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Kompromisssuche zur männli. Beschneidung
02.08.2012 um 11:40Derzeit existiert in Deutschland eine scharfe Debatte darüber, ob die Beschneidung der Vorhaut von Kindern zulässig oder verboten sein solle.
Jene Praxis wird vor allem von Juden und Muslimen aus religiösen Gründen ausgeübt.
Spontan, ohne Wissen und Verständnis der Gründe, würden wohl viele sagen, dass es sich hier um Körperverletzung handele und natürlich ein Verbot angebracht sei.
Die Befürworter des Verbots nehmen für sich in Anspruch, nur das Kindeswohl im Auge zu haben. Es sei (grund)gesetzeswidrig, diese Körperverletzung zuzulassen, überhaupt sei es ein immenses, gesundheitliches Risiko und außerdem nicht mehr zeitgemäß, so einen veralteten, ,,religiösen Blödsinn" zu dulden.
Befürworter der Legalisierung der männlichen Beschneidung dagegen verbitten sich streng diesen Angriff auf ihre religiöse Praxis und bestehen darauf, sie weiterhin durchzuführen. Auch sie nehmen Grundgesetz und medizinische, aber auch religiöse Argumente für sich in Anspruch.
Eine verfahrene Situation und alles andere, als ein konstruktives Klima.
Ich möchte mich in dieser Schrift nicht auf eine ,,Seite" stellen oder darüber urteilen, wer im Recht sei.
Vielmehr ist es meine Absicht, vernünftige und akzeptable Lösungen zu finden für diesen Konflikt.
Zunächst, denke ich, sollte das Verstehen, der religiöse Hintergrund für das Beschneidungsritual, Vorrang haben, damit überhaupt klar ist, worüber man sich unterhält.
Islam und Judentum zählen, zusammen mit dem Christentum, zu den so genannten ,,abrahamitischen Religionen", also jenen, die zurückgeführt werden auf die biblische Figur des Abraham.
An einer Steller der Schriften, die oft als ,,Pentateuch" bezeichnet werden, erfährt man aus der Überlieferung, dass Gott mit Abraham einen dauerhaften Bund schließt, wobei Abraham im Prinzip stellvertretend für alle gläubigen Menschen steht.
Zeichen dieses direkten Bundes mit Gott soll die Beschneidung der Vorhaut sein.
Während man es im Christentum bei der reinen Überlieferung als Teil des Alten Testaments belässt, wird diesem Ereignis in den Traditionen von Islam und Judentum hohe Bedeutung beigemessen.
Es ist eben NICHT einfach nur ein dummes, veraltetes, beliebiges Ritual ohne Sinn, welches man einfach so weglassen kann.
Die Beschneidung ist vielmehr ein sehr, sehr zentrales Element dieser Religionen, es ist ein klares, lebenslang vorhandenes Zeichen, im Glauben von Juden und Muslimen, für den Bund mit Gott. Vergleichbar mit dem christlichen Glauben, dass Jesus Christus der direkte, wahre Sohn Gottes ist.
Man kann die Beschneidung also als Teil des jüdischen beziehungsweise muslimischen Bekenntnis betrachten.
Für Nicht-Juden, Nicht-Muslime oder Atheisten mag die Bedeutung schwierig zu begreifen sein.
Doch sollten sie zumindest nicht leichtfertig und ohne den Versuch von Verständnis urteilen.
Sie mögen am Ende der Diskussion immer noch die Beschneidung ablehnen, doch sollten sie sich zumindest die Mühe machen, ihren Hintergrund zu begreifen und nicht überheblich und vorschnell handeln.
Bevor ich im letzten Abschnitt nach Kompromissen suche, nach Lösungen dieser Angelegenheit, möchte ich einige entscheidende Argumente der Debatte begutachten.
Besonders interessant, nebenbei bemerkt, ist in meinen Augen die Tatsache, dass sich sowohl Gegner als auch Befürworter einer Legalisierung der Beschneidung sehr ähnlicher Argumente bedienen, fast wie zwei Seiten einer Medaille.
Beginnen wir zunächst mit dem Kindeswohl.
Nach eigenem, oft lautstark und energisch vorgetragenem Bekunden, nehmen die Gegner einer legalen Beschneidungspraxis für sich in Anspruch, die körperliche Unversehrtheit der (wehrlosen) Kinder schützen zu wollen, indem sie die Beschneidung verboten wissen möchten.
Also scheint es doch ein ehrbarer Grund zu sein für seinen Standpunkt, die Beschneidung müsse verboten sein.
Jedoch - ganz so einfach ist es nicht!
Denn auch die jüdischen und muslimischen Befürworter der Beschneidung haben das Wohl der Kinder im Sinn - nämlich das so genannte ,,Seelenheil".
Die Beschneidung dient nach ihrer Vorstellung im Prinzip der Weihung des Kindes an Gott, so früh wie möglich. Eine Weihung, ein Bund, der auch sicherlich als eine Vorsorge gedacht ist, falls dem Kind etwas schlechtes widerfahren würde, eine Vorsorge im Glauben, Gott würde für das Kind sorgen.
Ähnlich kennen es die christlichen Gemeinschaften von der Taufe. Klarer Unterschied ist hierbei natürlich, dass bei der Taufe kein bleibender, körperlicher Eingriff vorgenommen wird.
Nichtsdestotrotz - das Wohl der Kinder können beide Seiten glaubhaft beanspruchen als Beweggrund.
Ob nun Seelenheil oder körperliche Unversehrtheit Vorrang haben, sei dahingestellt, das vermag ich nicht generell zu entscheiden. Jedenfalls kann ich auch hier nur allen Beteiligten raten, nicht voreilig zu handeln und sich fest zu legen.
Gern werden auch als Argumente die Grundrechte bemüht.
Im Sinnes des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung soll die Beschneidung der Vorhaut verboten werden, meinen einige.
Es ist wahr, dies ist Teil der Grundrechte. Angelegenheit also gegessen?
Mitnichten.
Denn ebenso sind die Rechte auf freie Religionsausübung und freie Entfaltung eindeutig Bestandteile der Grundrechte, das lässt sich nicht wegdiskutieren.
Wer mag nun qualifiziert entscheiden, welche Grundrechte mehr und welche weniger wert sind?
Man möge hier nicht zu schnell schießen, sondern sich der Bedeutung seiner Entscheidung bewusst werden. Nur die Rosinen rauspicken geht nicht. Entweder nimmt man die Grundgesetze als Ganzes ernst oder gar nicht.
Auch hier liegt die Angelegenheit also nicht eindeutig.
Zuletzt noch die ,,Glaubensfrage".
Auch, wenn es die sich stolz als aufgeklärt bezeichnenden Atheisten oder ,,modernen" Andersgläubigen kaum freiwillig zugeben würden - die Art und Weise, wie so mancher jener Fraktion seinen aufgeklärten/modernen/wissenschaftlichen/humanistischen Standpunkt vertritt, zeigt objektiv durchaus religiöse Züge.
Nur, dass eben Kant und Dawkins die gefeierten Stars sind, anstatt Mohammed und Allah oder Moses und JHWH.
Für die Gegner einer Legalisierung der Beschneidung geht es doch in Wahrheit genauso um das, woran sie glauben, Humanismus, Moderne, Wissenschaft, wie für die Befürworter um ihr geistiges Wohl, um den ,,offen religiösen Glauben". Es geht darum, wer denn den anderen in ,,Glaubensfragen" schlage.
Die Vehemenz und Hingabe, die beide Seiten in Hinsicht auf ihren Glauben an den Tag legen, sorgt keineswegs für ein konstruktives Diskussionsklima.
Sicher gibt es noch jeweils andere Argumente oder andere Ausführungen der hier vorgestellten - doch sollte man objektiv festhalten, dass bisher - jedenfalls nach meinem Verständnis - noch keiner die so genannten ,,besseren Karten" hatte.
Üblicherweise gibt es in so einer Situation nur zwei Lösungswege: Entweder haut man sich gegenseitig symbolisch auf die Schnauze und der Stärkere sagt, wo es langgeht oder man sucht einen vernünftigen Kompromiss.
Ich möchte stark in Zweifel ziehen, dass der erste Weg sowohl für die Gegner als auch die Befürworter der Beschneidung angemessen ist.
Möchte man diese Angelegenheit also anständig lösen und nicht nur einbetoniert im Bunker seiner eigenen Ansichten sitzen bleiben, wie ein bockiges Kleinkind, bleibt nur der Kompromiss.
Zum Wohle unserer Gesellschaft, unserer Gemeinschaft, sollten wir Menschen in Deutschland nach einer pragmatischen Lösung suchen, anstatt das Thema zu einer Zerreissprobe werden zu lassen.
Notwendig ist dafür allein die grundsätzliche Kompromissbereitschaft. Die Beteiligten müssen sich ganz genau fragen, wo ihre klaren, roten Linien liegen und was noch irgendwo diskutabel ist.
Ich möchte hier kurz zwei Kompromissvorschläge umreissen, die nicht unbedingt so angenommen werden müssen, aber über die es sich zumindest zu sprechen lohnt und die eine pragmatischere Lösungssuche anstoßen können.
Zum Einen denke ich, dass das medizinische Risiko durchaus ein sehr gutes Argument ist. Man kann es drehen und wenden, wie man will - Synagogen und Moscheen oder gar Privathäuser mögen optisch noch so sauber sein, sie sind nicht keimfrei, man sollte also vorsichtig sein mit Verletzungen. Ebenso ist zweifelhaft, ob jeder Rabbi oder Imam weiss, was er tut und entsprechend fähig ist, die Beschneidung vorzunehmen und ob er die richtigen Instrumente hat.
Dieses medizinische Risiko könnte minimiert werden, indem man die Beschneidung von Fachpersonal in einem sauberen OP-Saal und mit desinfizierten Werkzeugen durchführte. Es wäre ein Entgegenkommen jenen gegenüber, die medizinische Bedenken haben. Sie müssten aber mit dem Kompromiss leben, dass die Beschneidung doch durchgeführt wird.
Die Juden und Muslime müssten sich auf der anderen Seite damit abfinden, dass die Beschneidung nicht mehr in Synagogen oder Moscheen stattfinden würde, dafür ließen sich aber jüdische oder muslimische Ärzte und aus religiöser und medizinischer Sicht reine Instrumente einsetzen und der wichtige, rituelle Bundesschluss wäre vollzogen.
Wie gesagt, es ist ein Kompromissvorschlag - für beide Seiten nicht perfekt, doch ich betrachte ihn als nachdenkenswert.
Eine andere Möglichkeit, ein anderer Kompromiss, vielleicht auch gut in Verbindung mit dem ersten Vorschlag, wäre, ein entscheidungsfähiges Alter fest zu legen, ab dem das Kind/der Jugendliche selbst die Entscheidung für den ,,Bundesschluss mit Gott" treffen könnte.
Und wäre denn eine solche Entscheidung nicht noch weitaus bedeutsamer, als eine fremdbestimmte Festlegung?
Man müsste sich überlegen, ob nicht in den relevanten Schriften Interpretationsmöglichkeiten vorhanden wären, die eine Verschiebung des Beschneidungszeitpunkts rechtfertigen könnten oder einer bewussten Entscheidung höhere Autorität einräumen. Beispiele gibt es, etwa sind Muslime normalerweise angehalten, 5 Gebete am Tag zu verrichten, doch erlauben viele Richtungen und Interpretationen auch unter bestimmten Umständen eine andere Praxis.
Natürlich bestünde auch hier Diskussionsbedarf, doch ich denke, dass auch bei dieser Idee eine vernünftige Einigung machbar wäre.
Wie gesagt - entscheidend ist, ob wir die Beschneidungsfrage der männlichen Vorhaut zu einer Entweder-Oder-Entscheidung machen wollen oder ob wir Verständnis und Kompromissbereitschaft zum Wohle unserer Gesellschaft vorziehen.
Jene Praxis wird vor allem von Juden und Muslimen aus religiösen Gründen ausgeübt.
Spontan, ohne Wissen und Verständnis der Gründe, würden wohl viele sagen, dass es sich hier um Körperverletzung handele und natürlich ein Verbot angebracht sei.
Die Befürworter des Verbots nehmen für sich in Anspruch, nur das Kindeswohl im Auge zu haben. Es sei (grund)gesetzeswidrig, diese Körperverletzung zuzulassen, überhaupt sei es ein immenses, gesundheitliches Risiko und außerdem nicht mehr zeitgemäß, so einen veralteten, ,,religiösen Blödsinn" zu dulden.
Befürworter der Legalisierung der männlichen Beschneidung dagegen verbitten sich streng diesen Angriff auf ihre religiöse Praxis und bestehen darauf, sie weiterhin durchzuführen. Auch sie nehmen Grundgesetz und medizinische, aber auch religiöse Argumente für sich in Anspruch.
Eine verfahrene Situation und alles andere, als ein konstruktives Klima.
Ich möchte mich in dieser Schrift nicht auf eine ,,Seite" stellen oder darüber urteilen, wer im Recht sei.
Vielmehr ist es meine Absicht, vernünftige und akzeptable Lösungen zu finden für diesen Konflikt.
Zunächst, denke ich, sollte das Verstehen, der religiöse Hintergrund für das Beschneidungsritual, Vorrang haben, damit überhaupt klar ist, worüber man sich unterhält.
Islam und Judentum zählen, zusammen mit dem Christentum, zu den so genannten ,,abrahamitischen Religionen", also jenen, die zurückgeführt werden auf die biblische Figur des Abraham.
An einer Steller der Schriften, die oft als ,,Pentateuch" bezeichnet werden, erfährt man aus der Überlieferung, dass Gott mit Abraham einen dauerhaften Bund schließt, wobei Abraham im Prinzip stellvertretend für alle gläubigen Menschen steht.
Zeichen dieses direkten Bundes mit Gott soll die Beschneidung der Vorhaut sein.
Während man es im Christentum bei der reinen Überlieferung als Teil des Alten Testaments belässt, wird diesem Ereignis in den Traditionen von Islam und Judentum hohe Bedeutung beigemessen.
Es ist eben NICHT einfach nur ein dummes, veraltetes, beliebiges Ritual ohne Sinn, welches man einfach so weglassen kann.
Die Beschneidung ist vielmehr ein sehr, sehr zentrales Element dieser Religionen, es ist ein klares, lebenslang vorhandenes Zeichen, im Glauben von Juden und Muslimen, für den Bund mit Gott. Vergleichbar mit dem christlichen Glauben, dass Jesus Christus der direkte, wahre Sohn Gottes ist.
Man kann die Beschneidung also als Teil des jüdischen beziehungsweise muslimischen Bekenntnis betrachten.
Für Nicht-Juden, Nicht-Muslime oder Atheisten mag die Bedeutung schwierig zu begreifen sein.
Doch sollten sie zumindest nicht leichtfertig und ohne den Versuch von Verständnis urteilen.
Sie mögen am Ende der Diskussion immer noch die Beschneidung ablehnen, doch sollten sie sich zumindest die Mühe machen, ihren Hintergrund zu begreifen und nicht überheblich und vorschnell handeln.
Bevor ich im letzten Abschnitt nach Kompromissen suche, nach Lösungen dieser Angelegenheit, möchte ich einige entscheidende Argumente der Debatte begutachten.
Besonders interessant, nebenbei bemerkt, ist in meinen Augen die Tatsache, dass sich sowohl Gegner als auch Befürworter einer Legalisierung der Beschneidung sehr ähnlicher Argumente bedienen, fast wie zwei Seiten einer Medaille.
Beginnen wir zunächst mit dem Kindeswohl.
Nach eigenem, oft lautstark und energisch vorgetragenem Bekunden, nehmen die Gegner einer legalen Beschneidungspraxis für sich in Anspruch, die körperliche Unversehrtheit der (wehrlosen) Kinder schützen zu wollen, indem sie die Beschneidung verboten wissen möchten.
Also scheint es doch ein ehrbarer Grund zu sein für seinen Standpunkt, die Beschneidung müsse verboten sein.
Jedoch - ganz so einfach ist es nicht!
Denn auch die jüdischen und muslimischen Befürworter der Beschneidung haben das Wohl der Kinder im Sinn - nämlich das so genannte ,,Seelenheil".
Die Beschneidung dient nach ihrer Vorstellung im Prinzip der Weihung des Kindes an Gott, so früh wie möglich. Eine Weihung, ein Bund, der auch sicherlich als eine Vorsorge gedacht ist, falls dem Kind etwas schlechtes widerfahren würde, eine Vorsorge im Glauben, Gott würde für das Kind sorgen.
Ähnlich kennen es die christlichen Gemeinschaften von der Taufe. Klarer Unterschied ist hierbei natürlich, dass bei der Taufe kein bleibender, körperlicher Eingriff vorgenommen wird.
Nichtsdestotrotz - das Wohl der Kinder können beide Seiten glaubhaft beanspruchen als Beweggrund.
Ob nun Seelenheil oder körperliche Unversehrtheit Vorrang haben, sei dahingestellt, das vermag ich nicht generell zu entscheiden. Jedenfalls kann ich auch hier nur allen Beteiligten raten, nicht voreilig zu handeln und sich fest zu legen.
Gern werden auch als Argumente die Grundrechte bemüht.
Im Sinnes des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung soll die Beschneidung der Vorhaut verboten werden, meinen einige.
Es ist wahr, dies ist Teil der Grundrechte. Angelegenheit also gegessen?
Mitnichten.
Denn ebenso sind die Rechte auf freie Religionsausübung und freie Entfaltung eindeutig Bestandteile der Grundrechte, das lässt sich nicht wegdiskutieren.
Wer mag nun qualifiziert entscheiden, welche Grundrechte mehr und welche weniger wert sind?
Man möge hier nicht zu schnell schießen, sondern sich der Bedeutung seiner Entscheidung bewusst werden. Nur die Rosinen rauspicken geht nicht. Entweder nimmt man die Grundgesetze als Ganzes ernst oder gar nicht.
Auch hier liegt die Angelegenheit also nicht eindeutig.
Zuletzt noch die ,,Glaubensfrage".
Auch, wenn es die sich stolz als aufgeklärt bezeichnenden Atheisten oder ,,modernen" Andersgläubigen kaum freiwillig zugeben würden - die Art und Weise, wie so mancher jener Fraktion seinen aufgeklärten/modernen/wissenschaftlichen/humanistischen Standpunkt vertritt, zeigt objektiv durchaus religiöse Züge.
Nur, dass eben Kant und Dawkins die gefeierten Stars sind, anstatt Mohammed und Allah oder Moses und JHWH.
Für die Gegner einer Legalisierung der Beschneidung geht es doch in Wahrheit genauso um das, woran sie glauben, Humanismus, Moderne, Wissenschaft, wie für die Befürworter um ihr geistiges Wohl, um den ,,offen religiösen Glauben". Es geht darum, wer denn den anderen in ,,Glaubensfragen" schlage.
Die Vehemenz und Hingabe, die beide Seiten in Hinsicht auf ihren Glauben an den Tag legen, sorgt keineswegs für ein konstruktives Diskussionsklima.
Sicher gibt es noch jeweils andere Argumente oder andere Ausführungen der hier vorgestellten - doch sollte man objektiv festhalten, dass bisher - jedenfalls nach meinem Verständnis - noch keiner die so genannten ,,besseren Karten" hatte.
Üblicherweise gibt es in so einer Situation nur zwei Lösungswege: Entweder haut man sich gegenseitig symbolisch auf die Schnauze und der Stärkere sagt, wo es langgeht oder man sucht einen vernünftigen Kompromiss.
Ich möchte stark in Zweifel ziehen, dass der erste Weg sowohl für die Gegner als auch die Befürworter der Beschneidung angemessen ist.
Möchte man diese Angelegenheit also anständig lösen und nicht nur einbetoniert im Bunker seiner eigenen Ansichten sitzen bleiben, wie ein bockiges Kleinkind, bleibt nur der Kompromiss.
Zum Wohle unserer Gesellschaft, unserer Gemeinschaft, sollten wir Menschen in Deutschland nach einer pragmatischen Lösung suchen, anstatt das Thema zu einer Zerreissprobe werden zu lassen.
Notwendig ist dafür allein die grundsätzliche Kompromissbereitschaft. Die Beteiligten müssen sich ganz genau fragen, wo ihre klaren, roten Linien liegen und was noch irgendwo diskutabel ist.
Ich möchte hier kurz zwei Kompromissvorschläge umreissen, die nicht unbedingt so angenommen werden müssen, aber über die es sich zumindest zu sprechen lohnt und die eine pragmatischere Lösungssuche anstoßen können.
Zum Einen denke ich, dass das medizinische Risiko durchaus ein sehr gutes Argument ist. Man kann es drehen und wenden, wie man will - Synagogen und Moscheen oder gar Privathäuser mögen optisch noch so sauber sein, sie sind nicht keimfrei, man sollte also vorsichtig sein mit Verletzungen. Ebenso ist zweifelhaft, ob jeder Rabbi oder Imam weiss, was er tut und entsprechend fähig ist, die Beschneidung vorzunehmen und ob er die richtigen Instrumente hat.
Dieses medizinische Risiko könnte minimiert werden, indem man die Beschneidung von Fachpersonal in einem sauberen OP-Saal und mit desinfizierten Werkzeugen durchführte. Es wäre ein Entgegenkommen jenen gegenüber, die medizinische Bedenken haben. Sie müssten aber mit dem Kompromiss leben, dass die Beschneidung doch durchgeführt wird.
Die Juden und Muslime müssten sich auf der anderen Seite damit abfinden, dass die Beschneidung nicht mehr in Synagogen oder Moscheen stattfinden würde, dafür ließen sich aber jüdische oder muslimische Ärzte und aus religiöser und medizinischer Sicht reine Instrumente einsetzen und der wichtige, rituelle Bundesschluss wäre vollzogen.
Wie gesagt, es ist ein Kompromissvorschlag - für beide Seiten nicht perfekt, doch ich betrachte ihn als nachdenkenswert.
Eine andere Möglichkeit, ein anderer Kompromiss, vielleicht auch gut in Verbindung mit dem ersten Vorschlag, wäre, ein entscheidungsfähiges Alter fest zu legen, ab dem das Kind/der Jugendliche selbst die Entscheidung für den ,,Bundesschluss mit Gott" treffen könnte.
Und wäre denn eine solche Entscheidung nicht noch weitaus bedeutsamer, als eine fremdbestimmte Festlegung?
Man müsste sich überlegen, ob nicht in den relevanten Schriften Interpretationsmöglichkeiten vorhanden wären, die eine Verschiebung des Beschneidungszeitpunkts rechtfertigen könnten oder einer bewussten Entscheidung höhere Autorität einräumen. Beispiele gibt es, etwa sind Muslime normalerweise angehalten, 5 Gebete am Tag zu verrichten, doch erlauben viele Richtungen und Interpretationen auch unter bestimmten Umständen eine andere Praxis.
Natürlich bestünde auch hier Diskussionsbedarf, doch ich denke, dass auch bei dieser Idee eine vernünftige Einigung machbar wäre.
Wie gesagt - entscheidend ist, ob wir die Beschneidungsfrage der männlichen Vorhaut zu einer Entweder-Oder-Entscheidung machen wollen oder ob wir Verständnis und Kompromissbereitschaft zum Wohle unserer Gesellschaft vorziehen.