Indonesiens Vulkane erwachen
Wird Supervulkan Toba aktiv? Sein letzter Ausbruch hätte die Menschheit fast ausgerottet Hannover - In Indonesien beginnen nach den schweren Erdbeben der vergangenen Monate jetzt die Vulkane unruhig zu werden. Am Dienstag brach der Talang auf der Insel Sumatra aus. Inzwischen melden die Behörden "erhöhte Aktivität" bei acht weiteren Vulkanen. Der australische Vulkanologe Ray Cas von der Universität Monash warnt gar, der 300 Kilometer nördlich des Talang gelegene Supervulkan Toba könne erwachen.
Der letzte Ausbruch des Toba vor 74 000 Jahren verdunkelte die Erde sechs Jahre lang, die Welt kühlte sich deutlich ab. Der folgende "vulkanische Winter" hat die Vorfahren der heutigen Menschen genetischen Untersuchungen zufolge auf 5000 bis 10 000 Überlebende dezimiert - Homo sapiens wäre fast ausgestorben. Der Toba spie seinerzeit etwa 10 000mal mehr Material aus als der Mount St. Helens im Jahre 1980 - eine der größten Eruptionen des vergangenen Jahrhunderts. Bei einem erneuten Ausbruch würden Millionen Menschen sterben, und die Welt müßte Flüchtlingsströme und Hungersnöte verkraften.
Vielfach wird gemutmaßt, die starken Erdbeben der letzten Zeit in Indonesien hätten die Gefahr von Vulkanausbrüchen in der Region vergrößert. Erdbeben und Vulkane treten durchaus häufig in der gleichen Region auf - nämlich dort, wo sich Erdplatten übereinanderschieben. Während sich aber Erdbeben nahe der Kollisionszone der Platten ereignen, bilden sich Vulkane etwa 250 Kilometer landeinwärts: dort, wo in mehr als 100 Kilometer Tiefe Wasser aus der abtauchenden Erdplatte herausgequetscht wird und emporquillt. Das Wasser senkt die Stabilität des darüberliegenden Gesteins, das daher zu Magma schmilzt. Irgendwann bricht dann dieses Magma an die Oberfläche: So sind die 500 Vulkane Indonesiens entstanden.
Die zentrale Frage lautet: Können Erdstöße über diese Distanz einen Vulkan zum Ausbruch anregen? Der umgekehrte Mechanismus ist die Regel - Magmabewegungen in Vulkanen lösen regelmäßig Beben aus. Andersrum verändern starke Erdbeben wie jenes am zweiten Weihnachtsfeiertag die Gesteinsspannungen im Umkreis von mehreren hundert Kilometern.
Der diesen Beben nächstgelegene Vulkan ist ausgerechnet der Supervulkan Toba. Doch die Apokalypse dürfte trotzdem auf sich warten lassen. Denn: "Nur Vulkane, die bereits kurz vor dem Ausbruch stehen, könnten eventuell aufgrund von Erdbeben in einen kritischen Zustand geraten", meint der Geophysiker Hans-Joachim Kümpel vom Geozentrum Hannover. Möglicherweise wirken sich starke Beben auf die Magmavorräte eines Vulkans aus. Gase könnten quasi aus dem Magma geschüttelt werden und den Druck unter der Erde erhöhen.
Wenigstens einmal könnte jedoch ein Erdbeben eine Vulkaneruption verursacht haben: Nach dem stärksten je gemessenen Beben am 22. Mai 1960 vor der Küste Chiles brach zwei Tage später der nahegelegene Vulkan Cordon aus. Das Tsunami-Beben von Weihnachten und jenes vor vier Wochen vor Sumatra gehören ebenfalls zu den stärksten bekannten Beben. Nicht auszuschließen also, daß diese besonderen Ereignisse außergewöhnliche Konsequenzen haben.
Am Horizont droht der Vulkan Talang: Menschen in der Nähe der Stadt Solok
Foto: AP
(Quelle:
http://www.welt.de/data/2005/04/16/705047.html)
Die Wahrheit ist seltsamer als die Fiktion, weil die Fiktion Sinn machen muss.