Leseprobe meines Romans "Burning Heart"
04.10.2015 um 14:59Ok, so wie shionoro und paar andere vorgeschlagen haben, setze ich mal einen Ausschnitt meines fertig geschriebenen Romans in diesen Blog :)
Ich wünsche euch dann mal hoffentlich viel Spaß beim Lesen, wünscht euch die liebe Noth ^^
Prolog
Es stand einst das alte Reich,
Mächtig und weit,
Gespannt wie ein Netz.
Wohlstand, Harmonie und Glück… alles da,
Doch dann kam der Bruch!
Schnell und unverhofft!
Alles zerbrach.
Der Große Hunger kam.
5000 Gezeiten lang.
Alles verschwand… Alles zerfiel für die Ewigkeit…
Was übrig blieb, war eine neue Zeit…
Ein neues Volk… ohne klare Vergangenheit.
Zerfallgedicht zum Altenreich, datiert 40 nach G.H
Kapitel 1
Dunkelheit um mich herum, feuchte Luft über mir und totale Stille überall… nur das leise Tropfen von der Decke war zu hören, während die kleine Fliegen umher flogen und sich in Spinnennetzen an den einzelnen Gitterstäben verfingen. Ich saß gerade in einer Zelle des Burgverlieses am Rande der Stadt. Geschnappt und eingesperrt. Während helles Tageslicht durch das eine Kerkerfenster von draußen hinein schien, lag ich rücklings auf einer Metallplatte, starrte zur Decke und… langweilte mich. Seit Stunden sollten die Wachmänner mich überführen und den Ratherren zum Prozess überstellen. Köpfen, Erhängen oder das Erschießungskommando durch Magie, Kugeln oder Pfeile standen zur Auswahl - lustig, dass ich als Bandenführer trotzdem so was wie Privilegien hatte… Dabei wurde an mir auch ein hohes Kopfgeld ausgesetzt: eine halbe Million Goldmünzen.
Ich und meine Bande waren im gesamten Kontinent gesucht… genauer gesagt im Weltkontinent Tenre - die Nordwelt. Für das Bestehlen adliger und einflussreichen Menschen. Dummerweise wurde ich ausgerechnet in meinen Lieblingsland Crean, wo ich schon seit Jahren nicht mehr war, geschnappt und nun sollte mit mir der Prozess gemacht werden. Dass sie wieder einmal unsere anderen Taten übersehen ist wieder mal typisch.
Ein Krach! Und ich schreckte auf.
Es war der erste Wachmann, der zu Boden ging vor meiner Zelle. Seine schlichte Crean-Rüstung wurde nicht durchdrungen, er hatte lediglich einen Schlag auf den Kopf bekommen - und zwar einen Ordentlichen.
Dann der zweite an der Treppe!
Und schließlich… fiel auch der dritte!
Eine Person in Banditenkluft stieg hinunter: Eine Frau - jung, mit langen roten Haar, das aber zu einen frechen Pferdeschwanz gebunden war. Eine Narbe zierte ihr linkes Gesicht und sie war bewaffnet mit zwei großen Dolchklingen… Sanny!
“Nara!”, rief sie als erstes und lief eilig zu Zellentür.
Ich stand auf: “Na wurde aber auch Zeit! Hast du meine Waffen vielleicht?”
“Nein, tut mir leid”, antwortete sie, während sie mit ihren Dietrichen das Gitterschloss öffnete. “Beeilen wir uns, Jack wartet in der Nähe der Stadtmauer und bald sind weitere Wachmänner bei uns!”
“Ok, dann verpissen wir uns!”, sagte ich schließlich.
Eilig liefen wir beide die Treppe hinauf. Dabei lief ich an eins der Steckbriefe vorbei… und zwar meiner.
Kurzes struppiges Haar an der linken Seite…
An der rechten Seite ausgefallenen… mit Brandnarben übersät… mit vier scharfen Metallspitzen, die rausragen.
Nase und Mund sind von meinem Halstuch bedeckt, während die Schultern Teile meiner Banditenkluft zeigten.
Und unten stand das Kopfgeld: 500 000 Goldstücke.
Ziemlich detailliert… aber so ist es eben, wenn man ‘berühmt’ ist.
Draußen! Endlich raus aus diesen verdammten Miefburg!
Doch wir waren immer noch in der Stadt Nimda…
Und vor uns… die Wachen!
Männer in Rüstung und bewaffnet mit Schwert. Alle gewillt uns zu kriegen. Ein Rittersmann im grünen Gewand trat hervor. Sein Haar war lang und dunkelbraun, hing bis in die Schultern. Seine Waffe… ein Streithammer, der seine rechte Hand auch komplett ersetzte. Hauptmann Asim: Der Mann, der mich zuvor gefangen genommen hat. Sein Gesicht war zu einer Hälfte schwarz und zur anderen weiß bemalt. Warum er als einziger Mann diese dümmliche Kriegbemalung trug, weiß ich nicht. Wer weiß? Vielleicht ist er einfach darunter nur pottenhässlich… “Widerstand ist zwecklos, Banditenweib!”, rief er. “Nicht mal alle Bestien der drei Weltkontinente verursachen halb so viel Ärger wie du und deine kleine Drecksbande… also ergebt euch oder wir vollstrecken das Urteil ohne Prozess!”
“Ähm… nö!”, sagte ich.
Eins der Ritterärsche schoss plötzlich mit der Armbrust auf Sanny! Doch ich war schneller… und fing den Bolzen auf! Direkt vor ihrem Gesicht hab ich das Geschoss gestoppt. Meine Krallen umschlungen fest den Schaft.
Praktisch, dass mein gesamter rechter Arm aus Metall besteht…
Ich zerdrückte den Bolzen und schmiss es den Idioten vor die Füße. Die Männer waren schon erstaunt, während Asim nur murrte: “Nrrrgh… jetzt reicht’s, ergreift sie!” Sofort flohen wir!
Von allen Seiten kamen Truppen.
In Schwert, in Armbrust und sogar mit Gewehr.
Wir teilten uns auf. Erst mussten wir einen Großteil der Männer zu bestimmten Punkten locken und sie abhängen, bevor wir uns in Richtung Stadtmauer bewegen konnten. Nimda war groß… sehr groß - nicht umsonst Hauptstadt und Sitz des königlichen Rates. Wie ein Ei war diese Stadt aufgebaut: Der Außenbereich war das Eiweiß… und der Eidotter war das Stadtzentrum, das durch eine zusätzliche Mauer den Adel von den restlichen Bewohnern der Stadt abschirmte. Also durfte es nicht schwer werden diese Idioten abzuschütteln!
Ich lief und lief. Sprang auf die spitzen Holzdächer der Häuser, wich jeden Angriff geschickt aus. Die Häuser waren unterschiedlich groß und fast zufällig hier verteilt. Wie ein Wald, wo ich frei umher springen konnte. Voller Energie war ich, doch mein Herz schlug nicht. Ja, mein Herz war der Energieantreiber - versorgte die Maschinenteile meines Körpers, sodass ich schnell, ausdauernd und wendig war. Mein Energiezentrum, momentan gefüllt mit Zuversicht. Ich schlug einen Bogenschützen nieder, sprang auf einen Kirchturm und - ein Zischen! Etwas zog mich am Bein und ich ging zur Boden. Irritiert schaute ich nach hinten.
Verdammt… es war ein metallenes Seil, dessen schwarzes Ende sich an mein linkes Bein geheftet hat - eine Fangschlinge!
Ich sprang nach vorn, doch schon erwischte mich das nächste!
Und noch einer! Und noch einer!
Bis ich schließlich mich nicht mehr bewegen konnte, weil diese Schlingen mich starr in eine Position fixierten. Sogleich wurde ich von der Armee Creans umzingelt und sah Asim. Langsam kam er auf mich zu. “Banditin Nara…”, sagte er. “Für den exzessiven Widerstand gegen unser Rechtswesen und der Regierung… verurteile ich dich persönlich zum Totschlag und verbanne deinen Geist ins ewige Schattenreich!” Langsam erhob er seinen Streithammer über meinen Kopf, bereit meinen Schädel in einen einzigen Schlag zu zertrümmern. Gerade wollte er zuschlagen, als… ein lautes Brüllen ertönte! Asim brach sofort ab. Das Brüllen schien aus ferner Richtung - im Bereich der Stadtmauer zu kommen. Krach, lautes Geschrei… etwas flog hoch in die Luft und knallte direkt auf den Platz, wo ich und Asim waren.
Ein Rittersmann… oder besagt die obere Hälfte von.
Ein lauter Knall! Direkt hinter mir! Eins der Häuser - eine Schule - ist plötzlich eingestürzt und ein gewaltiger Berg aus Staub und Schutt türmte sich auf.
Ein gewaltiger Schatten trat schweren Schrittes hervor und der Schuttnebel lichtete sich.
Gewaltiger Körper, bespickt mit dunkelgrünen Schuppen, wandelte umher auf zwei kräftigen Hinterbeinen. Der Schwanz war kräftig und schwang hin und her, während das Maul unzählige Zähne hervorblecken ließ. Ich konnte keine Augen erkennen, als die Kreatur seinen schweren Hauch ausstieß und somit den Reststaub vertrieb.
Was zum- ein Tauron mitten am Tag?!
Der Tauron stieß ein lautes Brüllen aus, das die Erde kurz erzittern ließ, und die Männer stürmten nach vorn. Sie kämpften gegen den Tauron. Schlugen und stachen auf das Viech ein, während es brüllend mit seinen Schwanz umher schlug. Es biss zu und erwischte einen weiteren Mann! Lauthals schreiend wurde von den gewaltigen Kiefern in die Luft geworfen und zerfetzt. Während sie immer noch versuchten die Kreatur zu verletzen, versuchte ich mich derweil zu befreien, doch die Fangschlingen klebten an mir regelrecht fest. Hinter mir sah ich schon wie das Viech sich frei kämpfte… und nun zu mir schaute!
Mist, ich muss schnell sein…
Ich zog immer stärker an den Schlingen.
Der Tauron lief bereits in meine Richtung!
Die Erde erzitterte unter den gewaltigen Schritten des Ungetüms.
Näher… und immer näher kam er… riss sein gewaltiges Maul schon auf…
Fast war es bei mir bis… plötzlich alle Fangschlingen durchtrennt waren!
Schnell sprang ich nach rechts und entging so dem gewaltigen Maul.
Der Tauron rannte an mir vorbei und am Boden sah ich mehre Dolche und Pfeile, die in der Erde feststeckten.
Sie haben wohl vorhin die Seile der Schlingen zeitgleich durchtrennt.
“Nara!”, hörte ich eine Stimme.
Ich blickte zum Dach und sah Jack und Sanny!
Jack war von schlanker Gestalt - vermummt und in schwarzen Leinen gehüllt. Teile seines weißen Haars schauten hinaus, während er seinen Bogen trug. Kühlen Blickes schaute er mich an und sprang hinunter, Sanny machte es ihm gleich und sie liefen dann zu mir herüber. “Danke Leute…”, sagte ich mit hastigem Atem. “Ohne euch wär’s gerade böse ausgegangen!” Das laute Brüllen des Tauron unterbrach die Szenerie! Wir konnten sehen wie dieses Ungetüm gegen die Wachmänner kämpfte und auch noch die schreienden Einwohner angriff. Warte… Jack hatte etwas bei sich: mein Waffengurt! “Hier sind deine Waffen, Nara - waren in eine Kiste in der Lagerkammer eingeschlossen”, erklärte er und übergab mir den Gurt mitsamt Säbel und Pistole.
“Verziehen wir uns!”, sagte Sanny.
Doch ich entgegnete: “Noch nicht.” Sanny und Jack guckten überrascht.
“Nara, wenn wir aber nicht schnellstmöglich die Stadt verlassen, werden wir von der Armee Creans umstellt und dann gehängt!”, erklärte sie.
“Ein riesiger Tauron wüstet grad durch die Stadt!”, entgegnete ich. “Wachen hin oder her… wir dürfen nicht zulassen, dass dieses fette Viech Unschuldige tötet.” Hastig eilte ich voraus, doch Jack lief mir hinterher und ergriff meinen Arm.
“Das wissen wir, aber wir sollte jede Chance zu Flucht nutzen”, meinte er.
“Keine Widerrede! Sanny - du begleitest mich, wir verfolgen gemeinsam den Tauron und greifen von hinten an. Jack - du bleibst auf Distanz und attackierst das Tier von allen Seiten. Na los!”
Brüllend stampfte das Echsenviech durch die Stadt. Zerstörte Häuser und Händlerhütten, griff alles und jeden an, was ihm in die Quere kam - sogar Kinder! Hauptmann Asim und die anderen Ritter setzen alles daran den Tauron zu stoppen… jedoch waren sie darauf trainiert sich in großer Zahl gegen Truppen zu behaupten, nicht gegen ein wildes Raubtier. Ich hörte ein kleines Mädchen schreien! Dieses Kind war gerade mal acht und hatte blonde Zöpfe. Panisch lief sie in eins der Häuser, doch das Biest folgte ihr. Der Tauron schlug seine Kiefer ins Gemäuer, riss alles nieder und brachte alles zum Einsturz. Nur knapp entging sie den Kiefern und den einstürzenden Schutt.
Ich musste mich beeilen!
Ungewollt kamen wir ferner ab von der Stadtmauer und waren bereits an der Innenmauer zu Stadtzentrum des Königreiches angelangt. Kreischend lief das Tier an der Mauer entlang, rannte alles um was vor ihm stand, um das kleine Mädchen zu kriegen. Das Kind wurde langsamer… nicht gut!
“Ein Geschütz!”, rief plötzlich Sanny und zeigte auf eins der riesigen Armbrustgeschütze in der Ferne.
“Gute Idee!”, sagte ich und wir liefen dort hin.
Geschütze mögen zwar zu träge sein für einen Tauron, haben jedoch den größten Schwung!
Als wir das Geschütz erreichten, sah ich den großen Stahlbolzen, der bereits eingespannt war. Sehr gut! Ich kletterte auf den Bolzen und hielt mich fest so gut wie es ging. “Setz das Geschütz am höchsten Winkel!”, befahl ich und sie drehte die Kurbel. Knartschend bewegte sich die Spitze immer weiter nach oben bis es schließlich auf den Himmel zeigte. Der Tauron kam den Kleinen immer näher und näher… hatte das Kind schon fast erreicht… “Jetzt!” Sanny zog nun ihre Doppelklingen, durchschlug das Seil und der Bolzen schoss nach oben! Ich schaffte es mein Gleichgewicht zu halten und flog unzählige Meter weit. Der Wind blies mit voller Kraft an mir vorbei. Plötzlich war ich direkt über dem Tauron, das erneut nach dem Mädchen schnappte! Ich zog meinen Säbel, sprang ab… und bevor die Kreatur sein Maul öffnen konnte, rammte ich den Säbel direkt in den Schädel hinein!!! Unter der Wucht des Sturzes knallte sein Kopf zur Boden. Für einen kurzen Moment rührte es sich nicht. Doch dann… stand er plötzlich wieder auf.
Mist, ich hab das Gehirn verfehlt!
Der Tauron stürmte nach vorn. Der Säbel steckte immer noch tief im Schädel, sofort hielt ich mich daran fest. Häuser, Mauer und Rittersmänner rannte er um. Trampelte alles nieder. Ich musste das Viech stoppen! Ich zückte meine Pistole und schoss in die Wunde hinein!
Der erste Schrei!
Doch das Ungetüm lief weiter.
Na warte…
Wieder und immer wieder schoss ich in die Wunde.
Blut und Knochensplitter flogen durch die Gegend, während das Vieh zornig vor Schmerz schrie.
Fast war es schon beim Ratspalast!
Die letzte Kugel…
Ich zielte erneut auf die Wunde, die nun nichts war als eine große rote Fleischmasse.
Gleich war das Schlosstor!
Doch ich schoss - und eine gelbe Masse spritzte hinaus!!!
Das Gehirn! Ich hab es getroffen!!!
Der Tauron zog seinen Kopf ruckartig nach oben und stürzte nach vorn, weshalb ich abspringen musste. Das Viech ging zu Boden, stöhnte und stieß letztendlich… seinen letzten Atemhauch aus.
“Du hast es geschafft!”, rief Sanny und umarmte mich. Im diesen Moment war ich von endloser Energie durchströmt - die süße Freude über den Sieg… und der herzlichen Umarmung meiner lieben Freundin. Jedoch hielt dieser Moment nicht lange an, denn - “Verdammte Scheiße!”, es war Jack wie er grad vom Dach stürzte. Eine Fangschlinge hatte ihn erwischt. Sofort liefen wir zu ihm, doch bevor wir ihn erreichen konnten… tauchte Asim und sein Heerschar auf. Erneut umzingelt - vielleicht hätte ich doch auf Jack hören sollen.
“Es ist vorbei, Nara…”, sagte er und zeigte mit dem Streithammer auf mich.
“Ach, kommt schon!”, erklärte ich. “Wir haben den verfluchten Tauron für euch bezwungen… das kann doch nicht euer ernst sein.”
Asim entgegnete: “Mag sein, nichtsdestotrotz seid ihr Verbrecher und müsst bestraft werden! Wir-”
“Genug jetzt!”, unterbrach eine männliche Stimme.
Ein großgewachsener Mann trat aus der Menge hervor.
Langes dunkelbraunes Haar, breitschultrig und in dunkelblauen Rittergewand.
Er war größer als die anderen Männer, als er auf die Menge schaute.
Seine Augen - das eine grün, das andere blau - sahen wie zwei verschiedenfarbige Steine aus und ließen ihn vor der Menge wie eine mythische Gestalt erscheinen.
Ich glaub es nicht… Lord!
Lord sprach zu Asim: “Der Haftbefehl auf Nara und ihre Bande wird unverzüglich fallen gelassen!”
“Wie bitte?!”, schrie Hauptmann Asim erbost und trat sofort einen Schritt zurück. “Sie wurde wegen eines Überfalls auf Handelsmann Bagir festgenommen!”
“Es war kein Überfall…”, antwortete er lächelnd.
Asim und sämtliche andere Rittersmänner am Platz guckten überrascht… auch ich. Ich wusste nicht was er vor hatte… doch werde ich schon gleich sehen, dachte ich mir.
“Es war ein unglückliches Missverständnis…”, erklärte er. “Nara sollte für mich eine kleine Warenlieferung in die nächste Stadt gewährleisten, den ich zuvor von Bagir abgekauft hab. Allerdings kam wohl der Geleitbrief nicht an, der besagt, dass Nara und ihre ehemalige Bande die Waren transportieren, weshalb Bagir nicht in seinem Hause war. Und tja… so ungeduldig wie Nara auch war und ist, hat sie sich halt die Ware ohne Anwesenheit von werten Herrn Bagir beschafft. ABER! Nur… weil sie mir helfen wollte die Ware zu bringen, deshalb ist sie auch wieder in das Land eingereist. “
Sofort sagte ich: “Ähm, ja… ja das stimmt! Ich hab die Sachen nicht geklaut… sondern nur geborgt, um es den ehrenwerten Lord zu bringen!”
Ich sah in das grimmige Gesicht des guten Hauptmannes, wo ich daraufhin grinsen musste. Zu sehr mochte ich es zu sehen, wenn etwas nicht nach Asims Plan lief.
“Grrrrr… Gibt es irgendeinen Beweis für diese absurde Geschichte?!”, fragte Asim wütend.
“Allerdings”, antwortete Lord und zog zwei Schriftrollen hervor.
“Hier ist der Handelsvertrag mit Bagirs Unterschrift und der Abdruck des besagten Briefes, die alles bestätigen”, sagte er, als er Asim die Schriften übergab.
Skeptischen Blickes begutachtete der Typ die beiden Schriftstücke.
“Das sieht… richtig aus”, gab er murrend. Er war wirklich alles andere als erfreut. “Aber wir werden das prüfen! Bis dahin… ist der Haftbefehl auf euch vorerst fallengelassen.”
Wie auf Stichwort stießen sie Jack in unsere Richtung und zogen dann ab.
Nun hatten wir für einen Moment Ruhe.
“Lord!!!”, sagte ich, als ich ihm um den Hals fiel. “Schön dich zu sehen, mein Freund!”
Der freie Magierritter wusste sich seit jeher prima mit dem Rat und den Armeen Creans zu verstehen. Den Titel Lord hatte er in zahlreichen Siegen vergangener Schlachten zu verdanken. Erfahren in Magie und Ritterkunst. Er hat für die Freiheit vieler Länder gekämpft…. Beschützer der Frauen und vergewaltigten Kinder und Bestrafer jener, die sich fleischlich an anderen vergingen. Niemand kennt seinen wirklichen Namen - nicht mal ich!
“Danke für die Hilfe, alter Freund. Schön dich wiederzusehen”, sagte ich.
“Die Freude ist ganz meinerseits, Nara”, antwortete er. “Doch ich bin nicht grundlos zur Stelle gewesen.”
Ich schaute verwundert - Wovon redet er?
“Komm sofort mit mir mit. Wir beide müssen dringen mit dem Rat sprechen.”
Und ehe ich es mir versah, nahm er auch schon meine Hand und zog mich weg.
Der Ratspalast: Eine gigantische Festung aus weißen Marmor und mit blauen Zylinderdächern und ebenso blauen Bannern geschmückt. Und ich war tatsächlich drin! Das erste Mal!
“Moment, wieso muss Nara mit dem Rat sprechen?”, fragte Sanny hinter mir, während wir den weißen Gang, der ebenfalls aus Marmor bestand, durchschritten. Der Boden war mit einem blauen Teppich ausgelegt und auch hier war alles mit goldenen Vorhängen und blauen Bannern geschmückt.
Überall standen die Wachmänner rum mit Schwertern bewaffnet.
“Mann, die Ratsherren haben es echt gut”, tuschelte der eine Posten, an dem wir grad vorbeigingen. “Scheffeln Millionen durch Steuerneinnahmen, während wir unseren Arsch für sie hinhalten!”
“Und kriegen vielleicht auch noch alle Weiber…”, erwiderte sein Kollege neben ihn. “Wie gern wäre ich gern in ihrer Position.”
“Du sagst es!”
Wir gingen weiter.
Als wir in den nächsten Gang abbogen, wurde jemand von zwei Wachen an uns vorbeigeschleift. Ein älterer Herr… feine Kleidung, ein Bürger der Stadt.
Mehrfach sträubte sich der Mann und versuchte sich aus den Griffen der Wachen zu befreien. “Ihr verdammten Dreckssäcke!”, protestierte er mit Zähnefletschen. “Ihr könnt mich doch nicht schon wieder ablehnen! Ich sag doch, dass ihr meine Erfindungen zur Verteidigung des Landes braucht - AAAARRRGH!!!” Stumm zogen die Wachen ihn in die Ferne und ich schüttelte den Kopf.
Die Ratsherren gehen leider selten nach den Wünschen und Vorschlägen des Volkes…
Zwischenzeitlich fragte Jack: “Auf uns wurde doch ein Kopfgeld ausgesetzt… worum geht es wirklich?”, doch der Lord schwieg weiterhin und ging stur seines Weges.
Seltsam… es muss wohl sehr wichtig sein, dass sie mit mir persönlich sprechen wollen. Also sagte ich: “Nun verrat es mir doch schon… was will der Rat von mir?” “Das musst du mit ihnen bereden”, meinte er. “Schon als ich von den ersten Gerüchten hörte, dass du nach Crean zurückgekehrt bist, hab ich mich sofort auf den Weg gemacht, um dich zu finden. Als aber dann deine Gefangenschaft bekannt gemacht wurde, ging ich hierher.”
“Gefangenschaft… pah! Die Säcke haben mich nur gekriegt, wegen dieser neuartigen Fangschlingen, auf die ich nicht vorbereitet war”, antwortete ich.
“Die Fangschlingen sind eins der vielen Neuerrungenschaften der Reliktenforschung. Seit drei Monaten ist das creanische Militär am Aufrüsten.”
“Aufrüsten? Weshalb?”
“Erfährst du gleich.”
Plötzlich… standen wir vor eine Doppeltür. Sie war rot und aus massivem Eichenholz, wo eine bildliche Verzierung der Tiere und Menschen zur Zeit des großen Hungers reingeschnitzt war: brennende Menschen, hungernde Kälber und Gebeine von Wölfen. Fein säuberlich und detailliert - feinste creanische Handwerkskunst, wenn auch auf den ersten Blick makaber natürlich. Lord öffnete die Tür ein kleines Stück. “Hier geht’s zum Ratssaal”, meinte er. Ich trat ein… Sanny und Jack wollten mir folgen, doch Lord stoppte sie! Er erklärte den Beiden: “Der Rat spricht nur mit Nara! Ihr beide müsst draußen bleiben.”
Irritiert sahen sie mich an und ich zuckte mit den Schultern: “Hmpf! Was kann denn schon groß passieren? Ich bin bald zurück Leute… versprochen!”
Und mit diesen Worten trat ich ein.
Der Ratssaal war ein riesiger kreisrunder Raum. Überraschenderweise war der Raum zu großen Teilen schwarz und nicht in weißen Marmor wie der Rest des Palastes - ob der Boden vielleicht aus reinstem Obsidian besteht? Meine Schritte waren deutlich zu hören, als ich stumm durch den Saal ging. Die Stufen, die Wände, sowie die gigantische Tribüne an der hinteren Hälfte des Raums waren mit roten und goldenen Bändern geschmückt. An der Decke hingen rote und blaue Banner… und an der Tribüne selbst sah ich vier Männer: gekleidet in feinsten Gewändern und auf ebenso fein verzierten, großen Stühlen sitzend.
Die Ratsherren…
Leise trat ich näher heran.
Ein Mann war blond und trug einen zurechtgestutzten Bart - Magierpriester Coal. Er überragte die anderen Ratsherren um mindestens einen Kopf. Man munkelte sich, dass er die Schwächen jeder Person wahrnehmen könnte und aus der Zukunft stammt, weshalb er das Schicksal der gesamten Welt kennt. Aber das war für mich nur Rittertratsch… zumindest was das Letzte anbelangt.
Der nächste Mann hatte hellblaue Haut und weiße starre Augen, wo die Puppillen kaum zu erkennen waren - Elfenminister Cratch.
Er war von Geburt an blind so wie der Rest seiner Familie väterlicherseits bis hin zu seinen Großvater, der damals den Konfliktkrieg zwischen Elfen und Menschen aus eigener Hand beendete. Ob diese Blindheit irgendwie während des Krieges angeworben wurde? Vielleicht sogar durch einen Fluch?
Der Herr neben ihn trug schwarzes langes Haar gebunden zu einen Zopf und eine schwarzweiße Pokermaske - Trickmeister Ken. Als Illusionsmagier und Oberhaupt der Glücksspielgilde kontrolliert er sämtliche steuerliche Einahmen und Glücksspiele des Landes. Wie alle Mitglieder dieser Gilde trägt er diese schwarzweißen Masken, die für einen eigenen Gott stehen sollen, die sie angeblich anbeten - was es wohl für eine Gottheit sein mag?
Und zum Schluss… ein Herr mit langen grellrotem Haar - Mr. Icra. Einstiger Hofnarr in der Jugend, der das Publikum veralberte und über die Herrschern spottete… nun selbst strenger Politiker des Landes. Eine traurige Entwicklung meiner Meinung nach.
Schon so oft hatte ich von den Mitgliedern des Rats gehört - von ihren Taten und Legenden - konnte sie sogar schon einmal aus der Nähe beobachten. Aber es war schon etwas besonders direkt vor den rechtmäßigen Herrschern des Landes zu stehen…
“Nara… es ist ausnahmsweise mal schön sie in unseren Lande begrüßen zu können”, begann Coal.
“Ausnahmsweise?”, fragte ich lächelnd und hielt die Hände an die Hüfte. “Ach kommt! Crean ist mein Land… der Sitz meiner riesengroßen Familie.”
“Eine Familie, die sie oft bestohlen haben”, erinnerte mich Cratch. “Über fünftausend Raubzüge in den damaligen 3 Jahren bis sie vor ca. 4 Jahren eilig das Land verließen, nachdem-”
Sofort unterbrach ich: “Ich hab nix gestohlen! Ich sorge nur dafür, dass alles gleichmäßig verteilt ist…”
“Wo sind übrigens ihre Manieren, Banditenfrau?”, fragte Icra.
Verwundert sagte ich: “Bitte?!”
Und Ken erklärte: “Jeder Einwohner hat sich vor Rat auf eine ganz bestimmte Weise vor den Mitgliedern des Rates zu grüßen.”
Och nö… er meint doch nicht diesen Verneigungsquatsch, oder?
Sämtliche Ratsherren schauten mich erwartungsvoll an.
Sie wollten es also tatsächlich…
“Ähm… ok”, sagte ich.
Paar Sekunden war es still….
Bis ich ohne zu zögern… die Hand hob und winkte.
“Hallöchen Ratsherren!”, sagte ich lächelnd. “Na wie geht’s euch?”
Coal fasst sich am Kopf.
Nicht die passende Begrüßung… doch ich grüße die Menschen halt auf meine Art.
“Nicht so wichtig jetzt…”, meinte Ken kopfschüttelnd. “Also Nara… Sie sind hier… weil der Rat sie braucht!”
Ich staunte nicht schlecht: “Der Rat? Und mich brauchen? Hehe… seit wann hab ich denn die Ehre?”
Ratsherr Ken antwortete: “Der Tauron am Schlosstor ist ihnen sicherlich nicht entgangen…”
“Ne… nicht wirklich. Hab das Viech mit meinen Freunden persönlich zur Strecke gebracht.”
“Ja, und dafür sind wir ihnen auch dankbar.”
“Wieso war der Tauron überhaupt da? Diese Kreaturen sind doch eigentlich Nachtaktiv und meiden Menschenstädte.”
“Wohl wahr… vor allem ist es nicht der erste Vorfall dieser Art.”
Was?
“Seit ungefähr vier Monaten ist ein Anstieg von seltsamen Vorfällen mit Tieren in Bereich des Akinawaldes, der Schlangenwüste und der Eisenstadt zu beobachten”, erklärte Coal. “Rölfe, die sich mit Panthernattern und Raubschweinen anlegen oder gezielt Jagd auf Kinder machen… Tauronen am heiligten Tage, die sich in Städtenähe wagen… und sogar Wanderungen der Akanin.”
“Akanin? Leben sie eigentlich nicht zurückgezogen in ihren Dorf wegen des Abkommens?”, fragte ich.
Trickmeister Ken erklärte daraufhin: “Das stimmt, offenbar scheint irgendetwas in Richtung der Schlangenwüste eine Verhaltensänderung bei den Tieren hervorzurufen. Tiere reagieren sehr empfindlich auf Störungen… spüren ankommende Katastrophen lange bevor wir sie sehen können… Wir schickten auch Trupps in diese Richtung, doch… sie wurden von den Schlangenmenschen getötet, da sie keine Eindrillinge in ihren Jagdgebiet dulden. Und jene die bis zu den hinteren Bergen vorgedrungen sind, sind spurlos verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht.”
“Und da… komm also ich ins Spiel”, mutete ich.
“Ganz genau!”, meinte Ken und Icra meldete sich zu Wort: “Sie haben ein gutes Gespür was der Natur und den Tieren anbelangt. Ihre Bande kennt sich gut mit Wetterumschwüngen, Giften und wilden Völkern aus… seid zielstrebig… und vor allem sie Nara - sie haben trotz allem die Fähigkeit richtig von falsch zu unterscheiden.”
Ken stimmte zu: “Wohl wahr… Nara rettete Waisenhäuser vor dem Ruin, verteidigte Dörfer vor Wilden und brachte zu dem auch einige korrupte Kaufmänner und Ritter zur Strecke. Ihr Gerechtigkeitssinn ist also vorhanden und kann diesmal in richtige Bahnen gelenkt werden.”
“Also…”, begann ich und ging dabei in Raum hin und her. “Ich soll also mit meiner Bande zu Schlangenwüste latschen, nachkucken was nicht stimmt… einfach so?”
“Nein… natürlich nicht. Als Lohn in Auftrag des Rates zu handeln, wird ihnen nach Aufklärung dieser Vorfälle ihnen eine Summe von eine hundert Millionen Goldmünzen ausgezahlt. Zudem werden sämtliche Verbrechen, die ihnen angelastet werden mit einen Schlag vergessen. Nach Abschluss hat die gesamte Bande eine weiße Weste….”
“Hmmm… hört sich gut an.”
“In Ordnung… kehren sie zum Lord zurück und treffen sie sich in Quartierlager mit Hauptmann Asim - er wird ihnen weitere Anweisungen geben.”
“Alles klar.”
Und mit diesen Worten verließ ich schließlich den Ratssaal.
Jede Menge Geld und weniger Stress mit Wachen… das könnte interessant werden.
Kapitel 2
“Wow, hundert Millionen Goldmünzen - das ist wirklich vielversprechend“, sagte Sanny. “Ist weit mehr als bei unseren größten Raubzügen.”
“Ja, aber seit wann ist der Rat so großzügig? Und warum schicken sie ausgerechnet uns vor - würden sie nicht sonst weiter Truppen oder irgendwelche Forscher schicken?”, fragte Jack, während wir gemeinsam mit Lord das Stadtzentrum durchquerten, um zum Quartierlager zu gelangen. Das Gebäude soll direkt an der Innenmauer Nimdas liegen.
Ich antwortete: “Das weiß ich nicht… was auch immer die Störung in Bereich der Schlangenwüste verursacht, muss die Ratsherren ziemlich beunruhigen.”
Plötzlich blieb Lord stehen. Vor uns war ein riesiges Gebäude. Eine Art Burg um genauer zu sein, jedoch bestand die vordere Hälfte aus massivem Mammutholz, weshalb auch mehr einen Gasthaus ähnelte. Ich ging zu Tür, öffnete sie… und etwas sprang mich lauthals knurrend an! Ich fiel nach hinten. Eine hüftgroße Kreatur war über mir.
Es hatte vier Beine, die in starren Hufklauen endeten. Das Fell war struppig und ziemlich verdreckt, stank bestialisch. Die Zähne der Kreatur waren scharf und glänzend, während es auf den Kopf... ein Geweih trug.
Asims Schoßtier - ein Rolf… wie nett.
Aggressive Biester einst entstanden zur Zeit des großen Hungers. Ihre Vorfahren Rehe, die aber dann die Wölfe und Hunde von der Nahrungskette verdrängten, als sie selbst zu Fleischfressern wurden. Was dazu geführt hat weiß ich nicht - interessierte mich auch nicht. Stinkende, nervige Viecher waren sie einfach! Dem Knurren und Fletschen dieses domestizierten Rolfes nach zu urteilen, hat er meine kleine ‘Wäsche’ von damals nicht vergessen. Der Rolf starrte mich an… mit angelegten Ohren und sabberte. Die Leftzen vibrierten, während die Spucke in Strömen auf mein Gesicht tropfte… “Nun mal ganz ruhig!”, sagte ich zu dem Tier. “Ich bin jetzt wegen ‘nen wichtigen Auftrag hier. Ich werde nichts klauen und auch dich nicht waschen… ok?” Der Rolf ging nicht von mir runter, knurrte und starrte mich weiter an. “Asim pfeif endlich dein beschissenes Haustier zurück!!!”, rief ich. “Moto!”, pfiff Asim. “Bei Fuß!” Moto schaute kurz nach hinten, dann ließ er von mir ab und ich stand auf. Asim stand direkt neben einen Tisch, wo sich dann Moto zugesellte. Asim hatte dieses Haustier schon seit Jahren, nach meinem Wissen war es ein Geschenk seiner Mutter - wer oder was meinte einen dauerschlechtgelaunten Miesepeter wie er zu gebären, weiß übrigens niemand. Auf jedenfalls passt ein Rolf definitiv zu seiner humorlosen Mentalität. Moto knurrte noch etwas. Asim sagte: “Ruhig!”, und der Rolf setzte sich winselnd hin. “Brav…” Asim streichelte dann über sein Haupt und wir gingen rein.
Der Raum hier war wohl ein großer Gemeinschaftraum, wo die Ritter aßen und tranken. Tische und Stühle lagen überall wild umher - ob sie wohl zuvor hier wild mit den Weibern feierten, bevor der Tauron umherstapfte? Teller und Krüge standen noch rum, alles verdreckt - eindeutig eine große Feier davor. Angeschnittenes Brot und sogar Essensreste waren noch da!
“Oh, Fasan”, sagte ich, als ich das Keulenstück neben mir entdeckte und es nahm. Ich aß das Stück… Asim räusperte sich. Sofort unterbrach ich und lehnte mich dann entspannt zum Tisch. “Also… der Rat hat mich damit beauftragt die Störung in der Schlangenwüste zu untersuchen”, begann ich und fügt noch breit grinsend hinzu: “Sie wollen mich dafür hoch belohnen und alle meine zu Last gelegten Verbrechen fallen lassen.”
Ich sah wie sich Asims Stirn runzelte.
“Ja… leider”, meinte er und schüttelte den Kopf. “Der Rat ist anscheinend verzweifelt genug dich um Hilfe zu bitten.”
“Ratherr Ken meinte, dass du mir weitere Anweisungen gibt’s.”
“Ja. Also… da ihr ja bekannt seid im Land, musst du einen Passierschein mit dir führen, Nara.”
Er übergab mir ein Schriftstück: “Dieser Passierschein wurde von den Ratsherren persönlich ausgestellt. Zeige es jeden einzelnen Wachmann, dem ihr begegnet, wenn ihr nicht wieder in Kerker landen wollt.”
“Gut”, sagte ich, als ich den Passierschein an mich nahm. “Gibt es sonst noch was?”
Asim antwortete: “Ja, da wäre noch was… Um sicherzustellen, dass du und deine Bande den Auftrag wirklich erledigen und ihr ja keinen Unsinn veranstaltet, wird dir Nara… einen Aufseher zugestellt. Dieser wird jegliches Handeln dokumentieren.”
“Ein Aufpasser also?”, fragte ich.
In diesem Moment betrat ein zweiter Mann den Raum.
“Hallo!”, sprach eine hell, aufgeweckte Stimme.
Es war ein Ritter mit kurzem schwarzem Haar, der vor mir stand.
Sein Körperbau war auf ersten Blick durchschnittlich und an der linken Seite trug er ein einfaches Schwert. Das Gesicht wirkte jugendlich - war ohne Narben, Schrammen oder Blessuren. Sein selbstsicheres Grinsen stach immens hervor, während seine Augen mich direkt anfunkelten.
“Das ist Riko”, stellte Asim ihn mir vor. “Mitglied der 35. Streiteinheit, vor zwei Wochen zu Ritter geschlagen und-”
In diesen Moment musste ich kurz lachen: “Und wer passt bitte schön auf mein Aufpasser auf?”
“Da täuscht ihr euch”, sprach der junge Mann lächelnd. “Den Tauron, den du zuvor getötet hast, hätte ich auch geschafft, wenn ihr euch nicht eingemischt hättet.”
“Jaja… das sagen alle”, meinte Jack grinsend.
“Klappe alle!”, unterbrach Asim in harschen Ton. “Riko wird dein persönlicher Aufseher sein - ob es dir passt oder nicht! Hast du mich verstanden?! Ach übrigens… die Papiere, die dein Freund Lord mir gezeigt hat, sind gefälscht.”
Sowohl der Lord als auch ich schauten verwundert.
“Also… entweder du akzeptierst Riko als Aufseher… oder du kommst in den Kerker zusammen mit deinen Freunden. Hm? Na, wie sieht’s aus… Banditenweib?”
Ein breites Grinsen zierte Asims Gesicht.
Ein wahrhaft seltener Anblick: Ich hatte immer gedacht Asim hätte diese Fähigkeit seit seiner Jugendzeit als gefürchteter Kriegsherr verloren… doch das gefiel mir jetzt überhaupt nicht!
“Nrrrr… na schön! Na schön!”, sagte ich murrend. “Brauchst nicht gleich rumzuzicken… ich akzeptiere die Vereinbarung.”
“Gut so…”
Wir begaben uns langsam wieder in Richtung Tür. Gerade wollte ich als letzte rausgehen, als dieser Ritter Riko plötzlich folgendes zu mir sagte: “Grämt euch nicht zu sehr… seht mich einfach als ein Mitglied ihrer Familie an, der dich auf deiner Reise begleitet. Wie… einen Bruder.”
Sofort blieb ich stehen!
Bruder… er hat Bruder gesagt.
Mir… war kurz als würde ich einen Stich durch den gesamten Körper fühlen.
Ich spürte Rikos verwirrten Blick an meinen Nacken.
“Ähm… alles in Ordnung?”, fragte er. “Stimmt etwas nicht? Hallo?”
Doch anstatt zu antworten ging… ich einfach weg.
“Also dann… ich werde vorerst weiterziehen, Nara”, sagte mein alter Freund und entfernte sich ein Stück. “Vielleicht sehen wir uns in der nächsten Stadt.”
Der Lord ging dann und verschwand aus meinem Blickfeld.
“Jow, ich… werde mal kurz mich am Markt umschauen, wegen meinen Bögen”, meinte Jack und ging ebenfalls. “Wir sehen uns!”
Ich sagte: “Ja, bis später…”
“Hey, hab ich was falsches gesagt?”, rief Riko hinter mir, während ich schnurstracks geradeaus ging.
Sanny bemerkte es und lief mir sofort nach.
Ich sagte zuerst nichts.
“Was ist los, Süße?”, fragte sie und schaute mich erwartungsvoll an. “Du bist auf einmal so still geworden.”
Ich hörte Rikos Rufen immer noch hinter mir.
Sie ahnte bereits: “Er hat… das falsche Wort gesagt, hm?”
“Ist doch egal…”, seufzte ich.
In diesem Moment stieß Ritter Riko zu uns.
Noch bevor er etwas sagen konnte, sagte ich schnell: “Nun Riko! Als allererstes müssen wir zu unserem Versteck zurück.”
“Was, wieso? Sollten wir uns nicht lieber gleich auf den Weg machen?”, fragte er.
“Ja, aber ich muss mit meiner gesamten Bande die Sache besprechen”, antwortete und streckte mich kurz. “Und außerdem… nnnrrggghhhh… möchte ich mich gerne mal baden. Das letzte Mal als ich ein Bad nahm, haben noch die-”
Ein lauter Schrei ertönte!
Vor uns ist eine Menschenmenge panisch vor etwas zurück gewichen. Eine vermummte Gestalt erblickten wir in der Ferne. Drei Köpfe größer als ein Mann - von Kopf bis Fuß eingehüllt in Leinen, bestehend aus Kaninchenfellen. Trotz der Verhüllung mir der Kopf deutlich ins Auge, denn er war groß, länglich… Und unten sah ich einen Schwanz. Wie bei einen… Reptil!
Ein Akanin!
Blutrote Augen stachen unter der Kapuze hervor!
Es blickte starr nach vorn, direkt in meine Richtung, während es leise knurrte und zischte.
Es blickte mich an. Da war ich mir sicher!
Sofort zog ich meinen Säbel, Riko und Sanny taten es mir gleich und zogen ebenfalls ihre Waffen. Plötzlich huschte die Echsenkreatur nach rechts und griff sich jemanden! Es war ein junger Mann, ein Bauer. “Hilfe!”, schrie er. Der Typ war noch ein halber Knabe - wir mussten vorsichtig sein. Der Akanin hatte den Bürger mit seinen Unterarmen fest im Griff. Drohend hielt es seine schwarzen, gebogenen Krallen vor dem Gesicht des Mannes… starrte dabei in unsere Richtung. Jack tauchte auf, kletterte aufs Dach und spannte den Bogen, um zu schießen, doch - “Nicht!”, unterbrach ich. “Der Akanin wird den Mann töten, sobald du schießt!” Jack schaute verwundert.
Die Krallen eines Echsenmenschen sind mit einen Gift überzogen.
Ein leichter Kratzer genügt… und der Mann ist tot.
“Halt du dich vorerst raus, Sanny”, sagte ich zu ihr und blickte dann zu Riko. “Und du auch!”
Ich ging auf ihn zu. Langsam und stetig näherte ich mich der Kreatur, der den Mann immer noch festhielt. Sein Schwanz bewegte sich langsam hin und her… schob die Leinen beiseite. Stumm starrte das Viech mich an, während ich mein Säbel noch fest in meiner rechten Hand hielt. Ich musste vorsichtig sein, wenn ich den Leben dieses Mannes nicht gefährden wollte.
Akanin mögen auf den ersten Blick unterbelichtet erscheinen, sind aber dafür umso unberechenbarer. Ich darf bei diesen Wilden nicht vorschnell handeln…
Ich zeigte mit den Säbel auf ihn und sprach: “Hey, Echsenmann! Ich hoffe, dir ist klar was du da tust… Tötest du denn Mann, kommst du hier nie mehr lebend raus!”
“Krrrrz… Ratsherren… ich sprechen will!”, sagte er fauchend.
“Du willst mit den Ratsherren sprechen?”, fragte ich. “Weshalb?”
Er knurrte: “Dich… nicht angehen… Burschenweib!”
Ich musste lachen: “Burschenweib? Hehehe…. Jetzt hast du aber meine Gefühle wirklich verletzt.”
“Rat! Rat sprechen! Krrrrzzzz…”
“Musst dich gedulden… zuerst musst du mit den Wachen reden. Die haben aber ein Problem mit Leuten mit Schuppenproble-”
Ein Schatten! Direkt aus den Augenwinkeln.
Es war der junge Ritter, der sich hinter den Menschenmassen versteckte… und das mit gezogenen Schwert.
Er wird doch nicht…
Er schnellte zur Echse! Bereit von hinten zuzuschlagen! Doch das Echsenviech war schneller, drehte sich und schmiss den Stadtbürger auf Riko. Beide gingen sofort zu Boden, die Leinen flogen nach oben… und der Akanin lief weg! Ich schrie Riko an: “Du Idiot! Ich hab doch gesagt, du solltest dich da raushalten!”, und nahm sofort die Verfolgung auf.
Der Akanin sprang über die Dächer, versuchte mich und die anderen Wachen abzuschütteln - doch ich war schneller! Meine Gliedmaßen fühlten sich an als würden sie glühen, während ich umher sprang. Ja… ich spürte die Energie, die durch meine Adern schoss. Im nu holte ich den Echsenmann ein und schlug mit meinen Säbel zu! Im Sprung hatte ich seinen Rücken erwischt und das Viech fiel schreiend nach unten. Mit einem lauten Knall krachte es durch das Dach eines Stalls und scheuchte die Pferde auf. Geschickt landete ich neben den Loch und schaute hinein. Die Echse lag benommen auf der Seite im Stroh und schüttelte den Kopf. Dann sah er mich. Wütend stieß es einen lauten Schrei aus und sprang nach oben. Ich wich zurück! Auf allen Vieren saß die Kreatur über dem Loch. Knurrend… die Muskeln an allen Gliedern angespannt, sodass die Schulterblätter hervortraten.
Eine große Schnittwunde befand sich auf den Rücken der Kreatur.
Doch sie war nicht tief genug, um eine wirklich ernsthafte Verletzung darzustellen - diese Kreaturen haben durch die Widrigkeiten der Wüste und ihr früheres Leben in Sümpfen eine enorme Widerstandsfähigkeit erlangt.
“Menschen… ihr… versprochen haben!”, sagte er. “Gebrochen… wollt uns auslöschen!”
“Vom was zum Teufel redest du da?!”, fragte ich.
Brüllend sprang er nach vorn und schlug mit seinen Krallen zu!
Wir sprangen von Dach zu Dach, von Gebäude zu einen Platz, und umgekehrt. Mehrfach wich ich seinen Angriffen aus, entging knapp seinen Giftkrallen und Kiefern und schlug mehrfach mit meinen Säbel zu. Wieder und immer wieder zerschnitt ich die Schuppenhaut der Kreatur, doch er schien trotz des vielen Blutes nicht schwächer zu werden. Plötzlich… sprang er von der Seite und rammte mich! Mein Kopf knallte gegen die harte Steinmauer eines Kirchengebäudes. Mir stockte der Atem… ich hatte mein Säbel verloren! Und nicht nur das: Direkt über mir war der Akanin. Seinen Unterarm hatte er fest gegen meinen Hals gepresst. Konnte… kaum atmen. Zudem hielt er sein gesamtes Gewicht auf mich, sodass ich nicht aufstehen konnte.
Saß buchstäblich in der Falle…
Drohend hielt er seine schwarzen Krallen nun über mein Haupt.
Plötzlich sprach der Akanin: “Igar… Igar auch kommen zu euch… euch auch fressen… vernichten! Eure Städte… euer Metall… Und euer Fleisch verschlingen! Ihr habt Igar freigelassen! Das Abkommen gebrochen!!! Wir werden leiden und ihr ebenfalls...”
“Wir… h, haben uns… an das Abkommen gehalten!”, sagte ich. Mit aller Kraft versuchte ich seinen Arm wegzudrücken, doch der Akanin war stärker und ließ keinesfalls locker. Auf einmal bewegten sich seine Fingerspitzen langsam in Richtung Brust und… riss mir plötzlich den Stoff weg! Die Brustplatte war freigelegt.
W-was hat er vor?!
“Du, Burschenweib... Krrrzzzz…”, sprach er. “Du anders sein…” Wie auf Stichwort riss er mir auch die schützende Brustplatte hinunter! “Nicht… menschlich…“ Kein Haut und auch kein Fleisch offenbarte sich darunter, sondern ein stetiges Glühen. Mein Energiezentrum… mein Herz. Langsam ahnte ich was er vorhatte… Sofort begann ich mich gezielt mit den Beinen dagegen zu stemmen und griff nach seinen Händen. Doch das Echsenviech reagierte schnell, packte meine Arme und zog sie nach oben! Mit der linken Hand hielt er nun meine Arme in der Position fixiert. Nun stemmte ich mit meinen Beinen gegen seinen rechten Arm, um ihn aufzuhalten.
Auch mein Herz hatte die Gefahr erkannt - pumpte sämtliche Energie in meine Beine. Doch… irgendwie… klappte… es einfach nicht!
Angst… Angst verspürte in den Moment.
Die Angst lähmte mich!
“Herz… Krrrzzzz… Energie. Voller Energie!”, sprach er. “Unendliche Kraft! Mächtig wie Igar! Mein Volk… es brauchen Kraft! Überleben! Krrrrrzzzz!!! Ich… es dir rausreißen…”
In diesen Moment ergriff er es und wollte es rausreißen, als… ihn etwas beiseite schlug! Es war Riko! Rikos Arme und Beine leuchteten in einen bläulichen Schleier. Auch seine Augen glühten in einen schillernden eisblau. Der Akanin stand auf und brüllte erbost. Stürmte auf Riko zu! In diesem Moment zog er sein Schwert, das nun ebenfalls von einen blauen Schleier umgeben war. Eis… Eiskristalle bildeten sich… Gerade als die Kreatur zum Sprung ansetzte, schlug Riko zu! Schreiend und mit Eiskristallen übersät flog der Akanin unzählige Meter nach hinten. Als er dann zu Boden ging, wollte es wieder aufstehen.
Doch die Eiskristalle… sie wuchsen auf seinen Körper! Breiteten sich aus in rasender Geschwindigkeit.
Im nu war der Akanin komplett eingefroren… konnte sich kaum rühren. Hauptmann Asim und andere Wachmänner tauchten auf. Sie umzingelten den Akanin. Hilflos lag die Kreatur in seiner erstarrten Position, während sich Asim ihn annährte. Gab leise ein verzweifeltes Stöhnen von sich. Asim zog seinen Streithammer, hielt es über den Kopf der Echse… und machte kurzen Prozess. Klirrend zersprang der Kopf des Akanin in abertausenden von Einzelteilen. Er war… tot. Plötzlich verschwanden die blauen Schleieranteile und das Leuchten aus Rikos Augen und er ging erschöpft zu Boden.
Er hat sich wohl überanstrengt…
Schwer atmend rappelte ich mich auf.
“Du… bist ein Magierritter”, stellte ich fest und stützte mich dabei an der Wand.
Seinen Blick noch von mir abgewandt, antwortete er keuchend: “Ja… diese Fähigkeit hab ich von meine Mutter, sie war Magierin… aber ich… bin noch ein Anfänger.”
“Merk ich…”
Plötzlich… schaute er in meine Richtung und sah es: Das Glühen!
Sofort lief ich weg und sprang hinauf auf die Dächer.
“Nara!”, hörte ich jemanden rufen.
Es war Sanny!
“Bist du verletzt?!”, fragte sie mich, als sie beim springen direkt neben mir landete. “Das hätte echt übel enden können! Bitte lauf nicht immer allein voraus zu einen Gegner…”
Ich antwortete: “Mir geht es gut. Hol… hol einfach meine Brustplatte zurück, ok?”
“Ist gut”, sagte sie und sprang nach unten.
Ich schaute an mir herab.
Die Glaskugel - die Kammer, die mein Herz darstellte - schien unversehrt.
Alle Zugänge immer noch mit den großen Arterien verbunden.
Die angebrochenen Rippen nur leicht angekratzt.
Drin eingeschlossen der Feuerstrudel - wild flackernd und zuckend.
Ständig wechselnd in den Farben Orange und schwarz…
Ich wünsche euch dann mal hoffentlich viel Spaß beim Lesen, wünscht euch die liebe Noth ^^
Prolog
Es stand einst das alte Reich,
Mächtig und weit,
Gespannt wie ein Netz.
Wohlstand, Harmonie und Glück… alles da,
Doch dann kam der Bruch!
Schnell und unverhofft!
Alles zerbrach.
Der Große Hunger kam.
5000 Gezeiten lang.
Alles verschwand… Alles zerfiel für die Ewigkeit…
Was übrig blieb, war eine neue Zeit…
Ein neues Volk… ohne klare Vergangenheit.
Zerfallgedicht zum Altenreich, datiert 40 nach G.H
Kapitel 1
Dunkelheit um mich herum, feuchte Luft über mir und totale Stille überall… nur das leise Tropfen von der Decke war zu hören, während die kleine Fliegen umher flogen und sich in Spinnennetzen an den einzelnen Gitterstäben verfingen. Ich saß gerade in einer Zelle des Burgverlieses am Rande der Stadt. Geschnappt und eingesperrt. Während helles Tageslicht durch das eine Kerkerfenster von draußen hinein schien, lag ich rücklings auf einer Metallplatte, starrte zur Decke und… langweilte mich. Seit Stunden sollten die Wachmänner mich überführen und den Ratherren zum Prozess überstellen. Köpfen, Erhängen oder das Erschießungskommando durch Magie, Kugeln oder Pfeile standen zur Auswahl - lustig, dass ich als Bandenführer trotzdem so was wie Privilegien hatte… Dabei wurde an mir auch ein hohes Kopfgeld ausgesetzt: eine halbe Million Goldmünzen.
Ich und meine Bande waren im gesamten Kontinent gesucht… genauer gesagt im Weltkontinent Tenre - die Nordwelt. Für das Bestehlen adliger und einflussreichen Menschen. Dummerweise wurde ich ausgerechnet in meinen Lieblingsland Crean, wo ich schon seit Jahren nicht mehr war, geschnappt und nun sollte mit mir der Prozess gemacht werden. Dass sie wieder einmal unsere anderen Taten übersehen ist wieder mal typisch.
Ein Krach! Und ich schreckte auf.
Es war der erste Wachmann, der zu Boden ging vor meiner Zelle. Seine schlichte Crean-Rüstung wurde nicht durchdrungen, er hatte lediglich einen Schlag auf den Kopf bekommen - und zwar einen Ordentlichen.
Dann der zweite an der Treppe!
Und schließlich… fiel auch der dritte!
Eine Person in Banditenkluft stieg hinunter: Eine Frau - jung, mit langen roten Haar, das aber zu einen frechen Pferdeschwanz gebunden war. Eine Narbe zierte ihr linkes Gesicht und sie war bewaffnet mit zwei großen Dolchklingen… Sanny!
“Nara!”, rief sie als erstes und lief eilig zu Zellentür.
Ich stand auf: “Na wurde aber auch Zeit! Hast du meine Waffen vielleicht?”
“Nein, tut mir leid”, antwortete sie, während sie mit ihren Dietrichen das Gitterschloss öffnete. “Beeilen wir uns, Jack wartet in der Nähe der Stadtmauer und bald sind weitere Wachmänner bei uns!”
“Ok, dann verpissen wir uns!”, sagte ich schließlich.
Eilig liefen wir beide die Treppe hinauf. Dabei lief ich an eins der Steckbriefe vorbei… und zwar meiner.
Kurzes struppiges Haar an der linken Seite…
An der rechten Seite ausgefallenen… mit Brandnarben übersät… mit vier scharfen Metallspitzen, die rausragen.
Nase und Mund sind von meinem Halstuch bedeckt, während die Schultern Teile meiner Banditenkluft zeigten.
Und unten stand das Kopfgeld: 500 000 Goldstücke.
Ziemlich detailliert… aber so ist es eben, wenn man ‘berühmt’ ist.
Draußen! Endlich raus aus diesen verdammten Miefburg!
Doch wir waren immer noch in der Stadt Nimda…
Und vor uns… die Wachen!
Männer in Rüstung und bewaffnet mit Schwert. Alle gewillt uns zu kriegen. Ein Rittersmann im grünen Gewand trat hervor. Sein Haar war lang und dunkelbraun, hing bis in die Schultern. Seine Waffe… ein Streithammer, der seine rechte Hand auch komplett ersetzte. Hauptmann Asim: Der Mann, der mich zuvor gefangen genommen hat. Sein Gesicht war zu einer Hälfte schwarz und zur anderen weiß bemalt. Warum er als einziger Mann diese dümmliche Kriegbemalung trug, weiß ich nicht. Wer weiß? Vielleicht ist er einfach darunter nur pottenhässlich… “Widerstand ist zwecklos, Banditenweib!”, rief er. “Nicht mal alle Bestien der drei Weltkontinente verursachen halb so viel Ärger wie du und deine kleine Drecksbande… also ergebt euch oder wir vollstrecken das Urteil ohne Prozess!”
“Ähm… nö!”, sagte ich.
Eins der Ritterärsche schoss plötzlich mit der Armbrust auf Sanny! Doch ich war schneller… und fing den Bolzen auf! Direkt vor ihrem Gesicht hab ich das Geschoss gestoppt. Meine Krallen umschlungen fest den Schaft.
Praktisch, dass mein gesamter rechter Arm aus Metall besteht…
Ich zerdrückte den Bolzen und schmiss es den Idioten vor die Füße. Die Männer waren schon erstaunt, während Asim nur murrte: “Nrrrgh… jetzt reicht’s, ergreift sie!” Sofort flohen wir!
Von allen Seiten kamen Truppen.
In Schwert, in Armbrust und sogar mit Gewehr.
Wir teilten uns auf. Erst mussten wir einen Großteil der Männer zu bestimmten Punkten locken und sie abhängen, bevor wir uns in Richtung Stadtmauer bewegen konnten. Nimda war groß… sehr groß - nicht umsonst Hauptstadt und Sitz des königlichen Rates. Wie ein Ei war diese Stadt aufgebaut: Der Außenbereich war das Eiweiß… und der Eidotter war das Stadtzentrum, das durch eine zusätzliche Mauer den Adel von den restlichen Bewohnern der Stadt abschirmte. Also durfte es nicht schwer werden diese Idioten abzuschütteln!
Ich lief und lief. Sprang auf die spitzen Holzdächer der Häuser, wich jeden Angriff geschickt aus. Die Häuser waren unterschiedlich groß und fast zufällig hier verteilt. Wie ein Wald, wo ich frei umher springen konnte. Voller Energie war ich, doch mein Herz schlug nicht. Ja, mein Herz war der Energieantreiber - versorgte die Maschinenteile meines Körpers, sodass ich schnell, ausdauernd und wendig war. Mein Energiezentrum, momentan gefüllt mit Zuversicht. Ich schlug einen Bogenschützen nieder, sprang auf einen Kirchturm und - ein Zischen! Etwas zog mich am Bein und ich ging zur Boden. Irritiert schaute ich nach hinten.
Verdammt… es war ein metallenes Seil, dessen schwarzes Ende sich an mein linkes Bein geheftet hat - eine Fangschlinge!
Ich sprang nach vorn, doch schon erwischte mich das nächste!
Und noch einer! Und noch einer!
Bis ich schließlich mich nicht mehr bewegen konnte, weil diese Schlingen mich starr in eine Position fixierten. Sogleich wurde ich von der Armee Creans umzingelt und sah Asim. Langsam kam er auf mich zu. “Banditin Nara…”, sagte er. “Für den exzessiven Widerstand gegen unser Rechtswesen und der Regierung… verurteile ich dich persönlich zum Totschlag und verbanne deinen Geist ins ewige Schattenreich!” Langsam erhob er seinen Streithammer über meinen Kopf, bereit meinen Schädel in einen einzigen Schlag zu zertrümmern. Gerade wollte er zuschlagen, als… ein lautes Brüllen ertönte! Asim brach sofort ab. Das Brüllen schien aus ferner Richtung - im Bereich der Stadtmauer zu kommen. Krach, lautes Geschrei… etwas flog hoch in die Luft und knallte direkt auf den Platz, wo ich und Asim waren.
Ein Rittersmann… oder besagt die obere Hälfte von.
Ein lauter Knall! Direkt hinter mir! Eins der Häuser - eine Schule - ist plötzlich eingestürzt und ein gewaltiger Berg aus Staub und Schutt türmte sich auf.
Ein gewaltiger Schatten trat schweren Schrittes hervor und der Schuttnebel lichtete sich.
Gewaltiger Körper, bespickt mit dunkelgrünen Schuppen, wandelte umher auf zwei kräftigen Hinterbeinen. Der Schwanz war kräftig und schwang hin und her, während das Maul unzählige Zähne hervorblecken ließ. Ich konnte keine Augen erkennen, als die Kreatur seinen schweren Hauch ausstieß und somit den Reststaub vertrieb.
Was zum- ein Tauron mitten am Tag?!
Der Tauron stieß ein lautes Brüllen aus, das die Erde kurz erzittern ließ, und die Männer stürmten nach vorn. Sie kämpften gegen den Tauron. Schlugen und stachen auf das Viech ein, während es brüllend mit seinen Schwanz umher schlug. Es biss zu und erwischte einen weiteren Mann! Lauthals schreiend wurde von den gewaltigen Kiefern in die Luft geworfen und zerfetzt. Während sie immer noch versuchten die Kreatur zu verletzen, versuchte ich mich derweil zu befreien, doch die Fangschlingen klebten an mir regelrecht fest. Hinter mir sah ich schon wie das Viech sich frei kämpfte… und nun zu mir schaute!
Mist, ich muss schnell sein…
Ich zog immer stärker an den Schlingen.
Der Tauron lief bereits in meine Richtung!
Die Erde erzitterte unter den gewaltigen Schritten des Ungetüms.
Näher… und immer näher kam er… riss sein gewaltiges Maul schon auf…
Fast war es bei mir bis… plötzlich alle Fangschlingen durchtrennt waren!
Schnell sprang ich nach rechts und entging so dem gewaltigen Maul.
Der Tauron rannte an mir vorbei und am Boden sah ich mehre Dolche und Pfeile, die in der Erde feststeckten.
Sie haben wohl vorhin die Seile der Schlingen zeitgleich durchtrennt.
“Nara!”, hörte ich eine Stimme.
Ich blickte zum Dach und sah Jack und Sanny!
Jack war von schlanker Gestalt - vermummt und in schwarzen Leinen gehüllt. Teile seines weißen Haars schauten hinaus, während er seinen Bogen trug. Kühlen Blickes schaute er mich an und sprang hinunter, Sanny machte es ihm gleich und sie liefen dann zu mir herüber. “Danke Leute…”, sagte ich mit hastigem Atem. “Ohne euch wär’s gerade böse ausgegangen!” Das laute Brüllen des Tauron unterbrach die Szenerie! Wir konnten sehen wie dieses Ungetüm gegen die Wachmänner kämpfte und auch noch die schreienden Einwohner angriff. Warte… Jack hatte etwas bei sich: mein Waffengurt! “Hier sind deine Waffen, Nara - waren in eine Kiste in der Lagerkammer eingeschlossen”, erklärte er und übergab mir den Gurt mitsamt Säbel und Pistole.
“Verziehen wir uns!”, sagte Sanny.
Doch ich entgegnete: “Noch nicht.” Sanny und Jack guckten überrascht.
“Nara, wenn wir aber nicht schnellstmöglich die Stadt verlassen, werden wir von der Armee Creans umstellt und dann gehängt!”, erklärte sie.
“Ein riesiger Tauron wüstet grad durch die Stadt!”, entgegnete ich. “Wachen hin oder her… wir dürfen nicht zulassen, dass dieses fette Viech Unschuldige tötet.” Hastig eilte ich voraus, doch Jack lief mir hinterher und ergriff meinen Arm.
“Das wissen wir, aber wir sollte jede Chance zu Flucht nutzen”, meinte er.
“Keine Widerrede! Sanny - du begleitest mich, wir verfolgen gemeinsam den Tauron und greifen von hinten an. Jack - du bleibst auf Distanz und attackierst das Tier von allen Seiten. Na los!”
Brüllend stampfte das Echsenviech durch die Stadt. Zerstörte Häuser und Händlerhütten, griff alles und jeden an, was ihm in die Quere kam - sogar Kinder! Hauptmann Asim und die anderen Ritter setzen alles daran den Tauron zu stoppen… jedoch waren sie darauf trainiert sich in großer Zahl gegen Truppen zu behaupten, nicht gegen ein wildes Raubtier. Ich hörte ein kleines Mädchen schreien! Dieses Kind war gerade mal acht und hatte blonde Zöpfe. Panisch lief sie in eins der Häuser, doch das Biest folgte ihr. Der Tauron schlug seine Kiefer ins Gemäuer, riss alles nieder und brachte alles zum Einsturz. Nur knapp entging sie den Kiefern und den einstürzenden Schutt.
Ich musste mich beeilen!
Ungewollt kamen wir ferner ab von der Stadtmauer und waren bereits an der Innenmauer zu Stadtzentrum des Königreiches angelangt. Kreischend lief das Tier an der Mauer entlang, rannte alles um was vor ihm stand, um das kleine Mädchen zu kriegen. Das Kind wurde langsamer… nicht gut!
“Ein Geschütz!”, rief plötzlich Sanny und zeigte auf eins der riesigen Armbrustgeschütze in der Ferne.
“Gute Idee!”, sagte ich und wir liefen dort hin.
Geschütze mögen zwar zu träge sein für einen Tauron, haben jedoch den größten Schwung!
Als wir das Geschütz erreichten, sah ich den großen Stahlbolzen, der bereits eingespannt war. Sehr gut! Ich kletterte auf den Bolzen und hielt mich fest so gut wie es ging. “Setz das Geschütz am höchsten Winkel!”, befahl ich und sie drehte die Kurbel. Knartschend bewegte sich die Spitze immer weiter nach oben bis es schließlich auf den Himmel zeigte. Der Tauron kam den Kleinen immer näher und näher… hatte das Kind schon fast erreicht… “Jetzt!” Sanny zog nun ihre Doppelklingen, durchschlug das Seil und der Bolzen schoss nach oben! Ich schaffte es mein Gleichgewicht zu halten und flog unzählige Meter weit. Der Wind blies mit voller Kraft an mir vorbei. Plötzlich war ich direkt über dem Tauron, das erneut nach dem Mädchen schnappte! Ich zog meinen Säbel, sprang ab… und bevor die Kreatur sein Maul öffnen konnte, rammte ich den Säbel direkt in den Schädel hinein!!! Unter der Wucht des Sturzes knallte sein Kopf zur Boden. Für einen kurzen Moment rührte es sich nicht. Doch dann… stand er plötzlich wieder auf.
Mist, ich hab das Gehirn verfehlt!
Der Tauron stürmte nach vorn. Der Säbel steckte immer noch tief im Schädel, sofort hielt ich mich daran fest. Häuser, Mauer und Rittersmänner rannte er um. Trampelte alles nieder. Ich musste das Viech stoppen! Ich zückte meine Pistole und schoss in die Wunde hinein!
Der erste Schrei!
Doch das Ungetüm lief weiter.
Na warte…
Wieder und immer wieder schoss ich in die Wunde.
Blut und Knochensplitter flogen durch die Gegend, während das Vieh zornig vor Schmerz schrie.
Fast war es schon beim Ratspalast!
Die letzte Kugel…
Ich zielte erneut auf die Wunde, die nun nichts war als eine große rote Fleischmasse.
Gleich war das Schlosstor!
Doch ich schoss - und eine gelbe Masse spritzte hinaus!!!
Das Gehirn! Ich hab es getroffen!!!
Der Tauron zog seinen Kopf ruckartig nach oben und stürzte nach vorn, weshalb ich abspringen musste. Das Viech ging zu Boden, stöhnte und stieß letztendlich… seinen letzten Atemhauch aus.
“Du hast es geschafft!”, rief Sanny und umarmte mich. Im diesen Moment war ich von endloser Energie durchströmt - die süße Freude über den Sieg… und der herzlichen Umarmung meiner lieben Freundin. Jedoch hielt dieser Moment nicht lange an, denn - “Verdammte Scheiße!”, es war Jack wie er grad vom Dach stürzte. Eine Fangschlinge hatte ihn erwischt. Sofort liefen wir zu ihm, doch bevor wir ihn erreichen konnten… tauchte Asim und sein Heerschar auf. Erneut umzingelt - vielleicht hätte ich doch auf Jack hören sollen.
“Es ist vorbei, Nara…”, sagte er und zeigte mit dem Streithammer auf mich.
“Ach, kommt schon!”, erklärte ich. “Wir haben den verfluchten Tauron für euch bezwungen… das kann doch nicht euer ernst sein.”
Asim entgegnete: “Mag sein, nichtsdestotrotz seid ihr Verbrecher und müsst bestraft werden! Wir-”
“Genug jetzt!”, unterbrach eine männliche Stimme.
Ein großgewachsener Mann trat aus der Menge hervor.
Langes dunkelbraunes Haar, breitschultrig und in dunkelblauen Rittergewand.
Er war größer als die anderen Männer, als er auf die Menge schaute.
Seine Augen - das eine grün, das andere blau - sahen wie zwei verschiedenfarbige Steine aus und ließen ihn vor der Menge wie eine mythische Gestalt erscheinen.
Ich glaub es nicht… Lord!
Lord sprach zu Asim: “Der Haftbefehl auf Nara und ihre Bande wird unverzüglich fallen gelassen!”
“Wie bitte?!”, schrie Hauptmann Asim erbost und trat sofort einen Schritt zurück. “Sie wurde wegen eines Überfalls auf Handelsmann Bagir festgenommen!”
“Es war kein Überfall…”, antwortete er lächelnd.
Asim und sämtliche andere Rittersmänner am Platz guckten überrascht… auch ich. Ich wusste nicht was er vor hatte… doch werde ich schon gleich sehen, dachte ich mir.
“Es war ein unglückliches Missverständnis…”, erklärte er. “Nara sollte für mich eine kleine Warenlieferung in die nächste Stadt gewährleisten, den ich zuvor von Bagir abgekauft hab. Allerdings kam wohl der Geleitbrief nicht an, der besagt, dass Nara und ihre ehemalige Bande die Waren transportieren, weshalb Bagir nicht in seinem Hause war. Und tja… so ungeduldig wie Nara auch war und ist, hat sie sich halt die Ware ohne Anwesenheit von werten Herrn Bagir beschafft. ABER! Nur… weil sie mir helfen wollte die Ware zu bringen, deshalb ist sie auch wieder in das Land eingereist. “
Sofort sagte ich: “Ähm, ja… ja das stimmt! Ich hab die Sachen nicht geklaut… sondern nur geborgt, um es den ehrenwerten Lord zu bringen!”
Ich sah in das grimmige Gesicht des guten Hauptmannes, wo ich daraufhin grinsen musste. Zu sehr mochte ich es zu sehen, wenn etwas nicht nach Asims Plan lief.
“Grrrrr… Gibt es irgendeinen Beweis für diese absurde Geschichte?!”, fragte Asim wütend.
“Allerdings”, antwortete Lord und zog zwei Schriftrollen hervor.
“Hier ist der Handelsvertrag mit Bagirs Unterschrift und der Abdruck des besagten Briefes, die alles bestätigen”, sagte er, als er Asim die Schriften übergab.
Skeptischen Blickes begutachtete der Typ die beiden Schriftstücke.
“Das sieht… richtig aus”, gab er murrend. Er war wirklich alles andere als erfreut. “Aber wir werden das prüfen! Bis dahin… ist der Haftbefehl auf euch vorerst fallengelassen.”
Wie auf Stichwort stießen sie Jack in unsere Richtung und zogen dann ab.
Nun hatten wir für einen Moment Ruhe.
“Lord!!!”, sagte ich, als ich ihm um den Hals fiel. “Schön dich zu sehen, mein Freund!”
Der freie Magierritter wusste sich seit jeher prima mit dem Rat und den Armeen Creans zu verstehen. Den Titel Lord hatte er in zahlreichen Siegen vergangener Schlachten zu verdanken. Erfahren in Magie und Ritterkunst. Er hat für die Freiheit vieler Länder gekämpft…. Beschützer der Frauen und vergewaltigten Kinder und Bestrafer jener, die sich fleischlich an anderen vergingen. Niemand kennt seinen wirklichen Namen - nicht mal ich!
“Danke für die Hilfe, alter Freund. Schön dich wiederzusehen”, sagte ich.
“Die Freude ist ganz meinerseits, Nara”, antwortete er. “Doch ich bin nicht grundlos zur Stelle gewesen.”
Ich schaute verwundert - Wovon redet er?
“Komm sofort mit mir mit. Wir beide müssen dringen mit dem Rat sprechen.”
Und ehe ich es mir versah, nahm er auch schon meine Hand und zog mich weg.
Der Ratspalast: Eine gigantische Festung aus weißen Marmor und mit blauen Zylinderdächern und ebenso blauen Bannern geschmückt. Und ich war tatsächlich drin! Das erste Mal!
“Moment, wieso muss Nara mit dem Rat sprechen?”, fragte Sanny hinter mir, während wir den weißen Gang, der ebenfalls aus Marmor bestand, durchschritten. Der Boden war mit einem blauen Teppich ausgelegt und auch hier war alles mit goldenen Vorhängen und blauen Bannern geschmückt.
Überall standen die Wachmänner rum mit Schwertern bewaffnet.
“Mann, die Ratsherren haben es echt gut”, tuschelte der eine Posten, an dem wir grad vorbeigingen. “Scheffeln Millionen durch Steuerneinnahmen, während wir unseren Arsch für sie hinhalten!”
“Und kriegen vielleicht auch noch alle Weiber…”, erwiderte sein Kollege neben ihn. “Wie gern wäre ich gern in ihrer Position.”
“Du sagst es!”
Wir gingen weiter.
Als wir in den nächsten Gang abbogen, wurde jemand von zwei Wachen an uns vorbeigeschleift. Ein älterer Herr… feine Kleidung, ein Bürger der Stadt.
Mehrfach sträubte sich der Mann und versuchte sich aus den Griffen der Wachen zu befreien. “Ihr verdammten Dreckssäcke!”, protestierte er mit Zähnefletschen. “Ihr könnt mich doch nicht schon wieder ablehnen! Ich sag doch, dass ihr meine Erfindungen zur Verteidigung des Landes braucht - AAAARRRGH!!!” Stumm zogen die Wachen ihn in die Ferne und ich schüttelte den Kopf.
Die Ratsherren gehen leider selten nach den Wünschen und Vorschlägen des Volkes…
Zwischenzeitlich fragte Jack: “Auf uns wurde doch ein Kopfgeld ausgesetzt… worum geht es wirklich?”, doch der Lord schwieg weiterhin und ging stur seines Weges.
Seltsam… es muss wohl sehr wichtig sein, dass sie mit mir persönlich sprechen wollen. Also sagte ich: “Nun verrat es mir doch schon… was will der Rat von mir?” “Das musst du mit ihnen bereden”, meinte er. “Schon als ich von den ersten Gerüchten hörte, dass du nach Crean zurückgekehrt bist, hab ich mich sofort auf den Weg gemacht, um dich zu finden. Als aber dann deine Gefangenschaft bekannt gemacht wurde, ging ich hierher.”
“Gefangenschaft… pah! Die Säcke haben mich nur gekriegt, wegen dieser neuartigen Fangschlingen, auf die ich nicht vorbereitet war”, antwortete ich.
“Die Fangschlingen sind eins der vielen Neuerrungenschaften der Reliktenforschung. Seit drei Monaten ist das creanische Militär am Aufrüsten.”
“Aufrüsten? Weshalb?”
“Erfährst du gleich.”
Plötzlich… standen wir vor eine Doppeltür. Sie war rot und aus massivem Eichenholz, wo eine bildliche Verzierung der Tiere und Menschen zur Zeit des großen Hungers reingeschnitzt war: brennende Menschen, hungernde Kälber und Gebeine von Wölfen. Fein säuberlich und detailliert - feinste creanische Handwerkskunst, wenn auch auf den ersten Blick makaber natürlich. Lord öffnete die Tür ein kleines Stück. “Hier geht’s zum Ratssaal”, meinte er. Ich trat ein… Sanny und Jack wollten mir folgen, doch Lord stoppte sie! Er erklärte den Beiden: “Der Rat spricht nur mit Nara! Ihr beide müsst draußen bleiben.”
Irritiert sahen sie mich an und ich zuckte mit den Schultern: “Hmpf! Was kann denn schon groß passieren? Ich bin bald zurück Leute… versprochen!”
Und mit diesen Worten trat ich ein.
Der Ratssaal war ein riesiger kreisrunder Raum. Überraschenderweise war der Raum zu großen Teilen schwarz und nicht in weißen Marmor wie der Rest des Palastes - ob der Boden vielleicht aus reinstem Obsidian besteht? Meine Schritte waren deutlich zu hören, als ich stumm durch den Saal ging. Die Stufen, die Wände, sowie die gigantische Tribüne an der hinteren Hälfte des Raums waren mit roten und goldenen Bändern geschmückt. An der Decke hingen rote und blaue Banner… und an der Tribüne selbst sah ich vier Männer: gekleidet in feinsten Gewändern und auf ebenso fein verzierten, großen Stühlen sitzend.
Die Ratsherren…
Leise trat ich näher heran.
Ein Mann war blond und trug einen zurechtgestutzten Bart - Magierpriester Coal. Er überragte die anderen Ratsherren um mindestens einen Kopf. Man munkelte sich, dass er die Schwächen jeder Person wahrnehmen könnte und aus der Zukunft stammt, weshalb er das Schicksal der gesamten Welt kennt. Aber das war für mich nur Rittertratsch… zumindest was das Letzte anbelangt.
Der nächste Mann hatte hellblaue Haut und weiße starre Augen, wo die Puppillen kaum zu erkennen waren - Elfenminister Cratch.
Er war von Geburt an blind so wie der Rest seiner Familie väterlicherseits bis hin zu seinen Großvater, der damals den Konfliktkrieg zwischen Elfen und Menschen aus eigener Hand beendete. Ob diese Blindheit irgendwie während des Krieges angeworben wurde? Vielleicht sogar durch einen Fluch?
Der Herr neben ihn trug schwarzes langes Haar gebunden zu einen Zopf und eine schwarzweiße Pokermaske - Trickmeister Ken. Als Illusionsmagier und Oberhaupt der Glücksspielgilde kontrolliert er sämtliche steuerliche Einahmen und Glücksspiele des Landes. Wie alle Mitglieder dieser Gilde trägt er diese schwarzweißen Masken, die für einen eigenen Gott stehen sollen, die sie angeblich anbeten - was es wohl für eine Gottheit sein mag?
Und zum Schluss… ein Herr mit langen grellrotem Haar - Mr. Icra. Einstiger Hofnarr in der Jugend, der das Publikum veralberte und über die Herrschern spottete… nun selbst strenger Politiker des Landes. Eine traurige Entwicklung meiner Meinung nach.
Schon so oft hatte ich von den Mitgliedern des Rats gehört - von ihren Taten und Legenden - konnte sie sogar schon einmal aus der Nähe beobachten. Aber es war schon etwas besonders direkt vor den rechtmäßigen Herrschern des Landes zu stehen…
“Nara… es ist ausnahmsweise mal schön sie in unseren Lande begrüßen zu können”, begann Coal.
“Ausnahmsweise?”, fragte ich lächelnd und hielt die Hände an die Hüfte. “Ach kommt! Crean ist mein Land… der Sitz meiner riesengroßen Familie.”
“Eine Familie, die sie oft bestohlen haben”, erinnerte mich Cratch. “Über fünftausend Raubzüge in den damaligen 3 Jahren bis sie vor ca. 4 Jahren eilig das Land verließen, nachdem-”
Sofort unterbrach ich: “Ich hab nix gestohlen! Ich sorge nur dafür, dass alles gleichmäßig verteilt ist…”
“Wo sind übrigens ihre Manieren, Banditenfrau?”, fragte Icra.
Verwundert sagte ich: “Bitte?!”
Und Ken erklärte: “Jeder Einwohner hat sich vor Rat auf eine ganz bestimmte Weise vor den Mitgliedern des Rates zu grüßen.”
Och nö… er meint doch nicht diesen Verneigungsquatsch, oder?
Sämtliche Ratsherren schauten mich erwartungsvoll an.
Sie wollten es also tatsächlich…
“Ähm… ok”, sagte ich.
Paar Sekunden war es still….
Bis ich ohne zu zögern… die Hand hob und winkte.
“Hallöchen Ratsherren!”, sagte ich lächelnd. “Na wie geht’s euch?”
Coal fasst sich am Kopf.
Nicht die passende Begrüßung… doch ich grüße die Menschen halt auf meine Art.
“Nicht so wichtig jetzt…”, meinte Ken kopfschüttelnd. “Also Nara… Sie sind hier… weil der Rat sie braucht!”
Ich staunte nicht schlecht: “Der Rat? Und mich brauchen? Hehe… seit wann hab ich denn die Ehre?”
Ratsherr Ken antwortete: “Der Tauron am Schlosstor ist ihnen sicherlich nicht entgangen…”
“Ne… nicht wirklich. Hab das Viech mit meinen Freunden persönlich zur Strecke gebracht.”
“Ja, und dafür sind wir ihnen auch dankbar.”
“Wieso war der Tauron überhaupt da? Diese Kreaturen sind doch eigentlich Nachtaktiv und meiden Menschenstädte.”
“Wohl wahr… vor allem ist es nicht der erste Vorfall dieser Art.”
Was?
“Seit ungefähr vier Monaten ist ein Anstieg von seltsamen Vorfällen mit Tieren in Bereich des Akinawaldes, der Schlangenwüste und der Eisenstadt zu beobachten”, erklärte Coal. “Rölfe, die sich mit Panthernattern und Raubschweinen anlegen oder gezielt Jagd auf Kinder machen… Tauronen am heiligten Tage, die sich in Städtenähe wagen… und sogar Wanderungen der Akanin.”
“Akanin? Leben sie eigentlich nicht zurückgezogen in ihren Dorf wegen des Abkommens?”, fragte ich.
Trickmeister Ken erklärte daraufhin: “Das stimmt, offenbar scheint irgendetwas in Richtung der Schlangenwüste eine Verhaltensänderung bei den Tieren hervorzurufen. Tiere reagieren sehr empfindlich auf Störungen… spüren ankommende Katastrophen lange bevor wir sie sehen können… Wir schickten auch Trupps in diese Richtung, doch… sie wurden von den Schlangenmenschen getötet, da sie keine Eindrillinge in ihren Jagdgebiet dulden. Und jene die bis zu den hinteren Bergen vorgedrungen sind, sind spurlos verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht.”
“Und da… komm also ich ins Spiel”, mutete ich.
“Ganz genau!”, meinte Ken und Icra meldete sich zu Wort: “Sie haben ein gutes Gespür was der Natur und den Tieren anbelangt. Ihre Bande kennt sich gut mit Wetterumschwüngen, Giften und wilden Völkern aus… seid zielstrebig… und vor allem sie Nara - sie haben trotz allem die Fähigkeit richtig von falsch zu unterscheiden.”
Ken stimmte zu: “Wohl wahr… Nara rettete Waisenhäuser vor dem Ruin, verteidigte Dörfer vor Wilden und brachte zu dem auch einige korrupte Kaufmänner und Ritter zur Strecke. Ihr Gerechtigkeitssinn ist also vorhanden und kann diesmal in richtige Bahnen gelenkt werden.”
“Also…”, begann ich und ging dabei in Raum hin und her. “Ich soll also mit meiner Bande zu Schlangenwüste latschen, nachkucken was nicht stimmt… einfach so?”
“Nein… natürlich nicht. Als Lohn in Auftrag des Rates zu handeln, wird ihnen nach Aufklärung dieser Vorfälle ihnen eine Summe von eine hundert Millionen Goldmünzen ausgezahlt. Zudem werden sämtliche Verbrechen, die ihnen angelastet werden mit einen Schlag vergessen. Nach Abschluss hat die gesamte Bande eine weiße Weste….”
“Hmmm… hört sich gut an.”
“In Ordnung… kehren sie zum Lord zurück und treffen sie sich in Quartierlager mit Hauptmann Asim - er wird ihnen weitere Anweisungen geben.”
“Alles klar.”
Und mit diesen Worten verließ ich schließlich den Ratssaal.
Jede Menge Geld und weniger Stress mit Wachen… das könnte interessant werden.
Kapitel 2
“Wow, hundert Millionen Goldmünzen - das ist wirklich vielversprechend“, sagte Sanny. “Ist weit mehr als bei unseren größten Raubzügen.”
“Ja, aber seit wann ist der Rat so großzügig? Und warum schicken sie ausgerechnet uns vor - würden sie nicht sonst weiter Truppen oder irgendwelche Forscher schicken?”, fragte Jack, während wir gemeinsam mit Lord das Stadtzentrum durchquerten, um zum Quartierlager zu gelangen. Das Gebäude soll direkt an der Innenmauer Nimdas liegen.
Ich antwortete: “Das weiß ich nicht… was auch immer die Störung in Bereich der Schlangenwüste verursacht, muss die Ratsherren ziemlich beunruhigen.”
Plötzlich blieb Lord stehen. Vor uns war ein riesiges Gebäude. Eine Art Burg um genauer zu sein, jedoch bestand die vordere Hälfte aus massivem Mammutholz, weshalb auch mehr einen Gasthaus ähnelte. Ich ging zu Tür, öffnete sie… und etwas sprang mich lauthals knurrend an! Ich fiel nach hinten. Eine hüftgroße Kreatur war über mir.
Es hatte vier Beine, die in starren Hufklauen endeten. Das Fell war struppig und ziemlich verdreckt, stank bestialisch. Die Zähne der Kreatur waren scharf und glänzend, während es auf den Kopf... ein Geweih trug.
Asims Schoßtier - ein Rolf… wie nett.
Aggressive Biester einst entstanden zur Zeit des großen Hungers. Ihre Vorfahren Rehe, die aber dann die Wölfe und Hunde von der Nahrungskette verdrängten, als sie selbst zu Fleischfressern wurden. Was dazu geführt hat weiß ich nicht - interessierte mich auch nicht. Stinkende, nervige Viecher waren sie einfach! Dem Knurren und Fletschen dieses domestizierten Rolfes nach zu urteilen, hat er meine kleine ‘Wäsche’ von damals nicht vergessen. Der Rolf starrte mich an… mit angelegten Ohren und sabberte. Die Leftzen vibrierten, während die Spucke in Strömen auf mein Gesicht tropfte… “Nun mal ganz ruhig!”, sagte ich zu dem Tier. “Ich bin jetzt wegen ‘nen wichtigen Auftrag hier. Ich werde nichts klauen und auch dich nicht waschen… ok?” Der Rolf ging nicht von mir runter, knurrte und starrte mich weiter an. “Asim pfeif endlich dein beschissenes Haustier zurück!!!”, rief ich. “Moto!”, pfiff Asim. “Bei Fuß!” Moto schaute kurz nach hinten, dann ließ er von mir ab und ich stand auf. Asim stand direkt neben einen Tisch, wo sich dann Moto zugesellte. Asim hatte dieses Haustier schon seit Jahren, nach meinem Wissen war es ein Geschenk seiner Mutter - wer oder was meinte einen dauerschlechtgelaunten Miesepeter wie er zu gebären, weiß übrigens niemand. Auf jedenfalls passt ein Rolf definitiv zu seiner humorlosen Mentalität. Moto knurrte noch etwas. Asim sagte: “Ruhig!”, und der Rolf setzte sich winselnd hin. “Brav…” Asim streichelte dann über sein Haupt und wir gingen rein.
Der Raum hier war wohl ein großer Gemeinschaftraum, wo die Ritter aßen und tranken. Tische und Stühle lagen überall wild umher - ob sie wohl zuvor hier wild mit den Weibern feierten, bevor der Tauron umherstapfte? Teller und Krüge standen noch rum, alles verdreckt - eindeutig eine große Feier davor. Angeschnittenes Brot und sogar Essensreste waren noch da!
“Oh, Fasan”, sagte ich, als ich das Keulenstück neben mir entdeckte und es nahm. Ich aß das Stück… Asim räusperte sich. Sofort unterbrach ich und lehnte mich dann entspannt zum Tisch. “Also… der Rat hat mich damit beauftragt die Störung in der Schlangenwüste zu untersuchen”, begann ich und fügt noch breit grinsend hinzu: “Sie wollen mich dafür hoch belohnen und alle meine zu Last gelegten Verbrechen fallen lassen.”
Ich sah wie sich Asims Stirn runzelte.
“Ja… leider”, meinte er und schüttelte den Kopf. “Der Rat ist anscheinend verzweifelt genug dich um Hilfe zu bitten.”
“Ratherr Ken meinte, dass du mir weitere Anweisungen gibt’s.”
“Ja. Also… da ihr ja bekannt seid im Land, musst du einen Passierschein mit dir führen, Nara.”
Er übergab mir ein Schriftstück: “Dieser Passierschein wurde von den Ratsherren persönlich ausgestellt. Zeige es jeden einzelnen Wachmann, dem ihr begegnet, wenn ihr nicht wieder in Kerker landen wollt.”
“Gut”, sagte ich, als ich den Passierschein an mich nahm. “Gibt es sonst noch was?”
Asim antwortete: “Ja, da wäre noch was… Um sicherzustellen, dass du und deine Bande den Auftrag wirklich erledigen und ihr ja keinen Unsinn veranstaltet, wird dir Nara… einen Aufseher zugestellt. Dieser wird jegliches Handeln dokumentieren.”
“Ein Aufpasser also?”, fragte ich.
In diesem Moment betrat ein zweiter Mann den Raum.
“Hallo!”, sprach eine hell, aufgeweckte Stimme.
Es war ein Ritter mit kurzem schwarzem Haar, der vor mir stand.
Sein Körperbau war auf ersten Blick durchschnittlich und an der linken Seite trug er ein einfaches Schwert. Das Gesicht wirkte jugendlich - war ohne Narben, Schrammen oder Blessuren. Sein selbstsicheres Grinsen stach immens hervor, während seine Augen mich direkt anfunkelten.
“Das ist Riko”, stellte Asim ihn mir vor. “Mitglied der 35. Streiteinheit, vor zwei Wochen zu Ritter geschlagen und-”
In diesen Moment musste ich kurz lachen: “Und wer passt bitte schön auf mein Aufpasser auf?”
“Da täuscht ihr euch”, sprach der junge Mann lächelnd. “Den Tauron, den du zuvor getötet hast, hätte ich auch geschafft, wenn ihr euch nicht eingemischt hättet.”
“Jaja… das sagen alle”, meinte Jack grinsend.
“Klappe alle!”, unterbrach Asim in harschen Ton. “Riko wird dein persönlicher Aufseher sein - ob es dir passt oder nicht! Hast du mich verstanden?! Ach übrigens… die Papiere, die dein Freund Lord mir gezeigt hat, sind gefälscht.”
Sowohl der Lord als auch ich schauten verwundert.
“Also… entweder du akzeptierst Riko als Aufseher… oder du kommst in den Kerker zusammen mit deinen Freunden. Hm? Na, wie sieht’s aus… Banditenweib?”
Ein breites Grinsen zierte Asims Gesicht.
Ein wahrhaft seltener Anblick: Ich hatte immer gedacht Asim hätte diese Fähigkeit seit seiner Jugendzeit als gefürchteter Kriegsherr verloren… doch das gefiel mir jetzt überhaupt nicht!
“Nrrrr… na schön! Na schön!”, sagte ich murrend. “Brauchst nicht gleich rumzuzicken… ich akzeptiere die Vereinbarung.”
“Gut so…”
Wir begaben uns langsam wieder in Richtung Tür. Gerade wollte ich als letzte rausgehen, als dieser Ritter Riko plötzlich folgendes zu mir sagte: “Grämt euch nicht zu sehr… seht mich einfach als ein Mitglied ihrer Familie an, der dich auf deiner Reise begleitet. Wie… einen Bruder.”
Sofort blieb ich stehen!
Bruder… er hat Bruder gesagt.
Mir… war kurz als würde ich einen Stich durch den gesamten Körper fühlen.
Ich spürte Rikos verwirrten Blick an meinen Nacken.
“Ähm… alles in Ordnung?”, fragte er. “Stimmt etwas nicht? Hallo?”
Doch anstatt zu antworten ging… ich einfach weg.
“Also dann… ich werde vorerst weiterziehen, Nara”, sagte mein alter Freund und entfernte sich ein Stück. “Vielleicht sehen wir uns in der nächsten Stadt.”
Der Lord ging dann und verschwand aus meinem Blickfeld.
“Jow, ich… werde mal kurz mich am Markt umschauen, wegen meinen Bögen”, meinte Jack und ging ebenfalls. “Wir sehen uns!”
Ich sagte: “Ja, bis später…”
“Hey, hab ich was falsches gesagt?”, rief Riko hinter mir, während ich schnurstracks geradeaus ging.
Sanny bemerkte es und lief mir sofort nach.
Ich sagte zuerst nichts.
“Was ist los, Süße?”, fragte sie und schaute mich erwartungsvoll an. “Du bist auf einmal so still geworden.”
Ich hörte Rikos Rufen immer noch hinter mir.
Sie ahnte bereits: “Er hat… das falsche Wort gesagt, hm?”
“Ist doch egal…”, seufzte ich.
In diesem Moment stieß Ritter Riko zu uns.
Noch bevor er etwas sagen konnte, sagte ich schnell: “Nun Riko! Als allererstes müssen wir zu unserem Versteck zurück.”
“Was, wieso? Sollten wir uns nicht lieber gleich auf den Weg machen?”, fragte er.
“Ja, aber ich muss mit meiner gesamten Bande die Sache besprechen”, antwortete und streckte mich kurz. “Und außerdem… nnnrrggghhhh… möchte ich mich gerne mal baden. Das letzte Mal als ich ein Bad nahm, haben noch die-”
Ein lauter Schrei ertönte!
Vor uns ist eine Menschenmenge panisch vor etwas zurück gewichen. Eine vermummte Gestalt erblickten wir in der Ferne. Drei Köpfe größer als ein Mann - von Kopf bis Fuß eingehüllt in Leinen, bestehend aus Kaninchenfellen. Trotz der Verhüllung mir der Kopf deutlich ins Auge, denn er war groß, länglich… Und unten sah ich einen Schwanz. Wie bei einen… Reptil!
Ein Akanin!
Blutrote Augen stachen unter der Kapuze hervor!
Es blickte starr nach vorn, direkt in meine Richtung, während es leise knurrte und zischte.
Es blickte mich an. Da war ich mir sicher!
Sofort zog ich meinen Säbel, Riko und Sanny taten es mir gleich und zogen ebenfalls ihre Waffen. Plötzlich huschte die Echsenkreatur nach rechts und griff sich jemanden! Es war ein junger Mann, ein Bauer. “Hilfe!”, schrie er. Der Typ war noch ein halber Knabe - wir mussten vorsichtig sein. Der Akanin hatte den Bürger mit seinen Unterarmen fest im Griff. Drohend hielt es seine schwarzen, gebogenen Krallen vor dem Gesicht des Mannes… starrte dabei in unsere Richtung. Jack tauchte auf, kletterte aufs Dach und spannte den Bogen, um zu schießen, doch - “Nicht!”, unterbrach ich. “Der Akanin wird den Mann töten, sobald du schießt!” Jack schaute verwundert.
Die Krallen eines Echsenmenschen sind mit einen Gift überzogen.
Ein leichter Kratzer genügt… und der Mann ist tot.
“Halt du dich vorerst raus, Sanny”, sagte ich zu ihr und blickte dann zu Riko. “Und du auch!”
Ich ging auf ihn zu. Langsam und stetig näherte ich mich der Kreatur, der den Mann immer noch festhielt. Sein Schwanz bewegte sich langsam hin und her… schob die Leinen beiseite. Stumm starrte das Viech mich an, während ich mein Säbel noch fest in meiner rechten Hand hielt. Ich musste vorsichtig sein, wenn ich den Leben dieses Mannes nicht gefährden wollte.
Akanin mögen auf den ersten Blick unterbelichtet erscheinen, sind aber dafür umso unberechenbarer. Ich darf bei diesen Wilden nicht vorschnell handeln…
Ich zeigte mit den Säbel auf ihn und sprach: “Hey, Echsenmann! Ich hoffe, dir ist klar was du da tust… Tötest du denn Mann, kommst du hier nie mehr lebend raus!”
“Krrrrz… Ratsherren… ich sprechen will!”, sagte er fauchend.
“Du willst mit den Ratsherren sprechen?”, fragte ich. “Weshalb?”
Er knurrte: “Dich… nicht angehen… Burschenweib!”
Ich musste lachen: “Burschenweib? Hehehe…. Jetzt hast du aber meine Gefühle wirklich verletzt.”
“Rat! Rat sprechen! Krrrrzzzz…”
“Musst dich gedulden… zuerst musst du mit den Wachen reden. Die haben aber ein Problem mit Leuten mit Schuppenproble-”
Ein Schatten! Direkt aus den Augenwinkeln.
Es war der junge Ritter, der sich hinter den Menschenmassen versteckte… und das mit gezogenen Schwert.
Er wird doch nicht…
Er schnellte zur Echse! Bereit von hinten zuzuschlagen! Doch das Echsenviech war schneller, drehte sich und schmiss den Stadtbürger auf Riko. Beide gingen sofort zu Boden, die Leinen flogen nach oben… und der Akanin lief weg! Ich schrie Riko an: “Du Idiot! Ich hab doch gesagt, du solltest dich da raushalten!”, und nahm sofort die Verfolgung auf.
Der Akanin sprang über die Dächer, versuchte mich und die anderen Wachen abzuschütteln - doch ich war schneller! Meine Gliedmaßen fühlten sich an als würden sie glühen, während ich umher sprang. Ja… ich spürte die Energie, die durch meine Adern schoss. Im nu holte ich den Echsenmann ein und schlug mit meinen Säbel zu! Im Sprung hatte ich seinen Rücken erwischt und das Viech fiel schreiend nach unten. Mit einem lauten Knall krachte es durch das Dach eines Stalls und scheuchte die Pferde auf. Geschickt landete ich neben den Loch und schaute hinein. Die Echse lag benommen auf der Seite im Stroh und schüttelte den Kopf. Dann sah er mich. Wütend stieß es einen lauten Schrei aus und sprang nach oben. Ich wich zurück! Auf allen Vieren saß die Kreatur über dem Loch. Knurrend… die Muskeln an allen Gliedern angespannt, sodass die Schulterblätter hervortraten.
Eine große Schnittwunde befand sich auf den Rücken der Kreatur.
Doch sie war nicht tief genug, um eine wirklich ernsthafte Verletzung darzustellen - diese Kreaturen haben durch die Widrigkeiten der Wüste und ihr früheres Leben in Sümpfen eine enorme Widerstandsfähigkeit erlangt.
“Menschen… ihr… versprochen haben!”, sagte er. “Gebrochen… wollt uns auslöschen!”
“Vom was zum Teufel redest du da?!”, fragte ich.
Brüllend sprang er nach vorn und schlug mit seinen Krallen zu!
Wir sprangen von Dach zu Dach, von Gebäude zu einen Platz, und umgekehrt. Mehrfach wich ich seinen Angriffen aus, entging knapp seinen Giftkrallen und Kiefern und schlug mehrfach mit meinen Säbel zu. Wieder und immer wieder zerschnitt ich die Schuppenhaut der Kreatur, doch er schien trotz des vielen Blutes nicht schwächer zu werden. Plötzlich… sprang er von der Seite und rammte mich! Mein Kopf knallte gegen die harte Steinmauer eines Kirchengebäudes. Mir stockte der Atem… ich hatte mein Säbel verloren! Und nicht nur das: Direkt über mir war der Akanin. Seinen Unterarm hatte er fest gegen meinen Hals gepresst. Konnte… kaum atmen. Zudem hielt er sein gesamtes Gewicht auf mich, sodass ich nicht aufstehen konnte.
Saß buchstäblich in der Falle…
Drohend hielt er seine schwarzen Krallen nun über mein Haupt.
Plötzlich sprach der Akanin: “Igar… Igar auch kommen zu euch… euch auch fressen… vernichten! Eure Städte… euer Metall… Und euer Fleisch verschlingen! Ihr habt Igar freigelassen! Das Abkommen gebrochen!!! Wir werden leiden und ihr ebenfalls...”
“Wir… h, haben uns… an das Abkommen gehalten!”, sagte ich. Mit aller Kraft versuchte ich seinen Arm wegzudrücken, doch der Akanin war stärker und ließ keinesfalls locker. Auf einmal bewegten sich seine Fingerspitzen langsam in Richtung Brust und… riss mir plötzlich den Stoff weg! Die Brustplatte war freigelegt.
W-was hat er vor?!
“Du, Burschenweib... Krrrzzzz…”, sprach er. “Du anders sein…” Wie auf Stichwort riss er mir auch die schützende Brustplatte hinunter! “Nicht… menschlich…“ Kein Haut und auch kein Fleisch offenbarte sich darunter, sondern ein stetiges Glühen. Mein Energiezentrum… mein Herz. Langsam ahnte ich was er vorhatte… Sofort begann ich mich gezielt mit den Beinen dagegen zu stemmen und griff nach seinen Händen. Doch das Echsenviech reagierte schnell, packte meine Arme und zog sie nach oben! Mit der linken Hand hielt er nun meine Arme in der Position fixiert. Nun stemmte ich mit meinen Beinen gegen seinen rechten Arm, um ihn aufzuhalten.
Auch mein Herz hatte die Gefahr erkannt - pumpte sämtliche Energie in meine Beine. Doch… irgendwie… klappte… es einfach nicht!
Angst… Angst verspürte in den Moment.
Die Angst lähmte mich!
“Herz… Krrrzzzz… Energie. Voller Energie!”, sprach er. “Unendliche Kraft! Mächtig wie Igar! Mein Volk… es brauchen Kraft! Überleben! Krrrrrzzzz!!! Ich… es dir rausreißen…”
In diesen Moment ergriff er es und wollte es rausreißen, als… ihn etwas beiseite schlug! Es war Riko! Rikos Arme und Beine leuchteten in einen bläulichen Schleier. Auch seine Augen glühten in einen schillernden eisblau. Der Akanin stand auf und brüllte erbost. Stürmte auf Riko zu! In diesem Moment zog er sein Schwert, das nun ebenfalls von einen blauen Schleier umgeben war. Eis… Eiskristalle bildeten sich… Gerade als die Kreatur zum Sprung ansetzte, schlug Riko zu! Schreiend und mit Eiskristallen übersät flog der Akanin unzählige Meter nach hinten. Als er dann zu Boden ging, wollte es wieder aufstehen.
Doch die Eiskristalle… sie wuchsen auf seinen Körper! Breiteten sich aus in rasender Geschwindigkeit.
Im nu war der Akanin komplett eingefroren… konnte sich kaum rühren. Hauptmann Asim und andere Wachmänner tauchten auf. Sie umzingelten den Akanin. Hilflos lag die Kreatur in seiner erstarrten Position, während sich Asim ihn annährte. Gab leise ein verzweifeltes Stöhnen von sich. Asim zog seinen Streithammer, hielt es über den Kopf der Echse… und machte kurzen Prozess. Klirrend zersprang der Kopf des Akanin in abertausenden von Einzelteilen. Er war… tot. Plötzlich verschwanden die blauen Schleieranteile und das Leuchten aus Rikos Augen und er ging erschöpft zu Boden.
Er hat sich wohl überanstrengt…
Schwer atmend rappelte ich mich auf.
“Du… bist ein Magierritter”, stellte ich fest und stützte mich dabei an der Wand.
Seinen Blick noch von mir abgewandt, antwortete er keuchend: “Ja… diese Fähigkeit hab ich von meine Mutter, sie war Magierin… aber ich… bin noch ein Anfänger.”
“Merk ich…”
Plötzlich… schaute er in meine Richtung und sah es: Das Glühen!
Sofort lief ich weg und sprang hinauf auf die Dächer.
“Nara!”, hörte ich jemanden rufen.
Es war Sanny!
“Bist du verletzt?!”, fragte sie mich, als sie beim springen direkt neben mir landete. “Das hätte echt übel enden können! Bitte lauf nicht immer allein voraus zu einen Gegner…”
Ich antwortete: “Mir geht es gut. Hol… hol einfach meine Brustplatte zurück, ok?”
“Ist gut”, sagte sie und sprang nach unten.
Ich schaute an mir herab.
Die Glaskugel - die Kammer, die mein Herz darstellte - schien unversehrt.
Alle Zugänge immer noch mit den großen Arterien verbunden.
Die angebrochenen Rippen nur leicht angekratzt.
Drin eingeschlossen der Feuerstrudel - wild flackernd und zuckend.
Ständig wechselnd in den Farben Orange und schwarz…