Narrenschiffer
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Joseph von Eichendorff - Aus dem Leben eines Taugenichts
03.01.2020 um 01:27In meiner Schulzeit gelesen und für Schwachsinn empfunden, habe ich mir dieses kleine Büchlein nochmal zu Gemüte geführt, und ich halte es - trotz der sprachlichen Güte - immer noch ein grenzwertiges Werk.
Der namenlose "Taugenichts" wird von seinem Vater, einem Müller, vertrieben und lernt in einer Kutsche zwei junge Frauen kennen, die ihn zu einem Schloss bei Wien bringen, wo er - von nichts eine Ahnung - zum Zolleintreiber wird. Als er die von ihm geliebte Frau, die er für eine Gräfin hält, von weitem bei einem Schlossfest mit einem anderen Mann auf einem Balkon tändeln sieht, nimmt er in Richtung Italien reißaus, wo er im Wienerwald, im tiefsten Italien und in Rom immer wieder auf Leute stößt, die irgendwas mit dem Schloss bei Wien zu tun haben. Nach skurrilsten Begegnungen und einer ihn stalkenden alten, dicken Gräfin verlässt er fluchtartig Rom, wird wieder zum Schloss bei Wien gebracht, erfährt dort, dass eine Hochzeit für ihn mit seiner Geliebten vorbereitet ist (seine Geliebte ist gar keine Gräfin, daher passt das vom Stand her) und alle sind glücklich.
Letztlich ist es eine Verwechslungs- und Verkleidungskomödie in einem Fantasieraum. Alleine geographisch ist alles jenseitig: von Wien über Tirol in die Lombardei und von dort weiter nach Rom (gut, kann man machen, ist nur ein irrer Umweg). Aber dann zurück von Rom von einem Berg, von dem man von Italien aus nach Österreich blicken kann direkt in Fußweite auf ein Donau-Postschiff, das einen nach Wien bringt ... das ist geographischer Nonsense. Wie auch der Hüpfer zwischen Alpen und Rom ... ja, eh, sind ja nur ein paar Kilometer.
Realität blitzt kurz auf, als der "Taugenichts" in einem Wirtshaus in der Lombardei von seinen als Maler verkleideten Wiener Begleiter(inne)n verlassen wird und er aufgrund seiner Sprachunkenntnis an seine Kommunikationsgrenzen stößt und als er ein verarmtes Bergdorf mit in Fels gehauenen Häusern sieht. Auch von unordentlichen Gärten in Italien ist die Rede, und ein schwuler Student verfolgt ihn in Rom auch.
Ansonsten ist alles lustig, der von den Wienern angeheuerte Kutscher bringt ihn zwischen der Lombardei und Rom in ein Schloss, das den Wienern gehört, und in Rom latscht man von Weinbergen in die Stadt und die ersten Häuschen mit einem Brunnen davor sind von Wienern bewohnt.
Der Text ist einfach gaga. Es genügt jung zu sein, Geige spielen zu können, und schon sorgt Gott dafür, dass man lustig ist, von den Leuten versorgt wird und seine Liebe findet. Arbeitende Menschen? Ach, das sind allesamt Spießbürger. Träge sind sie, wie das berühmte eingeflochtene Lied ganz zu Beginn sie besingt:
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,Schauderhafteste Klischee-Romantik.
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Wald und Strom und Feld.
Die Trägen, die zu Hause liegen,
Erquicket nicht das Morgenrot,
Sie wissen nur von Kinderwiegen,
Von Sorgen, Last und Not um Brot.
Die Bächlein von den Bergen springen,
Die Lerchen schwirren hoch vor Lust,
Was soll ich nicht mit ihnen singen
Aus voller Kehl und frischer Brust?
Den lieben Gott laß ich nun walten,
Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld
Und Erd und Himmel will erhalten,
Hat auch mein Sach aufs Best bestellt.