Hop_Rocker77
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Kein Bier nachdem Reinheitsgebot aber bitte zahlt die Steuer
07.08.2015 um 00:22Um einen klaren Kopf zu bewahren genießt ihr die folgende Geschichte am besten mit einem kühlen Bier – idealerweise nach dem Reinheitsgebot gebraut. Sie ist gleichermaßen verwunderlich wie sinnfrei.
Jede Geschichte hat einen Anfang
Februar 2014 – Im Rahmen einer regulären Probennahme wurde neben anderen Camba Bieren auch das Camba Milk Stout geprüft. Vier Monate später erhielten wir ein Gutachten vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. In diesem wurde uns mitgeteilt, dass Camba Milk Stout kein Bier im Sinne des Vorläufigen Biergesetzes (VorlBierG) ist.
Phantasienamen und der Schutz der Bezeichnung Bier
Camba Milk Stout wurde im weiteren Verlauf des Gutachtens als „sonstiges Getränk“ bezeichnet. Die Verkehrs-Bezeichnung Milk Stout wurde als „Phantasiebezeichnung“ gewertet. Im Gutachten wurde auch festgehalten, dass „Milk Stout“ im englischsprachigen Raum ein anerkannter, traditioneller Bierstil ist. Daher kann durch die Verwendung des Begriffes „Stout“ beim Verbraucher die Vorstellung hervorgerufen werden, dass es sich um ein Bier handle. Das ist irreführend und so nicht erlaubt.
Haltet inne, es kommt noch besser.
Vergorenes, alkoholhaltiges Getränk
In dem Gutachten wurde uns mitgeteilt, dass es sich bei dem vorliegenden Erzeugnis um ein Getränk handelt, für welches weder eine Rechtsvorschrift noch eine übliche Handelsbezeichnung existiert. Somit ist für dieses Erzeugnis eine allgemein beschreibende Verkehrsbezeichnung anzugeben. Im weiteren Verlauf bezeichneten wir unser Erzeugnis als „vergorenes, alkoholhaltiges Getränk“.
Hinweise auf Milch
Das Wort „Milk“ in Verbindung mit dem Begriff „Stout“, schlimmer noch die auf dem Etikett abgebildete Kuh komplettiert die Verbraucherirreführung. Der Konsument könnte meinen, dass sich „Milch“ in diesem Getränk befindet. Was nicht der Fall ist.
Mit diesen detaillierten Informationen ausgestattet, stellt man sich die Frage, was das Camba Milk Stout tatsächlich ist. Ein Bier jedenfalls nicht, das schien jetzt klar.
Der Verkauf von Camba Milk Stout wurde per kostenpflichtigem Bescheid behördlich untersagt, Aufbrauchfristen wurden nicht gewährt. Das heißt kein Abverkauf der restlichen Ware – Vernichten! Wir konnten nicht glauben, dass unser Milk Stout, bei dem es sich ja offensichtlich nicht um Bier handelt, nicht zugeordnet werden kann. Folglich wollten wir es Profis überlassen, dieses Erzeugnis in die richtige Kategorie einzureihen.
Die Biersteuer
So stellten wir bei der Bundesfinanzverwaltung einen Antrag auf eine zolltarifliche Untersuchung und Einstufung in die kombinierte Nomenklatur. Unserer Ansicht nach handelt es sich – da wir nun wissen, dass es kein Bier ist – um ein „anderes gegorenes Getränk, schäumend (Nomenklatur 2206 00 39). Damit wäre unser Erzeugnis passend beschrieben und in Folge sogar biersteuerfrei. Alle beanstandeten Punkte der Kennzeichnung auf dem Etikett wurden geändert, eine „echte“ Phantasiebezeichnung musste her und die Kuh musste verschwinden. Alles was nur im Entferntesten auf Bier oder Brauerei hinweist wurde eliminiert.
Hier gibt es die Etiketten im Vergleich.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten und war ernüchternd:
Aufgrund der Beschaffenheitsmerkmale handelt es sich um ein Bier und wird damit von der Position 2203 (Bier) der kombinierten Nomenklatur erfasst. Bei der Ware handelt es sich um Bier im Sinne von §1 Absatz 2 Nr. 1 des Biersteuergesetzes.
Beim Versuch den Sachverhalt weiter aufzuklären wurde uns in einem Telefonat mitgeteilt, dass die zollrechtliche Bewertung und die Bewertung nach dem VorlBierG nichts miteinander zu tun haben. Man ist sich bewusst, dass diese Einschätzung zu Verwunderung führt, Milk Stout aber ein international anerkannter Bierstil ist.
Fazit: Camba Milk Stout darf kein Bier sein, ist es aber steuerrechtlich gesehen. Biersteuer müssten wir demnach auch bezahlen. Die Verwirrung ist groß.
Wie geht es weiter?
Wir suchen weiter nach kreativen Wegen, ein in Bayern hergestelltes Getränk, einen international anerkannten, biersteuerpflichtigen, nicht reinheitsgebotskonformen Bierstil herstellen und vertreiben zu dürfen.
Vor dem Hintergrund der aktuell gezogenen Proben fragen wir uns wie es weiter geht. Bisher fehlt jeder Ansatz.
Wir betonen an dieser Stelle, dass alle geführten Telefonate und Besprechungen sachlich abliefen und man uns gegenüber sehr hilfsbereit war. Eben alles auf Basis der Verordnungen.