmal um, und der Bub wirft mir tatsächlich eine Kusshand zu. Das war SO niedlich, dass in mir mein Herz zersprang. Ich hab natürlich einen Handkuss zurückgeworfen.
Ich wartete weiter und starrte die Umgebung an. Die Fontäne veränderte plötzlich ihr Plätschern und wurde kleiner. Das war nicht deren Ernst. Doch. Meine Fontäne, um die sich mein ganzer Text dreht, wurde einfach abgestellt. Das Plätschern verklang, kein Mensch war mehr da und ich stand ganz alleine da :D.
Dann dauerte es noch eine weitere Ewigkeit, bis die Führung endlich, endlich um die Ecke bog. Ich begab mich in Position, schlug mein Buch auf und zeichnete nervös meine vorgemalten Zeichnungen der Fontäne weiter, bis mich Mentorchen dann endlich von der Seite anspricht, mein Sprichwort, loszulegen.
Bevor ich anfing, merkte ich erstmal, dass sie unterwegs noch ein paar Leute mehr aufgegabelt hatten, die mich alle erwartungsvoll anstarrten. Okay, du kannst das, du hast das schon so oft gemacht. Und ich konnte. Zwei mal hatte ich einen Hänger, beide Male das Gefühl, der Text ist für immer weg aus dem Kopf und ich finde nie wieder rein, aber ich fand ihn dann doch. Das hat mich im Nachhinein noch etwas geärgert, weil das nicht der Anspruch ist, den ich für mich selbst habe, vor allem, wenn ich den Text doch eigentlich flüssig kann. Aber gut, das war sicher nicht das letzte Mal, dass mir das passierte. Ich muss noch lernen, das gekonnter zu überspielen.
Es gibt eine Stelle in meinem Text, an dem ich in sinnlose Fachausdrücke ausbreche, und als ich zu der Stelle kam, schreit die Berliner Freundin meiner Oma plötzlich mittenrein mit ihrer Berliner-Kodderschnauze: "ALSO da kann man ja echt ma klatschen! So viele Begriffe!!!!"
:D :D :D Alter. Sei still. Du unterbrichst meien Textfluss :D.
Mein Publikum klatscht vereinzelt und motivationslos, ich rette uns alle, indem ich weiter mache.
Und dann steuere ich auf das Ende vom Text zu und will gerade zu dem Teil kommen, der erklärt, wieso die Fontäne nicht springt (den hab ich extra geschrieben für solche Fälle), als Mentorchen und Gartenmeister mich unterbrechen. Die Unterbrechung ist geplant, allerdings erst, nachdem ich ein Zeichen mit meinem Buch gegeben habe. Sie gingen davon aus, ich hätte das vergessen und beschlossen, mich zu "retten" :palm: :D.
Hinterher fiel mir natürlich viel mehr ein, wie ich meinen Text noch hätte unterbringen können, aber das meiste handelt am Ende davon, dass ich losmuss und wieso.
Verwirrt beendeten wir unseren Auftritt und fragten nach Kritik.
Insgesamt hat es wohl allen gefallen. Die Berlinerin fragt mich wieder, wie ich mir die Fachbegriffe merken kann, ich antworte mit "Weiß ich selbst nicht so genau, ist wohl einfach Übung" :D.
Nachdem wir uns alle noch eine Weile unterhalten haben und für Fotos posierten, beschlossen wir, was trinken zu gehen. Das war toll. Wir saßen an einem Tisch auf einer Wiese unterm Sonnenschirm und bestellten uns einen Sekt. Toll war das vor allemn deswegen, weil ich das wegen Corona schon ewig nicht mehr gemacht hab.
Zurück im Behindertenklo will ich nur noch meine Schuhe zubinden und lehne an die Wand dabei und... treffe direkt den Notknopf dabei, von dem ich nicht mal wusste, dass er da war. Fuck. :D Der krönende Rumlöm-Abschluss :D.
Ich schnell die Schuhe an, Tasche gepackt und hochgesprintet, um Bescheid zu sagen und mich tausend mal zu entschuldigen. Das "Ach, das passiert hier öfter mal." vom Personal half auch irgendwie nicht, dass es mir weniger peinlich war. Aber fürs Schämen war keine Zeit, mein Zug fuhr.
Am Bahnhof sitzend zog in der Ferne ein Gewitter auf, es regnete aber nicht, nur irgendwo weiter hinten. Raben kamen, setzten sich auf ein Hausdach und drehten sich tatsächlich so, dass sie das Gewitter anschauten. Wer mich kennt, weiß: Das ist meine Art der Romantik. Es war perfekt.
Der Zug nach Hause fuhr dann aus dem Unwetter bis zu mir, strahlender Sonnenschein. Froind begrüßt mich im Flur, fragte kurz, wie es war, und sagt "Wir gehen jetzt Essen zur Feier des Tages."
Okay :D. Wir gingen zum Italiener und setzten uns nach draußen. Während ich anfing, Froind zu erzählen, wie es war, verdunkelte sich der Himmel immer mehr. Das Personal kam alle 5 Minuten "Setzt euch rein, kommt rein!" und wir "Nein, es ist sehr angenehm."
War es auch. Irgendwann nieselte es und unser Rücken wurde nass. Die Getränke kommen, wir stoßen an und während der Regen langsam zunimmt, frage ich Froind, ob wir nicht doch reinsollten. "Nö, ich finds noch angenehm." Stimmte ja auch, endlich Abkühlung. Als wir halb durch die Vorspeise sind, prasselt der Regen plötzlich so richtig los. Es war, als hätte man einen Duschkopf angestellt. Ich fange an, gleichzeitig zu lachen und zu schreien, während wir versuchen, unser Bruschetta vorm Regen zu schützen und sprinten unter dem Gelächter aller anderen Restaurantbesucher nach drinnen. Wir sitzen uns gegenüber und lachen uns einfach nur aus :D. Hinter Froind sehe ich die Sturzbäche, die da runterkommen. Wenn Autos vorbeifahren, spritzt eine riesige Welle hoch und landet klatschend auf den hinteren Tischen.
Neben mir sagt ein Mann am Tisch "Ach, ich stell jetzt hier einen Timer mit dem Handy, das hört in 5 Minuten auf."
Ich dreh mich zu ihm: "Ja, das dachten wir auch :D!"
Wieder Gelächter im Raum, während ich wieder mal zugeben muss, dass wir es einfach nicht schaffen, mal "normal" essen zu gehen.
Das Essen an sich war lecker wie immer und lief zum Glück ereignislos. Nach einem Verdauungspaziergung, den wir machten, um den doppelten Averna loszuwerden, den man uns noch aufs Haus anbot, war ich endlich Zuhause, hüpfte unter die Dusche und schaute noch kurz aufs Handy, das voll war mit Nachrichten mit "Wir stehen im Stau!!"
Und dann endlich: Bett. Der Tag kam mir ewig lang vor, einschlafen konnte ich trotzdem lange nicht.
Bis aufs Arbeiten habe ich heute nichts vor und werde mich ausruhen. Muss ich auch, denn morgen ist Premiere. Da beginnt die Spielzeit erst so richtig.
Der Tag danach. Ich bin müde und durch, muss aber gleich zur Arbeit. Warum so müde? Weil ich gestern nach knapp einem Jahr mal wieder Theater gespielt habe.
Es fing ganz harmlos an. Text saß, Tasche gepackt, nix vergessen, also los.
Die Zugfahrt verlief ereignlislos und so konnte ich nochmal manisch flüsternd meinen Text für mich runterrattern. Dann in die Straßenbahn. Mir gegenüber sitzt eine "etwas korpulentere" Familie und singt mit ihrem ebenso dicken Kind ein Lied über einen Elefanten: "Der Elefant ist groß und mächtig, er hat einen Bauch von 3 Metern 60. Dieser Bauch ist unser Ziel, darum essen wir so viel."
Während es mich innerlich zerreißt vor lachen, starre ich angestrengt aus dem Fenster und rede mir ein, dass das nur Zufall ist und keine höhere Macht (Hallo, Equus), die mich an so einem wichtigen Tag umhauen will :D.
ANgekommen im Barockgarten und niemand ist da, nichtmal die Einlasskontrolle. Gut, also runter zu den Toiletten, Umkleiden haben wir ja nicht, das Behindertenklo geentert und gehofft, dass es niemand braucht, während ich mich umziehe.
Wieder draußen treffe ich auf meinen Mentor, der die Führung begleitet. WÄhrend wir noch ein paar organisatorische Dinge durchgehen, fällt ihm auf, wie durstig er ist und dass er kein Geld mithat. Ich ziehe ihm also ein Wasser aus dem Automaten: 2, 50€! :D Die rechtfertigen die hohen Preise echt nur damit, wie toll der barocke Garten aussieht und wegen des Flairs, dass er mit sich bringt. Da wir beide keine Uhr haben, spreche ich einen Vorbeilaufenden an und er sagt uns, dass wir noch eine Viertelstunde haben, eh die Führung beginnt.
Ich renne also hoch und versuche noch, Flyer zu verteilen, während mein Mentor das Unmögliche versucht, sich nämlich in der kurzen Zeit umzuziehen.
Trotz Kostüm und Anmeldung werde ich sehr kritisch von der zweiten Einlasskontrolle beäugt, bis ich endlich in den Garten darf. Gähnende Leere, drei Menschen sitzen auf einer Bank, sonst niemand. Ich stehe hilflos da mit meinem Packen Flyern und sehe verloren aus. Keine Spur von meiner Oma und ihren zwei Freundinnen. Und auch sonst nichts zu sehen von den zwei Anderen, die bei uns mitspielen.
Die nächsten 20 Minuten verbringe ich damit, einzelnen Personen einen Flyer aufzuquatschen, die so schauten, als würden sie am liebsten gar nicht mit mehr reden wollen. Endlich taucht meine Oma mit Anhang auf, etwas gestresst, weil sie lange in einem Stau standen. Kurz unterhalten und dann kam Mentorchen in voller Montur durch den Eingang. Gut, irgendwie fangen wir jetzt wohl an. Da ich nicht damit gerechnet hab, kaum Flyer loszuwerden, weiß ich nicht, wohin mit dem Bündel, denn mein Kostüm hat keine Taschen. Oma springt ein und steckt sie in ihre Handtasche, ich gehe rüber zum Mentor und höhre zu, wie er die anderen beiden anruft. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie meine Oma vorbeilaufenden Teenagern die Flyer aufdrückt :D <3.
"Die standen im Stau und kommen gleich, sind grad auf den Parkplatz gefahren. Ich fang jetzt einfach an."
Okay. Ich wünsche Oma und den anderen viel Spaß und flaniere durch den Sonnenschein und den Garten bis zum Treffpunkt, an dem ich beobachten kann, wann mein erster Einsatz stattfindet und setze mich auf eine Bank. Da saß ich nun, hübsch drapiert, mit dem Buch auf meinem Schoß und fühle mich wie in einem Gemälde. Und warte. Und hoffe, dass die beiden wenigstens schon im Kostüm sind. Und warte. Und. Warte. Dann höre ich, wie unsere geführte Delegation näher kommt und nur zwei Hecken weiter steht, aber immer noch keine Spur von den Zweien. Vor Fassungslosikgeit und Stress fang ich ein bisschen an zu lachen, nur für mich selbst, und murmele "Das kann doch jetzt nicht sein. Bitte nicht. :D"
Und dann endlich tauchen die beiden auf, abgehetzt und erleichtert. Wir hatten eine Minute zur Rücksprache und sahen dann schon die Delegation durch die Hecke vorbeigehen, mein Zeichen für den ersten Einsatz.
Es blieb überhaupt keine Zeit für unser TOI TOI TOI, das riefen wir uns flüsternd über die Schultern zu.
Ich wartete hinter der nächsten Hecke, bereit, loszusprinten, wenn das Stichwort kommt. Durch die Blätter sehe ich, wie nah die Zuschauer am Heckeneingang stehen und entscheide mich für mehr Anlauf, während eine Gruppe Teenager an mir vorbeizieht und mich belächelt :D.
Das Stichwort kam, ich rannte los und alles lief nach Plan. Ich renne weiter, bis um die nächste Kurve und hatte meinen ersten Auftritt geschafft. Und plötzlich durchflutet mich dieses großartige Gefühl, dasselbe, was ich immer bei der Zeitreise habe: Wenn meine Wegszene vorbei ist, die Zuschauer in die große Bauernszene ziehen und ich im Licht der untergehenden Sonne in die Szene flaniere, entlang am Fluss und Feldern, mit dem Gedanken im Kopf, den ersten Auftritt geschafft zu haben, dass es gleich erst richtig losgeht und erfüllt mit so unglaublich viel Vorfreude, dieses Stück aufzuführen. Schwer zu erklären, aber alle, die da mitmachen, kennen dieses Gefühl. Und lieben es.
Die Sonne schien, ein lauer Wind wehte und ich schritt mit eben diesem Gefühl im Bauch vorbei an Rosengärten und Wasserspielen in Richtung der großen Fontäne. Ich hätte platzen können vor Glück!
Angekommen an der Fontäne begann dann das Warten. Wahrscheinlich waren es nicht mehr als 45 Minuten, es fühlte sich aber wie eine Ewigkeit an. Obwohl ich wusste, dass mich jemand holen würde, wenn die Führung wegen irgendetwas abgebrochen werden müsste, war ich irgendwann überzeugt, man hätte mich vergessen :D.
Während ich da stand und die Fontäne bewunderte, kamen immer wieder Besucher und machten Selfies in albernen Posen vor der Fontäne. Irgendwnan tapste so ein kleiner Bengel auf mich zu, vielleicht zwei Jahre alt und schaut mich: "Prinzessin?"
"Nein, ich bin leider keine Prinzessin."
Der Opa vom Jungen "Ach, mit ein bisschen Fantasie gehen Sie aber als eine durch!"
Ich, in der Rolle bleibend: "Das ist sehr nett, dass Ihr das sagt. Leider reicht es nur fürs untere Bürgertum, aber vielleicht heirate ich ja noch reich!"
Opa lacht, ich lache, und dann konnte ich ein bisschen über die Fontäne mit ihm fachsimpeln, das hat ihn echt unterhalten.
Als sie weiterzogen, wollte der Junge nicht gehen, sondern mich weiter anstarren. Ich winke also, und dann verstand er es und zog weiter. Als ich "Jetzt komm endlich!" höre, drehe ich mich nochmal um, und der Bub wirft mir tatsächlich eine Kusshand zu. Das war SO niedlich, dass in mir mein Herz zersprang. Ich hab natürlich einen Handkuss zurückgeworfen.
Ich wartete weiter und starrte die Umgebung an. Die Fontäne veränderte plötzlich ihr Plätschern und wurde kleiner. Das war nicht deren Ernst. Doch. Meine Fontäne, um die sich mein ganzer Text dreht, wurde einfach abgestellt. Das Plätschern verklang, kein Mensch war mehr da und ich stand ganz alleine da :D.
Dann dauerte es noch eine weitere Ewigkeit, bis die Führung endlich, endlich um die Ecke bog. Ich begab mich in Position, schlug mein Buch auf und zeichnete nervös meine vorgemalten Zeichnungen der Fontäne weiter, bis mich Mentorchen dann endlich von der Seite anspricht, mein Sprichwort, loszulegen.
Bevor ich anfing, merkte ich erstmal, dass sie unterwegs noch ein paar Leute mehr aufgegabelt hatten, die mich alle erwartungsvoll anstarrten. Okay, du kannst das, du hast das schon so oft gemacht. Und ich konnte. Zwei mal hatte ich einen Hänger, beide Male das Gefühl, der Text ist für immer weg aus dem Kopf und ich finde nie wieder rein, aber ich fand ihn dann doch. Das hat mich im Nachhinein noch etwas geärgert, weil das nicht der Anspruch ist, den ich für mich selbst habe, vor allem, wenn ich den Text doch eigentlich flüssig kann. Aber gut, das war sicher nicht das letzte Mal, dass mir das passierte. Ich muss noch lernen, das gekonnter zu überspielen.
Es gibt eine Stelle in meinem Text, an dem ich in sinnlose Fachausdrücke ausbreche, und als ich zu der Stelle kam, schreit die Berliner Freundin meiner Oma plötzlich mittenrein mit ihrer Berliner-Kodderschnauze: "ALSO da kann man ja echt ma klatschen! So viele Begriffe!!!!"
:D :D :D Alter. Sei still. Du unterbrichst meien Textfluss :D.
Mein Publikum klatscht vereinzelt und motivationslos, ich rette uns alle, indem ich weiter mache.
Und dann steuere ich auf das Ende vom Text zu und will gerade zu dem Teil kommen, der erklärt, wieso die Fontäne nicht springt (den hab ich extra geschrieben für solche Fälle), als Mentorchen und Gartenmeister mich unterbrechen. Die Unterbrechung ist geplant, allerdings erst, nachdem ich ein Zeichen mit meinem Buch gegeben habe. Sie gingen davon aus, ich hätte das vergessen und beschlossen, mich zu "retten" :palm: :D.
Hinterher fiel mir natürlich viel mehr ein, wie ich meinen Text noch hätte unterbringen können, aber das meiste handelt am Ende davon, dass ich losmuss und wieso.
Verwirrt beendeten wir unseren Auftritt und fragten nach Kritik.
Insgesamt hat es wohl allen gefallen. Die Berlinerin fragt mich wieder, wie ich mir die Fachbegriffe merken kann, ich antworte mit "Weiß ich selbst nicht so genau, ist wohl einfach Übung" :D.
Nachdem wir uns alle noch eine Weile unterhalten haben und für Fotos posierten, beschlossen wir, was trinken zu gehen. Das war toll. Wir saßen an einem Tisch auf einer Wiese unterm Sonnenschirm und bestellten uns einen Sekt. Toll war das vor allemn deswegen, weil ich das wegen Corona schon ewig nicht mehr gemacht hab.
Zurück im Behindertenklo will ich nur noch meine Schuhe zubinden und lehne an die Wand dabei und... treffe direkt den Notknopf dabei, von dem ich nicht mal wusste, dass er da war. Fuck. :D Der krönende Rumlöm-Abschluss :D.
Ich schnell die Schuhe an, Tasche gepackt und hochgesprintet, um Bescheid zu sagen und mich tausend mal zu entschuldigen. Das "Ach, das passiert hier öfter mal." vom Personal half auch irgendwie nicht, dass es mir weniger peinlich war. Aber fürs Schämen war keine Zeit, mein Zug fuhr.
Am Bahnhof sitzend zog in der Ferne ein Gewitter auf, es regnete aber nicht, nur irgendwo weiter hinten. Raben kamen, setzten sich auf ein Hausdach und drehten sich tatsächlich so, dass sie das Gewitter anschauten. Wer mich kennt, weiß: Das ist meine Art der Romantik. Es war perfekt.
Der Zug nach Hause fuhr dann aus dem Unwetter bis zu mir, strahlender Sonnenschein. Froind begrüßt mich im Flur, fragte kurz, wie es war, und sagt "Wir gehen jetzt Essen zur Feier des Tages."
Okay :D. Wir gingen zum Italiener und setzten uns nach draußen. Während ich anfing, Froind zu erzählen, wie es war, verdunkelte sich der Himmel immer mehr. Das Personal kam alle 5 Minuten "Setzt euch rein, kommt rein!" und wir "Nein, es ist sehr angenehm."
War es auch. Irgendwann nieselte es und unser Rücken wurde nass. Die Getränke kommen, wir stoßen an und während der Regen langsam zunimmt, frage ich Froind, ob wir nicht doch reinsollten. "Nö, ich finds noch angenehm." Stimmte ja auch, endlich Abkühlung. Als wir halb durch die Vorspeise sind, prasselt der Regen plötzlich so richtig los. Es war, als hätte man einen Duschkopf angestellt. Ich fange an, gleichzeitig zu lachen und zu schreien, während wir versuchen, unser Bruschetta vorm Regen zu schützen und sprinten unter dem Gelächter aller anderen Restaurantbesucher nach drinnen. Wir sitzen uns gegenüber und lachen uns einfach nur aus :D. Hinter Froind sehe ich die Sturzbäche, die da runterkommen. Wenn Autos vorbeifahren, spritzt eine riesige Welle hoch und landet klatschend auf den hinteren Tischen.
Neben mir sagt ein Mann am Tisch "Ach, ich stell jetzt hier einen Timer mit dem Handy, das hört in 5 Minuten auf."
Ich dreh mich zu ihm: "Ja, das dachten wir auch :D!"
Wieder Gelächter im Raum, während ich wieder mal zugeben muss, dass wir es einfach nicht schaffen, mal "normal" essen zu gehen.
Das Essen an sich war lecker wie immer und lief zum Glück ereignislos. Nach einem Verdauungspaziergung, den wir machten, um den doppelten Averna loszuwerden, den man uns noch aufs Haus anbot, war ich endlich Zuhause, hüpfte unter die Dusche und schaute noch kurz aufs Handy, das voll war mit Nachrichten mit "Wir stehen im Stau!!"
Und dann endlich: Bett. Der Tag kam mir ewig lang vor, einschlafen konnte ich trotzdem lange nicht.
Bis aufs Arbeiten habe ich heute nichts vor und werde mich ausruhen. Muss ich auch, denn morgen ist Premiere. Da beginnt die Spielzeit erst so richtig.