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Eine Reise, wie ein Traum - Prolog
10.01.2014 um 20:11Prolog
Stille herrschte in der dunklen, weitläufigen, englischen Villa.
Abgesehen von dem monotonen Prasseln des Regens auf den Dächern, dem Brausen des Sturms, der die Wasser gegen die großen, in geometrische Muster unterteilten Fenster peitschte und dem gelegentlichen, rollenden Donnerschlag regte sich kein Geräusch, zeigte sich keine Bewegung auf dem Anwesen.
Ein weißer Blitz durchschnitt die Finsternis eines Korridors im oberen Stockwerk und enthüllte für Sekundenbruchteile zwei dunkel gekleidete Gestalten, die langsam den Gang hinunter schritten und sorgfältig in jede Nische und Ecke und hinter jede der großen Vasen spähten, die in regelmäßigen Abständen zur Zierde aufgestellt waren.
Unter den schwarzen Hüten und den Masken, die sie darunter trugen, wären ihre Gesichter selbst am hellichten Tag nicht zu erkennen gewesen. Sie suchten etwas. Sie suchten ihn. Beides.
Er atmete ruhig, als er aus der verborgenen Nische heraus auf den Gang lugte. Normalerweise wurde dieser winzige, geschickt in der Wand versteckte Raum von den Bediensteten genutzt, um Werkzeug zur Reinigung des oberen Stockwerks aufzubewahren.
Nun jedoch rettete sie ihm möglicherweise das Leben. Er zwang sich, entspannt zu bleiben, musste den richtigen Moment abwarten...noch ein paar Meter...seine linke Hand griff den kleinen Gegenstand, den er an sich gepresst hielt, fester...er durfte ihn auf keinen Fall verlieren, nicht an sie!
Er ballte die rechte Faust, hielt den Atem an. Dann passierten die beiden Gestalten sein Versteck.
Aus dem Nichts fuhr er hervor und hämmerte seine Rechte in das Gesicht seines vollkommen überraschten Gegners, genau in dem Moment, als ein weiterer Blitz die Dunkelheit durchbrach.
Volltreffer! Schwer sackte der Getroffene zu Boden, während sein Hut in die Finsternis segelte.
Doch die Verfolger des Mannes, der sich versteckt gehalten hatte, waren Profis, keine gewöhnlichen Einbrecher.
Trotz der Überraschung hatte sich der zweite, schwarz gekleidete Mann sofort wieder gefangen, riss eine Pistole heraus aus seinem Mantel und zielte auf seinen Gegner. Aber das notwendige Quentchen Glück war auf dessen Seite:
Einen winzigen Augenblick, bevor der Schwarzgekleidete abdrücken konnte, duckte sich der Mann, tauchte unter dem Pistolenarm hindurch und warf sich mit aller Kraft gegen den Körper des Schützen. Dessen Arm schnellte in die Höhe und der sich lösende, krachende Schuss ließ die Fensterscheiben klirrend zerbersten. Eisiger Wind und Regen fauchten über die beiden, mit einander auf dem Boden ringenden Schatten hinweg, deren Kampf zwar nur wenige Sekunden dauerte, aber mit verbissener Intensität geführt wurde. Schließlich gelang es dem Mann, der seine Verfolger überrascht hatte, die Oberhand zu gewinnen und mit einem letzten, kräftigen Hieb betäubte er den zweiten Schwarzgekleideten.
Kurz Atem holend und den ihm entfallenen Gegenstand, ein kleines Buch, wieder an sich nehmend, richtete er sich auf und warf einen Blick in beide Richtungen des Gangs. Noch waren keine weiteren Gegner zu sehen, doch das würde aufgrund des Schusses sicher nicht so bleiben.
Die beiden, die er niedergestreckt hatte, konnten unmöglich die einzigen sein, welche man ihm auf den Hals geschickt hatte. Was sollte er tun? Sie würden die ganze Villa nach ihm durchsuchen, bis sie ihn und vor allem das Buch gefunden hatten.
Kurzentschlossen sprintete er den Korridor hinunter, öffnete eine von zwei schweren Eichenholztüren, jagte hindurch und verschloss sie hinter sich erneut.
Mit dem Stuhl, der an dem kleinen Arbeitspult stand, verammelte er die Türen.
Wenn sie ihn gefunden hatten, würde das zwar nicht ewig halten, aber die Türen und der Stuhl verschafften ihm wenigstens einige Minuten Luft.
Er wischte sich mit einer Hand seine blonden Haare aus dem Gesicht und sah sich überlegend in dem Raum, seiner Bibliothek, um, die von einem prasselnden Kaminfeuer erhellt wurde.
Sauber in Regalen an den Wänden aufgereiht standen viele hundert Bücher, im Raum selbst ein paar bequeme Sessel, in der Nähe der Tür, vor einem Fenster, ein kleines Pult für Schreibarbeiten. An einem von Regalen frei gelassenen Stück Wand umrahmten einige mehr oder minder exotische Blankwaffen das Wappen seiner Familie. Diese konnte er zu seiner Verteidigung nutzen, sicherlich, doch am Ende würde er wohl kapitulieren müssen vor ihrer vermutlichen Überzahl...
Das Buch, das Tagebuch, war das wichtigste. Er musste es verstecken. Aber wie und wo?
Die Bibliothek besaß keine Geheimfächer oder ähnliches und wenn er es einfach zwischen die anderen Bücher stellte, würden sie schlicht so lange suchen, bis sie es entdeckt hatten.
Schließlich wussten sie ja, dass es sich bei ihm befand.
Sollte er es ganz vernichten? Immerhin würden der Verräter und dessen eventuelle Hintermänner dann nicht mehr bekommen, was sie begehrten. Aber diese Entdeckung, diese großartige, unglaubliche Entdeckung, für die sein Freund alles geopfert hatte, selbst sein Leben...
,,Verflucht, Abe...Das kann ich dir nicht antun", sagte er mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hin.
Dann schoss ihm eine Idee durch den Kopf. Er legte das Tagebuch auf das Schreibpult, ging zu einer der Regelwände und entnahm ihr ein großes, dickes, in Leder gebundenes Buch. Von der Wand mit den Waffen ergriff er einen Kris, eine Art malayischen Dolch, rasiermesserscharf. Mit beiden Objekten begab er sich zurück zum Schreibpult.
Dabei fiel sein Blick auf die Türen und er sah, wie die Klinke heruntergedrückt wurde in dem vergeblichen Versuch, die Türen zu öffnen. Gleich darauf hörte man einige dumpfe Schläge.
Aber die Barriere widerstand.
Als der Mann zu dem Schreibpult ging und seine Arbeit begann, so sorgfältig, wie es die Eile erlaubte, erscholl vor den Türen eine Stimme:
,,Jerry? Bist du da drin? Willst du nicht herauskommen, deinen alten Freund begrüßen und mit mir auf die Ehre von Abe trinken?"
Der Mann lächelte grimmig. Dieser miese Drecksack...
,,Hallo Henry! Hab gar nicht gewusst, dass du so spät noch vorbeikommen wolltest, sonst hätte ich einen kleinen Mitternachtsimbiss vorbereitet. Weiss der Zoo, von dem du die Affen mitgebracht hast, eigentlich bescheid?"
Verärgerte Ausrufe und mehrere, kräftige Erschütterungen der Türen waren die Folge, ehe sich der Sprecher wieder meldete:
,,Nachdem du schon zwei von ihnen niedergestreckt hast, solltest du sie lieber nicht weiter reizen. Sie reagieren recht empfindlich auf solche Angriffe. Es ist außerdem nicht gentlemanlike, mein Freund."
,,Ebensowenig, wie Grabräuberei, Verrat und Jagd auf Freunde, mein FREUND", gab der Mann in der Bibliothek zurück, wobei er unbeirrt mit seiner Tätigkeit fortfuhrt.
Der Plauderton der Person vor den Türen wich kalter Drohung:
,,Nun gut, lassen wir diese kindischen Spielereien, Jerry. Du verstehst das nicht, ich kann mich nicht mit diesen überkommenen Moralvorstellungen aufhalten. Ich diene einer höheren Sache! Wenn dabei Leute auf der Strecke bleiben, ist das der Preis, den man zahlen muss."
Ein Ausdruck leisen, gierigen Wahns stahl sich in die Stimme des Redners:
,,Ihr habt etwas entdeckt, Jerry, etwas unglaubliches, wonach wir schon seit Ewigkeiten suchen. Und er hat es aufgeschrieben, Jerry, er hat den Ort genau notiert. Ich will es haben, nur das Buch, gib es mir und du kannst gehen, wohin du willst...Wenn nicht, werde ich es mir holen müssen und das wird für dich sehr, sehr schlimm ausgehen..."
Unwillkürlich schauderte der Mann in der Bibliothek.
Hinter der Fassade des gelehrten Gentleman verbarg sich ein reiner Psychopath.
Trotzdem:
,,Fahr zur Hölle, du Bastard!"
Stille. Nur das Feuer im Kamin knisterte weiter vor sich hin.
,,Fein. Brecht die Tür auf. Mir ist egal, ob wir Spuren hinterlassen."
Fast sofort erbebten die Eichentüren erneut unter wuchtigen Treffern.
Der Mann in der Bibliothek schloss das große, in Leder gebundene Buch, nahm es zusammen mit dem Kris in die eine Hand und den Stapel Papier in die andere. Er hängte den Dolch wieder an die Wand, stellte das Buch zurück an seinen Platz.
Dann schritt er zu dem offenen Kamin und warf das Papier ins Feuer. Alles, bis auf ein Blatt.
Es war besser so. In Sekundenschnelle wurden die Bögen zu Asche und ihr Inhalt löste sich auf zu Rauch. Jeremia sah auf das letzte Blatt in seiner Hand hinab.
Ein Jammer, was vernichtet wurde, doch auf keinen Fall durften die Aufzeichnungen seines Freundes über die Entdeckung diesem Wahnsinnigen in die Hände fallen. Trotzdem wartete er, behielt den letzten Bogen in der Hand, ließ die vergangenen Ereignisse bis zu diesem Punkt Revue passieren.
Als das Holz der Türen zerbrach, ließ er das letzte Stück Papier vor den Augen der Eindringlinge in die Flammen fallen. Gierig, wie ein nimmersattes Tier mit reissenden, feurigen Zähnen verzehrten sie das dünne Papier restlos.
Mit einem Schrei schnellte der Wortführer der Eindringlinge auf ihn, stieß Jeremia zur Seite, der sofort von den Begleitern Henries festgenommen wurde, umfasste eine Feuerzange und griff in die Flammen und die Asche, die sich bereits gebildet hatte.
Doch vergeblich...
Mit furchterregender Ruhe stand er auf und drehte sich um. Er blickte einem erschöpft wirkenden, aber zufrieden grinsenden Mann ins Gesicht, flankiert von zwei Schergen Henries.
,,Sorry, Henry. Ihr habt so lange gebraucht, um zu unserer kleinen Party zu erscheinen, das ich im Ofen etwas nachfeuern musste. Mit dem, was halt so zur Hand war, ich bin praktisch veranlagt, weisst du..."
Mit vor Wut bebender, aber doch beherrschter Stimme erwiderte der Angesprochene:
,,Jeremia Arterton...Jerry, Jerry, Jerry...Das wahr sehr, sehr dumm von dir. Nun bist du meine einzige Quelle für Informationen. Und ich werde sie erlangen, koste es, was es wolle!"
Erbarmungslos drosch er die Feuerzange seinem wehrlosen Opfer ins Gesicht, schleuderte sie fort und starrte auf den Bewusstlosen hinab.
,,Bringt ihn weg. Ich muss zuerst Bericht erstatten. Dann befasse ich mich eingehend mit unserem Freund hier...persönlich...!"
Stille herrschte in der dunklen, weitläufigen, englischen Villa.
Abgesehen von dem monotonen Prasseln des Regens auf den Dächern, dem Brausen des Sturms, der die Wasser gegen die großen, in geometrische Muster unterteilten Fenster peitschte und dem gelegentlichen, rollenden Donnerschlag regte sich kein Geräusch, zeigte sich keine Bewegung auf dem Anwesen.
Ein weißer Blitz durchschnitt die Finsternis eines Korridors im oberen Stockwerk und enthüllte für Sekundenbruchteile zwei dunkel gekleidete Gestalten, die langsam den Gang hinunter schritten und sorgfältig in jede Nische und Ecke und hinter jede der großen Vasen spähten, die in regelmäßigen Abständen zur Zierde aufgestellt waren.
Unter den schwarzen Hüten und den Masken, die sie darunter trugen, wären ihre Gesichter selbst am hellichten Tag nicht zu erkennen gewesen. Sie suchten etwas. Sie suchten ihn. Beides.
Er atmete ruhig, als er aus der verborgenen Nische heraus auf den Gang lugte. Normalerweise wurde dieser winzige, geschickt in der Wand versteckte Raum von den Bediensteten genutzt, um Werkzeug zur Reinigung des oberen Stockwerks aufzubewahren.
Nun jedoch rettete sie ihm möglicherweise das Leben. Er zwang sich, entspannt zu bleiben, musste den richtigen Moment abwarten...noch ein paar Meter...seine linke Hand griff den kleinen Gegenstand, den er an sich gepresst hielt, fester...er durfte ihn auf keinen Fall verlieren, nicht an sie!
Er ballte die rechte Faust, hielt den Atem an. Dann passierten die beiden Gestalten sein Versteck.
Aus dem Nichts fuhr er hervor und hämmerte seine Rechte in das Gesicht seines vollkommen überraschten Gegners, genau in dem Moment, als ein weiterer Blitz die Dunkelheit durchbrach.
Volltreffer! Schwer sackte der Getroffene zu Boden, während sein Hut in die Finsternis segelte.
Doch die Verfolger des Mannes, der sich versteckt gehalten hatte, waren Profis, keine gewöhnlichen Einbrecher.
Trotz der Überraschung hatte sich der zweite, schwarz gekleidete Mann sofort wieder gefangen, riss eine Pistole heraus aus seinem Mantel und zielte auf seinen Gegner. Aber das notwendige Quentchen Glück war auf dessen Seite:
Einen winzigen Augenblick, bevor der Schwarzgekleidete abdrücken konnte, duckte sich der Mann, tauchte unter dem Pistolenarm hindurch und warf sich mit aller Kraft gegen den Körper des Schützen. Dessen Arm schnellte in die Höhe und der sich lösende, krachende Schuss ließ die Fensterscheiben klirrend zerbersten. Eisiger Wind und Regen fauchten über die beiden, mit einander auf dem Boden ringenden Schatten hinweg, deren Kampf zwar nur wenige Sekunden dauerte, aber mit verbissener Intensität geführt wurde. Schließlich gelang es dem Mann, der seine Verfolger überrascht hatte, die Oberhand zu gewinnen und mit einem letzten, kräftigen Hieb betäubte er den zweiten Schwarzgekleideten.
Kurz Atem holend und den ihm entfallenen Gegenstand, ein kleines Buch, wieder an sich nehmend, richtete er sich auf und warf einen Blick in beide Richtungen des Gangs. Noch waren keine weiteren Gegner zu sehen, doch das würde aufgrund des Schusses sicher nicht so bleiben.
Die beiden, die er niedergestreckt hatte, konnten unmöglich die einzigen sein, welche man ihm auf den Hals geschickt hatte. Was sollte er tun? Sie würden die ganze Villa nach ihm durchsuchen, bis sie ihn und vor allem das Buch gefunden hatten.
Kurzentschlossen sprintete er den Korridor hinunter, öffnete eine von zwei schweren Eichenholztüren, jagte hindurch und verschloss sie hinter sich erneut.
Mit dem Stuhl, der an dem kleinen Arbeitspult stand, verammelte er die Türen.
Wenn sie ihn gefunden hatten, würde das zwar nicht ewig halten, aber die Türen und der Stuhl verschafften ihm wenigstens einige Minuten Luft.
Er wischte sich mit einer Hand seine blonden Haare aus dem Gesicht und sah sich überlegend in dem Raum, seiner Bibliothek, um, die von einem prasselnden Kaminfeuer erhellt wurde.
Sauber in Regalen an den Wänden aufgereiht standen viele hundert Bücher, im Raum selbst ein paar bequeme Sessel, in der Nähe der Tür, vor einem Fenster, ein kleines Pult für Schreibarbeiten. An einem von Regalen frei gelassenen Stück Wand umrahmten einige mehr oder minder exotische Blankwaffen das Wappen seiner Familie. Diese konnte er zu seiner Verteidigung nutzen, sicherlich, doch am Ende würde er wohl kapitulieren müssen vor ihrer vermutlichen Überzahl...
Das Buch, das Tagebuch, war das wichtigste. Er musste es verstecken. Aber wie und wo?
Die Bibliothek besaß keine Geheimfächer oder ähnliches und wenn er es einfach zwischen die anderen Bücher stellte, würden sie schlicht so lange suchen, bis sie es entdeckt hatten.
Schließlich wussten sie ja, dass es sich bei ihm befand.
Sollte er es ganz vernichten? Immerhin würden der Verräter und dessen eventuelle Hintermänner dann nicht mehr bekommen, was sie begehrten. Aber diese Entdeckung, diese großartige, unglaubliche Entdeckung, für die sein Freund alles geopfert hatte, selbst sein Leben...
,,Verflucht, Abe...Das kann ich dir nicht antun", sagte er mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hin.
Dann schoss ihm eine Idee durch den Kopf. Er legte das Tagebuch auf das Schreibpult, ging zu einer der Regelwände und entnahm ihr ein großes, dickes, in Leder gebundenes Buch. Von der Wand mit den Waffen ergriff er einen Kris, eine Art malayischen Dolch, rasiermesserscharf. Mit beiden Objekten begab er sich zurück zum Schreibpult.
Dabei fiel sein Blick auf die Türen und er sah, wie die Klinke heruntergedrückt wurde in dem vergeblichen Versuch, die Türen zu öffnen. Gleich darauf hörte man einige dumpfe Schläge.
Aber die Barriere widerstand.
Als der Mann zu dem Schreibpult ging und seine Arbeit begann, so sorgfältig, wie es die Eile erlaubte, erscholl vor den Türen eine Stimme:
,,Jerry? Bist du da drin? Willst du nicht herauskommen, deinen alten Freund begrüßen und mit mir auf die Ehre von Abe trinken?"
Der Mann lächelte grimmig. Dieser miese Drecksack...
,,Hallo Henry! Hab gar nicht gewusst, dass du so spät noch vorbeikommen wolltest, sonst hätte ich einen kleinen Mitternachtsimbiss vorbereitet. Weiss der Zoo, von dem du die Affen mitgebracht hast, eigentlich bescheid?"
Verärgerte Ausrufe und mehrere, kräftige Erschütterungen der Türen waren die Folge, ehe sich der Sprecher wieder meldete:
,,Nachdem du schon zwei von ihnen niedergestreckt hast, solltest du sie lieber nicht weiter reizen. Sie reagieren recht empfindlich auf solche Angriffe. Es ist außerdem nicht gentlemanlike, mein Freund."
,,Ebensowenig, wie Grabräuberei, Verrat und Jagd auf Freunde, mein FREUND", gab der Mann in der Bibliothek zurück, wobei er unbeirrt mit seiner Tätigkeit fortfuhrt.
Der Plauderton der Person vor den Türen wich kalter Drohung:
,,Nun gut, lassen wir diese kindischen Spielereien, Jerry. Du verstehst das nicht, ich kann mich nicht mit diesen überkommenen Moralvorstellungen aufhalten. Ich diene einer höheren Sache! Wenn dabei Leute auf der Strecke bleiben, ist das der Preis, den man zahlen muss."
Ein Ausdruck leisen, gierigen Wahns stahl sich in die Stimme des Redners:
,,Ihr habt etwas entdeckt, Jerry, etwas unglaubliches, wonach wir schon seit Ewigkeiten suchen. Und er hat es aufgeschrieben, Jerry, er hat den Ort genau notiert. Ich will es haben, nur das Buch, gib es mir und du kannst gehen, wohin du willst...Wenn nicht, werde ich es mir holen müssen und das wird für dich sehr, sehr schlimm ausgehen..."
Unwillkürlich schauderte der Mann in der Bibliothek.
Hinter der Fassade des gelehrten Gentleman verbarg sich ein reiner Psychopath.
Trotzdem:
,,Fahr zur Hölle, du Bastard!"
Stille. Nur das Feuer im Kamin knisterte weiter vor sich hin.
,,Fein. Brecht die Tür auf. Mir ist egal, ob wir Spuren hinterlassen."
Fast sofort erbebten die Eichentüren erneut unter wuchtigen Treffern.
Der Mann in der Bibliothek schloss das große, in Leder gebundene Buch, nahm es zusammen mit dem Kris in die eine Hand und den Stapel Papier in die andere. Er hängte den Dolch wieder an die Wand, stellte das Buch zurück an seinen Platz.
Dann schritt er zu dem offenen Kamin und warf das Papier ins Feuer. Alles, bis auf ein Blatt.
Es war besser so. In Sekundenschnelle wurden die Bögen zu Asche und ihr Inhalt löste sich auf zu Rauch. Jeremia sah auf das letzte Blatt in seiner Hand hinab.
Ein Jammer, was vernichtet wurde, doch auf keinen Fall durften die Aufzeichnungen seines Freundes über die Entdeckung diesem Wahnsinnigen in die Hände fallen. Trotzdem wartete er, behielt den letzten Bogen in der Hand, ließ die vergangenen Ereignisse bis zu diesem Punkt Revue passieren.
Als das Holz der Türen zerbrach, ließ er das letzte Stück Papier vor den Augen der Eindringlinge in die Flammen fallen. Gierig, wie ein nimmersattes Tier mit reissenden, feurigen Zähnen verzehrten sie das dünne Papier restlos.
Mit einem Schrei schnellte der Wortführer der Eindringlinge auf ihn, stieß Jeremia zur Seite, der sofort von den Begleitern Henries festgenommen wurde, umfasste eine Feuerzange und griff in die Flammen und die Asche, die sich bereits gebildet hatte.
Doch vergeblich...
Mit furchterregender Ruhe stand er auf und drehte sich um. Er blickte einem erschöpft wirkenden, aber zufrieden grinsenden Mann ins Gesicht, flankiert von zwei Schergen Henries.
,,Sorry, Henry. Ihr habt so lange gebraucht, um zu unserer kleinen Party zu erscheinen, das ich im Ofen etwas nachfeuern musste. Mit dem, was halt so zur Hand war, ich bin praktisch veranlagt, weisst du..."
Mit vor Wut bebender, aber doch beherrschter Stimme erwiderte der Angesprochene:
,,Jeremia Arterton...Jerry, Jerry, Jerry...Das wahr sehr, sehr dumm von dir. Nun bist du meine einzige Quelle für Informationen. Und ich werde sie erlangen, koste es, was es wolle!"
Erbarmungslos drosch er die Feuerzange seinem wehrlosen Opfer ins Gesicht, schleuderte sie fort und starrte auf den Bewusstlosen hinab.
,,Bringt ihn weg. Ich muss zuerst Bericht erstatten. Dann befasse ich mich eingehend mit unserem Freund hier...persönlich...!"