Moroni schrieb:Das Jesus ein Gutmensch war ist nur christliche Theologie die von Paulus herrührt. Jesus war im Grunde ein revulutionärer Mensch, der das vorherrschende Priestertum absetzen wollte. Er wollte stattdessen die alten Werte des jüdischen Glaubens wieder herstellen. Das Priestertum seiner Zeit erschien Jesus zu staatstreu und bestechlich. In soweit wollte Jesus zwar alles Gute, aber das galt nur für Juden und nicht für andersgläubige.
Jesus war sicherlich ein wacherer Mensch als alle anderen Juden, auch als die, welche im Alten Testament vorkommen, deshalb wäre er durchaus dazu fähig gewesen, dem Gott des AT gegnüber eine unvoreingenommene Haltung einzunehmen. Es gibt durchaus Passagen wie das Thomasevangelium, indem eine solche unabhängige Sichtweise eingenommen wird, und indem dem Gott nach jüdischen Vorstellungen kaum noch Beachtung geschenkt wird.
Aber das war gewiss nicht immer so in seinem Leben. Er ließ sich letztlich total einspannen für die Sache des AT, und hat sozusagen stets immer wieder 100 Prozentige Treue gegenüber dem jüdischen Gott betont. Eine Distanzierung folgte stets nur indirekt, wie es uns das Thomasevangelium überliefert. Ohne das Alte Testament wäre dieser Jesus aber tatsächlich nicht denkbar gewesen.
Das, was er forderte war stets die Erfüllung der Torah, auf die er immer verwies. Deshalb ist auch die Vorstellung von manchen, Jesus sei sozusagen das Gegenteil von "Jahwe" gewesen oder sein Vater sei ein völlig anderer Gott (sogenannte gnostische Vorstellungen) völlig absurd und aus der Luft gegriffen. Denn wir wissen, dass er sich stets bei allem auf die alte Schrift berufen hat. Außerdem war es klar, dass er die Juden als sein Volk verstand, und ihm an diesen mehr lag als an anderen Völkern. Dass er ganz klar für die jüdische Sache einstand, muss aber nicht bedeuten, dass ihm andere Völker gleichgültig waren (denn auch im Alten Testament finden wir die Botschaft, dass Gott letztlich genauso für alle "Heiden" da ist, und diesen Rettung anbietet). Ist ja auch klar, letztlich ist die ganze Schöpfung erlösungsbedürftig, und das wurde sicherlich auch zu keiner Zeit bezweifelt.
Nun stellt aber dieser Jesus, der wacher war als alle, die diese Religion erfunden haben, seine Sache völlig in den Dienst "Jahwes" und der Juden, aber nicht nur das. Er stieg sozusagen in diese Dunkelheit der Menschen herab, und ließ sich total erniedrigen und ans Kreuz schlagen von Menschen "die nicht wussten was sie tun". Und genau das ist die eigentliche Großtat. Dieser Jesus hätte frei sein können wie ein Buddha, hat sich aber total für diese Sache hergegeben. Damit überwand er die Distanz zwischen Gott und den Menschen, die unüberbrückbar geworden war. Alle waren abgefallen wegen der Sünde, aber dieser Jesus, der eigentlich unabhängig davon hätte sein können, wegen seiner geistigen Freiheit, ist genau da mitten durch gegangen durch die Sünde, und hat all das erlitten, was Menschen schon vorher erlitten haben, nur viel stärker, war er doch allgegenwärtiger Geist Gottes, der nicht erst am Kreuz gelitten hat sondern der immer, Zeit seines Lebens, unter diesen Menschen gelitten hat.
Dieser Jesus war nicht irgendein "Erleuchteter" wie das manche behaupten oder irgend einer der sich ein schönes Leben gemacht hätte. Es wird zwar sehr schöne Momente in seinem Leben gegeben haben, aber die werden recht selten gewesen sein. Ich weiß nicht wie es war Jesus zu sein aber es wird nie besonders angenehm gewesen sein, nicht erst am Kreuz. Mit ihm hätte bestimmt niemand tauschen wollen, und er wäre, auch wenn ihm wenigstens das mit der Kreuzigung erspart geblieben wäre, auch von niemandem zu beneiden gewesen.