Youtube: Das Vermächtnis - Aphila & Methos Kap 4
Das Vermächtnis - Aphila & Methos Kap 4
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Ihr Instinkt führte sie zu einer Treppe ins Obergeschoss, etwas ab von der eigentlichen Party. Dort saß ein einzelnes Mädchen zusammengekauert auf den unteren Stufen. Ihr Lidschatten war vom Weinen verschmiert. Verkrampft hielt sie eine halbgetrunkene Bierflasche in den Händen auf ihrem Schoß. Annabella ahnte, dass hier Jemand Hilfe brauchte. Mitfühlend, legte sie aus einem Impuls die flache Hand auf ihre Brust. Einsamkeit glitt ihren Arm entlang hoch zu ihr, Scham vor der Meute, die ihre Blamagen kichernd beobachteten – Spaß daran hatten, über die neuesten Klickzahlen auf erniedrigende Videos des Mädchens zu tratschen.Wut saß tief in dem ruhigen Gemüt versteckt, bereit, aufzubrodeln, bereit, zurückzuschlagen, bereit, zu -
Erschrocken zog Annabella ihre Hand weg. Sie hatte ihre Chance zum Seelen Sammeln gefunden, was sollte sie jetzt tun?

Philipp fand recht schnell, wen er suchte. Draußen an der Terrasse, im stillen Eckchen, fand er Harrison heimlich am Rauchen. Klar, der Junge war alt genug das zu dürfen – aber das sah seine Freundin schon immer anders. Das wusste Philipp. Darum hielt sich Harrison hier versteckt. Es war der einzige Grund. Denn der junge Mann hatte sonst allen Grund, sich in den Vordergrund zu rücken. Beliebt, Begabt, verachtet. Letzteres ausschließlich von Philipp selbst. Immer war er es, der ihm im Weg stand. Immer, war Harrison der Typ auf den Schlagzeilen. Seinen ersten Fluch, legte Philipp einst auf ihn. Es zerbrach die Beziehung mit seiner Freundin – und es folgte eine noch Hübschere als Ersatz.
Jetzt wollte Philipp endlich an der Reihe sein.

Konzentration durchwog Philipp, als die Terrassenlampe kurz flackerte und Harrison den Schatten einer Person gesehen zu haben glaubte. Er nahm gerade über sein Smartphone die Gruppeneinladung zur Trauerfeier für die verstorbenen Geschwister an. Nicht, dass ihn der Tod des Typen interessierte, aber es machte einen besseren Eindruck. Ein kollektiver Anfall von geheucheltem Beileid. Er zog halt mit. Na gut, die Schwester von dem Verlierer tat ihm schon etwas leid. War nicht das hübscheste Küken, aber in ein paar Jahren wäre sie vielleicht knallbar gewesen.

Eine neue Nachricht ploppte auf, Adressant unbekannt. Irritiert nahm er einen Zug seiner Zigarette und las den Text: "Deine Trauerfeier wartet." Stirnrunzelnd antwortete er: "Hä? Ich hab die Einladung schon angenommen, aktualisier mal die Seite." Die nächste Nachricht: "DEINE Trauerfeier wartet." Nervöser werdend, schaute er sich um. Wurde er beobachtet? Filmte ihn wer mit versteckter Kamera und verarschte ihn? Er schrieb: "Wer bist du? Der Scherz war ganz witzig, HAHA und jetzt hör auf, ja?" Es folgte: "Du weißt, wer ich bin, ich bin hier und ich hole dich!" Der Display verzerrte sich. Das gemeinsame Bild der Geschwister, welches als Gruppenbild benutzt wurde, zeigte nur noch Phillipp.
Auch als Harrison es wegklicken wollte – das Bild war auf den Bildschirm eingebrannt. "Scheiße...", murmelte er, die Kippe im Mund.



Er wollte weg, diese Party wurde ihm zu blöd. Bestimmt stalkte ihn irgendwer von einem Gebüsch aus. Philipp folgte ihm – unsichtbar, lautlos, bereit. Als Harrison zur Straße raus ging, erwartete er ihn schon. Der Motor seines eigenen Sportwagens jaulte auf und ehe Harrison reagierte, wurde er gegen die Hauswand gefahren und sein Unterleib zerquetscht. Philipp machte sich sofort an die Arbeit. Kaum, dass Harrison sich als Geist an der Stelle seines Todes wiederfand, begann der Diener Mephistopheles mit der Absorbierung.

Der Bass der Musik übertönte die Wucht mit der das Auto auf die Wand prallte. Niemand bemerkte den Verlust ihres Kumpels. Annabella stand unentschlossen vor dem Mädchen. Sie war sich unsicher, was passierte, sobald sie mit ihr in Verbindung stand. Das Mädchen wischte sich schniefend die Tränen weg und war dabei, aufzustehen. Annabella musste handeln. Hastig legte sie nochmals die Hand auf das Mädchen. Wieder überkam sie der Schmerz der Ausgrenzung. Sie ließ die Gefühle zu und drang tiefer. Das Empfinden wurde intensiver. Unter einem Schluchzer ihres Opfers, kam das Bild dreier aufgetackelter Tussies auf. Sie waren auch auf dieser Party. Annabella verstärkte den Drang der Vergeltung um jeden Preis. Sie versetzte sich zunehmend in die fremde Gefühlswelt und schließlich, tauchte sie vollends in den gepeinigten Geist ein. Sie sah durch ihre Augen, schürte die Gedanken, dirigierte das Handeln.

Sie stellte das Bier auf die Treppe und begab sich in die Küche. Nach kurzer Suche, war ihre Hand mit einem Messer bewaffnet. Emotionen der Vernunft flackerten auf. Das Mädchen realisierte, was sie im Begriff war zu tun. Annabella strich ihr sanft mit Bildern ihres ungerechtfertigten Umganges die Bedenken fort. Rachsucht war auf dem Vormarsch.
Das Messer in die hintere Hosentasche gesteckt, betraten sie die Party. Manche Gäste warfen ihr einen irritierten Blick zu, als sei sie ein Fremdkörper. Ein junger Mann mit fettigen Haaren und Hornbrille sprach sie an: "Kathrin? Was machst du? Es ist doch gar nicht deine Art, mitten unter den Leuten zu sein!" Sie drehte sich ohne Antwort von ihm weg. Nach den Herzen Ausschau haltend, in die ihr kalter Stahl gehörte.

Da standen sie, gackernd ihren Prosecco schlürfend. Sie sprach sie an: "Hallo Kate, Martha, Jane." Ihre Münder verzogen sich, als sie erkannten, wer da zu ihnen sprach. Kate in der Mitte mit pinkrosa Kleidchen, billigem Lippenstift und kurzen, blondierten Haaren antwortete: "Hallo, Kröte. Hast den Schlüssel aus deinem Verließ unter den ganzen Spinnweben gefunden, was?" Lächelnd erwiderte sie: "Der war gut. Sag mal, was hälst du davon, wenn ich ein Bild von euch drei Hübschen mache? So für die Nachwelt?" Abschätzend musterte Kate sie misstrauisch: "Hm, na gut. Hier, falls du weißt, wie man mit einer Handykamera umgeht – aber wehe ich finde nachher Abdrücke deiner Fettfinger auf dem Touchscreen." Sie nahm das Handy und nachdem die Mädels Position eingenommen hatten, schoss sie das Foto. Überrascht, lobte Jane sie: "Hey, das sieht ja richtig gut aus!" Kate giftete: "Na ja, selbst ne Kröte kann mit einem so guten Handy keinen Mist bauen." Zufrieden grinste Kathrin: "Das Bild macht sich sicher gut als Profilbild – auf eurer Trauerfeier."

Kate entglitt das hässliche Lachen aus der Visage, während die beiden anderen verdutzt einander anblickten. Da sauste das Messer schon hervor und durschnitt Kate sauber die Hauptschlagader am Hals. Vor Schock erstarrt, griff sie sich mit weit aufgerissenen Augen an den Hals, wo das warme Blut ihr über die falschen Fingernägel lief. Schreie wurden laut. Kathrin kam auf sie zu, wollte ihr den Rest geben. Plötzlich packte Jemand sie von hinten und hielt sie im Klammergriff: "Kathrin?! Spinnst du jetzt völlig?" Der Junge von vorhin. Barsch riss sie sich los, drehte sich um und rammte ihm das Messer ins Herz. Ungläubig wimmernd, atmete er ein letztes Mal ein und raunte: "Ich liebe dich?..." Dann zog sie das rotgefärbte Messer aus ihm raus, er brach zusammen. Kathrins Inneres bebbte. Annabella musste nun um die Kontrolle kämpfen. Doch nicht nur das, der Körper des Mädchens wurde auch physisch bedrängt. Einige Partygäste waren aus der Schockstarre erwacht und rangen mit ihr um das Messer. Annabella konzentrierte sich unter größter Anstrengung. Kathrin weinte Tränen aus Blut. Der Machtkampf in ihr forderte seinen Tribut. Annabella zwang Kathrin umsich herum zu schlagen, beißen, treten. Als sie sah, dass draußen gegrillt wurde – mit Gas.

Es brauchte nur wenige Sekunden und sie sah die Gasflasche. Alle Kraft, die sie aus Kathirns Seele gesammelt hatte, schoss sie in einem komprimierten Befehl heraus.

Es gab eine kräftige Explosion. Mit dem Feuer zusammen, flogen auch die Glassplitter der Terrassentür in den Innenraum. Wer nicht von der Explosion direkt mitgerissen wurde, brannte oder die Splitter bohrten sich ins Fleisch. Auch Kathrin hatte eine Scherbe im Hals abbekommen und ihre Verletzungen waren tödlich, doch Annabella hielt sie fest. Erst, wollte sie sichergehen, dass Keiner überlebte. Die Geister um sie wurden zahlreicher, während sie den noch nur Schwerverletzten den Gnadenstoß gab. In einer unachtsamen Sekunde, gewann aber Kathrin plötzlich die Oberhand – und schmiss Annabella raus. Entkräftet, stürzte das Mädchen zu Boden, in einen Haufen Scherben und brennendem Parkettboden – und starb.

Annabella war nun voll bewusst mit den Seelen der ihretwegen verstorbenen Partygästen auf einer Ebene. Mulmig, merkte sie, dass ihre Ausstrahlung sich von den Seelen um sie, unterschied. Sie war ein Poltergeist. Wie ein Aushängeschild: "Ich bin böse"
Sie hörte Kathrin wispern: "Ich...ich habe sie, alle.. DU hast sie ALLE!..." Der Geist der ehemals Besessenen warf sich auf Annabella. Ängstlich versuchte diese sich loszureißen, Kathrin von sich wegzustemmen. Ihr Opfer aber, war zornig. Bis die begriffsstutzigen Geister um sie herum, die Lage realisierten – und Kathrin als Schuldige angriffen.

Der Tumult wurde unterbrochen, als der Boden vibrierte und der Rauch des Feuers, zu einer Gestalt zusammenfand. "Meister...", flüsterte Annabella ehrfüchtig und auch etwas erleichtert. Dieser sah sich um. Mit einer Handbewegung legte er jedem einzelnen Partytoten Fesseln an. Zunge schnallend meinte er: "Eine hervorragende Seelenernte. Wirklich ausgezeichnet. Fürwahr, so ausgezeichnet und so zahlreich, dass wir keine Zeit haben werden, dies zu feiern." Fragend sah sie ihn an. Er sagte: "So viele freigelegte Seelen führen zu Aufmerksamkeit. Einige Wesenheiten werden bereits auf dem Weg hierher sein. Wo ist dein Bruder?" Schulterzucken von Annabella. Enttäuscht suchte er vergebens den Raum nach ihm ab: "Nur Ärger mit den jungen Rekruten, dabei wirkte er mir so potenziell."

Licht schien durch die zerstörte Terrassentür hinein, was seltsam war – da die Sonne bereits am Horizont stand. Mephistopheles biss sich fluchend auf die Lippe: "Kruzifix nochmal, ausgerechnet Engel!" Hastig fing er an, die gefesselten Seelen anzutippen. Sie schrien dabei entsetzt auf, verformten sich zu Flammen und versanken im Boden. Der Dämon schielte kurz zu Annabella herüber: "Flieh! - ich sammel euch Gören später wieder ein! Ich kann meine Diener nicht schon wieder an diese lichten Flattermänner verlieren!"

Und sie floh. Weg von den nahenden Engeln, weg von Mephistopheles – weg von ihrem Bruder.