Das Motiv


» Ist das dein Gehirn? «

— » Ja, ich glaube schon. «

Wir beide standen am Waschbecken und unser Blick war von dem gräulichen Fetzen, der aus meiner Nase in das Blut im Becken glitt, gefesselt. Ob es mir gut ginge, fragte meine Schwester, nun mit einem Tuch an meiner Nase tupfend. Mir wäre etwas schwindelig, antwortete ich und wir beobachteten weiter, wie sich das Becken mit meinem Blut füllte, bis sich der Schwindel legte, sich der Blutfluss mit dem nächsten Augenblick einstellte und meine Schwester nach den Autoschlüsseln ging. Wir stiegen die Stufen ins Erdgeschoss hinab, unterhielten uns kurz. Stolz darüber, dass ich noch so gut zu gehen und zu sprechen vermochte, obwohl mir das Grau aus der Nase geronnen war, lächelte ich sie an und während ich dem Auto entgegenschlenderte, trennte sich meine Schwester von mir, um meiner Mutter über unsere Abwesenheit Bescheid zu geben.

Nun saß ich im Auto, Mutter winkte fröhlich meiner Schwester nach, die zurückkam und schließlich einstieg. Wir fuhren los, da mir die Zähne aus dem Mund brachen, und als wir über die Brücke fuhren, fragten wir uns, was mir denn fehlte. Die Antwort war uns beiden bewusst, doch wagten wir nicht, sie auszusprechen, und taten also so, als tappten wir im Dunkeln und stellten weiter Fragen, deren Antwort in der Luft schrie.

» In dieser Richtung liegt doch gar kein Krankenhaus. «

— » Ach. « murmelte sie und fuhr weiter.




Ich wachte auf. Der Traum hinterließ einen Eindruck. Dann wuchtete ich die Schwere meines Leibes an den Rand des Bettes, wo er eine Weile in dem Eindruck rastete und ich mir einbildete, es wäre eine gute Nacht gewesen. Wieder und wieder bildete ich mir ein, es wäre eine gute Nacht gewesen, eine gute Nacht, denn ich hatte ja geschlafen, und immer noch, mit den Haaren in der Hand, sagte ich mir, es wäre eine gute Nacht gewesen.


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