Kommt jetzt der Crash? Wohin geht die Reise?
08.07.2011 um 20:58Interview mit Professor für allgemeine und internationale Betriebswirtschaftslehre Max Otte
http://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/tid-22852/staroekonom-max-otte-die-euro-rettung-ist-demagogie_aid_643101.html
FOCUS Online: Herr Otte, Sie wenden sich jetzt eigens mit einer Streitschrift „Stoppt das Euro-Desaster!“, die im Lauf des Juli erscheint, an die Öffentlichkeit. Ist eine solche Schrift noch notwendig? Ein zweites Hilfsprogramm für Griechenland ist auf dem Weg, der Euro-Rettungsschirm EFSF wird kräftig ausgeweitet. Und selbst der griechische Ministerpräsident Papandreou genießt weiter das Vertrauen seines Parlaments. Damit sollte die Währung doch endgültig aus dem Schneider sein.Den Rest des Interviews
Max Otte: Eine „Euro-Krise“ gibt es ohnehin nicht. Es wird hier ein riesiger Etikettenschwindel betrieben. Dieses schändliche Spiel gilt es zu stoppen. Denn die ständigen Aufrufe von Merkel, Juncker & Co., den Euro oder Griechenland oder Europa zu retten, sind politische Lügen.
FOCUS Online: Es geht gar nicht um Euro oder Europa?
Otte: Absolut nicht. Es profitieren weder Europa noch die griechischen Bürger oder die Bevölkerung der Geberländer wie Deutschland von den Abermilliarden an Euro, die hier wieder lockergemacht werden. Es profitieren allein die Banken, die sich diesmal mit griechischen Anleihen verzockt haben. Also noch mal: Wir haben keine Euro-Krise. Es gibt eine neue Bankenkrise.
FOCUS Online: Aber es dürfte doch unbestritten sein, dass Griechenland Hilfe der Euro-Partner dringend benötigt.
Otte: Ja, aber Hauptnutznießer dieser Hilfen sind vor allem Investmentbanken und Superreiche als größte Geldgeber Griechenlands. Bei ihnen handelt es sich ja nicht um die Kreissparkasse Dinkelsdorf, sondern um erfahrene Fachleute, die auch die Risiken solcher Anlagen kennen müssten. Und just sie werden von Haftung und sämtlichen Konsequenzen ihrer kaufmännischen Entscheidungen freigestellt. Da läuft doch etwas gewaltig schief. Und die Bürgerinnen und Bürger spüren das. Sie wissen, dass sie am Ende die Dummen sind. Das alles unter dem Deckmantel der Euro-Rettung. Die Steuerzahler sollten sich wehren. Daher meine Streitschrift. Ich will mir später nicht vorwerfen müssen, als Wissenschaftler und Finanzexperte nicht zeitig vor dem heraufziehenden Desaster gewarnt zu haben.
FOCUS Online: Ungeschoren kommen doch auch die Banken nicht davon. Private Gläubiger sollen diesmal einen freiwilligen Beitrag leisten.
Otte: Schon wieder so ein irreführender Propagandabegriff. Denn das Wort „privat“ suggeriert, dass es sich um normale Bürgerinnern und Bürger handelt. Das stimmt aber nicht. Private Gläubiger sind Banken und Finanzdienstleister – allen voran griechische Banken. Diese sind oft in der Hand griechischer Milliardäre und Oligarchen. Das sind die Akteure, die wir „retten“. Und freiwillig werden die nicht auf ihr Geld verzichten....
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