@gocrazy "Wird es bald verboten sein einen festen Glauben zu predigen? Also Fundamentalismus?"
Ich bin kein Hellseher, woher also soll ich das wissen? Und was heißt bald? Morgen, nächstes Jahr, in zehn Jahren? Möglich...
...Einen festen Glauben zu predigen? Also Fundamentalismus?
Ein Glaube sollte schon fest sein, was ist er sonst wert? Ein Zahn sollte auch fest sein, sonst kann man nicht gut drauf kauen.
Glaube kann man nicht predigen - den kann man nur in sich haben oder nicht. Man kann über den Glauben predigen, aber den Glauben selbst kann man nicht predigen.
Ist ein fester Glaube schon Fundamentalismus?
Ein lockerer Glaube, mal so, mal so, ohne ein Fundament, ist das überhaupt ein Glaube? Braucht nicht auch der Glaube ein festes Fundament? So wie ein Haus?
Ist es denn, wenn ich "ganz fest an Gott glaube" schon Fundamentalismus?
Was ist überhaupt ein Fundament und was ist Fundamental und was ist Fundamentalismus?
Ein Fundament ist ein Grundgefüge.
Fundamental ist das, was Grundlegend ist, das kann auch ein Lehrsatz in der Wissenschaft sein.
Wenn man etwas wie die Bibel als alleinige Glaubensgrundlage betrachtet, ist man dann schon ein Fundamentalist?
Fundamentieren heißt auch begründen oder untermauern. Im religiösen Sinne muss ich also, wenn ich an einen Gott glaube ja irgend etwas haben, auf dass sich mein Glaube stützt. Und wenn ich über meinen Glauben etwas gefragt werde, muss ich das doch anhand von etwas, wovon ich überzeugt bin auch untermauern können.
Ich denke, wir wissen oft nicht wirklich, was Fundamentalismus ist, wir betrachten diese Dinge manchmal im sprachlichen Umgang etwas zu oberflächlich.
Alles, was man an Überbauten konstruiert, ob es nun Häuser sind, ob es eine Glaubenslehre ist, oder eine staatliche Rechtsordnung, alles benötigt eine feste Grundlage, ein Fundament. Das ist daher nichts schlechtes, sondern etwas höchst notwendiges. Ohne solch ein Fundament hinge alles in der Luft und würde einstürzen.
Wann wird aber aus einer festen Grundhaltung ein -ismus?
"Man könnte es meinen weil die Gesellshaft immer mehr annimmt das Fundamentalisten eine Gefahr darstellen"
Wann wird überhaupt etwas zu einer Gefahr?
- Der Bibel wortwörtlich glauben
Das kann man schlecht verbieten. Es besteht lediglich die Gefahr, dass man dadurch den Inhalt nicht richtig versteht, oder dass der Sinn nicht deutlich wird. Wäre das an sich gefährlich, dass man die Art, wie man etwas aufzufassen hat, vorschreiben sollte?
- Zu Glauben das nur meine Religion die Wahrheit ist
Das behauptet ja fast jede Religion für sich. Wenn sie es nicht wäre, oder wenn man selbst nicht davon überzeugt wäre, müsste man sich fragen, warum man dann überhaupt in dieser Religion ist.
Glauben (was auch immer) kann man schlecht verbieten. Ist das schon gefährlich an sich, wenn man glaubt, innerhalb einer bestimmten Religion für sich die Wahrheit gefunden zu haben?
- An die Schöpfung Glauben
Glauben (was auch immer) kann man schlecht verbieten, man könnte verbieten, dass über die Schöpfungslehre gesprochen wird, aber ob die, die dann nicht mehr darüber reden dürften, das worüber sie schweigen sollen, tatsächlich nicht mehr glauben, wie will man das prüfen/unterbinden?
Ist es Gefährlich, wenn jemand glaubt, ein von Gott geschaffenes Wesen zu sein? Ist der Schöpfungsglaube an sich überhaupt so diametral der Evolutionstheorie entgegen gesetzt?
- Alle anderen Religionen ablehnen
Was heißt ablehnen? Für sich selbst als nicht passend definieren? Grundsätzlich dagegen sein, dass es neben der eigenen Religion auch noch andere gibt, die etwas anderes glauben? Das wäre in der Tat fatal, denn dieses Recht würde dann auch durch die anderen Religionen die eigene in Frage stellen. Ich denke, hier erst beginnt tatsächlich so etwas wie Fundamentalismus !
- Homosexualität als Sünde zu sehen
Wie man etwas persönlich sieht, oder zu sehen hat, kann man auch schlecht vorschreiben. Man kann Homosexualität als solche akzeptieren oder Menschen, die homosexuell sind. In den meisten Fällen kann niemand etwas dafür, wie er sexuell geprägt ist oder welche Neigungen er hat. Als gleichberechtigten Bestandteil in der Gesellschaft zu akzeptieren, genauso wie Heterosexualität, ohne dass hierdurch einem wie auch immer geprägten, Nachteile entstehen, das wäre auch sicherlich vereinbar mit denen, die darin eine Sünde sehen. Denn auch Sünder haben die gleichen Rechte und Sünder sind wir mehr oder weniger ja alle. Es geht also mehr um den Umgang, weniger um die Sichtweise.
- diese Dinge natürlich auch Predigen
Gehört eine Predigt nicht auch zur freien Meinungsäusserung? Ob es nun ein Pastor in der Kirche ist, ob ein Abgeordneter im Plenarsaal, ob ein Professor in einem Hörsaal... Wenn wir anfangen die öffentliche Rede zu verbieten, oder zu zensieren, schneiden wir uns dann dadurch nicht selbst eine dicke Scheibe an Grundrechten wie der freien Meinungsäusserung ab und verzichten damit auf etwas sehr wertvolles, nur um Glaubensmenschen in ihrer Entfaltung einzuschränken?
Oder sollte man die Religionsfreiheit im Grundgesetz einschränken? Soll der Staat einem letztlich vorschreiben, was und wie der Bürger zu glauben hat? Wäre das wünschenswert?
Wo wird ein fundamentierter Glaube fundamentalistisch? Und wo wird er tatsächlich eine Gefahr? Wo soll man eine Grenze ziehen? Oder soll man dem Glauben bzw. den Religionen gar ihr Fundament entziehen? Die Übergänge sind fließend. Ein Entzug eines Fundaments ist gleichbedeutend mit Einsturz des gesamten Komplexes. Was kann man also tun, um dem Fundamentalismus entgegen zu steuern? Oder ist das überhaupt notwendig?
Ich möchte hier erst einmal nur meine eigenen Gedanken zur These festhalten, ich möchte auch nicht auf alles eine Antwort geben und habe bewusst, um zum Nachdenken darüber anzuregen vieles in Fragen formuliert.
Ich möchte damit nur deutlich machen, so einfach mal eben über Fundamentalismus hinwegfegen und ihn grundsätzlich abzuurteilen als eine Gefahr und zu verbieten, was an Glaubensgrundlagen zu einer Religion gehört, das ist mir etwas zu undifferenziert. So einfach ist das nicht. Und jeder hat seine eigene Definition von Fundamentalismus, der Begriff ist auch nicht scharf umrissen und einheitlich festgelegt. Was für den einen ein Glaubensfundament ist, das ist für den anderen schon Fundamentalismus... Was der eine als Bestandteil seiner Freiheit versteht, ist für den anderen eine Gefahr...