Prickelhirn schrieb:Endzeitlich gestimmte Zeitgenossen könnten nun durchaus die Ansicht vertreten, Europa und der nahe und mittlere Osten würden in naher Zukunft urplötzlich mit einer dicken Ascheschicht überzogen, um endlich das dortige unselige Gezanke zu beenden...
Oh, ein Schelm...
:) :Y:@Negev Das Witzige ist, dass wir uns ja an sích ziemlich einig sind...
Negev schrieb:Nun, als jemand der in Europa lebt, wäre mir das Chaos groß genug.
Blues666 schrieb:Für Italien dürften die Auswirkungen tatsächlich verheerend sein, die Kosten immens und die Todeszahlen schrecklich.
Du fürchtest - offenbar - direkte Auswirkungen auf Europa. Nun, Europa ist groß. Und die Auswirkungen des zu erwartenden Ascheregens sind wohl auch von der Windrichtung abhängig. Vulkane.net schreibt dazu:
Ein Ausbruch der Stärke VEI 8 würde in Abhängigkeit von der Windrichtung sogar das 250 km entfernte Rom mit Asche bedecken. Die Aschewolke würde die Alpen überwinden und für Aschefallout in Deutschland sorgen. Der Flugverkehr über Europa käme zum Erliegen. So eine Katastrophe hätte fatale Folgen für die Weltwirtschaft.
Wenn man bedenkt, welch ein Flugchaos schon der vergleichsweise schwache Ausbruch des Eyjafjallajökull (in den ersten 3 Tagen wurden 0,14 Kubikkilometer Tephra gefördert) im Frühjahr 2010 verursachte, bedarf es nicht viel Fantasie, welche Auswirkungen ein Vulkanausbruch hätte, der mehr als das 1000 fache an Lava fördert und diese bis in die Stratosphäre bläst.Das klingt schon alles bedenklich. Und - ich betone nochmals - das ist es auch.
Blues666 schrieb:kein Knallfrosch
Ich will mit meinen Relativierungen nur vermeiden, dass - wenn man von den Phlegräischen Feldern als Supervulkan spricht - die damit verbundenen Ängste - die sich aber auf die Berichte über Yellowstone (der wesentlich mächtiger ist) beziehen - das Ruder in die Hand nehmen und eine objektive Beurteilung der Situation eines Ausbruchs der Phlegräischen Felder - die natürlich schrecklich genug wären - verhindern oder verzerren.
Wie Du merkst, ich liebe Bindestriche und Klammern...
:)Man könnte das Ganze auch kürzer ausdrücken: Leute, lasst doch mal die Kirche im Dorf! Ja, ein Ausbruch wäre schlimm. Und er würde zu globalen Auswirkungen führen. Aber - um Himmels Willen - er wäre nicht das Ende der Welt oder wenigstens der Zivilisation. Denn genau das suggeriert das Wort "Supervulkan", weil einfach die meisten Menschen an die Berichte über Yellowstone oder Toba denken. Und ich glaube, auch viele derer, die hier vielleicht mitlesen, weil "Supervulkan" ja auch ein wirkungsstarkes Buzzwort ist...
Man kann die Phlegräischen Felder aber nicht mit solchen Monstern vergleichen, so gewaltig ein Ausbruch auch werden könnte und wie verheerend die Auswirkungen auch sein würden. Das sind zwei paar Schuhe. Nach offiziellen Maßstäben haben Supervulkane einen VEI (Vulkaneruptionsindex) von 8, die Phlegräischen Felder haben immer noch 7 - 8. Nur zur Erinnerung: VEI 8 ist 3 - 7 mal größer als der größte bisherige Ausbruch der Felder, und das wäre erst der Anfang von dem, was echte Supervulkane zu bieten haben.
So...
Nichts desto trotz hätte ein Ausbruch verheerende Folgen. Nur, wie will man die eingrenzen, einschätzen?
Ich schlage vor, zuerst einmal von den direkten und von den indirekten Folgen zu sprechen.
Direkte Folgen: Folgen durch pyroklastische Ströme, Lavafluss, Lavabomben und Aschregen.
Indirekte Folgen I: Folgen durch Lahare (Schlammströme)
Indirekte Folgen II: Folgen durch kurzfristige Klimaänderungen
Indirekte Folgen III: Folgen durch ökonomische Einbußen.
Ich betone: ich bin kein Vulkanologe oder Geologe. Meine Angaben könnten zufällig mit seriösen Schätzungen einigermaßen übereinstimmen. Das würde mich freuen, wetten würde ich nicht darauf.
Direkte Folgen:
Gehen wir mal von einem eher explosiven Ausbruch aus. Die PF haben bisher sowohl explosive als auch effusive Ausbrüche verzeichnet, aber die explosiven Ausbrüche sind schon in der Mehrzahl, wenn man den Geologen glaubt. Also...
Lavafluss: Sagen wir mal, Tephra = 200 Km³, ich schätze mal den Lavafluss mit 5 % (aus dem Bauch heraus), also rund 10 Km³, bei einer durchschnittlichen Dicke von - na ja - 30 Metern wäre das so etwa 330 Km² Land, das von Lava verschlungen wäre. Man kann wohl davon ausgehen, dass die meisten Menschen, die im Umkreis des Vulkans leben, nicht dem Lavafluss zum Opfer fallen werden (bei explosiven Ausbrüchen ist die Lava meist eher dickflüssig und daher eher langsam), wer bis dahin noch dort ist, kann aber aus anderen Gründen (Ascheregen, CO2-Ausstoß) nicht mehr fliehen. Ein paar Leute, die nicht wollen, gibts immer (konnte man auch bei "kleineren" Ausbrüchen wie Montserrat oder Pinatubo sehen), also sagen wir mal 1000 Opfer.
Lavabomben: Ach komm. Sagen mer mal 10...
:)Pyroklastische Ströme: Upps, jetzt wirds interessant. Ich schätze, dass ein Ausbruch mit Tephra 200 Km³ ein Gebiet von locker 3.000 bis 5.000 Km² betreffen können. Sagen wir der Einfachheit halber, ein Gebiet von ca. 80 Km Durchmesser (5.024 Km²).
Was? So klein? Ja. So klein. Da es aber sicherlich eine Menge Leute geben wir, die sich nicht evakuieren lassen wollen, weil sie ja eh 20, 30 oder 40 Km vom Vulkan entfernt sind und sie sich daher sicher fühlen, könnten hier die Opferzahlen schon in den 6-stelligen Bereich gehen. Sagen wir mal 108.990 (zusammen bisher 110.000).
Aschregen: Satan smiles. Der könnte sich durchaus über eine Fläche von mehreren Millionen Quadratkilometern verteilen. Nehmen wir mal 10 Millionen Km², davon 50 % Land (allerdings, den vorherrschenden Winden folgend eher im Osten), durchschnittlich besiedelt, und 10 % sterben direkt an den Folgen des Ascheregens (Zerstörung der Lungen durch eingeatmete Partikel). Keine Ahnung, wie weit diese Einschätzung realistisch ist, aber dann reden wir von etwa 10 Millionen Toten.
Und das ist erst der Anfang...
Indirekte Folgen:
Indirekte Folgen I: Folgen durch Lahare (Schlammströme)
Bei vielen Vulkanausbrüchen sterben die meisten Menschen erst später, wenn der Ausbruch vorbei ist und trügerische Sicherheit herrscht. Sie kehren zurück in Ihr Land, um die Schäden zu sichten und zu überlegen, was sie jetzt machen, dann aber zieht Regen auf und plötzlich kommen - scheinbar aus dem Nichts - riesige Lahare (Schlammfluten) daher und machen alles Platt. Dies betrifft Gebiete mit massivem Aschregen. Sagen wir mal ein Zehntel des gesamten von Asche bedeckten Gebiets, also ca. 500.000 Km² Land und - tja, schwer zu sagen - etwa (aus dem Bauch) nochmals 1 Million Tote.
Indirekte Folgen II: Folgen durch kurzfristige Klimaänderungen
Kaum abzuschätzen. Ein neues "Jahr ohne Sommer" stünde bevor, allerdings waren beim Ausbruch des Tambora die Ernteausfälle nicht überall auf der Welt zu verzeichnen. Trotzdem sollten wir mit ca. 100 Millionen Toten rechnen.
Bis hierher käme ich auf über 111 Millionen Tote.
Lassen wir die Toten ruhen. Auch die Lebenden werden Probleme haben...
Indirekte Folgen III: Folgen durch ökonomische Einbußen.
Tja, wie soll man das Abschätzen. Der Schaden würde wohl in die -zig Billionen Euro gehen. Grenze nach oben ungewiss.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Weltwirtschaft auf Jahrzehnte vernichtet wäre. Und da handelt es sich nicht um Kohle, die man mal eben buchhalterisch generiert und in irgendwelche Finanzmärkte pumpt. Das wäre alles andere als virtuelles Geld. Ein Schlag, von dem sich die Weltwirtschaft wohl ein Jahrhundert lang nicht erholen würde.
Es wäre alles anders als vorher...
Aber...
:)Guess, what comes?
Das wäre immer noch nichts gegen einen Ausbruch eines echten Supervulkans (mit dem 10fachen Ausstoß oder mehr).
Okay, Mimimi beendet.
:)