Jean-Jacques Rousseau scheint es auch schon mit Verschwörungstheoretikern, die ja nur fragen, zu tun gehabt zu haben. Dieser Ausschnitt aus Julie oder Die neue Heloise ist schon ein edles Stück Literatur:
Die Kunst des Fragens ist nicht so leicht, als man denkt; es ist weit mehr die Kunst des Meisters als des Schülers. Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können. „Der Wissende weiß und erkundigt sich,“ sagt ein indisches Sprichwort, „aber der Unwissende weiß nicht mal, wonach er sich erkundigen soll.“ Aus Mangel an nötiger Vorkenntnis tun Kinder, denen man Freiheit lässt, fast immer nur ungeschickte Fragen, die zu nichts führen, oder tiefe und verfängliche, deren Lösung ihre Fassungskraft übersteigt, und da sie nicht alles wissen müssen, so ist es wichtig, dass sie nicht das Recht haben, nach allem zu fragen. Im Allgemeinen lernen sie daher mehr durch die Fragen, die man ihnen vorlegt, als durch diejenigen, die sie selbst aufwerfen.

Was macht man aus den Kindern, wenn man ihnen, bevor sie in dem Alter sind, in welchem man zu reden versteht, das Wort lässt und das Recht einräumt, die Erwachsenen vorlaut ins Verhör zu nehmen? Kleine geschwätzige Frager, die weniger fragen, um sich zu belehren, als um die Leute zu belästigen, um alle Welt mit sich zu beschäftigen, und die an diesem Geschwätz noch mehr Vergnügen finden, weil sie merken, dass ihre vorwitzigen Fragen manchmal in Verlegenheit setzen, so dass jeder unruhig wird, sobald sie nur den Mund öffnen. Das Fragen ist dann nicht sowohl ein Mittel zu ihrer Belehrung, als vielmehr sie dummdreist und eitel zu machen, und dieser Nachteil ist, meiner Meinung nach, größer als der Vorteil, der ihnen durch das Fragen erwachsen könnte, denn wenn auch die Unwissenheit allmählich abnimmt, nimmt doch die Eitelkeit unaufhörlich zu.
J.J. Rousseau: Julie oder Die neue Heloise. Fünfte Abteilung. Dritter Brief. Saint-Preux an Milord Eduard