Engel und Dämon

Der Engel
Er ist heilig
Kann fliegen
Trägt die Unschuld
Vergebung
Glück
Liebe
Sanftheit
Großherzigkeit
In sich
Er sitzt oben bei ihm
Er fliegt mit seinen goldweißen Flügeln
Er kämpft mit seinem eisernen Schwert
Er wirkt so stark
Beschützend
Helfend
Doch niemand sieht des Engels Leid
Welcher sieht den Schmerz der anderen
Welcher sieht den Schmerz der zerbrochenen Seelen
Welcher nur sieht den Schmerz der zerstörten Seelen
Der Engel leidet
Verabscheut die Menschheit
Verabscheut Gottes Schaffung!
Verabscheut die Seelen
Aus Zorn beginnt er zu neiden und zu klagen
Wie elendig
Das Menschensein ist
Wie elendig
Die Aufgabe derer ist, die als Heilige bezeichnet werden
Er wünscht sich ein Ende
Und fängt an zu leiden
Er erzürnt über Ihn
Er erzürnt seiner Wesen selbst
Verdienen, tut ein Heiliger besser als diesen Schmerz!

Der Engel fällt.

Dämon
Dunkelheit
Kälte
Nässe
Einsamkeit
Leere
Verloren
Ich seh‘
Nur das düstre End‘
Wie es langsam
Und traurig vor mir hingeht
Und ich gehe
Ihm hinterher
Und krieche langsam
Vor mich hin
Die Wunden auf dem Rücken
Sie brennen, oh verdammt sei der Freiheit!
Sie wurd‘ mir brutal ausgerissen
Langsam und klagend
Gefangen
In diesem Elend
ohne Anfang und Abschluss
in dieser Trauer die mich reuevoll umfließt
Die Schreie tropfen mir ins Gewissen
Tropf, Tropf, Tropf,
sie schreien und hören niemals auf
Tropf, Tropf, Tropf
Sie schreien, die Seelen
Tropf, Tropf, Tropf
Kinderseelen, Erwachsenenseelen, Seniorenseelen
Tropf, Tropf, Tropf
Und ich sitz nun gefangen
In diesem Käfig
Wie ein kleiner Vogel
Das Gitter geht auf
Ich schnappe Freude auf
Süße Freiheit durchströmt mich!
Doch als mein schrecklicher Schatten das Käfiggitter erreichte
War dies nur ein Spalt weit auf
Ich komme nicht hindurch.
Oh willst du mich noch mehr quälen?!
Oh willst du mich noch mehr leidend sehen?
Diese lockende Freiheit versperrst du mir
Und ich schreie schmerzlich auf
Des Mächt‘gen Lüge, ich bereue es doch schon!
Und wieder seh‘ ich vor mir nur das düstre End
Wie es langsam und traurig vor mir gehe ihm hinterher
Und krieche langsam vor mich hin
Die Wunden brennen auf dem Rücken
Wo einst die verdammte Freiheit saß
Und die Schreie tropfen in meinem Ohr
Tropf. Tropf, Tropf.

Doch warum denken alle
ich wäre der Engel?
Warum denken alle
ich wäre nicht der Dämon?
Warum sehen sie nicht
Dass der Dämon
längst den Engel
besiegt hat
Und dieser
nur noch blutend
am Boden liegt.