Ralf Uwe Hill - Das Deutschland-Protokoll
15.01.2018 um 22:29Ist wohl die Reichsbürgerbibel schlechthin.
Kernstück ist der Taschenspielertrick, dass es kein „vereintes Deutschland“ gibt, wie es im 2+4-Vertrag festgelegt ist, da der Vereinigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR eine Einverleibung der DDR ins Gebiet der BRD war, ergo noch immer ein Staat BRD existiert, der jedoch keinen 2+4-Vertrag ratifizieren kann. Aufgrund dessen gelte immer noch die Viermächteerklärung, dass der Besatzungsstatus ausgesetzt sei (vorgesehen zwischen der Zeit der Vereinigung am 3. Oktober 1990 und der Ratifizierung des Vertrags). Somit sei auch kein Friedenszustand gegeben.
Auch gelte immer noch das von den Alliierten definierte Gebiet Deutschlands: in den Grenzen vom 31. Dezember 1937. Also müssten für eine neue deutsche Verfassung die Deutschen dieser Gebiete auch repräsentiert sein, oder alternativ müsste die Weimarer Verfassung gelten. Das Grundgesetz sei keine Verfassung für Deutschland, sondern nur das Grundgesetz der BRD, die jedoch keinen 2+4-Vertrag ratifizieren kann.
Da sich die BRD anmaßt, Deutschland zu sein, sei jeder Deutsche nach Alliiertendefinition gegenüber der BRD „exterritorial“ und „neutral“. Die illegitimen und illegalen staatlichen Vertreter hätten gegen deutsche Bürger keinerlei Hoheitsrechte auszuüben.
Die „Strippenzieher im Hintergrund“ wissen genau davon und lassen die BRD gewähren, da es sich ordentlich abkassieren lässt und die SHAEF-Gesetze von 1945 immer noch gelten (SHAEF = Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force), die ihnen Allmacht gewähren.
Aufbauend auf dieser Taschenspielertrickideologie wird das ganze Reichsbürger-Bullshitbingo ausgefahren („Personalausweis“, Reisepassfarbe, ...).
Der Form nach ist der Text ein Roman. Der Rahmen: ein ziemlich dümmlicher Deutscher wird von seinem angehenden US-amerikanischen Schwiegervater (deutschstämmig, Vater als Soldat bei der Landung in der Normandie gefallen, selbst langjährig in geheimer Mission in der CIA tätig) in einer unglaublich arroganten und besserwisserischen Art und Weise über den politischen Sachverhalt in Deutschland aufgeklärt. Und im Laufe des Textes kommt noch ein weißrussischer Freund des Schwiegervaters dazu, der eine KGB-Vergangenheit in der Sowjetunion hinter sich hat und Fantastisches erzählt (siehe weiter unten).
In den dämlichen und nervigen Dialog werden viele Gesetzestexte und Originalquellen montiert, die jedoch nicht in ihren Kontext gesetzt sind, sondern aus dem textlichen wie historischen Zusammenhang gerissen werden, um sie für den eigenen Zweck (miss-)interpretieren zu können.
Dazu kommen fiktive „Tatsachenberichte“ ohne jegliche Quellen, dass z.B. in New York Demonstranten mit Schallwaffen angegriffen wurden und daraufhin mit blutenden Ohren und Nasen auf den Straßen rumlagen. Oder dass Weißrussland seit den 80er Jahren Dank der Sowjetunion über Quantencomputer bzw. über „holographische Kommunikationsmittel“ verfüge.
Beängstigend sind die meist kurz gehaltenen, eingebetteten Positionen zum Nationalsozialismus bzw. dessen Verbrechen, welche diesen Text in die Nähe den Nationalsozialismus verteidigender oder verherrlichender Publikationen bringt. Hier eine Auflistung meiner Fundstücke:
- Polen provozierte den 2. WK
- Eichmann wurde nur verhaftet, da die SS nie kapitulierte
- Heß wurde ermordet, weil er legitimer deutscher Präsident war
- Die Urteile von Nürnberg sind ein Kriegsverbrechen
- Der Kriegseinstieg der USA diente einer schlechten Sache, da er zur Bereicherung weniger geführt wurde
- Deutschland wurde im 2. WK von Verbrechern besiegt
- Deutschland heute ist das okkupierte Deutsche Reich
- Der Grenzvertrag mit Polen ist kein Gebietsabtretungsabkommen
- Deutschland umfasst das Gebiet des Deutschen Reichs vom 31. Dezember 1937
- Gleichsetzung von Camp X-Ray mit Konzentrationslagern der Nationalsozialisten
- Der Versailler Vetrag ist ein „Schund- und Schanddiktat“
- Parteien haben nur ein Interesse: sich die Parteienförderung in die Tasche zu stecken
- Der „khasarische Sauron des Geldes“
- „Das deutsche Volk bekam seit 1914 einen Schlag nach dem anderen versetzt“
- „Mir kam der Verdacht, daß noch andere belegte, historische Tatsachen auch Fälschungen sein konnten. Ich wußte, daß es Themen gab, die man öffentlich nicht in Zweifel ziehen durfte, da sie unter Strafe standen.“
- Zahlungen an Opfer des Nationalsozialismus und Israel hätten auf „behaupteten kollektiven Sünden des deutschen Volkes während der Hitlerzeit“ basiert
- „Von einer Nazi-Diktatur kann kaum die Rede sein.“
Mir liegt die erste Ausgabe von 2008 vor, die zweite umgearbeitete Ausgabe wurde von Holger Fröhner als Autor firmiert und liegt mir nicht vor.