"Spurensicherung. Zeitzeugen zum 17. Juni 1953" GNN Verlag
14.06.2016 um 01:46Dieter Itzerott
Unreife, Fehler und das braune Gestern
(Buna)
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Unreife, Fehler und das braune Gestern
(Buna)
1952/1953 waren, so erinnere ich mich, Jahre hoher geschichtlicher Intensität. Wir gehörten zur Generation von Jugendfunktionären, die von der Gründung der DDR geprägt und mit diesem Staat eng verbunden war. Wir standen mitten in den politischen Kämpfen dieser Zeit. Der Beschluß der 2. Parteikonferenz der SED, in der DDR zur Schaffung der Grundlagen des Sozialismus überzugehen, fand unsere begeisterte Zustimmung. Neue Ziele waren abgesteckt, und wir waren bereit, für sie zu streiten. Nicht dieser Beschluß war, wie heute oft behauptet wird, die Ursache für den Juni 1953. Nach meinen Erfahrungen ergaben sich die Druckpunkte aus der Verschärfung des kalten Krieges. Dessen neue Phase war charakterisiert durch die „roll back"-Politik der USA sowie die Einbeziehung der BRD in die strategische Planung der NATO, die mit einer zunehmenden Remilitarisierung einherging. Gleichzeitig wurden die Repressionen gegen fortschrittliche Kräfte verschärft.
Wir diskutierten damals sehr viel über die beunruhigende Entwicklung, und als der FDJler Philipp Müller bei einer Friedensdemonstration in Essen erschossen wurde, empörte uns dies zutiefst. Hinzu kam, daß der Westen die fortschreitende Entwicklung in der DDR durch massive ökonomische Störmaßnahmen zu bremsen versuchte und von Regierungsmitgliedern der BRD die Beseitigung der DDR an einem bald bevorstehenden „Tag X" offen angekündigt wurde. Als nach dem Tod Stalins im März 1953 zunächst politische Unsicherheit herrschte, waren verstärkte Aktivitäten zur Destabilisierung der DDR vorhersehbar. Diese komplizierte Situation erforderte eine Reihe von Maßnahmen in der DDR - z. B. die Schaffung der Kasernierten Volkspolizei (KVP) - die an die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und das Bewußtsein der Menschen außergewöhnliche Anforderungen stellten.
Das im Frühjahr 1953 von Partei und Regierung beschlossene Sparprogramm hatte auch unter den Bunaarbeitern zu heftigen Diskussionen geführt. Vor allem die administrative Normenerhöhung löste Protest aus. Der Wahrheit halber muß gesagt werden, daß im Werk Überbietungen von 130 - 140 % nicht selten waren und die meisten Brigaden immer ausreichend „Stunden im Kasten" hatten. Aber zur Korrektur, noch dazu auf diesem Wege, war niemand bereit.
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