@StUffz: Die Ausdrücke Gnosis, Gnostik und Gnostizismus werden oft unterschiedslos verwendet. Üblicherweise bezeichnet Gnosis ein religiöses Geheimwissen, das die Gnostiker nach eigenem Verständnis von der übrigen Menschheit abhebt.
In der Literatur des zweiten und dritten Jahrhunderts war „Gnostiker“ eine gängige Bezeichnung für (christliche, jüdische wie heidnische, hellenistische) Intellektuelle. Gnosis bedeutete Erkenntnis im allgemeinen Sinn. Die Selbstbezeichnung als „Gnostiker“ ist oft unspezifisch. Gnostische Bewegungen im spezifischen Sinn wurden nach ihren Führern oder Gründern als Valentinianer, Simonianer oder Basilidianer bezeichnet, was aber vermutlich bereits Fremdbezeichnungen von Kritikern sind, während einige dieser Gruppen sich vermutlich schlicht „Christen“ nannten.[1]
Die unspezifische Selbstbezeichnung als Wissende oder Erkennende wurde im Gefolge antignostischer Polemik christlicher Theologen (insbesondere Irenäus von Lyon) ausgedehnt auf jene geistig nahestehende Lehren, welche Glaubensinhalte mit spekulativ-philosophischen Elementen versahen und unter verschiedenen Hinsichten in Abhängigkeits- oder Ähnlichkeitsbeziehungen zu stehen scheinen.
Die spätere Literatur setzte oft eine einheitliche Bewegung namens Gnosis voraus. Der Begriff Gnostizismus entstammt der Neuzeit. Der englische Philosoph und Theologe Henry More prägte ihn im 17. Jahrhundert zur Zusammenfassung sämtlicher christlicher Häresien. Seit dem 18. Jahrhundert dient Gnosis oder Gnostizismus auch als Interpretationskategorie für zeitgenössische religiöse oder philosophische Strömungen (etwa bei Ferdinand Christian Baur, Johann Gottlieb Fichte oder Rudolf Steiner). Damit gerät freilich das religionsgeschichtliche Phänomen, welches in der Antike als Gnosis bezeichnet wird, aus dem Blick. Auf dem Gnosis-Kongress von Messina wurde daher 1966 eine präzisere Sprachregelung vorgeschlagen. Danach bezeichne Gnosis ein „Wissen um göttliche Geheimnisse, das einer Elite vorbehalten ist“, Gnostizismus hingegen „eine bestimmte Gruppe von Systemen des 2. Jahrhunderts nach Christus“, welche durch historische und typologische Merkmale umgrenzt wird. Dieser Vorschlag steht nicht nur in Konflikt mit der Begriffsgeschichte (etwa insofern er das religionsgeschichtliche Phänomen von einem für Historiker unbrauchbaren Gnosis-Begriff abtrennt), sondern ist auch unterbestimmt.
In der jüngeren Diskussion ist – abhängig von der historischen Einschätzung – umstritten, ob Gnosis als Bewegung innerhalb der christlichen Religion (mit möglicherweise vorchristlichen Vorstufen) zu fassen ist (so etwa Adolf von Harnack[2]) oder als Weltanschauung oder Religion, die sich verschiedenen Religionen anpassen kann (so etwa Quispel und zeitweise Hans Jonas[3] oder Eric Voegelin). Hierbei wird unterschiedlich beurteilt, ob Gnosis eine ursprünglich eigenständige Religion oder einen Versuch darstellt, die jüdisch-christliche Religion philosophisch zu untermauern, was dann in der manichäischen Religion endet. Insbesondere jüngere Textfunde haben die Einsicht geschärft, dass es ein einheitliches Phänomen Gnosis nur im Rahmen typologischer Konstruktionen gibt (so etwa Markschies). Teilweise behalten Religionswissenschaftler den Terminus Gnostizismus auch den ausgearbeiteteren Systemen des späten 2. und 3. Jahrhunderts vor. Im angelsächsischen Sprachgebrauch hat sich der Terminus gnosticism weitgehend zur religionswissenschaftlichen Eingrenzung auf spezifische mythische Erscheinungsformen durchgesetzt.