Vortrag an einem Gästeabend zum Thema Verschwörungstheorien
30.01.2012 um 01:06Verschwörungstheorien
Gestatten sie, dass ich mich ihnen zunächst einmal selber vorstelle.
Mein Name ist ....
Ich bin ein völlig naives Systemschaf, das von den Mainstreammedien, der Schule und den Hochschulen, die alle Teile des Systems sind, auf Blindheit konditioniert wurde.
Ich habe meine Fähigkeit zu eigenständigem Denken längst verloren. Statt dessen ist aus mir ein bezahlter Schreiberling des Systems geworden. Kurz: ich bin ein Desinfo-Agent.
Das alles ist natürlich nicht verwunderlich, wenn man weiß, dass ich Teil der weltbeherrschenden Elite bin. Ich bin Freimaurer!
So oder so ähnlich sieht das Bild aus, dass einige Menschen von mir im Internet haben.
Wenn ich nicht gerade als Desinfo-Agent im Internet unterwegs bin, arbeite ich als ITler für eine Bank, bin verheiratet mit der besten Ehefrau von allen und Vater einer 13jährigen Tochter.
Und ja, ich bin Mitglied einer regulären Freimaurerloge. Dieser Loge!
Vielleicht sollte ich an der Stelle kurz erklären, was ein Desinfo-Agent ist. Der Begriff stammt aus der Sprache der Geheimdienste. Er bezeichnet einen Agenten, dessen Aufgabe es ist, nicht neue Informationen zu sammeln, sondern falsche Information zu streuen, um die gegnerische Seite zu verwirren.
Warum man mich für einen solchen hält? Weil ich es wage, nicht jedes YouTube Video zu glauben, sondern Dinge hinterfrage.
Der Witz an der Sache ist, genau das gleiche sagen die von sich auch.
Spätestens hier wird sofort klar, dass die Kommunikation zwischen Verschwörungstheoretikern und, ja wie soll ich sie nennen? Sagen wir mal, Menschen wie Sie und ich, schwierig wird.
Sind Verschwörungstheoretiker also ganz andere Menschen? Nein! So seltsam es auch klingen mag, auch sie sind Menschen wie Sie und ich.
Sie denken nur anders und sie bewerten Dinge anders. Und dieses andere denken, und dieses andere bewerten, das möchte ich Ihnen heute Abend ein wenig näher bringen.
Ich möchte dabei auf keine spezielle Verschwörungstheorie eingehen. Es gibt einfach zu viele, und mit jeder einzelnen könnten wir einen ganzen Abend zubringen.
Vielmehr möchte ich versuchen die typischen Fallen aufzuzeigen, in die aus meiner Sicht, die Verschwörungstheoretiker immer wieder selber tapsen, die es aber auch anderen erschweren, Verschwörungstheorien zu entkräften.
Ich möchte erklären warum der Begriff Verschwörungstheorie eigentlich falsch ist, und warum man genau wissen sollte worüber man spricht bevor man sich mit Verschwörungstheoretikern unterhält bzw. in eine Diskussion eintritt.
Ich möchte versuchen zu zeigen, dass und warum eine Diskussion selten möglich ist. Ich möchte aber auch zeigen, dass man den Humor dabei einfach nicht verlieren darf, weil man sonst sehr schnell verzweifelt und aggressiv wird.
Im Jahre 2007, also vor bald 5 Jahren, habe ich begonnen bewusst im Internet nach den Verschwörungstheorien zum Thema Freimaurer zu suchen.
Gefunden habe ich Verschwörungstheorien nicht nur zu den Freimaurern, sondern auch zu den Illuminaten, Bilderbergern, der hohlen Welt mit offenen Polen, Haunebus – die so genannten Reichsflugscheiben, Apollo, 9/11, Chemtrails und HAARP. Und das ist nur eine kleine Auswahl.
Wenn man sich näher mit ihnen beschäftigt, hat man das Gefühl, dass man in einem Sumpf gelandet ist. Einem Sumpf aus Fakten, Halbwahrheiten, Lügen und festen Überzeugungen.
Und heute möchte ich sie mitnehmen auf eine Reise quer durch die Sümpfe. Und wie bei einer echten Wanderung durch die Sümpfe bin ich geneigt zu sagen: bleiben sie dicht hinter mir, weichen sie nicht vom Weg ab. Ein Fehltritt und es wird schwer sie wieder aus dem Sumpf zu befreien.
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es sich hierbei um meine ganz persönliche Sicht der Dinge handelt.
Wie ich bereits erwähnte, möchte ich auf keinen speziellen Theorien insgesamt eingehen.
Und ich werde mich was die Verschwörungstheorien zu den Freimaurern angeht in starker Zurückhaltung üben. Zu leicht wäre der Vorwurf der Parteilichkeit gegeben. Statt dessen werde ich sie, mehr oder weniger symptomatisch, mit verschiedenen Theorien in Kontakt bringen, aber wir werden auch über Verschwörungstheorien über Freimaurer reden. Später. Jetzt fangen wir erst einmal an.
Wie entstehen/funktionieren Verschwörungstheorien?
Obwohl, vielleicht sollten wir mit der Frage anfangen: Was ist denn überhaupt eine Verschwörungstheorie?
Unter einer Verschwörung können wir uns alle etwas vorstellen. Nehmen wir einen richtigen Klassiker: „Hüte dich vor den Iden des März!“ sagte das Orakel zu Cäsar. Und wir alle wissen was dann im römischen Senat geschah. Cäsar wurde das Opfer einer Verschwörung von nahezu 70 Personen, die alle mit ihren Dolchen auf ihn einstachen. Und spätestens seit den Asterix-Heften kennt jeder den Satz: „Auch du mein Sohn, Brutus...“
Eine Verschwörung wird definiert als der Zusammenschluss oder die Verabredung von mindestens zwei Menschen zum Nachteil eines Dritten oder auch mehrerer anderer Dritten.
Dabei ist die Verschwörung immer negativ belastet. Denn rein nach dieser Definition wäre auch die Großrazzia des Drogendezernats eine Verschwörung. Haben sich doch mehrere Menschen zum Nachteil der armen Drogenverkäufer zusammengeschlossen.
Nein, keine Angst, genauso wie sie, bin auch ich der Meinung, dass es gut ist, dass so etwas passiert. Also das mit der Razzia.
Und das betrachten wir durchaus nicht als Verschwörung. Haben sich aber mehrere Mitglieder einer Gang verabredet um einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen, sprechen wir wieder von Verschwörung.
Diese Art von Verschwörung ist also noch durchaus aktuell und existent!
Und es gab Verschwörungen. Doch wenn ich sage, es gab Verschwörungen, dann reden wir natürlich nur über die, die irgendwann ans Licht gekommen sind. Wie viele mag es wohl gegeben haben, die nie ans Licht gekommen sind? Vorsicht, bleiben sie auf dem Pfad. Hier waten wir schon knietief durch den Sumpf!
OK, Verschwörung hätten wir geklärt.
Was ist eine Theorie?
Hier wird es wieder schwierig. Der Volksmund unterscheidet ja den Theoretiker vom Praktiker. Sie kennen das, oder? Der Praktiker kann alles, weiß aber nicht, warum es funktioniert. Der Theoretiker kann nichts, kann ihnen aber erklären, warum es nicht funktioniert, bzw. wie es hätte funktionieren müssen. Insofern ist der Begriff des Theoretikers beim Verschwörungstheoretiker durchaus richtig am Platz, denn er meint alles erklären zu können!
Ich rede jetzt aber von einer Theorie im wissenschaftlichen Sinne.
Eine Theorie ist zunächst einmal eine Modellvorstellung von der Wirklichkeit. Sie abstrahiert. D.h. sie versucht bewusst von der Realität in dem Sinne abzuweichen, als dass sie Dinge vereinfacht und veranschaulicht. Und dann wird einfach geschaut, ob die Aussage zutrifft oder nicht. Die Aussage wird also verifiziert, ja – sie stimmt, oder falsifiziert, nein – stimmt so nicht. Und wenn sie nicht stimmt, dann stimmt die Theorie nicht. Dann muss entweder eine völlig neue Theorie entwickelt werden oder die Theorie muss erweitert werden. Auf jeden Fall muss die Theorie aber zu dem passen, was sie erklären soll.
Theorien im wissenschaftlichen Sinne, erklären also nicht nur bekannte Effekte, sondern sie machen auch überprüfbare Vorhersagen über ein System.
Nehmen wir hier einen Klassiker: Albert Einstein hat in seiner Relativitätstheorie bereits Anfang des 20 Jahrhunderts vorausgesagt, dass für schnelle Objekte die Zeit langsamer vergeht. Aber erst mit der Erfindung der Atomuhr war es möglich diese These zu verifizieren.
Verschwörungstheorien aber machen keinerlei Aussage über die Zukunft. Sie sagen nichts vorher. Sie versuchen Dinge im Nachhinein zu erklären. Und sollten Fakten nicht zur Erklärung (ich sage bewusst nicht Theorie) passen, werden sie ignoriert oder zur Anomalie (also einer Art einmaligem Ausrutscher) erklärt. Ah, ich presche schon wieder voraus. Sind noch alle bei uns? Niemand am Wasserloch der Wissenschaft hängengeblieben? Dann können wir ja weitermarschieren.
Nachdem wir jetzt wissen was eine Verschwörungstheorie ist, oder sein soll, kommen wir zurück zu der Frage:
Wie entsteht/funktioniert eine Verschwörungstheorie?
Eine Verschwörungstheorie entsteht im Kopf. Das ist insofern nicht ungewöhnlich, als jede Theorie zunächst im Kopf entsteht. Das Besondere an Verschwörungstheorien ist aber, dass ihnen der Verschwörungsglaube vorangeht. Glauben Sie nicht? Zeige ich Ihnen.
Stellen Sie sich bitte einmal folgende Situation vor:
Sie sind bei Freunden zu einer Feier eingeladen. Zu vorgerückter Stunde machen sie sich auf die Suche, ob sich auf dem Buffet in der Küche nicht noch eines von diesen super leckeren kleinen Fleischbällchen findet. (Die Vegetarier dürfen auch gerne nach den Käsehäppchen fahnden.)
Als sie die Küche betreten, sehen Sie folgende Situation:
Ein junger Mann, der offensichtlich einem Mädchen gerade etwas ins Ohr geflüstert hat, schreckt zurück als er sie sieht und das Gespräch verstummt. Beide schauen zunächst sie an. Das Mädchen, das eben noch gekichert hat, errötet leicht und schaut nach unten. Der Junge tut völlig desinteressiert und schaut in die Gegend.
Wie bewerten Sie die Situation? Was ist da passiert? Welches Gefühl kommt bei Ihnen auf?
Sie wissen es nicht? Sie können es nicht beurteilen? Warum nicht? Sie wissen nicht ob sie das Pärchen kennen? Warum ist das wichtig? Welchen Unterschied würde es machen, ob sie das Pärchen kennen, oder nicht?
Wer von ihnen glaubt, dass das Pärchen gerade über sie gesprochen hat?
Und wenn es über sie gesprochen hat, war es etwas Positives oder etwas Negatives?
Wenn das Pärchen sie kennt, hat es vielleicht gerade eine Überraschung für sie geplant?
Oder eben doch hemmungslos gelästert?
In meiner Vorstellung kennen Sie das Pärchen nicht. Und nun? Die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich über sie gesprochen hat, sollte damit drastisch sinken.
Wer hat direkt daran gedacht, dass der junge Mann dem Mädchen gerade seine Fantasien für die gemeinsame Nacht ins Ohr flüstert hat? Und dass beide nur deshalb so verstört reagiert haben, weil sie nicht damit gerechnet haben, dass just in diesem Moment jemand die Küche betritt.
Was ich damit zeigen möchte, ist folgendes:
Die Situation an sich war für uns völlig unbedeutend. Und doch neigen wir dazu, Situationen auf uns zu beziehen und zu bewerten. Je nach unser Einschätzung, beurteilen wir das Gesehene. Und um eine solche Situation zu beurteilen, nutzen wir den Kanon unserer Erfahrungen und Gefühle.
Oder, wie Epiktet es einmal gesagt hat:
Es sind nicht die Dinge an sich die uns beunruhigen, sondern das, was wir über sie denken.
D.h. wir selber entscheiden mit unserem Denken, wie sich Situationen darstellen, und wie wir sie beurteilen. Und während der eine denkt: „oh ich störe wohl gerade“, ohne weiter zu hinterfragen wobei, bezieht ein anderer die Situation auf sich und ist beleidigt.
Ähnlich funktioniert es mit den Verschwörungstheorien.
Die Welt in der wir leben ist komplex. Und während der eine die Komplexität einfach als gegeben hinnimmt, ist ein anderer davon überzeugt, dass alles was passiert gelenkt wird.
Dabei lebt der Verschwörungstheoretiker in einer perfekten Welt. Nun, nicht soooo perfekt, denn wäre sie wirklich perfekt, gäbe es ja keine Verschwörungen. Aber immerhin so perfekt, dass es für ihn keinen Zufall und keinen Misserfolg gibt.
Egal was passiert, es war im Vorhinein so geplant. Es wird von der herrschenden Elite, wer auch immer das gerade sein soll, nur so dargestellt, dass es unbedarften Menschen wie zufällig erscheint.
Sie aber, also die Verschwörungstheoretiker, sie sind nicht unbedarft. Sie denken eigenständig, sie schauen hinter die Kulissen, sie durchschauen das Chaos.
So ist jedenfalls ihre Selbstwahrnehmung.
Ich denke, bei der Frage nach dem warum, kommen wir schnell in den Bereich der Philosophie. Denn so wie auch die Philosophie, und letztlich auch die Religion, schon seit ewigen Zeiten versucht zu erklären, warum die Dinge so sind wie sie sind, so sucht auch der Verschwörungstheoretiker nach einer Erklärung.
Nicht zuletzt durch das Zeitalter der Aufklärung, sind wir heute bemüht, Erklärungen nicht nur im übersinnlichen Bereich zu suchen, sondern für alles eine logische, rationale Erklärung zu finden.
Und Zufall, der freie Wille einer Masse von Menschen oder auch nur sich verselbstständigende Systeme sind eben keine logische und rationale Erklärung. Jedenfalls nicht in den Augen der Verschwörungstheoretiker.
Wenn man nun noch weiß, dass es Verschwörungen gab, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, auch und noch gibt, dann ist die Annahme, dass irgend jemand im Hintergrund die Fäden zieht eigentlich gar nicht so weit hergeholt.
Dies, gepaart mit der Feststellung, dass sich nicht immer alles zum Guten entwickelt (auch wenn das natürlich letztlich im Auge eines jeden Betrachters liegt) macht die Annahme, von irgend welchen obskuren Seilschaften gelenkt zu werden, zumindest ein Stück weit, plausibel.
Und schon sind wir mitten drin, bei der Entwicklung einer Verschwörungstheorie.
Können Sie sich an den 11. September 2001 erinnern? Heute werden die Vorgänge von diesem Tag unter 9/11 zusammengefasst. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wenige Stunden nach den Anschlägen, die ersten Meldungen über den Äther gingen, das Al Qaida und Osama bin Laden für die Anschläge verantwortlich sein sollen.
Dies wäre nicht weiter verwunderlich gewesen, wenn es ein Bekennerschreiben oder ähnliches gegeben hätte. Das gab es aber nicht. Woher also die Gewissheit? Mein erster Gedanke damals war: Jetzt wird es dem nächstbesten in die Schuhe geschoben.
Erst später stellte sich heraus, dass es bereits im Vorfeld diverse Hinweise auf einen Anschlag in Zusammenhang mit Flugzeugen von dieser Terrororganisation gegeben hat. War man jedoch im Vorfeld nicht in der Lage, sie so genau zu deuten, ergaben sie, nunmehr in der Rückschau, auf einmal Sinn.
Sie kennen das, hinterher ist man immer schlauer. Die USA haben in Folge dieser Vorgänge einige Gesetze erlassen. So gibt es heute besondere Beschränkungen bei Flügen insbesondere in die USA. Und auch das mehr als umstrittenen Lager in Guantanamo ist eine direkte Folge dieser Anschläge.
Selbst bei uns gab es Diskussionen, zum Beispiel über den großen Lauschangriff. In der Summe lässt sich sicher sagen, dass hier doch der eine oder andere Schritt in Richtung Überwachungsstaat getan wurde.
Vor 9/11 hätte es einen Riesenaufstand in der Bevölkerung gegeben. Wirklich wohl fühlt sich auch heute keiner damit, aber die Mehrheit der Menschen scheint die Notwendigkeit zu akzeptieren. Dies werten Verschwörungstheoretiker als klares Zeichen, dass die Anschläge vom 11. September absichtlich herbeigeführt worden sind. Nur so wäre es der herrschenden Elite möglich gewesen, eine allgemeine Akzeptanz dieser Schritte in Richtung Überwachungsstaat zu erreichen.
Und außerdem, könne es ja gar nicht sein, dass Hunderte, nein tausende von Menschen die für die CIA, das FBI, die NSA und wie sie sonst noch alle heißen arbeiten, so inkompetent sind und aneinander vorbei arbeiten, dass sie nicht in der Lage waren, einen solchen Anschlag im Vorfeld zu vereiteln. Schließlich hätte es doch genügend Hinweise gegeben.
Ist das wirklich so unmöglich? Wer, so wie ich, in einem großen internationalen Konzern arbeitet, der weiß, wie viel Energie und Effizienz durch Kompetenzgerangel und Kindergartenspielchen vernichtet wird. Ich, in meiner Naivität selbstverständlich, kann mir also ohne weiteres vorstellen, dass es tatsächlich so gewesen ist, wie es im Nachhinein dargestellt wird.
Wer das jedoch nicht kann, der sucht nach einer, für ihn logischeren, Erklärung.
Die Erklärung, die nun gefunden wird, muss natürlich durch Hinweise oder Beweise gestützt werden. Hier nun treffen wir auf eine der wichtigsten Eigenschaften von Verschwörungstheorien: das Fehlen von Beweisen ist ein wichtiges Indiz dafür, dass die Theorie wahr ist.
Das ist so ein bisschen so, wie wenn jemanden der gerade einen über den Durst getrunken hat, vorgeworfen wird, er sei Alkoholiker.
Die übliche Antwort? Ich bin kein Alkoholiker! Da aber leugnen bekanntermaßen ein Teil des Problems ist, ist der Beweis erbracht - er ist Alkoholiker!
Ich habe bewusst dieses Beispiel genommen, um zu zeigen, dass die Mechanismen der Verschwörungstheoretiker, sich durchaus auch in unserem Alltagsleben wieder finden.
Zurück zu den Verschwörungstheorien. Warum das Fehlen von Beweisen ein Zeichen für die Theorie ist? Ganz klar! Nur weil es eine Verschwörung ist, wird es auch geheim gehalten!
Und wenn es geheim gehalten wird, kann man natürlich keine Beweise finden. q.e.d. wie der Mathematiker sagt. Quod erat demonstrandum. Was zu beweisen war.
Dabei verfügt der Verschwörungstheoretiker über eine eigene Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Während es aus seiner Sicht völlig unwahrscheinlich ist, dass Hinweise im Kompetenzgerangel stecken geblieben sind, oder dass mit der Technik aus dem Jahre 1969 Menschen bis zum Mond geflogen sind, ist es in ihrer Denke selbstverständlich möglich, dass Millionen von Menschen von einer Sache wissen, aber niemand etwas ausgeplaudert.
Wie gesagt, sie leben in einer perfekten Welt. In meiner Welt hat es bisher genau eine Überraschungsparty gegeben, die funktioniert hat. Die meisten sind schon vorher aufgeflogen, weil irgendjemand sich verquatscht hat. Und dabei waren da höchstens 30 Personen involviert.
Auf der Suche nach Beweisen oder Hinweisen, wird dann das Internet durchstöbert. Dabei finden sich dann Bilder von einer Brücke in den Staaten, auf der die Durchfahrtshöhe mit 9 Fuß 11 Inch angegeben wird und in deren Hintergrund man die Twintower sieht. Schon ist ein Beweis erbracht das die Zerstörung der Twintower für den 11. September geplant war. Und selbst ein Plakat in einer Folge der Simpsons wird hier als Hinweis gewertet.
Überhaupt ist das Internet ein Quell stetiger Freude und eine wahre Fundgrube was Beweise angeht.
Besonders beliebt sind Filme bei YouTube. Und selbstverständlich gibt es viele Websites, für jede Verschwörungstheorie mindestens eine, die sich damit beschäftigen. Meistens sind es sogar mehrere. Interessant dabei ist, dass diese Webseiten sich häufig gegenseitig referenzieren, sprich als Beleg dafür nehmen, dass auch andere es ja so sehen, es also richtig sein muss.
Und es gibt natürlich auch für jede Verschwörungstheorie Seiten, die versuchen diese Theorien zu widerlegen, indem sie die Fakten darstellen und eventuelle Hintergründe erklären.
Gerade die Existenz solcher Seiten, ist aber wieder ein Beleg dafür, dass an einer Theorie etwas dran sein muss. Warum sonst würde sich jemand die Mühe machen völlig haltlose Behauptungen zu widerlegen, wenn nicht, weil sie einen wahren Kern haben?
Und je mehr Hits, also Treffer beim Suchen, es gibt, desto wahrer ist die Story.
Ich erinnere mich noch gut an einen Disput, den ich einmal mit einem Verschwörungstheoretiker geführt habe, der allein das Vorhandensein von mehreren 1000 Links für ein Thema, als Beleg dafür nahm, dass an der Sache etwas Wahres sein müsse. Meine Entgegnung an ihn war, dass es noch viel mehr Links zu den Themen Weihnachtsmann und Osterhase gäbe. Ob ich daraus jetzt schließen können, dass auch die real sein?
An der Stelle brach er die Diskussion mit mir ab mit dem Hinweis, mit mir könne man ja nicht reden, ich würde ihn ja offensichtlich nicht für voll nehmen. Anders könne er sich nicht erklären, dass ich ihm mit dem Weihnachtsmann und dem Osterhasen käme. Ich gebe zu, so ganz unrecht hatte er da nicht!
(Weiter geht es im nächsten Beitrag... Der Vortrag war ein wenig länger ;) )
Gestatten sie, dass ich mich ihnen zunächst einmal selber vorstelle.
Mein Name ist ....
Ich bin ein völlig naives Systemschaf, das von den Mainstreammedien, der Schule und den Hochschulen, die alle Teile des Systems sind, auf Blindheit konditioniert wurde.
Ich habe meine Fähigkeit zu eigenständigem Denken längst verloren. Statt dessen ist aus mir ein bezahlter Schreiberling des Systems geworden. Kurz: ich bin ein Desinfo-Agent.
Das alles ist natürlich nicht verwunderlich, wenn man weiß, dass ich Teil der weltbeherrschenden Elite bin. Ich bin Freimaurer!
So oder so ähnlich sieht das Bild aus, dass einige Menschen von mir im Internet haben.
Wenn ich nicht gerade als Desinfo-Agent im Internet unterwegs bin, arbeite ich als ITler für eine Bank, bin verheiratet mit der besten Ehefrau von allen und Vater einer 13jährigen Tochter.
Und ja, ich bin Mitglied einer regulären Freimaurerloge. Dieser Loge!
Vielleicht sollte ich an der Stelle kurz erklären, was ein Desinfo-Agent ist. Der Begriff stammt aus der Sprache der Geheimdienste. Er bezeichnet einen Agenten, dessen Aufgabe es ist, nicht neue Informationen zu sammeln, sondern falsche Information zu streuen, um die gegnerische Seite zu verwirren.
Warum man mich für einen solchen hält? Weil ich es wage, nicht jedes YouTube Video zu glauben, sondern Dinge hinterfrage.
Der Witz an der Sache ist, genau das gleiche sagen die von sich auch.
Spätestens hier wird sofort klar, dass die Kommunikation zwischen Verschwörungstheoretikern und, ja wie soll ich sie nennen? Sagen wir mal, Menschen wie Sie und ich, schwierig wird.
Sind Verschwörungstheoretiker also ganz andere Menschen? Nein! So seltsam es auch klingen mag, auch sie sind Menschen wie Sie und ich.
Sie denken nur anders und sie bewerten Dinge anders. Und dieses andere denken, und dieses andere bewerten, das möchte ich Ihnen heute Abend ein wenig näher bringen.
Ich möchte dabei auf keine spezielle Verschwörungstheorie eingehen. Es gibt einfach zu viele, und mit jeder einzelnen könnten wir einen ganzen Abend zubringen.
Vielmehr möchte ich versuchen die typischen Fallen aufzuzeigen, in die aus meiner Sicht, die Verschwörungstheoretiker immer wieder selber tapsen, die es aber auch anderen erschweren, Verschwörungstheorien zu entkräften.
Ich möchte erklären warum der Begriff Verschwörungstheorie eigentlich falsch ist, und warum man genau wissen sollte worüber man spricht bevor man sich mit Verschwörungstheoretikern unterhält bzw. in eine Diskussion eintritt.
Ich möchte versuchen zu zeigen, dass und warum eine Diskussion selten möglich ist. Ich möchte aber auch zeigen, dass man den Humor dabei einfach nicht verlieren darf, weil man sonst sehr schnell verzweifelt und aggressiv wird.
Im Jahre 2007, also vor bald 5 Jahren, habe ich begonnen bewusst im Internet nach den Verschwörungstheorien zum Thema Freimaurer zu suchen.
Gefunden habe ich Verschwörungstheorien nicht nur zu den Freimaurern, sondern auch zu den Illuminaten, Bilderbergern, der hohlen Welt mit offenen Polen, Haunebus – die so genannten Reichsflugscheiben, Apollo, 9/11, Chemtrails und HAARP. Und das ist nur eine kleine Auswahl.
Wenn man sich näher mit ihnen beschäftigt, hat man das Gefühl, dass man in einem Sumpf gelandet ist. Einem Sumpf aus Fakten, Halbwahrheiten, Lügen und festen Überzeugungen.
Und heute möchte ich sie mitnehmen auf eine Reise quer durch die Sümpfe. Und wie bei einer echten Wanderung durch die Sümpfe bin ich geneigt zu sagen: bleiben sie dicht hinter mir, weichen sie nicht vom Weg ab. Ein Fehltritt und es wird schwer sie wieder aus dem Sumpf zu befreien.
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es sich hierbei um meine ganz persönliche Sicht der Dinge handelt.
Wie ich bereits erwähnte, möchte ich auf keinen speziellen Theorien insgesamt eingehen.
Und ich werde mich was die Verschwörungstheorien zu den Freimaurern angeht in starker Zurückhaltung üben. Zu leicht wäre der Vorwurf der Parteilichkeit gegeben. Statt dessen werde ich sie, mehr oder weniger symptomatisch, mit verschiedenen Theorien in Kontakt bringen, aber wir werden auch über Verschwörungstheorien über Freimaurer reden. Später. Jetzt fangen wir erst einmal an.
Wie entstehen/funktionieren Verschwörungstheorien?
Obwohl, vielleicht sollten wir mit der Frage anfangen: Was ist denn überhaupt eine Verschwörungstheorie?
Unter einer Verschwörung können wir uns alle etwas vorstellen. Nehmen wir einen richtigen Klassiker: „Hüte dich vor den Iden des März!“ sagte das Orakel zu Cäsar. Und wir alle wissen was dann im römischen Senat geschah. Cäsar wurde das Opfer einer Verschwörung von nahezu 70 Personen, die alle mit ihren Dolchen auf ihn einstachen. Und spätestens seit den Asterix-Heften kennt jeder den Satz: „Auch du mein Sohn, Brutus...“
Eine Verschwörung wird definiert als der Zusammenschluss oder die Verabredung von mindestens zwei Menschen zum Nachteil eines Dritten oder auch mehrerer anderer Dritten.
Dabei ist die Verschwörung immer negativ belastet. Denn rein nach dieser Definition wäre auch die Großrazzia des Drogendezernats eine Verschwörung. Haben sich doch mehrere Menschen zum Nachteil der armen Drogenverkäufer zusammengeschlossen.
Nein, keine Angst, genauso wie sie, bin auch ich der Meinung, dass es gut ist, dass so etwas passiert. Also das mit der Razzia.
Und das betrachten wir durchaus nicht als Verschwörung. Haben sich aber mehrere Mitglieder einer Gang verabredet um einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen, sprechen wir wieder von Verschwörung.
Diese Art von Verschwörung ist also noch durchaus aktuell und existent!
Und es gab Verschwörungen. Doch wenn ich sage, es gab Verschwörungen, dann reden wir natürlich nur über die, die irgendwann ans Licht gekommen sind. Wie viele mag es wohl gegeben haben, die nie ans Licht gekommen sind? Vorsicht, bleiben sie auf dem Pfad. Hier waten wir schon knietief durch den Sumpf!
OK, Verschwörung hätten wir geklärt.
Was ist eine Theorie?
Hier wird es wieder schwierig. Der Volksmund unterscheidet ja den Theoretiker vom Praktiker. Sie kennen das, oder? Der Praktiker kann alles, weiß aber nicht, warum es funktioniert. Der Theoretiker kann nichts, kann ihnen aber erklären, warum es nicht funktioniert, bzw. wie es hätte funktionieren müssen. Insofern ist der Begriff des Theoretikers beim Verschwörungstheoretiker durchaus richtig am Platz, denn er meint alles erklären zu können!
Ich rede jetzt aber von einer Theorie im wissenschaftlichen Sinne.
Eine Theorie ist zunächst einmal eine Modellvorstellung von der Wirklichkeit. Sie abstrahiert. D.h. sie versucht bewusst von der Realität in dem Sinne abzuweichen, als dass sie Dinge vereinfacht und veranschaulicht. Und dann wird einfach geschaut, ob die Aussage zutrifft oder nicht. Die Aussage wird also verifiziert, ja – sie stimmt, oder falsifiziert, nein – stimmt so nicht. Und wenn sie nicht stimmt, dann stimmt die Theorie nicht. Dann muss entweder eine völlig neue Theorie entwickelt werden oder die Theorie muss erweitert werden. Auf jeden Fall muss die Theorie aber zu dem passen, was sie erklären soll.
Theorien im wissenschaftlichen Sinne, erklären also nicht nur bekannte Effekte, sondern sie machen auch überprüfbare Vorhersagen über ein System.
Nehmen wir hier einen Klassiker: Albert Einstein hat in seiner Relativitätstheorie bereits Anfang des 20 Jahrhunderts vorausgesagt, dass für schnelle Objekte die Zeit langsamer vergeht. Aber erst mit der Erfindung der Atomuhr war es möglich diese These zu verifizieren.
Verschwörungstheorien aber machen keinerlei Aussage über die Zukunft. Sie sagen nichts vorher. Sie versuchen Dinge im Nachhinein zu erklären. Und sollten Fakten nicht zur Erklärung (ich sage bewusst nicht Theorie) passen, werden sie ignoriert oder zur Anomalie (also einer Art einmaligem Ausrutscher) erklärt. Ah, ich presche schon wieder voraus. Sind noch alle bei uns? Niemand am Wasserloch der Wissenschaft hängengeblieben? Dann können wir ja weitermarschieren.
Nachdem wir jetzt wissen was eine Verschwörungstheorie ist, oder sein soll, kommen wir zurück zu der Frage:
Wie entsteht/funktioniert eine Verschwörungstheorie?
Eine Verschwörungstheorie entsteht im Kopf. Das ist insofern nicht ungewöhnlich, als jede Theorie zunächst im Kopf entsteht. Das Besondere an Verschwörungstheorien ist aber, dass ihnen der Verschwörungsglaube vorangeht. Glauben Sie nicht? Zeige ich Ihnen.
Stellen Sie sich bitte einmal folgende Situation vor:
Sie sind bei Freunden zu einer Feier eingeladen. Zu vorgerückter Stunde machen sie sich auf die Suche, ob sich auf dem Buffet in der Küche nicht noch eines von diesen super leckeren kleinen Fleischbällchen findet. (Die Vegetarier dürfen auch gerne nach den Käsehäppchen fahnden.)
Als sie die Küche betreten, sehen Sie folgende Situation:
Ein junger Mann, der offensichtlich einem Mädchen gerade etwas ins Ohr geflüstert hat, schreckt zurück als er sie sieht und das Gespräch verstummt. Beide schauen zunächst sie an. Das Mädchen, das eben noch gekichert hat, errötet leicht und schaut nach unten. Der Junge tut völlig desinteressiert und schaut in die Gegend.
Wie bewerten Sie die Situation? Was ist da passiert? Welches Gefühl kommt bei Ihnen auf?
Sie wissen es nicht? Sie können es nicht beurteilen? Warum nicht? Sie wissen nicht ob sie das Pärchen kennen? Warum ist das wichtig? Welchen Unterschied würde es machen, ob sie das Pärchen kennen, oder nicht?
Wer von ihnen glaubt, dass das Pärchen gerade über sie gesprochen hat?
Und wenn es über sie gesprochen hat, war es etwas Positives oder etwas Negatives?
Wenn das Pärchen sie kennt, hat es vielleicht gerade eine Überraschung für sie geplant?
Oder eben doch hemmungslos gelästert?
In meiner Vorstellung kennen Sie das Pärchen nicht. Und nun? Die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich über sie gesprochen hat, sollte damit drastisch sinken.
Wer hat direkt daran gedacht, dass der junge Mann dem Mädchen gerade seine Fantasien für die gemeinsame Nacht ins Ohr flüstert hat? Und dass beide nur deshalb so verstört reagiert haben, weil sie nicht damit gerechnet haben, dass just in diesem Moment jemand die Küche betritt.
Was ich damit zeigen möchte, ist folgendes:
Die Situation an sich war für uns völlig unbedeutend. Und doch neigen wir dazu, Situationen auf uns zu beziehen und zu bewerten. Je nach unser Einschätzung, beurteilen wir das Gesehene. Und um eine solche Situation zu beurteilen, nutzen wir den Kanon unserer Erfahrungen und Gefühle.
Oder, wie Epiktet es einmal gesagt hat:
Es sind nicht die Dinge an sich die uns beunruhigen, sondern das, was wir über sie denken.
D.h. wir selber entscheiden mit unserem Denken, wie sich Situationen darstellen, und wie wir sie beurteilen. Und während der eine denkt: „oh ich störe wohl gerade“, ohne weiter zu hinterfragen wobei, bezieht ein anderer die Situation auf sich und ist beleidigt.
Ähnlich funktioniert es mit den Verschwörungstheorien.
Die Welt in der wir leben ist komplex. Und während der eine die Komplexität einfach als gegeben hinnimmt, ist ein anderer davon überzeugt, dass alles was passiert gelenkt wird.
Dabei lebt der Verschwörungstheoretiker in einer perfekten Welt. Nun, nicht soooo perfekt, denn wäre sie wirklich perfekt, gäbe es ja keine Verschwörungen. Aber immerhin so perfekt, dass es für ihn keinen Zufall und keinen Misserfolg gibt.
Egal was passiert, es war im Vorhinein so geplant. Es wird von der herrschenden Elite, wer auch immer das gerade sein soll, nur so dargestellt, dass es unbedarften Menschen wie zufällig erscheint.
Sie aber, also die Verschwörungstheoretiker, sie sind nicht unbedarft. Sie denken eigenständig, sie schauen hinter die Kulissen, sie durchschauen das Chaos.
So ist jedenfalls ihre Selbstwahrnehmung.
Ich denke, bei der Frage nach dem warum, kommen wir schnell in den Bereich der Philosophie. Denn so wie auch die Philosophie, und letztlich auch die Religion, schon seit ewigen Zeiten versucht zu erklären, warum die Dinge so sind wie sie sind, so sucht auch der Verschwörungstheoretiker nach einer Erklärung.
Nicht zuletzt durch das Zeitalter der Aufklärung, sind wir heute bemüht, Erklärungen nicht nur im übersinnlichen Bereich zu suchen, sondern für alles eine logische, rationale Erklärung zu finden.
Und Zufall, der freie Wille einer Masse von Menschen oder auch nur sich verselbstständigende Systeme sind eben keine logische und rationale Erklärung. Jedenfalls nicht in den Augen der Verschwörungstheoretiker.
Wenn man nun noch weiß, dass es Verschwörungen gab, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, auch und noch gibt, dann ist die Annahme, dass irgend jemand im Hintergrund die Fäden zieht eigentlich gar nicht so weit hergeholt.
Dies, gepaart mit der Feststellung, dass sich nicht immer alles zum Guten entwickelt (auch wenn das natürlich letztlich im Auge eines jeden Betrachters liegt) macht die Annahme, von irgend welchen obskuren Seilschaften gelenkt zu werden, zumindest ein Stück weit, plausibel.
Und schon sind wir mitten drin, bei der Entwicklung einer Verschwörungstheorie.
Können Sie sich an den 11. September 2001 erinnern? Heute werden die Vorgänge von diesem Tag unter 9/11 zusammengefasst. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wenige Stunden nach den Anschlägen, die ersten Meldungen über den Äther gingen, das Al Qaida und Osama bin Laden für die Anschläge verantwortlich sein sollen.
Dies wäre nicht weiter verwunderlich gewesen, wenn es ein Bekennerschreiben oder ähnliches gegeben hätte. Das gab es aber nicht. Woher also die Gewissheit? Mein erster Gedanke damals war: Jetzt wird es dem nächstbesten in die Schuhe geschoben.
Erst später stellte sich heraus, dass es bereits im Vorfeld diverse Hinweise auf einen Anschlag in Zusammenhang mit Flugzeugen von dieser Terrororganisation gegeben hat. War man jedoch im Vorfeld nicht in der Lage, sie so genau zu deuten, ergaben sie, nunmehr in der Rückschau, auf einmal Sinn.
Sie kennen das, hinterher ist man immer schlauer. Die USA haben in Folge dieser Vorgänge einige Gesetze erlassen. So gibt es heute besondere Beschränkungen bei Flügen insbesondere in die USA. Und auch das mehr als umstrittenen Lager in Guantanamo ist eine direkte Folge dieser Anschläge.
Selbst bei uns gab es Diskussionen, zum Beispiel über den großen Lauschangriff. In der Summe lässt sich sicher sagen, dass hier doch der eine oder andere Schritt in Richtung Überwachungsstaat getan wurde.
Vor 9/11 hätte es einen Riesenaufstand in der Bevölkerung gegeben. Wirklich wohl fühlt sich auch heute keiner damit, aber die Mehrheit der Menschen scheint die Notwendigkeit zu akzeptieren. Dies werten Verschwörungstheoretiker als klares Zeichen, dass die Anschläge vom 11. September absichtlich herbeigeführt worden sind. Nur so wäre es der herrschenden Elite möglich gewesen, eine allgemeine Akzeptanz dieser Schritte in Richtung Überwachungsstaat zu erreichen.
Und außerdem, könne es ja gar nicht sein, dass Hunderte, nein tausende von Menschen die für die CIA, das FBI, die NSA und wie sie sonst noch alle heißen arbeiten, so inkompetent sind und aneinander vorbei arbeiten, dass sie nicht in der Lage waren, einen solchen Anschlag im Vorfeld zu vereiteln. Schließlich hätte es doch genügend Hinweise gegeben.
Ist das wirklich so unmöglich? Wer, so wie ich, in einem großen internationalen Konzern arbeitet, der weiß, wie viel Energie und Effizienz durch Kompetenzgerangel und Kindergartenspielchen vernichtet wird. Ich, in meiner Naivität selbstverständlich, kann mir also ohne weiteres vorstellen, dass es tatsächlich so gewesen ist, wie es im Nachhinein dargestellt wird.
Wer das jedoch nicht kann, der sucht nach einer, für ihn logischeren, Erklärung.
Die Erklärung, die nun gefunden wird, muss natürlich durch Hinweise oder Beweise gestützt werden. Hier nun treffen wir auf eine der wichtigsten Eigenschaften von Verschwörungstheorien: das Fehlen von Beweisen ist ein wichtiges Indiz dafür, dass die Theorie wahr ist.
Das ist so ein bisschen so, wie wenn jemanden der gerade einen über den Durst getrunken hat, vorgeworfen wird, er sei Alkoholiker.
Die übliche Antwort? Ich bin kein Alkoholiker! Da aber leugnen bekanntermaßen ein Teil des Problems ist, ist der Beweis erbracht - er ist Alkoholiker!
Ich habe bewusst dieses Beispiel genommen, um zu zeigen, dass die Mechanismen der Verschwörungstheoretiker, sich durchaus auch in unserem Alltagsleben wieder finden.
Zurück zu den Verschwörungstheorien. Warum das Fehlen von Beweisen ein Zeichen für die Theorie ist? Ganz klar! Nur weil es eine Verschwörung ist, wird es auch geheim gehalten!
Und wenn es geheim gehalten wird, kann man natürlich keine Beweise finden. q.e.d. wie der Mathematiker sagt. Quod erat demonstrandum. Was zu beweisen war.
Dabei verfügt der Verschwörungstheoretiker über eine eigene Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Während es aus seiner Sicht völlig unwahrscheinlich ist, dass Hinweise im Kompetenzgerangel stecken geblieben sind, oder dass mit der Technik aus dem Jahre 1969 Menschen bis zum Mond geflogen sind, ist es in ihrer Denke selbstverständlich möglich, dass Millionen von Menschen von einer Sache wissen, aber niemand etwas ausgeplaudert.
Wie gesagt, sie leben in einer perfekten Welt. In meiner Welt hat es bisher genau eine Überraschungsparty gegeben, die funktioniert hat. Die meisten sind schon vorher aufgeflogen, weil irgendjemand sich verquatscht hat. Und dabei waren da höchstens 30 Personen involviert.
Auf der Suche nach Beweisen oder Hinweisen, wird dann das Internet durchstöbert. Dabei finden sich dann Bilder von einer Brücke in den Staaten, auf der die Durchfahrtshöhe mit 9 Fuß 11 Inch angegeben wird und in deren Hintergrund man die Twintower sieht. Schon ist ein Beweis erbracht das die Zerstörung der Twintower für den 11. September geplant war. Und selbst ein Plakat in einer Folge der Simpsons wird hier als Hinweis gewertet.
Überhaupt ist das Internet ein Quell stetiger Freude und eine wahre Fundgrube was Beweise angeht.
Besonders beliebt sind Filme bei YouTube. Und selbstverständlich gibt es viele Websites, für jede Verschwörungstheorie mindestens eine, die sich damit beschäftigen. Meistens sind es sogar mehrere. Interessant dabei ist, dass diese Webseiten sich häufig gegenseitig referenzieren, sprich als Beleg dafür nehmen, dass auch andere es ja so sehen, es also richtig sein muss.
Und es gibt natürlich auch für jede Verschwörungstheorie Seiten, die versuchen diese Theorien zu widerlegen, indem sie die Fakten darstellen und eventuelle Hintergründe erklären.
Gerade die Existenz solcher Seiten, ist aber wieder ein Beleg dafür, dass an einer Theorie etwas dran sein muss. Warum sonst würde sich jemand die Mühe machen völlig haltlose Behauptungen zu widerlegen, wenn nicht, weil sie einen wahren Kern haben?
Und je mehr Hits, also Treffer beim Suchen, es gibt, desto wahrer ist die Story.
Ich erinnere mich noch gut an einen Disput, den ich einmal mit einem Verschwörungstheoretiker geführt habe, der allein das Vorhandensein von mehreren 1000 Links für ein Thema, als Beleg dafür nahm, dass an der Sache etwas Wahres sein müsse. Meine Entgegnung an ihn war, dass es noch viel mehr Links zu den Themen Weihnachtsmann und Osterhase gäbe. Ob ich daraus jetzt schließen können, dass auch die real sein?
An der Stelle brach er die Diskussion mit mir ab mit dem Hinweis, mit mir könne man ja nicht reden, ich würde ihn ja offensichtlich nicht für voll nehmen. Anders könne er sich nicht erklären, dass ich ihm mit dem Weihnachtsmann und dem Osterhasen käme. Ich gebe zu, so ganz unrecht hatte er da nicht!
(Weiter geht es im nächsten Beitrag... Der Vortrag war ein wenig länger ;) )