1) der Einfluss von Miltons Paradise Lost und von Dante kann schon deshalb nicht prägend für die Vorstellungen der Hölle im Christentum gewesen sein, weil es ähnliche Beschreibungen schon lange vorher, insbesondere im Mittelalter gab
Und weil zu dem Zeitpunkt, wo diese Bücher geschrieben wurden, die Kirche schon in viele Strömungen zerfallen war, Vorstellungen der Hölle aber in ähnlicher Weise auch in anderen Strömungen existierten.
2) bezüglich Milton Paradise Lost ist weiter zu beachten, dass das ein hochpolitisches Buch war: Milton war entschiedener Anhänger Cromwells. Er begann mit dem Buch, als die Republik scheiterte und die Royalisten wieder Oberhand gewannen, als der Stuart Charles I den Thron bestieg und England wieder zur Monarchie wurde. Aus Paradise Lost spricht viel von der Verbitterung, die Milton nach dem Scheitern der Republik empfand.
3) in der Tat sind die Vorstellungen der Hölle, wie sie so allgemein-populär wurden, nicht durch die Bibel gedeckt. Aber Milton und Dante haben diese nicht erfunden, allerhöchstens aufgenommen und literarisch verarbeitet.
Solche Vorstellungen einer Hölle gab es schon lange vorher, insbesondere sogar lange vor dem Christentum!
Im Griechischen gab es die Unterwelt, die Welt des Hades, deren Grenze unter anderem durch den Phlegethon, den Flammenfluss bestimmt wird, einem Fluss, der je nach Quelle glühende Steine (Lava) oder sogar kochendes Blut führt. Der andere Grenzfluss ist der Kokytos, der Fluss der Wehklagen, der sogar explizit bei Dante übernommen wird.
Auch im Islam gibt es die Vorstellung der Hölle Dschahannam, mit den Zutaten wie Feuerqualen, Skorpionen etc. Im Koran wird dafür auch wiederholt das Wort für "loderndes Feuer" benutzt.
Auch im Hinduismus gibt es Naraka als Ort körperlicher Qualen, hier eine hinduistische Darstellung der Hölle:
Wikipedia: Naraka (Mythologie)#/media/Datei:Hindu hell.jpgViele Vorstellung der Qualen sind dabei sehr ähnlich der christlichen Hölle, interessant finde ich auf dem Bild noch das Zähneziehen als eine Form der Qual...
Wenn Du Milton und Dante gerne gelesen hast, würde ich Dir auch Nihon Ryōiki, in Japan etwa um 800 unserer Zeit geschrieben, empfehlen, auch da wird eine Vorstellung der Hölle beschrieben mit vielen verschiedenen Formen der Höllenqualen...
Mein Eindruck ist in Summe, dass die Vorstellung einer Hölle ("Hel", wie es ja auch nordgermanischen Menschen schon vor dem Christentum kannten), vom Christentum nur übernommen und genutzt wurde. So wie auch andere Elemente der Mythen und Religionen christiansierter Länder in die christliche Kultur Eingang fanden, man denke zum Beispiel an das Julfest, das Mittwinterfest, was zu Weihnachten wurde... Und Milton und Dante haben nur die längst etablierten Vorstellungen aufgegriffen und in Literatur gefasst.