@toz Besorg dir mal die Enyklopädie der psychoaktiven Pflanzen von Christian Rätsch, kostet zwar etwas, aber das lohnt sich wenigstens.
Vorwort
des Verfassers
Meine Oma hat mir viele Weisheiten vererbt, an
die ich mich erfolgreich mein ganzes Leben gehalten
habe. Besonders ihr Spruch »Probieren geht
über Studieren<< hat mich mai3geblich beeinflußt
und mir den Weg zu den psychoaktiven Pflanzen
wesentlich erleichtert.
Als ich zehn Jahre alt war, das war 1967 im
)>Sommer der Liebe<<, habe ich im Radio das erste
Mal von Haschisch gehört. Eine drohende Stimme
sprach von den >junglaublichen Gefahren«, die mit
der »neuen Rauschgiftwelle« aus den USA über
unsere gefährdete Jugend hereinbrechen werde. Es
wurde dramatisch das Bild skizziert, das auch
heute noch die Drogenpolitik beherrscht: Haschisch
sei eine Einstiegsdroge, die unweigerlich,
sozusagen zwingenderweise zum Tod durch den
goldenen Heroinschuß führe. Schreckliche Nachrichten!
- Aber zu jener Zeit hatte ich schon gelernt,
daß man seinen Lehrern und konservativen
Politikern nicht trauen kann. Ich spürte instinktiv,
daß die Stimme im Radio log. Ergebnis der Sendung:
Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als endlich
einmal selbst Haschisch zu probieren (meine
Zigarettenerfahrungen hatte ich schon abgeschlossen
und bemerkt, daß ich daraus keinen Nutzen
oder Genui3 ziehen kann). Zur damaligen Zeit war
es nicht so leicht wie heute, an etwas Haschisch
heranzukommen. Es dauerte zwei Jahre, bis ich die
erste Gelegenheit dazu hatte. Bis dahin hatte ich
nur getrocknete Bananenschalen geraucht und
selbstsynthetisiertes Chloroform inhaliert. Eines
Morgens im Schulbus ging ein älterer Mitschüler
durch die Reihen und flüsterte: »Hasch, Hasch, wer
will Hasch?{{ - ))Ich!« schrie ich, kaum meine
Freude und Erregung unterdrückend. Damals kostete
das Gramm 3,50 Mark, mein ganzes Taschengeld.
Aber was bedeutet schon Geld, wenn es um
die Erfüllung eines zweijährigen Wunsches geht?
Mit dem Haschisch in der Tasche saß ich in der
Schule, die mich wie üblich zu Tode langweilte,
und lauerte darauf, endlich nach Hause zu kommen.
Nach der Qual der Schule war es dann soweit.
Ich stand zu Hause mit meinem kostbaren Gut
und überlegte, wie ich es rauchen könnte. Tabak
fiel aus, denn den mochte ich wirklich nicht. Ich
ging in die Küche, sah eine Tüte mit getrockneten
Pfefferminzblättern und wußte sofort, dai3 ich die
geeignete Trägersubstanz gefunden hatte. Ich radelte
in den nahe gelegenen Wald, stopfte die Pfeife
mit Minze und Haschisch und entzündete sie. Ich
spürte sogleich, daß ich diese Rauchmischung im
Gegensatz zu den ekelhaften Zigaretten recht problemlos
inhalieren konnte. Viel Wirkung merkte
ich nicht, aber genug, um weiter zu experimentieren.
Das nächste Mal fuhr ich mit einem Freund in
den Wald, wo wir zusammen die Pfeife rauchten. oDie Gedanken sind frei, (. . .)
Diesmal überfiel uns eine unglaubliche Heiterkeit; denn meine Gedanken zerreit3en die
wir kugelten uns vor Lachen. Schranken und Mauern entzwei . . .«
Heute weiI3 ich, daß die Suche nach dem Ha- De11 tssches Volkslied
schisch und die Überlegung, womit es sich am besten
kombinieren ließe, der Beginn meiner ethnopharmakologischen
Forschung war. Auch heute
noch suche ich psychoaktive Pflanzen in allen
Winkeln der Welt und experimentiere mit ihnen so
lange herum, bis ich damit für mich bedeutende
Erfahrungen mache und Erkenntnisse gewinnen
kann. Auch heute noch habe ich das Gefühl, angelogen
zu werden, wenn Medien und Politiker von
)>Drogen« oder »Rauschgift« reden, und denke:
»Ach, hättet ihr doch auch als Zwölfjährige eine
gute Haschischpfeife geraucht; viele Probleme
wären uns erspart geblieben!«
Bei meinen Forschungsreisen nach Nepal habe
ich gelernt, daß die drei Grundübel des Daseins
Haß, Neid und Ignoranz sind. Die tantrische Lehre
hat allerlei Methoden gefunden, sich dieser
Grundübel bewuI3t zu werden und sie durch veränderte
Bewuf3tseinszustände zu überwinden. Ich
wünsche allen Menschen - vor allem den Politikern
und Psychiatern der westlichen Länder -, daß
auch sie eines Tages begreifen, daß eine Hauptursache
für den katastrophalen Zustand unserer
Mutter Erde die Ignoranz ist!
Auf meinen ausgedehnten Reisen in allen Kontinenten
habe ich immer wieder beobachten können,
daß Menschen aller Kulturen, aller sozialen
Schichten, aller Religionen und Hautfarben psychoaktive
Pflanzen oder psychoaktive Produkte
konsumieren. Warum nehmen Menschen psychoaktive
Substanzen ein? - Weil ein Grundbedürfnis
nach Berauschurig, Ekstase, seligem Schlaf, Erkenntnis
und Erleuchtung in unseren Genen festgeschrieben
ist.
Während der Arbeit am Manuskript zum vorliegenden
Buch habe ich realisiert, daß es sich um
mein »erstes Lebenswerk« handelt. Hier fließen
Forschungsergebnisse und Erfahrungen der letzten
zwanzig Jahre zusammen. Ich habe Informationen
in aller Welt gesammelt, eine große Spezialbibliothek
aufgebaut, unzählige Kongresse und
Symposien besucht, mich durch die Pflanzenwelt
fotografiert und mit möglichst vielen psychoaktiven
Pflanzen experimentiert. Diese Sammlung an
Wissen hat sich nun in dieser Enzyklopädie geordnet
und verdichtet.
Dr. phil. Christian Rätsch