Buecherwahn

Charles Asselineau war Bibliothekar in der Vorgängerbibliothek der jetzigen französischen Nationalbibliothek, Kunst- und Literaturhistoriker, Schriftsteller und Büchersammler. Sehr eng befreundet war er mit Charles Baudelaire. In dieser kurzen Erzählung durchlebt ein Ich-Erzähler drei Höllenkreise des Sammlerdaseins.

In seiner Bibliothek erscheint eines Tages ein dämonisch wirkender Mann, und dieser Dämon treibt ihn zu Handlungen, die in die Hölle eines Büchersammlers führen:

1. Am Pariser Kai an der Seine kauft er Unmengen wertloser Bücher.
2. Diese lässt er teuerst bei einem erstrangigen Buchbinder binden.
3. Bei einer Buchauktion ersteigert er Bücher zu weit überhöhten Preisen.

Am Ende des Tages ist er so hoch verschuldet, dass er seine hochwertige und teure Bibliothek den Gläubigern überlassen muss, damit er den wertlosen Tand abzahlen kann.

Als nach langem Schlaf ihn ein Freund besucht und zum Mittagessen lädt, stellt sich heraus, dass dies alles nur ein Albtraum gewesen sein muss. Alle seine wertvollen Bücher sind noch in bester Ordnung vorhanden.

Die Erzählung ist wohl eine Mischung aus Selbstironie und eigenen Ängsten, aber sie präsentiert auch die nicht bibliophile Seite der Bibliomanie: Werke werden als Spekulationsobjekt gekauft, so auch oft im Augenblick wertlose Einzelbände von Serien, die nach Jahrzehnten als fehlende Exemplare zu hohen Preisen verkauft werden können, um Sammlungen zu vervollständigen, die sich auch nicht in der Nationalbibliothek finden lassen.

Ob das Loblied auf ein Büchlein ironisch ist oder dem Empfinden Asselineaus entspricht, ist schwer zu erschließen:
"Oh, du bezauberndes Büchlein!" sagte ich, "du kleine Manon Lescaut, so schön gedruckt von Didot im Jahr 1797! Gepriesen sei der Liebhaber, der dich so gut aufbewahrt hat, gewaschen, geleimt und in braunes Maroquin gekleidet; gesegnet sei der Buchbinder, der dich gebunden hat, der Wäscher, der dich gewaschen, die Person, die dich geleimt hat."
Nette kleine Geschichte.