AllmysteryNavigation
Menschen Wissenschaft Politik Mystery Kriminalfälle Spiritualität Verschwörungen Technologie Ufologie Natur Umfragen Unterhaltung
weitere Rubriken
PhilosophieTräumeOrteEsoterikLiteraturAstronomieHelpdeskGruppenGamingFilmeMusikClashVerbesserungenAllmysteryEnglish
Diskussions-Übersichten
BesuchtTeilgenommenAlleNeueGeschlossenLesenswertSchlüsselwörter
Schiebe oft benutzte Tabs in die Navigationsleiste (zurücksetzen).

Geschichtsexperiment (6) Ein Geist, Gefühle & Überraschungen

4 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Geist, Geschichte, Buch ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Seite 1 von 1

Geschichtsexperiment (6) Ein Geist, Gefühle & Überraschungen

09.01.2014 um 01:01
Kapitel 6 mit Sonderlänge, extra breit beschriebene Räumlichkeiten (All das, was ich selbst gerne beim Lesen überspringe ;) ), mehr Gefühl und insgesamt habe ich mich mit der Gesamtlänge selbst erstaunt.

Ein Geist, Gefühle & Überraschungen

Verschlafen kam Eleanor langsam zu sich. Sie befand sich in ihrem Bett Zuhause. Erst nahm sie die herrlich wärmende Decke an ihrem Körper geschmiegt wahr. Allmählich lugte sie benommen ins Zimmer hinein. Jemand saß in unmittelbarer Nähe mit einem Stuhl an ihrem Bett. Noch waren ihre Sinneseindrücke zu verschwommen, zu sagen wer da saß. „Mama? Onkel?“, säuselte sie. Es fehlte nicht viel und sie wäre erneut eingeschlafen. Die Person sprach gutmütig lachend: „Nein, Kindchen. Ich bin Keiner deiner Verwandten. Ich bin ein Geist.“

Eleanor war mit einem Mal hellwach und richtete sich mit aufgerissenen Augen auf: „Ich bin tot?!“ Die Person war ein alter Mann mit grau-weißem Stoppelbart, eine Zigarrenpfeife zwischen seinen Lippen paffend und einem Strohhut auf dem Kopf – vielleicht um eine Glatze zu verbergen. Mit starren, silbernen Augen beruhigte er sie, Qualm mit ausstoßend: „Auch das stimmt nicht. Du weilst noch unter den Lebenden – was dem ehemals vierten Sitz Zealors zu verdanken ist.“ Eigentlich hätte es Eleanor beruhigen sollen, dass sie noch lebte, doch die Unterhaltung mit einem Geist war ihr neu – und was er sagte verstörte sie nur weiter. Sie versuchte ihre Gedanken zu sammeln. Während sich sinnige Fragen in ihrem Verstand aus dem Chaos ihrer Empfindungen ergaben, beschaute der Geist sie weiterhin, als sei sie ein abstraktes Gemälde, dass er zu deuten versuchte. Tief durchatmend fing sie an: „Also gut. Wer oder was sind Sie? Was machen Sie hier in meinem Haus, in meinem Zimmer, vor meinem Bett? – Und warum glotzen sie mich an, als sei ich ein Geist?“ Der Mann nahm einen kräftigen Zug aus der Zigarrenpfeife, spielte mit dem Rauch im Mund herum und stoß ihn genießend aus. Stille, seine Augen verharrten auf ihrem Gesicht. Irgendwie wurde Eleanor das peinlich. Endlich sagte er: „Das hier ist nicht dein Haus, es ist das Haus deiner Mutter – und noch genauer gesagt ist es das Haus deines Onkels, welches er deiner Mutter geschenkt hat. Sie kam ohne jede Mittel mit dir schwanger hier in die Stadt, weil dein Vater alles – nur kein Familienmensch – war und er lieber seinem selbsternannten Schicksal folgte. Dein Onkel fand schon immer Gefallen an deiner Mutter und hat die Chance genutzt, ihr etwas Gutes zu tun. Darum wohnt ihr nun hier und sie hat einen wirklich guten Platz zur Arbeit gefunden – obwohl ihre Qualifikation nur gerade so reichte entgegen ihren spezialisierten Mitbewerbern.“

Das war bei Weitem nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Jetzt lag ihr starrer Blick auf ihm: „Was?“ Er zog erneut an seiner Pfeife und setzte fort: „Davon abgesehen, stimmt es ist dein Zimmer und dein Bett. Allerdings sehe ich dich nicht wie einen Geist an – für gewöhnlich übt Meinesgleichen weniger Faszination auf mich aus.“ Schlagfertig war er, das musste die Verwirrte ihm lassen. Auch wenn sie sich bei jeder Antwort hinters Licht geführt fühlte.

„Woher weiß der Geist eines alten Mannes sowas?“, harkte sie misstrauisch nach. Der Pfeifenmann aber, drehte den Spieß um: „Die eigentliche Frage ist doch, was macht dieser Mann hier bei einer jungen Magierin, an ihrem Bett, in ihrem Zimmer, im Haus ihrer Familie?“ Weiteres Rätselraten – und Eleanor ahnte, je länger dieses Gespräch dauerte, desto mehr drifteten die gegebenen Antworten von der eigentlichen Frage ab. Mit einem Seufzer gab sie nach und rieb sich die Augen: „Okay, was macht ein Geist hier?“

Augenblicklich bewegte sich die linke Geisterhand zu ihren Augen, in einer ruhigen, behutsamen Geschwindigkeit. Die Hand fuhr ihr in Kurven an beiden Augen jeweils drei Mal oben und drei Mal unten entlang. Die geisterhafte Aura berührte dabei sanft ihre Haut und es prickelte etwas. „Darum bin ich hier“, verkündete er in nun fast großväterlicher Betonung. Langsam tastete Eleanor prüfend die berührten Stellen ab – und ihre Augen wurden groß: „Warst du das?!“ Der Geist aber, schüttelte amüsiert den Kopf: „Nein. Diese Narben spiegeln eine Verletzung tief in deiner Seele wider. Kein Wesen von außerhalb deiner Seele könnte solch eine Verwüstung anrichten – ausgenommen du wirst von einem Außenstehenden emotional schwer verletzt, aber das ist hier sicher nicht der Fall gewesen.“ Zum ersten Mal seit dem Anfang ihres Gespräches wurde seine Miene todernst: „Das hier, ist das Werk höchster Magie. So stark, dass ich es bewundernswert finde, wie eine junge Magierin das überleben konnte. Ich kenne Meister aus alten und neuen Tagen, die würden nach Sekunden zu weniger als Nichts vergehen.“ Er wechselte wieder das Gemüt und zwinkerte sie aufmunternd an: „Ich bin mir sicher, du wirst dich davon erholen. Wer eine solche Kraftprobe übersteht, von deren Intensität selbst ich angezogen werde – “ Eleanors Aufmerksamkeit wurde kurzerhand abgelenkt, als ihre Tür aufging und ihre Mutter mit tief besorgtem Gesichtsausdruck eintrat.

„Mama!“, rief sie erleichtert. Diese blickte aus ihren Gedanken gerissen zu Eleanors Bett und stolperte mit offenem Mund zu ihr – um ihr dann mit solcher Wucht um den Hals zu fallen, dass Eleanor dachte, gleich müsse ihr Genick knacken. Sie spürte die Wärme der mütterlichen Wangen, die sich fest auf ihre eigenen drückten. Ihre Mutter jammerte weinerlich: „Ich hatte so Angst um dich! Als du so plötzlich im Labor warst, ahnte ich schon Schlimmes, aber dass dein Vater dich auf diese Weise mit sich nehmen wollte…“ So ganz verstand Eleanor das nicht – was hatte ihr Vater mit den Ereignissen zu tun? Eigentlich hatte doch Castao irgendetwas getan? Dao löste sich widerwillig von ihrer Tochter und besah sie sich. Es war Zeit für Eleanor, ein paar schon zu lange offenstehende Fragen zu stellen. Den Anfang machte: „Was ist da eigentlich mit mir passiert? Ich habe doch bloß wie üblich mit Castao meditiert.“

Stirnrunzelnd versuchte sich ihre Mutter, der Frage gerecht zu werden: „So ganz kann ich dir das nicht im Detail erklären. Niemand hat gesehen, was da passiert ist. Dein Onkel nimmt aber an, dass das vererbte Buch deines Vaters Schuld an Allem hat. Es birgt wohl eine immense Machtquelle in sich und kann nur vom rechtmäßigen Besitzer auch richtig gelesen werden. Nach seinem Tod – obwohl er uns im Stich ließ, die Götter haben ihn selig – hat ein Schutzzauber seinerseits seine wichtigsten Artefakte auf seine dafür vorgesehenen Erben verteilt. Dieser paranoide Idiot hatte wohl um seine „Erfolgstrophäen“ Angst.“ Während einer Atempause ihrer Mutter warf Eleanor kleinlaut ein: „Vater ist tot…?“ Überrascht blickte Dao sie an: „Du weißt das nicht? Laut dem Zettel auf deinem Schreibtisch, hast du doch über den Grund des Paketes Bescheid gewusst? Wie oft habe ich sonst geschimpft, dass alles was dein Vater je für dich leisten wird, sein Vermächtnis sein wird? Ich dachte, dir wäre klar, dass ein solches Paket nur eins heißen kann…“ Eleanor dachte angestrengt nach. Sie versuchte, sich an den Hergang des Tages vor dem Treffen mit Castao zu erinnern. Einzelne Szenen sausten auch flüchtig an ihrem geistigen Auge vorbei, aber: „Es ist, als sei alles vor Castao wie zensiert. Da sind zwar Erinnerungen, die wirken allerdings wie als würde ihr zentraler Mittelpunkt einfach fehlen.“ Ein dankbares Lächeln erfasste ihre Mutter: „Der gute Castao muss die Gefahr erkannt und alle Zusammenhänge zu dem Buch gelöscht haben. Damit hat er dir das Leben gerettet.“ Ihre Tochter warf ein: „Aber warum sollte Vater mich töten wollen?“ Dao zuckte mit den Schultern: „Oh, das ist nur eine Vermutung von mir. Er hätte natürlich nichts davon gehabt. Wahrscheinlich war es ihm völlig egal, wie sehr dich das Buch überforderte – Hauptsache für ihn, das Artefakt blieb mehr oder weniger in „seinem“ Besitz. Trotz Allem bist du ja seine leibliche Tochter. Wir können froh sein, dass dein Onkel eingegriffen hat.“

Ihr Onkel, ja genau, er hatte sie von der in ihr herrschenden Macht getrennt. Da fiel Eleanor etwas ein: „Warum ist er jetzt plötzlich „ehemaliger“ vierter Sitz?“ Das hatte der Geist ihr gesagt, der - wie sie erst jetzt realisierte – lange fort war. Abermals überrascht schaute ihre Mutter sie an: „Woher weißt du das denn jetzt so schnell? Es stimmt, durch den Machtschub, den er bei deiner Rettung erhielt, hat er eine Sonderregelung erfüllt um jetzt doch noch ein vollwertiger Meister zu werden. Aber woher weißt du das, Eleanor?“ Etwas in Eleanor warnte sie davor, ihre kurze Bekanntschaft mit einem Verblichenen so ohne Weiteres zu erwähnen: „Ich habe es eigentlich nur geträumt.“ Noch verdatterter meinte Dao: „Dein Umgang mit Loree macht sich wohl doch nochmal bezahlt.“ Wortlos beließ es Eleanor dabei.

Ihre Mutter erhob sich und sagte: „Besser, du stehst gleich auf. Dein Onkel wollte dich nachuntersuchen, sobald du wieder bei Bewusstsein bist.“ Ausdruckslos sah Eleanor sie an. Eigentlich hätte sie lieber noch etwas geschlafen. Doch ihre Mutter grinste hämisch, als hätte sie die Gedanken ihrer Tochter gelesen: „Onkel Wathras hat mir versichert dich soweit gesund gezaubert zu haben, dass dein Körper bloß Ruhe brauchte um seinen Rhythmus wieder zu finden. Du bist jetzt wach, also stimmt dein Rhythmus wieder überein. Ich erwarte dich in wenigen Minuten unten.“ Sie zwinkerte dem Mädchen zu, ehe sie den Raum verließ. Dieses stand mürrisch, aber tatsächlich – oberflächlich betrachtet – gesund auf.

Gemächlich machte sich Eleanor fertig und stieg die breiten Treppen zum Erdgeschoss hinab. Dort saß ihre Mutter in der Küche am Tisch mit beiden Händen die Tasse umfassend aus der sie Tee schlürfte. Die Küche lag von der Haustür aus gesehen rechts und war ohne eine Tür dazwischen offen betretbar. Direkt links stand ein Tisch an die Küchenwand gestellt an dessen freien Enden jeweils zwei Stühle passten. Dao saß am mittleren Ende. Der Rest der hinteren linken Wand sowie der frontalen Wand wurde von angenagelten Schränken und der üblichen Arbeitsfläche wie Herdplatten, Spüle und so weiter eingenommen. Weiter rechts von der Haustür aus gesehen befand sich ein zweiter, länglicher Tisch, der für Großbesuch wie bei den Spieleabenden ihrer Mutter mit ihren Kollegen oder Verwandten da war. Von dort aus war ein rundlicher Ausbau, dessen Ende an die Tür zum Wohnzimmer führte.

„Möchtest du auch Einen?“, fragte sie. „Mh mh“, verneinte Eleanor. Sie wollte möglichst schnell zu ihrem Onkel, um mit der Nachuntersuchung diese Geschichte endlich abzuschließen. Plötzlich seufzte Dao in einer Tonart auf, dass Eleanor Bescheid wusste; Sowas tat sie ausschließlich, wenn es ihr richtig mies ging. Sofort setzte sie sich zu ihrer Mutter. Eleanor suchte den traurigen Blick ihres Gegenübers: „Was bedrückt dich?“ Abwehrend schloss ihre Mutter die Augen um ein täuschend echtes Lächeln aufzusetzen: „Es ist nichts, wirklich Liebes. Ich bin einfach glücklich, dass es dir besser geht.“ Eleanor verharrte. Abwechselnd schaute Dao zu ihrer Tochter, wieder weg und wieder zu ihr: „Du sollst mich doch nicht so anglotzen.“ Sie entgegnete: „Und du sollst mich nicht immer über deine Gefühle anlügen.“ Eleanor kannte das schon, dieser Mutter musste man jedes Mal erst den Panzer durchbrechen, ehe sie sagte, was sie bedrückte. Mit einem erneuten Seufzer gab Dao klein bei: „Dein Vater. Ich hatte bis jetzt noch gehofft, dass sich unser Verhältnis irgendwie schicksalhaft wieder fangen würde.“ Ihre Tochter sah sie mitfühlend an: „Du liebst ihn immer noch.“ Sofort stellte Dao ihre Tasse ab, schlug ihre Hände schützend vor ihr Gesicht und wimmerte: „…Ja!“

Eleanor kam näher und umarmte sie. Diese Frau tat immer so stark, aber letztlich war bei genügend Feingefühl immer eine gewisse Spur an Emotionen von ihr zu spüren – und für Eleanor war es über die Jahre deutlich geworden, dass die Enttäuschung in jedem Wort über ihren Vater von ihrer Mutter im Kern die verzweifelte Hoffnung lag, er stände eines Tages voller Reue in der Tür. So klar es auch war, dass dies nur ein Wunschtraum bleiben sollte, so grausam musste es nun sein, dass ihre liebliche Geduld zum Schicksal mit seinem Tod in weiter Ferne, ohne Wiederkehr zerschlagen wurde.

„Oh, Mama…“, Eleanor strich ihr zärtlich über das Haar. Diese räusperte sich: „Schon gut. Was bin ich doch egoistisch. Schließlich hast auch du einen Verlust zu verkraften – und dabei wirkst du so cool, während ich…“ Zunächst verstand Eleanor nicht, doch mit donnerndem Beben ergab sich die Erkenntnis in ihr; Castao war tot. Der Engel, mit dem sie über die Jahre sowas wie eine seelische Freundschaft aufgebaut hatte und der ihr eine wichtige Stütze im Leben gewesen war, dem sie Kummer wie Freude mitteilte und ihre ganze Geschichte durchlebte. Er war ebenfalls fort. Viel näher, viel verbundener mit ihr als der schattenhafte Eindruck ihres Vaters. Trotzdem hatte sie bis jetzt keinen Gedanken an seinen Tod gerichtet. Keine Träne für ihn vergossen. Selbst jetzt spürte sie absolute Leere über sein Fortsein. „Ich, gehe jetzt besser. Ich will Onkel Wathras nicht so lange warten lassen“, behauptete sie und löste sich von ihrer Mutter. Diese schniefte und gab sich verständnisvoll: „Natürlich, lass ihn nicht länger warten.“ Beide wussten, dass sie sich jeweils etwas vormachten. Dao hätte sich noch liebend gerne an der Schulter ihrer Tochter ausgeheult und Eleanor hatte es eigentlich gar nicht so eilig – aber sie musste von der Person weg, die sie an den Tod ihres Freundes erinnerte und die damit verbundene Unsicherheit, über ihre eigene Gefühlswelt.

Wenig später stand Eleanor wieder in der Tür des – inzwischen ehemaligen – vierten Sitzes. Sie staunte nicht schlecht; Wo gewöhnlich Akten über die Diplomatie zwischen den einzelnen Magiekreisen, ihre Ausführung, Handel, Einkünfte und dem ganzen anderen Kram standen – waren nun leere Regale und dafür vollbesetzte Kartons. Ihr verjüngter Onkel begrüßte sie mit großem Grinsen im Gesicht: „Ah! Da bist du ja Eleanor. Ich habe nur auf dich gewartet. Nimm Platz.“ Er legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie zu dem einzig vorhandenen Stuhl, neben seinem. Strahlend sprach er: „Weißt du, ich bin durch den Zwischenfall mit dir jetzt doch tatsächlich zum Meister ernannt worden!“ Eleanor nickte: „Ja, das wurde mir gesagt. Mutter meinte, du hättest Sonderregeln erfüllt.“ Da lachte er kräftig auf: „Diese Frau. Deine Mutter hat ihre Ohren auch überall. Das gefällt mir so an ihr. Neben vielen anderen Dingen.“ Man konnte sagen, er nahm nun kein Blatt mehr vor den Mund.

Die neue Zukunft schien ihm etwas zu Kopfe gestiegen – oder war es die Macht in ihm. Eleanor fragte nach: „Was hast du eigentlich mit der überschüssigen Energie gemacht?“ Weiterhin grinsend meinte er: „Ach, mach dir dazu keine Gedanken mehr. Sie ist an einem sicheren Ort. Wenn dort noch Jemand von ihr befallen wird, dann will ich sowas von meinen Meistertitel zurückgeben.“ Er lächelte, dass seine weißen Zähne sie bald blendeten und streckte ihr den Daumen entgegen. „Viel wichtiger“, er griff in eine seiner Schubladen; „Ist dieses Buch.“ Das Buch, das Eleanor bei Loree während der Austreibung ihrer Macht gesehen hatte, wurde von ihrem Onkel direkt vor sie auf den Tisch gelegt. Augenblicklich fiel ihr das Atmen schwerer. „Mach es auf“, forderte er freundlich. Erschrocken sah sie ihn an. Wenn dies das Buch war, was sie vermutete, war es für all den Ärger verantwortlich. Als sie zögerte, nahm er sich die Freiheit und schlug es mit frechem Blick selbst auf. Kurz zuckte sie zusammen. Ihre Augen wurden von der Neugier zu den aufstehenden Seiten gezogen, ihr Herz pochte stärker. Da war nichts. Die Seiten waren leer. Fragend schaute sie ihren Onkel an: „Aber da steht doch gar nichts?“ Zufrieden klappte er das Buch wieder zu: „Genau das ist es.“ Irritiert meinte sie: „Ich dachte, du wolltest mich nachuntersuchen? Was soll das jetzt mit dem leeren Buch?“ Er erhob sich und schritt zum Fenster hinter seinem Stuhl, mit Blick in die Stadt: „Du brauchst keine Nachuntersuchung, ich habe schon bevor du schliefst alle körperlichen Schäden beseitigt.“ Empört rief Eleanor: „Du wolltest nur, dass ich nochmal in das Buch gucke! Du bist machtgeil und hast gehofft, durch mich noch stärker zu werden!“

Da drehte er sich um: „Schluss! Ich bin enttäuscht über dein Bild zu mir. War nicht ich es, der deiner Mutter und dir das Leben hier überhaupt ermöglicht hat? Und was hat dein Vater für euch getan? Schickt seiner ahnungslosen Tochter ein Buch, so geladen, dass selbst ein Meister von einem FUNKEN daraus stirbt!“ Endlich schaute er böse und grimmig. Eleanor fand, das passte viel besser zu ihm, als dieses Dauergrinsen. Leise, aber sicher hinterfragte sie: „Was willst du dann von mir und diesem Buch?“ Zu ihrer Enttäuschung setzte er wieder ein Lächeln auf. Er kam näher und tippte während seiner Erklärung mit dem Zeigefinger auf dem Buch herum: „Dieses Buch ist für jedes Lebewesen anders gestaltet. Jeder sieht darin etwas grundsätzlich Anderes. Wie jedes Buch, muss es aber auch neben all den Interpretationen auch eine wahre, so und nicht anders aufzufassende Bedeutung beinhalten. Die einzige Person, die das sehen kann, ist die rechtmäßige Besitzerin – nämlich du.“ Eine Pause entstand, in der er sich wieder hinsetzte. Sie wusste noch immer nicht, was er von ihr wollte: „Aber, da ist nichts. Egal welche Seite, für mich ist das ganze Buch einfach leer.“ Onkel Wathras schwang zustimmend mit dem Zeigefinger in der Luft herum, auf sie deutend: „Richtig, richtig. Damit kommen wir auch meinem Anliegen näher. Was immer das Geheimnis dieses Buches ist, nur du kannst es lösen. Das wirst du aber nicht hier und auch nicht jetzt können. Alleine weil die Macht darin dich in deinem jetzigen Zustand genauso töten würde, wie jeden mir bekannten Meister.“ Eleanor kam sich wahnsinnig begriffsstutzig vor. Als er ihren immer noch fragenden Gesichtsausdruck bemerkte, erklärte er sich endlich: „Ich möchte, dass du nach Ildinur reist und dort an dem Geheimnis dieses Buches forscht.“

Das war die Bombe, die Eleanors Verstand aussetzen ließ. Sie stotterte: „I-Ildi-n-nur? Die Stadt d-des Fortschrittes?“ Sie tat ihr Bestes, einen Anfall von Hysterie zu unterdrücken. Das Entsetzen war ihr anzusehen. Beschwichtigend legte er ihr seine Hand auf ihre: „Keine Sorge Kind, ich komme mit. Ich bin zwar jetzt als Meister anerkannt – an der Zeremonie zur Einweihung als neuer Meister, komme ich dennoch nicht vorbei. Erst dann gelte ich als richtiger Meister. Zwar muss ich dazu in die Stadt der Meisterschaft, aber wenn ich dabei über die Stadt des Fortschrittes reise, passt es ja wieder.“ Er zwinkerte ihr ermutigend zu. Davon registrierte sie jedoch kaum etwas. Ihre Konzentration hatte sich auf Ildinur versteift.

Scheinbar von ihrer Schockstarre unbeeindruckt, plapperte er fröhlich weiter: „Wir werden Morgen mit dem nächsten Konvio der Magier, die ihre Qualifikation zum Studium in der Stadt des Fortschrittes absolviert haben, mit aufbrechen. Darum verpacke ich auch alles. Bis zur tatsächlichen Einweihung gelte ich noch als vierter Sitz und das heißt, die Aktenarbeit kommt mit.“ Eleanor war den Tränen nah. Sie fand kurz ihre Sprache wieder: „Ich bin Stufe 2! Nur Stufe 6 Magier haben die Erlaubnis dorthin zu gehen!“ Wathras prustete spöttisch: „Der Magierkreis von Ildinur hat längst zugesagt - als ob ich dich da ohne Zustimmung einschmuggeln würde.“ Ihre letzte Gegenwehr zerbrach: „Aber, aber. Was soll ich da? Was wird aus meiner Magieausbildung?“ Wieder grinste er nur blöd, bückte sich zu einem der Kartons und überreichte ihr in feierlicher Pose ein versiegeltes Pergament. Das Pergament war lila und das Siegel sah höchst offiziell aus. „Öffne es“, meinte er schwer von sich überzeugt.

Sie brach das Siegel und riss, völlig neben sich, das Pergament auf.

„Mit Freuden teilen wir mit, dass der/die Besitzer/in dieses Dokumentes aus gewichtigem Grund die Magierlehrstufen 2 bis 6 bis auf Weiteres als duales Studium zusammen mit den Lehren des Fortschrittes in gesonderten Maße innerhalb der Stadtmauern von Ildinur anstreben wird.

Beglaubigt vom Magierkreis der Stadt des Fortschrittes, Ildinur“

Darunter waren die drei Stempel der jeweiligen Sitze.


1x zitiertmelden
Zerox ehemaliges Mitglied

Link kopieren
Lesezeichen setzen

Geschichtsexperiment (6) Ein Geist, Gefühle & Überraschungen

10.01.2014 um 16:38
„Vater ist tot…?“
Das hatte sie doch schon in Kapitel 1 festgestellt, wieso überrascht sie das jetzt?
Zitat von MysteriousFireMysteriousFire schrieb:hat er eine Sonderregelung erfüllt um jetzt doch noch ein vollwertiger Meister zu werden
Ich mag den Onkel einfach nicht, ich weiß nicht wieso, der war mir sofort unsympathisch :D

Wow, endlich mal eine recht gut beschriebene Wohnung :Y:
„Du wolltest nur, dass ich nochmal in das Buch gucke! Du bist machtgeil und hast gehofft, durch mich noch stärker zu werden!“
Damdamdaaa :D

Joa, gefällt mir. Es bleibt spannend :Y:


melden

Geschichtsexperiment (6) Ein Geist, Gefühle & Überraschungen

10.01.2014 um 16:59
@Zerox
Castao hat ihre Erinnerungen an alles, was mit dem Buch zusammenhing gelöscht - also auch die Botschaft des toten Vaters, weil sie das im Zusammenhang mit dem Buch erfuhr.

Ja, der Onkel hat eine gewisse, zwielichtige Art^^

Oh ja, ich musste mich echt zusammenreißen diese Räumlichkeiten zu beschreiben, finde ich beim Schreiben ähnlich langweilig, wie beim Lesen.

War zwar ein Trugschluss von ihr, aber unterstreicht ja auch, dass sie ihm wirklich nicht traut.


melden
Zerox ehemaliges Mitglied

Link kopieren
Lesezeichen setzen

Geschichtsexperiment (6) Ein Geist, Gefühle & Überraschungen

10.01.2014 um 17:00
Sogar den Tod ihres Vaters hat er gelöscht, so wtf. Ok war mir nicht ganz klar, aber das erklärt das alles natürlich :Y:


melden