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Große Karriere als Langzeitpubertierender: Ramses II gespielt von Joel Edgerton

Exodus: Götter und Könige – lautet der neueste Titel der Regielegende Ridley Scott, der sich für genreprägende Filme wie Alien, Blade Runner und Gladiator verantwortlich zeichnet. Um im biblischen Vokabular zu bleiben, es gibt Licht und Schatten. Der Rezensent ist nicht bibelfest – bitte nicht steinigen! Sicherlich ist der Moses den ich kenne ( Charlton Heston in “Die Zehn Gebote” ) eher mit dem Hirtenstab vorangeschritten anstatt mit dem Schwert.

Christian Bale ist hier als Moses in einer der wenigen Rollen zu sehen, die nicht wirklich zu ihm passt. Er wirkt in einem Film in dem John Turturro Pharao Sethos spielt wie ein Fremdkörper, das muss man erst einmal schaffen. Bale wirkt mindestens so Artfremd in der Wüstengegend wie Charlton Heston – an dessen Anblick und die Eigenart der 50er Jahre – “exotischen” Typen selten Hauptrollen zu geben – selbst wenn sie sich nur so anbieten, hatte man sich aber schon gewöhnt. Da ging ein russischer Yul Brynner schon als waschechter Pharao durch.

Zurück zu Exodus: Mehr als gewöhnungsbedürftig ist allerdings der anscheinend ewig und drei Tage pubertierende Ramses II., der wie ein arrogantes Kind auf seinem vorchristlichem Kardamon – Kaugummi kaut und sich nebenbei gigantische Statuen der Huldigung errichten lässt – freilich von Sklavenhand. Versklavt wird das gesamte Volk der Isrealiten, dass für das ägyptische Imperium buchstäblich den Karren aus dem Dreck ziehen, oder anders ausgedrückt aus Dreck kollosale Bauwerke erschaffen soll. Als Sethos abtritt, übernimmt Sprößling Ramses II das ägyptische Ruder, und der wenig kluge Tölpel aus gutem Hause beginnt das Volk mehr denn je zu knechten. Die Motivation von Gottkönig Ramses II wird zwar in einigen Szenen, in denen er als Familienvater zugegen ist skizziert, aber die Figur bleibt trotzdem blass und erreicht nicht genug Tiefe. Als Moses angetragen wird, ein Sohn des Volkes der Istraeliten zu sein nimmt seine geistige Abspaltung fahrt auf, und als Ramses erfährt das Feel-Like-Bruder Moses aus “niederen” Verhältnisses stammt, nutzt seine Mutter Tuja kurzerhand die Möglichkeit um den charismatischen und klügeren Anführer Moses ins Exil zu verbannen.

Wie anfangs angesprochen gibt es Licht und Schatten – zu den Stärken gehört wohl die Umsetzung der 10 biblischen Plagen, das Trickarsenal der Heuschrecken, und Krokodile, die Frösche und die Mücken, die Wasser die sich in Blut verwandeln und vieles mehr. Ohne zu viel zu verraten ist die Teilung des roten Meeres die imposanteste Szene im ganzen Film. Allerdings ist die Umsetzung des Wegzuges aus Ägypten sehr unkreativ und schleppend in Szene gesetzt, auch wird das Leid der Individuuen und die Bedeutung dieser Flucht für jeden Einzelnen überhaupt nicht klar. Um dem Gespann Ramses II – Moses mehr Raum zu geben wurde an einer bekannten Stelle gespart, die Zehn Gebote, und der Übergabe dieser an die Israeliten wurde ziemlich flott abgehandelt. Zu den den Schwächen: Die Besetzung ( Sir Ben Kingsley in einer zu klein geratenen Nebenrolle, Turturro als Sethos nicht ernst zu nehmen zwischen Komödie und Scharade, Joel Edgerton nahm ich kaum wahr, Sigiourney Weaver – Statistin ). Regielegende Scott hat natürlich die Resscourcen, aber muss er sie deshalb so gnadenlos ausbeuten?

Schade ist auch, dass man auf die typische Antike – Action gesetzt hat, anstatt die Zeit zu nutzen Exodus mehr Tiefe zu verleihen. Zu viele Standardszenen die man so oder so ähnlich schon mehrfach gesehen hat. Scotts Gladiator ist nunmehr knapp 15 Jahre her und war ein wahrer Meilenstein, – Maximus schaffte es die Herzen der Kinogänger zu erobern und trotzdem geballte Action aufs Parkett zu bringen, Exodus: Götter und Könige bleibt dagegen seltsam unterkühlt.

+ Soundtrack
+ Visuelle Effekt/Szenerie
– Darstellerauswahl
– Drehbuch

Man kann sich Exodus ansehen, aber nicht zu viel erwarten. Es ist eine opulente Neuverfilmung, die wohl irgendwie sein musste – da anscheinend die Zeit für Bibelverfilmungen gekommen ist ( Darren Aronofskys Noah im letzten Jahr ) aber keine außergewöhnliche – sie ist ganz ein Kind ihrer Zeit, unkritisch und reduziert, trumpft aber mit sensationellen Bildern und einem tollen Soundtrack auf. Die Klasse eines “Die Zehn Gebote” und den Anschluss an sein eigenes Werk “Gladiator” erreicht er nur ganz selten.

7/10