Disclaimer zum Gastauror*innenbeitrag:

{Liebes Team von Lass-dich-Überwachen, hallo Bild-und-Ton-Fabrik, sehr geehrter Herr Böhmermann,

die Autorin wünscht, dass Sie Hiervon absehen. Aus Respekt vor dem Argument der Hilfsbereitschaft, das hier ausnahmsweise der Privatsphäre übergeordnet wurde hofft dieses Buch darauf, ausschließlich privates und niemals öffentliches Interesse zu erregen. Im Folgenden wird nämlich nicht nur Ersponnenes verarbeitet, sondern vor allem möglichst unterhaltsam aufgeklärt.
Dabei werden die im Folgenden erwähnten verschiedenen Techniken des Storytellings genutzt.
Youtube: The magical science of storytelling | David JP Phillips | TEDxStockholm
The magical science of storytelling | David JP Phillips | TEDxStockholm
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Die Namen wurden geändert. Das lyrische Ich erzählt die Geschichte aus stilistischen Gründen aus der Ich-Perspektive.
Mit freundlichen Grüßen
die Autorin
}


Sex wegen Rassismus
Ich empfehle Frau Wuschs Podcast zum Thema Konfrontation mit Rassismus als weiße Frau ( https://podtail.com/de/podcast/sprachnachrichten-von-jacko/30-black-lives-matter-meine-ehrlichen-gedanken-als/ )
Happyland existiert nicht (Exit rasism, 2018). Das habe ich schon mit 18 gewusst.
Dennoch hat es mich nicht davon abgehalten, naiv zu sein. Die ganze Geschichte, das Trauma meiner Entjungferung -welch abscheuliches Wort, folgt hier.
Sie ist lang, ob meiner ständigen Abschweifungen in deiser Schreibübung.

Triggerwarnung: Explizite Sexszenen mit Machtgefälle, Gewalt und Peinlichkeiten, FSK 24



Die unerwartete Geschichte einer Handcreme
Prolog
Das Gefühl, das mich bei der Wahrnehmung der Kosmetikprodukte der Lidl-Eigenmarke überkommt, kann ich nicht beschreiben. Warum?
Wenn du die Geschichte dahinter erfahren möchtest, lies weiter. Es geht um Sex im Graubereich ( https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/sex-nicht-einvernehmlich-und-graubereiche ) auf einem Festivalzeltplatz, Angst vor der Abstempellung als deutscher Nazi und verfrühte Liebesbekundungen. Es ist die Geschichte meines ersten Mals.

Drausen scheint kurz die Sonne durch die dicken Wolken, die sich im Tal drängen. Ich sitze auf dem blauen Sofa in der Wohnung im Wallis, einem südschweizerischen Kanton. Meine französische Mitbewohnerin schaut in ihrem Zimmer im ersten und obersten Stock unseres Flachbaus Serien.
Ich stehe immer mal wieder auf, um die Salzkartoffeln, die auf dem Herd stehen am Überkochen zu hindern.
Meine derzeitigen Baustellen sind meine Erdbeerbeine, meine fehlende Fähigkeit mit Makeup umzugehen, dass ich noch kein zu mir passendes Parfüm gefunden habe, dass ich noch nie so viel Geld verdient habe, dass es für mich zum Leben reichen würde, meine gerade mal angekratzte Hausarbeit, die in vier Monaten abgegeben sein muss und die Abwesenheit von Gespächspartnern.
Es ist Samstag und ich muss noch abwaschen und die Bude saugen und wischen. Eigentlich wollte ich heute in die Stadt fahren, mit dem Zug. Ich besitze nur ein Fahrrad und Inliner, also Fortbewegungsmittel, die ich mit meiner eigenen, untrainierten Körperkraft antreiben müsste. Morgen werde ich auf einen Baum, auf dem staatlichen Gelände, auf dem ich wohne klettern - natürlich nur, falls das Wetter mitspielt.

Das ist der Istzustand, aus dem heraus ich dazu kommen werde, eine schonungslose Geschichte in meinen iPod touch der zweiten Generation zu tippen. Ich würde dich gern mitnehmen in die Vergangenheit, nicht ganz so alt wie dieser iPod, um dir etwas zum Nachdenken zu geben.

Das Highfield ist ein Festival, das alle paar Jahre oder jedes Jahr am Störmtaler See, eines vom vielen gefluteten Braunkohletagebaulöchern in der Umgebung von Leipzig, residiert. Vor allem hippe, linke Bands, Rapper und sogar ein Blasmusikensamble kamen in dem einen Jahr dorthin, in dem ich mir eine der teuren Karten leistete.

Die Musik hörte man aber nur von weiten, als ich von der Containertoilette in Richtung meines Zeltes zurückkehrte. Das dunkelgrüne Zweimannzelt meiner Eltern habe ich halb auf dem Fluchtweg aufgeschlagen. Der ferigehaltene Bereich betrug bis zum offizielllen Beginn des Fetivals noch circa die Hälfte der Fläche des freizuhaltenden Bereiches. Daher war das entrückte Gefühl von Ferien in meiner Brust auch ein wenig klaustrophobisch.
Als ich zu meiner grillenden Studienfreundin und deren Kindheitsfreundin schlenderte, stellte ich mir die Leckereien vor, die die beiden zubereiten würden. Als ich um die Ecke bog, musste ich allerdings feststellen, das der Platz auf meiner kunterbunten Decke, die ich als Abschiedsgeschenk von meiner Hortnerin am Ende der vierten Klasse geschenkt bekommen habe, besetzt war. Neben meinen Freundinen und den Besetzer meiner Decke waren noch zwei Zeltnachbarn um den Einweg-Alugrill versammelt. Er erschrak, wollte mit geweiteten Augen aufspringen und {Dopamin}

Die Kartoffeln sind durch, ich muss sie abgießen. Aber ich habe begonmen zu zittern, während ich tippte. Die Sonne ist wieder hinter den Wolken verschwunden. Nun gut, das reicht an Traumatherapie erstmal. Die Umstände, die zu dem Ersten Eindruck meines "Freundes" Ronald führten, hast du erfahren. Soweit kennen die Geschichte auch meine engsten Freundinnen.
Nächstes Mal machen wir mit Schnecken, Nähe und der Handcreme weiter, bevor wir mit dem Rütteln am Zelt, Ausreden, einem verheulten Ich auf den heimischen Badezimmerfließen, mit SMS an Nicolle und meiner Kutikula enden. ~
Erstsozialisation
Die Vögel zwitschern, die Autobahn übertönt ihren Gesang beinahe. Es ist wieder Samstag.
Ich möchte heute nicht schon wieder vom Highfield erzählen, nein, heute werde ich weiter zurück gehen.

Im Kindergarten haben in der "Großen Gruppe", deren Name nicht auf die Anzahl der Kinder, sondern auf das hohe Vorschulalter hindeuten, sich bereits Paare gefunden. Toni und Peggy und Silke und Robert. Die letzten Beiden haben doch tatsächlich schon hinter der großen gelben Rutsche ein Bussi getauscht. Mich hat der Tratsch nicht sehr interessiert.

In der Grundschule im gleichen Ort hat sich bis zur dritten Klasse keiner für solche Pärchenspielchen interessiert. Wir waren viel zu beschäftigt mit lesen, schreiben und rechnen lernen.
Ab der Dritten haben die Paare sich dann neu zusammengewürfelt. Peggy und Selena wechselten sich mit Toni ab, dem begehrtesten Jungen. Toni hatte ein gepflegtes Äußeres, manchmal hochgestylete, kurze, dunkelblonde Haare, später sogar mit hellen Strähnchen, und ein herzschmelzendes Lächeln, das seinen Schalk durchscheinen ließ. Er konnte sehr höflich und zuvorkommend sein und hatte das vermutlich von seiner jungen Mutter, die ihre ebenfalls hochgestyleten Fransen schwarz färbte und von seiner großen Schwester, die wie Toni in der Schule zu den Besten und Lehrerlieblingen zählte. Jeders Mädchen mochte Toni.
Robert, sein enger Freund hatte eine ebenso intakte Familie, mit großer Schwester und Hund, was nicht ganz ausglich, dass seine Eltern nicht nur wegen ihrer Frisuren nicht hip, sondern normal waren.
Peggy hatte auch hippe Eltern. Bei ihr war es vor allem der Vater, der mit Toni, als "rote Socke" (die Anspielung auf eine politische Gesinnung hatte keiner von uns damals verstanden) seine Späße trieb. Wir waren 16  Schüler in der Klasse, wochentäglich zusammen in einer vertäfelten Schule, im anschließenden Hort und in der Freizeit, vor allem aber bei Kindergebutstagsfeiern, bei denen bis zu der Hälfte der Klassenkameraden eingeladen werden durfte, nur in kleine Teile aufgesplittet. (Gegendert hat man damals noch nicht.)

In der dritten Klasse bekamen wir einen Neuen, Billi, ob zugezogen oder von der Förderschule kursierten verschiedene Meinungen und konnte nicht abschließend geklärt werdent. Willy war seltsam. Er rannte unserer alten Klassenlehrerin über den Gang hinterher und schrie mit seiner hohen Srimme: "Frau Schulzchen, Frau Schulzchen! Bussi, Bussi! Bussi, Bussi!" Dabei machte er Schmatzgeräusche. Ich fand das albern, und konnte Willy nicht verstehen. So was macht man doch nicht.
Lukas, das gewalttätige Problemkind der Schule, mit häufiger Null-Bock- oder Kaputtmacher-Stimmung und unser Klassenkamerad, machte mit Willy einen Hüftwurf, den wir bei Herrn Taucher, dem coolen Judo-Lehrer unserer Arbeitsgemeinschaft-Judo gelernt hatten. Dummerweise machte Willys Kopf dabei die Bekanntschaft mit der stählernen und scharfen Kante der Schwammablage an der Tafel. Willy blutete, Lukas musste zum Büro des Direktors und seiner Mutter, der Sekretärin.
Später wurde in Etern- und Lehrerkreisen über den Klassen- oder Schulverweiß von Lukas diskutiert und Willy kam wieder an die Förderschule.
Geschlechteridendität
Wir hatten im vierten Schuljahr ein Halbjahr lang Unterricht am Computer. Computer waren neu und spannend. Unser Lehrer in diesem Fach war Herr Kalenorski, der Schuldirektor. Kalenorski gab nur Sport, Musik und Computertechnik und dass auch nur für Dritt- und Viertklässler. Er war nie Klassenlehrer, dafür war er viel zu wichtig an der Schule.
Unsere Aufgaben am Computer waren: Umgang mit Word lernen und  Recherschieren. Das, was wir googeln sollten, war öde, und googeln an sich war so einfach, dass uns schnell langweilig wurde. Die neun Computer standen in einem Raum, der ungefähr ein Drittel der Fläche eines normalen Klassenzimmes hatte, und man konnte vom Haupteingang nur auf einem Weg zu ihm kommen, nähmlich die Treppe rauf, den langen Gang entlang, die letzte Tür an der Längsseite zum Klassenzimmer der vierten Klasse, durch das Klassenzimmer, zu der Tür neben der Tafel.
Unser Lehrer ließ uns manchmal allein vor dem Computer, nachdem er uns den Raum aufgeschlossen und uns unsere Aufgaben gegeben hat. Wenn das passierte, spielten wir meistens Spiele am Computer.

Eines solchen Tages, wir sollten mit Googel recherschieren, war mir langweilig, Ariana, meine beste Freundin hatte die Maus. Da winkte mich aufgeregt Liana an ihren Computer heran. Sie war die Einzige, die allein vor Ihrem saß, alle anderen hatte Partner.
Liana war eine nette Freundin von mir. Die Eltern bemitleideten ihren Vater, der seine drei Mädchen allein großziehen musste, nachdem Lianas Mutter weggelaufen war. Die Familie lebte in einem winzigen Haus in der Dorfmitte. Lianas Schwester Diane war allerdings Nummer Zwei auf der Liste der Problemkinder der Schule, hinter Lukas. Sie lief immer in verschlissenen Kleidern, Strumpfhosen mit riesigen Löchern und einem Hang zur Grausamkeit in Schule und Hort herum. Lianas kleinste Schwester war unauffällig und im Kindergarten.
Jedenfalls versuchte Liana ein wenig Mutti für die Beiden zu spielen und war durch den Ruf von Diane und dem Geruch des Elternhauses, dem beiden anhaftet, bei vielen Klassenkameraden in Ungnade gefallen, sie wurde gemobt. Ich habe von meiner Mutti den Auftrag herausgehört, dass ich mich um Liana kümmern soll, aber das hätt ich sowieso getan. Ich war ihre beste Freundin.

Und ich war fasziniert von dem, was ich auf Lianas Bildschirm sah. Ich brauchte etwas bis ich herausfand, was ich dort betrachtete. Es waren viele Bilder in einem Raster und die Fotos zeigten Vulven von Frauen, teils animiert bei der Penetration mit Fingern oder Penisen. Viele waren rasiert, selten beim Klitoris gepierct. Die Bilder waren befremdlich, sehen so wirklich Frauen da unten aus?
Ich fand sie auch eklig aber vor allen flog Aufregung in meinem Bauch herum.
Einer der Jungen, Toni oder Robert bekam mit, was auf Lianas Bildschirm zu sehen war und gab aufgeregt bekannt, dass der Partner auf muschiwahl.de gehen soll, um es auch anzuschauen. Alle waren aufgeregt, viele Bildschirme zeigten im Nu die Seite. Als plötzlich Herr Kalenorski hereinkam, wurde er sehr rot im Gesicht und es gab ein Donnerwetter.

Irgendjemand hatte zu Hause an seine Eltern gequatscht. Es kam heraus, dass Lianas Vater die Internetseite wohl zuerst besucht hatte und Liana das am häuslichen Computer gesehen hatte.
Unsere Eltern und unsere Lehrer unter der Führung unserer Klassenlehrerin schärften uns ein nie wieder dergleichen Seiten zu besuchen und alle hielten sich betreten daran. Uns wurde nicht erklärt, was wir gesehen hatten, nicht irgendwie eingeordnet und ich fragte auch nicht. Ich war es nicht gewohnt, so zusammengestaucht zu werden, war sehr geknickt und mein Ekel vor diesen Bildern verstärkte sich retreospektiv.

Ich saß im Hortgebäude im Speisesaal beim Mittagessen und musste darüber nachdenken, dass ich da unten nicht so aussah, wie die Bilder im Internet es zeigten.
Ich hatte da noch Haut herumhängen. Waren das Hoden oder ein kleiner Penis? War ich womöglich doch kein Mädchen, sondern ein Junge? Hatten die Ärzte im Krankenhaus nicht richtig hingesehen nach meiner Geburt? (Damals wusste ich noch nicht, dass das Feststellen tatsächlich kristisch sein kann, eine gute Sendung vom WDR: https://www.planet-wissen.de/video-intersexualitaet--was-bestimmt-unser-geschlecht-100.html )
Es gab genug Indizien: Ich spielte nicht äußerst gern mit Puppen, ich hatte nur eine Barbie, mit der ich spielte, weil sie auf Inlineskatern fahren konnte. Ansonsten war es mir viel lieber, im Garten eine Suppe aus Sand, Gras und Gänseblümchen zuzubereiten, mit Ariana auf dem Klettergerüst herumzuturnen und Hölen zu bauen, als mir die Haare flächten zu lassen, was die feminimeren Mädels meiner Klasse, Isabell, Selena und Peggy andauernd taten.
Ich spielte lieber mit meinen beiden Brüdern, als die Familienrollenspiele mit Mama-Kind-Schwester-Beziehungs-Nachahmungen. Ich hatte meine Familie doch, da brauchte ich sie nicht spielen. Ich konnte mich nie entscheiden, welche Rolle ich übernehmen wollte, und so wurde mir entweder eine unliebsame zugeteilt oder ich spielte Bärtierchen, ein Mikroorganismus, dass wusste ich von meiner Mutti, der Biologin.
Die waren so klein, dass man sie nicht sieht und konnten demnach, getrost von Zimmer zu Zimmer gehen um den Kindergeschrei zu entkommen, wenn es wieder einmal so laut war, dass ich hinter meinen Schläfen ein Stechen und Drücken spürte.

Ganz leise war es immer in dem Raum, in dem wir die Straßenschuhe gegen Hausschuhe wechselten. Es roch dort allerdings nach Stinkefuß. Ich verkroch mich manchmal da hin, um nachzudenken. Bei schlechtem Wetter durften wir im Hort nicht raus, malen wurde schnell langweilig und depremierte mich, weil Ariana das zehnmal besser konnte, als ich.
Verkleiden mochte ich auch nicht so sonderlich doll, wie meine Freundinnen, ich fand es viel aufregender auf einen Baum zu klettern und mit meinen Brüdern und deren Freunden Verstecken zu spielen und am allercoolsten war es, Nachtwanderungen zu unternehmen.

Als ich meine Mutti fragte, ob sie sicher ist, dass ich wirklich ein Mädchen bin, hat sie gelacht und gesagt: "Natürlich bist du ein Mädchen! Wie kommst du denn darauf?" Ich antwortet ihr natürlich nur mit: "Nur so."
Spätzündende
In der Vierten Klasse bekamen wir einen Sitzenbleiber namens Nick. Er stank, war schüchtern, unselbstbewusst und konnte kaum klar sprechen. Auch besaß er keine anderen, erkennbaren Talente, außer intensiv zu starren. Schon damals begann es, dass ich mich im Beisein von großen, weißen, dicken, und vor allem im Gespräch mich anstarrenden männlichen Menschen ein beklemmendes Gefühl bekam.

Robert hatte im Herbst Geburtstag. Er lud außer mir keine weiblichen Gäste ein, die Jungs spielten Pokemon oder ähnliches auf Konsolen und kümmerten sich nicht um mich.
Ich fand das Badezimmer nicht, musste aber dringend pinkeln, mir war es aber zu peinlich, die Jungs danach zu fragen. Nach endlos quälenden Stunden, übernahm mein Körper die Entscheidung über das Harnlassen und ich pinkelte ein. Ich schob es vor den Jungs auf den Hund, aber der Mutter von Robert gestand ich die Wahrheit.
Ich wurde von meiner Mutter abgehot und zusammen gingen wir nach Hause. Zu meiner großen Erleichterung hielten die Mütter ihr Versprechen und es blieb ein Geheimnis, dass der stubenreine Hund mir nicht den langweiligen Abend verdorben hatte, sondern das das mein Verschulden war. Ich hatte etwas wichtiges gelernt: Es ist nichts peinliches daran, nach der Toilette zu fragen. {Oxytocin}

Für die sexuelle Aufklärung kam eine Frau von Außerhalb in die Grundschule. Sie zeigte uns Tafeln mit Geschlechtsorganen und erklärte uns, dass es wichtig ist täglich die gesamte Unterwäsche zu wechseln. Ich war verunsichert, nicht nur, weil ich Socken und Hemden nicht täglich, aber ca. alle 3 Tage wechselte, sondern ich wunderte mich auch über die Anzahl an Punkten auf der Tafel, die auf Stellen und Öffnungen in den weiblichen Körper deuteten, die mir bisher bei mir nicht aufgefallen waren.
Ich fand die Warnungen vor Geschlechtsverkehr absolut übertrieben, ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, das irgendjemand aus meiner Klasse in den nächsten fünf Jahren Sex haben würde.
Die Frau verunsicherte mich weiter, indem sie sagte, wir sollen uns täglich untenrum mit einem sauberen Waschlappen waschen und die Mädels sollen beim Po Abwischen auf die Richtung achten. Zuletzt gab sie uns Werbematerial von OB und ein Heft mit, das eine Aufklärungsgeschichte enthielt. Das Material las ich mehrfach und versteckte es gut in meinem neuen, eigenen Zimmer.

Mit Mutti klärte ich, das meine Unterwäscheroutine schon okay sei. Das tägliche Waschen meiner Intimzone ignorierte ich, ging nun aber häufiger duschen. Später frand ich heraus, das Oma regelmäßig Waschlappen benutzt und als ich sie fragte, warum sie unter ihrem Nachthemd einen Schlüpfer trug, sagte sie, das solle mir Mutti später erklären.

Die Abschlussfahrt der vierten Grundschulklasse wurde zu einer Verkupplungsreise. Gerüchten zufolge, die sich im Nachhinein eindeutig als wahr erwiesen, träumte wohl Robert schon eine kleine Weile davon, mich besser kennen zu lernen.
Ich hatte es wohl irgendwie geschafft, sein Interesse zu wecken. Wie, war mir komplett schleierhaft, aber es schmeichelte mir. Dummerweise hatte ich immernoch jene, nach Urin riechende Peinlichkeit im Kopf und hütete mich daher tunlichst davor, irgendetwas zur Aufkärung der Gefühle zu unternehmen. Ich verteidigte mich vor meinen Freundinnen damit, dass ich keinem Gerücht glaube, sondern Robert das mir schon selbst ins Gesicht sagen musste.
Mich beschlich das scheußliche Gefühl, dass ich unfair handelte, schließlich vermied ich Roberts Gesellschaft, seitdem ich von dem Gerücht gehört hatte. Ich scheute den Augenkontakt mit Robert und hätte mich selbst nie getraut, ihn im umgekehrte Fall zu fragen, ob es im Bauch beim Gedanken an mich kribbelt.

Herr Kalenorski wurde für das Verletzen seiner Aufsichtspflicht beim Computerunterricht und wegen diverser anderer Vorkommnisse zur Rede gestellt und wurde im darauffolgenden Schuljahr, als wir schon alle an das Gymnasium oder an die Mittelschulen verteielt waren, gegangen worden. ("Jemand ist gegangen worden" war der schönere Ausdruck für "jemandem dringend empfehlen, einen Versetzungsantrag zu stellen".)
Es kam heraus, dass Kalenorski eine Affäre mit seiner Nachbarin, Selenas Mutti, hatte. Selena rutschte zu der Zeit in der Mittelschule, nachdem sich ihre Etern getrennt hatten, ab und entwickelte sich zu einer hübschen, blonden Zicke. Selenas Bruder stellte zusammen mit Peggys Bruder Unfug an.
Verhüllungstaktik
In den ersten Jahren in der Penne hielt ich mich bei all dem Stress, den das Pendeln, neue Lehrer, ein gefühlt riesiges Schulgebäude und viel Lernstoff verursachten, an meine alten Freundinnen.
Silke nutzte mich als eine gute Vertraute, auf deren Ratschläge man nicht unbedingt hören musste. Ich bekam aus erster Hand jeweils erzählt, welche jungen Freundinnen ihr Schwarm in der Ecke bei der Aula abschleckte. Ich fieberte mit ihr, bis sie sich überwand und ihrem Schwarm gegenüber ihr Interesse zeigte.
Ob Silke alles ausgerechnet bei mir ablud, weil Robert damals von ihr zu mir wechselte, oder weil ich einfach eine bessere Zuhörerin war, als ihre anderen Freundinnen ist mir nicht klar.
Sie war es auch, die mir einzureden versuchte, ich wäre in den Klassenkasper verliebt, nur weil ich während der Klassenfahrt von einer Hochzeit im Schnee mit mir als Braut und ihm als Bräutigam geträumt habe. Das Gerücht, das Silke damals streute, muss ihm wohl zu Ohren gekommen sein. Anders lässt sich seine Obsession, mich in den folgenden Jahren ärgern zu wollen, nicht erklären.

Die Zweifel, was mein Geschlecht betrafen gingen nicht weg, aber ich verdrängte sie, so gut es ging. Ich trug immer, auch im Sommer blaue oder violette Fließjacken. Es war mir ein Bedürfnis, mich zu schützen, was würden wohl die anderen an Ekel ausspucken, wenn sie wüssten, wie ich untenherum aussah? Ich wollte nicht auffallen, mich so gut es geht unsichtbar machen.
Ich war schon immer freundlich und zuvorkommend zu meinen Freunden gewesen, hab sie niemals angegriffen oder mutwillig verletzt. Mir fiel es schwer zu formulieren, dass mir etwas nicht gefällt, wenn das auf andere Meinungen stoßen könnte.
Ich flüchtete lieber, so unauffällig wie möglich in eine neue Situation. Ich zog keine Kleider oder Röcke an, ausschließlich T-Shirt, Jeans, im Winter noch eine Leggins darunter, oder Sporthosen und eben jene Fließjacken.

Als ich meine ersten Blutungen hatte, immer sehr unregelmäßig und mit so schmerzhaften Bauchkrämpfen, Gelenk- und Rückenschmerzen verbunden, dass ich an zwei Tagen, durchschnittlich alle 43 Tage sterben wollte, war aber zumindest klar, dass ich wohl doch zum Hauptteil Mädchen bin. Diese Erkenntnis, verbunden mit der Hoffnung endlich sicher über mein Geschlecht zu sein, war aber auch das einzige, was ich meiner hormonell bedingten Entwicklung abgewinnen konnte.

Mit der Pubertät kam allerdings ein neues Problem hinzu: Vor allem in meine Fließjacken im Sommer, aber auch Herbst und Frühling, stank ich nach Schweiß. Aber ich hatte keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen. Meine Mutti besaß keine Deoflaschen, wie sie meine Frundinnen nach dem Sport herauskramten. Diese unter Druck stehenden Dosen gaben auch alle penetrante Düfte ab, die in mir mindestens Appetitlosikeit bis hin zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Brechreiz auslösten.
Mich selbst auf die Suche nach einem Deo zu machen, war Anfangs unvostellbar. Im Dorf gab es nur einen Discounter und ich wusste damals nicht, dass es dort auch Deos gab. Nach der Schule in die Stadt zu gehen, wo wenige meiner Freundinnen ihre Deos kauften, war nur in begründeten Ausnahmefällen erlaubt. Meine Eltern rechneten ja damit, dass ich nach der Schule direkt mit dem Schulbus wieder nach Hause fuhr.
Irgendwann fragte ich meine Mutti nach einem Deo und bald hatte ich eines, das ich aber ungern benutzte. Das Parfüm war zwar nicht ganz so penetrant, wie manch anderes, aber ich vermied es und trug weiterhin meine Fließjacken, in der Hoffnung, dass man das durch die Jacke, solange ich sie nur nicht ablegte, nicht roch.
Um nicht ins Schwitzen zu kommen, bewegte ich mich nicht mehr so viel, außer beim Sport in der Schule und im Verein, nach dem ich jeweils die Kleidung wechseln konnte, und legte an Gewicht zu.
Virtueller Erstkontakt
In einem Onlinerollenspiel stellte ich mich im Chat dumm und ließ so aus Gründen der Bequemlichkeit (das Erreichen vom nächsten Level war in diesem Spiel Fleißarbeit) einen Jungen für mich die Kämpfe mit Monstern ausfechten, deren Punkte ich einheimste. Der Junge hieß Richard, war 17 und lebte im Westen.
Wir stiegen auf Skype um und er schrieb mir kitschige Liebesbriefe mit vielen orthographischen Fehlern, die ich korrigierte. Ich nahm ihn nicht ernst.
Er schrieb mir davon, was er mit seiner Freundin gemacht hatte und schickte mir Links zu Pornos, die ich anregend fand. Ich wurde feucht aber die Schauspielerei der Frau beim Sex im Doggystyle am Treppengeländer verunsichert mich.
Er fragte mich, wie viele Finger ich unten rein bekommen würde. Ich antworte wahrheitsgemäß, einen. Das hatte ich herausgefunden, als ich berauscht von Hormonen, circa eine Woche vor manchen Perioden, mich in meinem Zimmer versteckt hatte, immer in der Angst, es könnte jemand herienkommen, und masturbierte. Meinen großen Bruder beneidete ich damals um einen Schlüssel zu seiner Jugendzimmertür.
Richard wollte mit mir Videoanrufe starten, was ich immer durch gelogene Ausreden verhinderte. Er wollte zumindest aber ein Foto von mir und ich schickte ihm Eines von mir neben einem Baum im Urlaub vom letzten Sommer. Er meinte, ich sähe viel viel jünger aus, als ich bin. Ich war verletzt und mir ziemlich sicher, dass seine Exfreundin sich im Gegensatz zu mir schminkte.
Er schrieb mir, was er mit mir machen würde und ich schrieb ihm, was ich mit ihm machen würde. Sehr viele blumige Beschreibungen, hatte ich allerdings nicht. Deshalb schrieb ich später noch einmal eine richtige Sexstory auf zwei weiße Blätter, die ich versteckte, bis ich sie vernichtete.
Nachdem ich ihn einmal angerufen hatte, zur Kirmes, das Telefonat bestand aus viel Schweigen, wenigen Fragen meinerseits und einsilbigen Antworten seinerseits, brachen wir den Kontakt ab. Ich meldete mich monatelang nicht in Skype an. Richard schrieb später mit Ariana im Onlinerollenspiel.

Meine Mutter warnte mich in den Jahren danach immer wieder vor alten Männern, die Mädchen anschreiben. Ich war allerdings sicher, dass Richard, der Bergwerkslehrling mit der schweigsamen Stimme und den Badezimmerselfies nicht über 18 war.

In der Schule vermied ich es, die Arme zu heben, nicht nur wegen dem Schweisgeruch, sondern auch wegen den Achselhaaren. Die hatte keiner meiner coolen Klassenkameradinnen nicht abrasiert, so viel ich wusste. Im Sportunterricht wurde meine Freundin und allgemeines Mobbingopfer wegen ihrer Beinbehaarung gehänselt. Für meine Beinbehaarung schien sich aber erstaunlicherweise niemand zu interessieren. Silke erklärte mir, das das daran liege, das ich nunmal ich bin. Und ich wusste, dass ich nur vom Klassenclown gehänselt wurde, der jedoch bald die Schule wechselte.
Entwicklung
Bis zur neunten Klasse, als ich anfing, mir mit Plastik- Einwegrasierer aus dem Discounter oder mit dem heimlich verwendeten elektrischen Damenrasierer meiner Mutter die Achselhaare zu stutzen, trug ich meine immergleichen Fließjacken, die meine kleinen Brüste verdeckten.
BHs, wie sie meine Freundinnen zu der Zeit fast ausnahmslos trugen, sagte meine Mutter, bräuchte ich noch nicht. Und wo sollte ich Landei bitteschön BHs herbekommen?
Als ich mich in der Neunten und Zehnten mit Mädels anfreundete, die ausschließlich Schwarz trugen, fühlte ich mich ein wenig angekommen.
Auch meine Mutter hatte mir bis dahin ein paar Bralets gekauft, bei denen meine Brustwarzen allerdings durchdrücken konnten. So trug ich weiterhin Fließjacken.

Bis zur Zwölften waren die "Emo"- Strömung auch bei den gemobbten Mädels größtenteils verschwunden. Und auch ich traute mich wieder, mit richtigen BHs, einem T-Shirt und Deo in die Schule zu gehen oder den Reisverschluss meiner Fließjacke zu öffnen und mein Top zu zeigen. Die immergleichen Jeans blieben jedoch bis heute mein Markenzeichen. Allerdings kamen, nachdem ich begann mir sporadisch die Beine zu rasieren, auch ein paar 7/8- und sogar 3/4-Hosen für den Sommer dazu und mein Ausschnitt wurde normal groß.
Alle feminimeren Sachen, die von anderen Müttern an Meine weitergegeben wurden, wollte ich nicht und wurden weitergereicht oder versauertem im Schank.

Als ich die in Amsterdam studierende, sechs Jahre ältere Tochter der Patentante meines Bruder wiedersah, bekam ich mit 17 den eindeutigen Beweiß dafür, dass das Brustwachstum in meinem Alter noch lange nicht abgeschlossen war und schöpfte Hoffnung, dass auch mein Vorbau noch größer wurde um irgendwann zu meinem großen Becken zu passen.

Zu Festen wie Hochzeiten und meiner Konfirmation trug ich dann doch Kleider, aber nie ganz freiwillig. Zur Abschlussparty der Abiturient*innen schminkte mich meine Freundin und ich erkannte mich kaum wieder. Mit Schminke im Gesicht, bemerkte ich, fühle ich mich selbstsicherer und werde leichtsinniger.

Bei Youtube hatte ich herausgefunden, das Natron für die Herstellung eines parfümfreies Deo nützlich ist. Das Salz beschaffte ich in der übernächsten Stadt und überzeugte mich von der Wirkung. Nachdem ich im Studium mit Kokosöl-haltigen Doecremes herumexperimentierte, stieg ich bald auf eine einfache wässrige, geruchslose Natronlösung um, die bis heute überall hin mitgenommen wird. Das besorgen von einem Damenrasierer und einigen Kosmetikprodukten, mit denen herumzuexperimentieren ich mich nur nachts traute, war dann auch kein Problem mehr.

In meiner Pubertät hat es mich jedes mal zur Weisglut gebracht, wenn mein Vater sich in den Schritt griff um die dort hängenden Gewebeteile ins seinem Unterhose zu richten. Ich kann es bis heute immer noch nicht für gut heißen, wenn er das macht.

Während der Studienzeit wollte ich, so der Plan, einen Freund finden. Im Abi wollte ich mich ja ausschließlich aufs Lernen konzentrieren und schob deshalb das Thema Beziehung bewusst aus meinem Oberbewusstsein mit der Begründung, im heißersehnte Studierendenleben würde ich das Thema schon erfolgreich in mein Leben integrieren können. Außerdem war ja kein passendes Männchen dabei gewesen, im Studium würde das sicher anders sein, dachte ich.
~
Wie Verlegenheit und Übermut in einer sexuellen Katastrophe enden können
Die in Plastikeinkaufssäcken weitergegebenen Secound-Hand- Klamotten trug ich auch in dem Moment, als ich zurück zu meinen grillenden Freundinnen auf dem Highfield ging. Ich hatte gehört, dass auf Festivals alles dreckig wird und man deswegen nur Klamotten mitbringen soll, die man danach getrost wegwerfen kann.
Ich hatte also ein Top an, das Jahre im Schrank verbracht hatte. Es war grün mit Spagettiträgern und bestand neben einem Bund um die Hüfte aus Dreiecken, die nur an den Seiten zusammengenäht und am Bund befestigt waren. Ich trug nichts darunter, weil es entweder aufgefallen wäre, wie die Träger eines BHs oder unbequem war, wie der eine, spitzenbesetzte und kratzende BH, den man auch ohne Träger tragen kann um durchdrückenden Brustwarzen vorzubeugen. Außerdem war es heiß. Meine seit ein paar Tagen unrasierten Beine steckten in einer schwarzen 3/4tel-Sporthose. Ich fühlte mich also leicht unwohl, so gewagt, wie ich meinen Kleidungsstil empfand.

Als ich mich auf die Wiese in die kleine Runde kniete, zog ich wohl die Aufmerksamkeit von Ronald auf mich. Er war wohl einfach dazugestoßen und einer Einladung gefolgt, wie ich Monate später von meiner Studienfreundin erfuhr.
Später am Abend bat er mich auf einen Campingstuhl neben dem, auf dem er Platz genommen hat unter einen ansonsten leeren Pavillion unserer Zeltnachbarn. Er sagte, ich solle näher rutschen, noch näher und noch näher. So waren meine Knie von seinen Beinen eingeschlossen.
Ich erkannte die Manipilationstaktik aus meinen Büchern und Kursen zur nonverbalenKommunikation, war aber gespannt, was er wollte. Er nahm meine Hände und fragte mich, ob ich an Liebe auf den ersten Blick glaube. Ich sagte, ich glaubte an den ersten Eindruck.
Er gestand mir seine Liebe und wollte mich küssen. Ich sagte ihm, dass ich noch nie jemanden geküsst habe. Das stimmte auch, wenn es um die Art Küsse ging, die er wollte. Ich überlegte, ob, wenn ich ihm einen Korb geben würde, er dann entgegnen könnte, dass es wegen seiner Hautfarbe passieren würde. Ich bin kein Nazi, schrie sofort eine Stimme in meinem Kopf. Aber so eine Anschuldigung auf einem Festival, das ausschließlich von Linken bis Extremlinken besucht wird, einem Anderen an den Kopf zu werfen, würde Aufmerkamkeit erregen, nich zuletzt, wenn es ein Schwarzer rufen würde.
Andererseits wollte ich wissen, wie Küssen denn nun wirklich ist. Ich hatte viel über ein elektrisierendes Kitzeln gelesen.
Als sich unsere Lippen trafen, war ich viel zu verkrampft um irgendetwas anderes zu spüren, als mein Unbehagen und das Naktschneckenartige Gefühl auf meinem Lippen. Als ich ihn beim zweiten Anlauf mit seiner Zunge meinen Mund öffnen ließ, zog ich mich bald zurück. Nach einer Wiederholung, in der es mir zumindest gelang, meine Lippen ganz und den Kiefer teils zu entspannen, hatte ich zumindest und erstmal genug vom Küssen.
Er fragte, ob wir uns in mein Zelt begeben könnten, wir könnten auch nur reden. Ich wägte ab: Einerseits zeigte mein Körper nicht den Hauch eines sexuellen Interessen an ihm. Andererseits hatte ich mich schon länger damit beschäftigt, wie ich endlich meine Jungfräulichkeit verlieren und zu einer tollen Frau werden würde, die endlich ihre Zweifel um ihre Sexualität und Geschlechtlichkeit ad Akta legen könnte. Ich hatte noch nie einen Freund in Sicht und hier war eine, zugegebenermaßen klischeebelastete Möglichkeit, die schmerzhafte Entjungferung in einem relativ annonymen Umfeld eines Festivals hinter mich zu bringen. Ich hatte schon im Internet nach Entjungferung recherschiert und herausgefunden, dass es Agenturen gibt, die Leute, die das für Geld erledigen, vermitteln. Hier hatte ich einen kostenfreien Vorschlag und ich war geneigt ihn anzunehmen, falls ich noch mehr über meinen Gegeüber erfahren konnte um noch besser abzuschätzen, ob er mir wehtuen wollte. Dass er mich nicht aus Böswilligkeit verletzen würde, sagte mir darauf mein Bauchgefühl.
Und so krabbelten wir kurz nach Sonnenuntergang in mein unaufgeräumtes, geradezu chaotisches und stickiges Zeltinnere. Dort legten wir uns seitlich zugewandt gegenüber und ich fragte ihn aus. Er war nicht sehr erpicht darauf, ausführlich auf meine Fragen zu antworten. Ich fragte vorsichtig, wo er her komme (-ein Land, das ich nordöstlich vom Kongo vermutete, Trigger für People of Color, Exit Rasicm), was er sonst so in Deutschland mache (-studieren, BWL, in Berlin), was er hier mache (- sein Verwandter betreibt einen der Stände auf dem Konzertgelände, nahe der Bühne, er helfe ihm dabei) und was mit seiner Familie ist (- ein Bruder ist auch in Deutschland, seine anderen Geschwister sind im Süden oder mit seiner Mutter noch im Herkunftsland). Ich musste es ihm aus der Nase ziehen.
Was er mir freiheraus erzähle war Folgendes: Er erklärte mir, dass er schon eine Freundin, mit der er immernoch in Kontakt stünde, entjungfert hätte, die ihm bescheinigte, dass es nicht wehgetan habe.
Ich bescheinigte ihm hingegen im stillen die richtige Wahl seines Studienganges, er ist ein ausgezeichneter Verkäufer. Ich glaube, dann gingen wir wieder dazu über zu küssen.
Er fragte mich, ob er mich anfassen dürfte, er würde auch nicht "reingehen", wenn ich das nicht möchte. Ich meinte, es wäre okay, solange wir leise sind, schließlich schlafen meine Freundinnen keine sieben Meter entfernt in ihrem Zelt und gab so mein Einverständnis.
Er kniete sich hin und zog sich in der Enge des Zeltes, die für einen Mann, ein Kopf größer als ich und mit durchtrainierter Statur, sicher noch enger empfunden wurde, erst das Shirt, bei dem ich Anstalten machte, ihm zu helfen, dann die Hose aus.
Sein Penis war halberrigiert. Er sagte, ich solle ihn ruhig in die Hand nehmen. Ich begutachtete kurz die Anatomie, wusste dann aber  nicht, was ich mit dem Stück Fleisch in meiner Hand machen sollte. Vom Reiben hatte ich keine Ahnung, aber ich hatte gelesen, wie man einen Blowjob an einer Banane probt, es geübt und so beugte ich mich herab und nahm ihn in den Mund. Er war genauso groß, aber dicker, als die Bananen. Ich vollführte, vorsichtig auf meine Zähne bedacht, die eingeübten Bewegungen und das Saugen, wie es auf der Internetseite einer Frauenzeitschrift für den perfekten Blowjob empfohlen wurde. Ich zögerte, als Ronald sich bewegte, machte aber weiter, als kein Protest kam. Allerdings stieg dabei meine Anspannung. Er richtete mich bald an den Schultern auf und zog mir das Top aus. Zum Hose Loswerden legte ich mich hin.
Ich war verunsichtert, ob er erwartete, dass ich rasiert war. Er hatte schließlich nur kurze, schwarze Haare an seinem Geschlechtsteil. Und meine langen Schamhaare fallen auf meiner hellen Hauf viel mehr auf. Die Verunsicherung wuchs, als er zwischen meinen Beinen knieend einen Moment zögerte, bevor er anfing mich leicht in der Bikinizone zu massieren und meine Brüste zu betasten. Ein klein wenig erregte mich das schon. Und so dachte ich mir, ach, scheiß drauf, jetzt zieh es durch, als er mich fragte, ob er eindringen sollte und noch einmal wiederholte, dass das nur passiert, falls ich zustimmte.
Ich sagte, "Ja, okay.", und er streifte sich ein Kondom über, dass er hervorzauberte, aus einer mit den Zähnen geöffnenten Verpackung zog, welche er dann wegwarf. Ich war unendlich erleichtert über das Kondom, aber dennoch in dieser Situation kaum sexuell aufgeladen. Das Kribbeln des neuen Abendteuers ging eher mit Anspannung einher. Bei dem Anblick seines großen, erigierten Penises im Dunkel des Zeltes verkrampfte sich mein Unterbauch noch mehr, außerdem war ich da unten schon wieder komplet getrocknet, und so gab es keine Möglichkeit für ihn, schmerzfrei einzudringen. Er fragte mich, ob ich Gleitgel hätte.
Hatte ich natürlich nicht, ich hätte maximal im Traum daran gedacht, mich in eine so peinliche Situation, wie den Kauf von Gleitgel zu begeben. (Das ensprach zumindest meiner damaligen Meinung, aber ich möchte anmerken, es ist nichts dabei, Drogerieartikel zu kaufen, egal welcher Art.) Und natürlich hatte ich nicht wirklich erwartet, mich in einer so peinlichen Situation, wie nakt in diesem Zelt zu befinden.
"Irgendetwas anderes?" Ich suchte nach meiner Kosmetiktasche, bevor er meine herumliegende Tube Handcreme erspähte, sie öffnete und mir die kühle Mandelölemulsion zu meiner Verblüffung zwischen die Beine schmierte. Dabei war er so schnell, das ich kaum protestieren konnte.
Nachdem er die Tube weggeworfen hatte, positionierte er sich und drückte gegen meine Weichteile. Es tat unglaublich weh, als er seinen Penis in meine verkrampfte Vagina presste. Mein gehauchtes "Au" ignorierte er. Er schob sich wieder und wieder raus und rein und stützte sich dabei ab.
Ich hatte solche Schmerzen, dass ich kaum registrierte, was er tat, biss die Zähne zusammen, und meinte, es wäre fair wenn er auch Schmerzen hätte, da er mir gerade welche zufügte und kratzte ihm mit meinen Fingernägeln den riesigen Rücken auf.
Irgendwann erschlaffte er und lag auf mir. Ich hatte das Gefühl zu ersticken von dem Gewicht des Riesen auf mir und meiner Brust. Nach anfänglicher Panik beruhigte ich mich, konzentrierte mich auf meine Atmung und lernte seine Körperwärme zu genießen. Ich spürte für diese Sekunden in mich hinein und konnte tatsächlich die schwachen Zuckungen eines Mini-Orgasmuses erspüren. Er richtete sich auf und ich konnte wieder frei atmen. Er zog sich das Kondom ab, machte einen Knoten, hielt es hoch und meinte grinsend "Alles da drinnen."
Er erklärte mir, dass Sex für Männer so anstrengend ist, wie ein Maratonlauf während ich ihm beim zusammensammeln seiner Klamotten half. Dann schmiss ich ihn, oberkörperfrei und mit dem Shirt in der Hand, raus. Im Gehen sagte er, er würde mich wiedersehen. Ein laut geflüstertes "Okay" von mir kam als Antwort.
Dann zog ich mich an, verließ das nach Sex und Schweiß stinkende Zelt und schlich ziellos über den nächtlichen Zeltplatz um meine Gedanken zu sortieren. Ich fühlte mich unglaublich wund und hatte ein Gefühl, als ob mein Becken keinen Boden mehr hätte, nun alles unten offen ist und meine Innereien rausfallen.
So fühlt es sich also an, wenn der Kopf ja, aber der Körper nein sagt, dachte ich und tröstete mich damit, dass ich es nun hinter mir hatte und zwar noch vor meinem 19. Geburtstag. Immerhin. Als ich zurückgeschlurft war bemerkte ich, dass ich tatsächlich den Schlafsack vollgeblutet hatte (ohne Blut ist auch normal, siehe Viva la Vagina, 2017). In der Nacht zog ich noch mehr Klamotten an, deckte mich mit dem stinkenden Schlafsack nur zu und schlief auf meiner Isomatte erst ein, als die Luft im Zelt zumindest größtenteils mit der von vor dem offenen Zelteingang ausgetauscht war. Den Geruch bekam ich allerding nicht aus der Nase.

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Zur Abwechslung mal eine Kurzfassung erwünscht? Ich habe diesen Samstag viel zu tun.
Unsangenehmes Nachspiel
Am Tag darauf bin ich mit Ronald zu seinem Zelt spaziert, wobei er in einem sechs-Mann Zelt geschlafen hat und es nach ihm roch.
Er fragte mich, ob ich das Blasen wirklich zum ersten Mal gemacht hätte. Ich hab bejaht und habe gefragt ob es denn gut war? Er gab keine eindeutige Antwort, wiederholte nur noch einmal seine Verwunderung.
Ich gab ihm meine Telefonnummer, nachdem ich klar gestellt habe, dass seine Idee, mit mir auch noch die anale Variante von gestern Nacht zu probieren bei mir zumindest zur Zeit auf taube Ohren stößt, weil ich noch Zeit brauchte und es mir nicht so gut gehe.
Dass mir gestern Abend gefallen hätte bejahte ich, Lüge!, schrie dabei ein Tiel von mir. Ich merkte aber zumindest an, dass es wehgetan hätte.
Ronald kannte mich nicht, er wusste nicht, dass ich so gut wie nie zugab, dass ich Schmerzen hatte. Ich war eigentlich immer die Taffe. Meine lasche Formulierung kümmerte ihn nicht weiter.
Er speicherte mich unter dem Namen Nicolle in seinem Handy ab. Er hatte schon wieder vergessen, dass ich ihm erklärt hatte, das das nur ein spontanes Pseudonym für das Highfield war. Als wir beim Grillen am Abend zuvor auch nicht ganz sympathische Männer angelockt hatten, gab ich mir kurzerhand einen falschen Namen und meine Freundinnen schlossen sich mir an.
Ich fühlte mich wie ein ungeliebtes Sexobjekt und vermied in den folgenden Tage den Kontakt zu ihm. So kam es auch, dass Ronald, als ich auf dem Gelände unterwegs war an meinem Zelt rüttelte und nach mir rief.
Mein altes Handy hatte technische Probleme und so bekam ich seine SMS zuerst nicht. Er kam aufgebracht zum Zelt und ich zeigte ihm, dass in meinem Handy keine SMS eingegangen waren. Wir verglichen die Nummern erneut und er rang mir ab, mich mit ihm vor der Bühne, nahe des Standes seines Verwandten zu treffen.
Ich nahm meine Studienfreundin mit und verbrachte lange Zeit damit, nach Einem zwischen vielen schwarzen Männern Ausschau zu halten. Dabei trafen wir einen schrägen Vogel, über dreißig, blond, der sich doch tatsächlich in eine der schäbigen Buden ein Tattoo auf die Brust stechen ließ. Er heiterte mich auf.
Als Ronald mich dann fand beschwerte er sich noch einmal über meine schlechte Erreichbarkeit, ich entschuldigte mich nach kurzer Zeit und wollte zurück zu den Mädels, die mich leider gar nicht vermissten. Ich fand sie erst spät am Abend und hatte die ganze Suche lang Angst, erneut Ronald zu begegnen und er könnte die Ausrede erkennen.
Ich reiste ab, ohne ihm erneut begegnet zu sein. Zu Hause brach ich mit nur noch leicht schmerzendem Unterleib in Selbstmittleid gebadet im Badezimmer zusammen und beweinte meine Erfahrung. Mein Kopf sagte mir jedoch bis heute, es war gut so.
Ronald schrieb mir noch ein paar Liebes-SMS, sprach mich aber immer mit Nicolle an. So war es für mich ein leichtes, auch seinen Namen im Adressbuch meines Handies in Henry HF zu ändern und die SMS zu ignoriern. Ich war schließlich keine Nicolle.
Epilog
Bis heute kennen diese letzte Geschichte neun meiner Freundinnen.
Meine Mutter ahnt sicher, dass da etwas ist, muss es aber nicht wissen. Nachdem weitere Tabus in der Familie gebrochen wurden, traute ich mich, meinen Eltern zu verraten, dass ich keine Jungfrau mehr bin und mir in Bezug auf meine Sexualität immernoch unsicher.

Mit meiner besten Mitbewohnerin setzte ich mich in der Küche zusammen. Wir belegten die Begriffe "rosa Kuh" mit neuen Bedeutungen für meine romantische Sehnsucht nach einem Partner, von dem ich je nach aktuellem Schwarm, konkrete Vorstellungen hatte, und "Kutikula" für meine Schutzschicht mit der jeder Annäherungsversuch von männlicher Seite an mir abprallt und mein Unwohlsein dabei.

Dabei ist das alles ein vergifteter Fluss, dessen Geschichte erzählt wurde. Und das Netz des Schicksal knüpft sich ständig neu. Solche Flüsse umspielen Luftschlösser, die jeden Moment in sich zusammenfallen können.
Darum verheddere ich mich nun nicht mehr mit meiner Geschichte. Sie kann in Ruhe dahinplätschern und vielleicht fällt gerade die Sandburg ein und der vergiftete Fluss gerät in Vergessenheit, trocknet aus und wirkt nicht mehr toxisch. ~
Alle Leben zählen
Natürlich ist das eine Folge der Genfer Menschenrechtskonvention. Ich war in Genf, Geneva, wie es in der Sprache der Einheimischen heißt. Dort lebte ich als Ausländerin, halb integriert, halb mit dem Gefühl, nicht erwünscht zu sein. Das die Würde aller Menschen gleich unantastbar ist, heißt nicht, das wir alle gleich sind. Es heißt nicht, dass die Optik und die genetische Variation der Vorfahren und des Individuums selbst und damit verbundener Vorurteile keine Rolle in deren Schicksal spielen würde.

Ich kenne Menschen, die ständig mit rassistischen Haltungen konfrontiert sind.
Ich kenne Leute, die Witze über Menschen Nicht-Deutscher Herkunft reißen und so viele, die darüber lachen.
Ich kenne Leute, die die Straßenseite wechseln würden, wenn mein Sexpartner ihnen entgegenkommen würde. Ich sehe oft engstirnige Nazis.
Vorgestern stand ich vor einer Wand, mit Hitlers Kopf und Hakenkreuzfahnen.
Ich war in Ostritz und bin Runden gerannt um Spenden zu sammeln für Nazi-Aussteiger-Programme. Ich habe dem Vertreter vom Verfassungsschutz zugehört.
Ich habe mit meiner verfolgten  Freundin geweint, wie ich im Badezimmer auf dem Boden geweint habe. Ich hatte Sex mit einem Schwarzen.
Und dennoch wurde aus Letzterem eine Lehre gezogen: Sex ohne Hingabe und im Widerspruch zu meinen Gefühlen darf nie wieder passieren. Aus Unsicherheit gegenüber der eigenen Sexualität, aus der vermuteten Sicht Anderer darauf und aus dem Willen, dazuzugehören ist es schwer gesunden Sex zu bauen. Mir ist es nicht gelungen.

Seither gehe ich allen Avancen aus dem Weg mit der Ausrede, ich sei asexuell. Es ist eine Ausrede, weil ich es immernoch nicht weiß, wo ich mich im Regenbogen der Sexualität und Romantik (https://queer-lexikon.net/uebersichtsseiten/) hinstecken soll. Mittlerweile habe ich jedoch eine Rolle für mich gefunden: Ich bin trotz der seltsamen (aber nicht seltenen siehe Instagramkanal the.vulva.gallery https://www.instagram.com/the.vulva.gallery/?hl=de ) Anatomie meiner Vulva und meiner Offenheit gegenüber Genderrollen, eine Cis- Frau.

Meine Persönlichkeit kennt so viele verschiedene Arten von Liebe. Bisher habe ich diese Weisen des Gefühls aber nie der Liebe zugeordnet. Verliebtheit feiere ich im Stillen, aber wenn ich mir einen Flirt erlaube, dann ist das schon viel. Daher blieb ich partnerlos und in Angst vor dem Zweiten Mal.

Die Ärzte, die Band, sie können mich mal am Arsch lecken mit ihrem Lied "Arschloch". Ich will es nicht mehr hören. Sex und Streicheleinheiten für Nazis sind kontraproduktiv.
Schaut euch lieber die Doku "Die Arier" an: https://www.bpb.de/mediathek/198266/die-arier . Vielleicht versteht ihr dann die Parallelwelt der Engstirnigen Hakenkreuzfanatiker besser und nutzt endlich euer Haar zum Empfangen der Signale der Herrenrasse! (Kleiner Spoilerscherz. Ich wurde an der besagten Stelle mit körpereigenem {Endorphin} geflutet.)


Jaja, und hier noch einmal obligatorisch, die letzten Worte der Gastautor*in:
Alles ist frei erfunden, sagt zumindest das Känguru. Ich distanziere mich von der Handlung über die Strecke bis zum Mond und wieder zurück.