@Fritzi Fritzi schrieb:DU z.B. bist auch kein Freund der "Gläubigen", weißt aber trotzdem Deine Argumente in einem gepflegten Deutsch zu formulieren, ohne, daß es kränkend wirkt.
Danke ^^
Gelingt mir nicht immer, aber meist nur dann, wenn mir ein Verhalten wirklich "stinkt". Ok, dann will ich, wenn auch nicht verletzen, bewusst provozieren.
Bezüglich des Users Naturell, ich weiß ja auch nicht, aus welchen Gründen dieser manchesmal mit solchen Wortsalven aufmarschierte. Woher auch.
Dennoch finde ich so manches, was er ausgesprochen hat, durchaus überlegenswert. So etwa die Sache mit der Identifikation in Verbindung mit religiösem Glauben.
Die Schwierigkeit besteht vielleicht darin, dass man sich, als Gläubiger, wohl nicht so einfach hinstellen und sein eigenes Bild von Gott (mit eben allen Empfindungen, Gedanken, Eigenschaften) als
sein eigenes Bild zu sehen. Und dann vielleicht zu sagen: "Hey, ist ja interessant, woher habe ich das alles eigentlich? Wie funktioniert das bei mir? Und wozu ist das gut für mich?"
Auf solche aufgeworfenen Fragen wurde bisher nicht eingegangen, was ich schade finde.
Lediglich soetwas wie: "Wenn du das so glaubst, dann ist das eben auch nur dein Glaube!"
Mag ja ein berechtigter Einwand sein. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine Reaktion auf der sachlichen Ebene (also inhaltlich) nicht passiert ist.
Nein, damit möchte ich jetzt nicht sagen, dass Naturell immer sachlich gewesen ist
;)Fritzi schrieb:Dieses Forum ist doch zum Diskutieren da, das bedeutet, seine Meinungen miteinander austauschen, und nicht andere zu bekehren (vom Glauben oder Unglauben) oder zu beleidigen.
Ich finde es gut, daß hier von der "Regie" durchgegriffen wird.
Austausch ja, bekehren nein. Zustimmung.
Ob ich es gut finde, dass hier "durchgegriffen" wurde oder nicht, will ich gar nicht sagen. Ganz persönlich finde ich es schade, weil ich, wie erwähnt, einige der Beiträge sehr interessant fand. Andererseits weiß ich nicht, was vielleicht schon an Verwarnungen u.ä. vorher gelaufen ist.
@snafu snafu schrieb:Dadurch bekamen jene, welche offensichtlich eine Verbindung, Kontakt zu dem Phänomen hatten, Macht und Verantwortung, welche sie in ihrem Stand erhöhte.
Waren wohl die ersten "Häuptlinge", die ersten Herrscher, welche später zu Herrschern ganzer Länder wurden.
Wie es der Zufall so will ...
Lese gerade N. Luhmann
zur EinführungUnd Luhmann beschreibt in seiner Systemtheorie der Gesellschaft einen evolutionären Prozess von einer segmentierten Sozialform (Häuptlinge, Priester, auch erblich und in ganzen Familien) über eine Ordnung der sozialen Schichtung (Caesaren, Monarchie etc.) bis zu einer heutigen funktionalen Differenzierung entwickelt haben. (Was wohl danach kommen könnte?)
Irgendwie passt dein Bild als ein möglicher Anfang der der sozialen Ordnung ganz gut da rein
;)@Interessierte:
Wie gerade erwähnt lese ich den N. Luhmann und habe folgendes gefunden, was, wie ich meine, hier im Kontext ganz gut passt. Es geht, grob gesagt, darum, wie sich das Verhältnis von Religion zum Rest der Gesellschaft verändert hat. Luhmann (Systemtheorie der Gesellschaft) beschreibt die Gesellschaft als ein Gefüge von Subsystemen, die nebeneinander existieren, sich gegeneinander abgrenzen und mit einander wirken. Subsysteme sind z.B. Recht, Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und eben auch Religion.
In Ägypten war die Religion noch vorherrschend und die Führung nicht von Religion zu trennen. Im Mittelalter und darüber hinaus war die Religion führend, aber es gab andere Systeme, die sich mit der Religion um die Vorherrschaft über die Welt stritten. Heute gibt es, nach Luhmann, kein führendes System mehr. Auch das Politiksystem ist nur eines der Subsysteme und kann nicht beliebig z.B. über das Wirtschafts- oder Kunstsystem verfügen. Nennt er dann "funktional differenziert".
Jedes dieser Systeme produziert einen binären Code der eigenen Systemkommunikation. Als Beispiel etwa das Rechtssystem, mit dem binären Code Recht / Unrecht. Dabei ist "Recht" nicht gleich "moralisch gut" und "Unrecht" nicht "moralisch falsch". Als Beispiel etwa: Atomwaffengegner, die sich vor solchen Stellungen postieren und deren Aufbau behindern mögen die "Moral auf ihrer Seite haben, sie handeln unrecht." An diesen Code Recht / Unrecht muss sich ein Richter auch dann halten, wenn er persönlich der Meinung ist, dass die Protestierenden "im Recht" sind (moralisch gesehen).
Dies kurz vorweg, geht Luhmann wie folgt auf das Religionssystem ein:
Luhmann schlägt für den religiösen Bereich das Differenzschema von Immanenz und Transzendenz vor. „Immanent ist demnach alles, was die Welt, wie sie ist, für innerweltliche Beobachtung bietet […]. Transzendenz ist dasselbe – anders gesehen. Die (immanente) Vorstellung der Transzendenz operiert mit einem Bezugspunkt außerhalb der Welt. Sie behandelt die Welt so, als ob sie von außen gesehen werden könnte.“ (GS III 313) Douglas Hofstadter hat derartige Operationen als „strange loops“ bezeichnet: „somthing IN the system acts ON the system as if ot were outside“. Die Paradoxie dieses Codes liegt auf der Hand: Alle Transzendenz ist nur immanent möglich, die nur einmal vorhandene Welt wird dupliziert. „Psychologisch heißt dies, dass der Glaube an die Wirklichkeit der Transzendenz unversehens immer wieder in den Glauben an die Wirklichkeit des Glaubens übergeht.“ Hier ist meine Frage an die gläubigen unter euch, ob ihr diese Gedanken nachvollziehen könnt und, egal ob ja oder nein, was bei euch vorgeht, wenn ihr solche Meinungen lest? Für mich ist dieser Gedanke in sich logisch („somthing IN the system acts ON the system as if ot were outside“), mich interessiert hier aber gerade die Meinung aus der Perspektive eines Glaubens heraus.
Kein Individuum kann heute auf die Teilnahme an Funktionssystemen wie Ökonomie, Erziehung oder Recht verzichten. Bei der Religion – wie auch bei der Kunst – ist es umgekehrt. „Man kann geboren werden, leben und sterben, ohne an Religionen teilzunehmen; und auch wenn die Religion sagen wird, dass dies alles in Gottes Welt geschieht, kann der Einzelne dies schadlos ignorieren. Die Möglichkeit religionsfreier Lebensführung ist als empirisches Faktum nicht zu bestreiten […] Alle anthropologischen Begründungen der Funktion von Religion brechen an diesem Tatbestand zusammen; weder Sinnbedürfnisse noch Trostbedürfnisse halten die Religion am Leben. Man kann höchstens sagen, dass sie sich bereithalten sollte, für den Fall, dass jemand solche Bedürfnisse kommuniziert.“Auch hier interessiert mich die Frage, wie aus einer Perspektive des Glaubens die Möglichkeit "religionsfreier Lebensführung" gesehen wird. Bedrohlich? Bedauerlich? Was kommt für euch, als Einzelne, hinzu, was nicht-Gläubigen Mitmenschen fehlt?
„Sie [die Religion] muss nicht mehr Irrglauben, Ketzertum und Häresie bekämpfen, sondern offen und zugänglich sein, […] Allerdings gibt es durchaus Nischen, in denen Religionsformen überleben können, die der Moderne nicht angepasst sind. Die heutigen Evolutionstheorien zeigen, dass auch unangepasste Systeme überleben können, wenn sie nur irgendwie ihre Autopoiesis fortsetzen können. Ebenso sind entsprechende Neubildungen möglich. Solche Erscheinungen werden dann als sektenhafte Züge wahrgenommen.“
Wie erlebt ihr das auseinander driften der einzelnen Gruppierungen oderschlicht, was ist es, was euren Blick auf die Welt und all die verschiedenen Religionen wieder zusammen bringt und euch innerlich das Gefühl oder den Gedanken ermöglicht, das die Welt doch eins ist?
Den Bezug zum Topic hat dieser Beitrag, wie hoffentlich ersichtlich geworden ist, dadurch, dass hier die Frage nach der Evolution der Schöpfungsmythen bzw. deren gesellschaftlichen Vehikel, der Religion gestellt wird.
Gespannt auf die Antworten
Lacanianer