Die Zeichen verkünden die Wirklichkeit
03.05.2005 um 14:59
Von der freiwilligen Knechtschaft des Menschen
Über die Feigheit
...wie es sein könne, daß so viele Menschen, so viele Dörfer, so viele Städte, so viele Nationen sich manches Mal einen einzigen Tyrannen gefallen lassen, der weiter keine Gewalt hat, als die, welche man ihm gibt; der nur soviel Macht hat, ihnen zu schaden, wie sie aushalten wollen; der ihnen gar kein Übel antun könnte, wenn sie es nicht lieber dulden, als sich ihm widersetzen möchten...
...Unsere Natur ist also beschaffen, daß die allgemeinen Pflichten der Freundschaft ein gut Teil unsres Lebens in Anspruch nehmen...
...daß man nämlich eine unendliche Zahl Menschen nicht gehorsam, sondern leibeigen sieht; nicht geleitet, sondern unterjocht, Menschen, die nicht Güter noch Eltern, noch Kinder, noch ihr eigenes Leben haben, das ihnen selber gehört...!
...daß sie die Räubereien, die Schindereien, die Grausamkeiten nicht einer Armee, nicht einer Barbarenhorde, gegen die man sein Blut und sein Leben kehrt, dulden, sondern oft eines einzigen Menschleins und seiner Clique...
...wenn zwei, wenn drei, wenn vier sich eines Einzigen nicht erwehren, dann ist das seltsam, aber immerhin möglich; dann kann man schon und mit gutem Recht sagen, es fehle ihnen an Herzhaftigkeit...
...wenn jedoch hundert, wenn tausend unter einem Einzigen leiden, dann sagt man doch wohl, daß sie sich nicht selbst gehören wollen, nein, daß sie es nicht wagen sich selbst zu gehören; und das nennt man nicht mehr Feigheit, sondern Schmach und Schande...
...wenn man aber sieht, wie nicht hundert, nicht tausend Menschen, sondern hundert Länder, tausend Städte, Millionen Menschen sich eines Einzigen nicht erwehren, der alle miteinander so behandelt, daß sie Leibeigene und Sklaven sind, wie könnten wir das nennen? Ist das Feigheit...?
Von der Feigheit und Trägheit eines Volkes
...alle Laster haben ihre natürlichen Grenze, die sie nicht überschreiten können: zwei Menschen, vielleicht auch noch zehn, können Einen fürchten; aber wenn tausend, wenn eine Million Menschen, wenn tausend Städte mit Einem nicht fertig werden, dann ist das keineswegs Feigheit...
... ebenso wenig wie sich die Tapferkeit so weit erstreckt, daß ein Einziger eine Festung stürmt, eine Armee angreift, ein Königreich erobert. Welches Ungeheuer von Laster ist das also, das nicht einmal den Namen Feigheit verdient...?
...welche, meint man, werden tapferer in den Kampf gehen? Diejenigen, die zum Lohne für Ihre Mühen die Aufrechterhaltung ihrer Freiheit erhoffen, oder diejenigen, die für die Streiche, die sie versetzen oder empfangen, keinen andern Preis erwarten können, als die Knechtschaft der andern...?
...denn wenn sie aufhörten, Knechtsdienste zu leisten, wären sie frei und ledig; das Volk begibt sich selbst in die Sklaverei und schneidet sich selber die Gurgel durch...
...es hat die Wahl, untertan oder frei zu sein und verzichtet auf seine Freiheit und nimmt das Joch; es fügt sich in sein Elend und jagt ihm gar nach....
...wenn es das Volk etwas kostete, seine Freiheit wieder zu erlangen, würde es sich nicht beeilen, obwohl es nichts Köstlicheres geben kann, als sich wieder in den Stand seines natürlichen Rechtes zu setzen und sozusagen aus einem Tier wieder ein Mensch zu werden...
...die Feigen und Trägen können weder dem Übel standhalten noch das Gute erobern; sie begnügen sich damit, es zu wünschen...
...die Tugend aber, die Hand danach zu recken, enthält ihre Feigheit ihnen vor; nur der Wunsch, es zu haben, wohnt in ihnen von Natur...
Über die Natur des Menschen
...o ihr armen, elenden Menschen, ihr unsinnigen Völker, ihr Nationen, die ihr auf euer Unglück versessen und für euer Heil mit Blindheit geschlagen seid, ihr laßt euch das schönste Stück eures Einkommens wegholen, eure Felder plündern, eure Häuser berauben und den ehrwürdigen Hausrat eurer Vater stehlen...!
...woher nimmt euer Feind so viele Augen, euch zu bewachen, wenn ihr sie ihm nicht leiht? Wieso hat er so viele Hände, euch zu schlagen, wenn er sie nicht von euch bekommt...?
...die Füße, mit denen er eure Städte niedertritt, woher hat er sie, wenn es nicht eure sind? Wie hat er irgend Gewalt über euch, wenn nicht durch euch selber? Wie möchte er sich unterstehen, euch zu plagen, wenn er nicht mit euch im Bunde stünde...
...was könnte er euch tun, wenn ihr nicht die Hehler des Spitzbuben wäret, der euch ausraubt, die Spießgesellen des Mörders, der euch tötet, und Verräter an euch selbst...?
...seid entschlossen, keine Knechte mehr zu sein, und ihr seid frei. Ich will nicht, daß ihr den Tyrannen verjagt oder vom Throne werft; aber stützt ihn nur nicht (Anmerkung: d.h. sich von "demokratischen" Wahlen und gutmenschlichen Feiern fernhalten!); und ihr sollt sehen, daß er, wie ein riesiger Koloß, dem man die Unterlage nimmt, in seiner eigenen Schwere zusammenbricht und in Stücke geht...
Drei Arten von Tyrannen
...denn bei Gott, wenn die Menschen nicht gar zu taub sind, rufen ihnen die Tiere zu: Es lebe die Freiheit! Etliche unter ihnen sterben, wenn sie in Gefangenschaft geraten, wie der Fisch, der das Leben aufgibt, wenn er aus dem Wasser kommt. So schwinden sie dahin und wollen ihre natürliche Freiheit nicht überleben...
...es gibt drei Arten Tyrannen: die einen haben die Gewalt kraft der Wahl des Volkes; die anderen durch die Gewalt ihrer Waffen; die dritten auf Grund der Erbfolge ihres Geschlechtes...
...die Eitelkeit kommt über sie, daß sie so groß dastehen, und nun beschließen sie, von der Position nicht mehr zu wanken; die Macht, die das Volk ihnen geliehen hat, wollen sie nun ihren Kindern vererben...
...es muß für alle Menschen, wenn sie denn nur einigermaßen Menschen sind, ehe sie sich unterjochen lassen, eines von zweien geben: entweder sie werden gezwungen oder betrogen - gezwungen von fremder Waffengewalt, oder betrogen von den Parteien...
...durch Betrug verlieren sie oft die Freiheit, und dabei werden sie nicht so oft von anderen überlistet, sondern vielmehr von sich selber getäuscht...
...im Anfang steht man freilich unter dem Zwang und ist von Gewalt besiegt; aber die, welche später kommen und die Freiheit nie gesehen haben und sie nicht kennen, dienen ohne Bedauern und tun gern, was ihre Vorgänger gezwungen getan hatten...
... unter dem Joche geboren, wachsen sie in der Knechtschaft auf, sie sehen nichts anderes vor sich, begnügen sich, so weiter zu leben, wie sie zur Welt gekommen sind und lassen es sich nicht in den Sinn kommen, sie könnten ein anderes Recht oder ein anderes Gut haben, als das sie vorgefunden haben. Und so halten sie den Zustand ihrer Geburt für den der Natur...
Über die Ursachen freiwilliger Knechtschaft
Die Tyrannen haben wohl gemerkt, daß die Bücher und die Ausbildung den Menschen mehr als sonst irgend etwas den Sinn geben, zum Bewußtsein zu kommen und die Knechtschaft zu hassen..
...und darum gibt es nicht mehr Gelehrte, als die Tyrannen zulassen...
...nun bleibt allerdings der Eifer und die Begeisterung derer, die der Zeit zum Trotz die Hingebung an die Freiheit bewahrt haben - so groß auch ihre Zahl sein mag - ohne Wirkung, weil sie sich untereinander nicht kennen...
...die Freiheit zu handeln und zu reden, ja sogar zu denken, ist ihnen unter dem Tyrannen ganz geraubt; sie bleiben in ihren Phantasien ganz allein...
...und doch, wer Geschehnisse der Vergangenheit und die alten Geschichtsbücher durchgeht, wird finden, daß die, welche ihr Vaterland in schlechter Verfassung und in schlimmen Händen sahen und es unternahmen, es zu befreien, fast immer ans Ziel gelangt sind, und daß die Freiheit sich selbst zum Durchbruch verhilft...
...aber um auf meinen Faden zurückzukommen, den ich fast verloren hätte: der erste Grund, warum die Menschen freiwillig Knechte sind, ist der, daß sie als Knechte geboren werden und so aufwachsen...
...aus diesem folgt ein zweiter, nämlich daß die Menschen unter den Tyrannen leicht feige und weibisch werden. Mit der Freiheit geht wie mit einem Mal die Tapferkeit verloren. Geknechtete haben im Kampf keine Frische und keine Schärfe, sie gehen wie Gefesselte, als ob's nicht Ernst wäre, in die Gefahr...
...in ihren Adern kocht nicht die Glut der Freiheit, welche die Gefahr verachten läßt und die Lust hervorbringt, durch einen schönen Tod inmitten der Freunde die Ehre des Ruhmes zu erkaufen...
...die Freien wetteifern untereinander, jeder kämpft fürs Gemeinwohl und jeder für sich, alle wissen, daß die Niederlage oder aber der Sieg ihre eigene Sache sein wird...
...während die Geknechteten außer dem kriegerischen Mut auch noch in allen andern Stücken die Lebendigkeit verlieren und ein niedriges und weichliches Herz haben und zu allen großen Dingen unfähig sind...
...die Tyrannen wissen das wohl, und tun ihr Bestes, wenn die Völker erst einmal so weit gekommen sind, sie noch schlaffer zu machen...
...die Theater, die Spiele, die Volksbelustigungen und Aufführungen aller Art, die Gladiatoren, die exotischen Tiere, die Medaillen, Bilder und anderer Kram der Art, das waren für die antiken Volker der Köder der Knechtschaft, der Preis für ihre Freiheit, das Handwerkszeug der Tyrannei...
...dieses Mittel, diese Praktik, diesen Köder hatten die antiken Tyrannen, um ihre antiken Untertanen unters Joch der Tyrannei zu schläfern...
...so gewöhnten sich die Völker in ihrer Torheit an diesen Zeitvertreib, und vergnügten sich mit eitlem Spielzeug, das man ihnen vor die Augen hielt, damit sie ihre Knechtschaft nicht merkten...
...die römischen Tyrannen verfielen noch auf etwas weiteres: sie sorgten für öffentliche Schmause, damit die Kanaille sich an die Gefräßigkeit gewöhnte...
...sie rechneten ganz richtig, daß von solcher Gesellschaft keiner seinen Suppentopf lassen würde, um die Freiheit der platonischen Republik wiederherzustellen. Die Tyrannen ließen Korn, Wein und Geld verteilen. Und wie konnte man da "Es lebe der König!" zum Ekel schreien hören...!
...den Tölpeln fiel es nicht ein, daß sie nur einen Teil ihres Eigentums wiederbekamen und daß auch das, was sie wiederbekamen, der Tyrann ihnen nicht hätte geben können, wenn er es nicht vorher ihnen selber weggenommen hätte...
...da hatte einer heute sich auf der Straße nach dem ausgeworfenen Geld gebückt, oder ein anderer hatte sich beim öffentlichen Mahle vollgefressen, und am Tag darauf wurde er gezwungen, sein Hab und Gut der Habgier, seine Kinder der Ausschweifung, sein Blut der Grausamkeit dieser prächtigen Kaiser auszuliefern...
...da war er stumm wie ein Stein und wagte kein Wort zu sagen und war reglos wie ein Klotz...
...so ist die Volksmasse immer gewesen. Beim Vergnügen, das sie in Ehren nicht bekommen durfte, ist sie ganz aufgelöst und hingegeben, und beim Unrecht und der Qual, die sie in Ehren nicht dulden durfte, ist sie unempfindlich...
...daß die Tyrannen, um sich zu sichern, versucht haben, das Volk nicht nur an Gehorsam und Knechtschaft, sondern geradezu an eine Art religiöse Anbetung ihrer Person zu gewöhnen und so die Religion zu ihrer Leibgarde zu machen...
...wer vermeint, die Hellebarden der Wachen oder die Büchsen der Posten beschützten die Tyrannen, der ist nach meinem Urteil sehr im Irrtum...
...sie bedienen sich ihrer, glaube ich, mehr zur Form, denn diese Wachen hindern die Ungeschickten, die wehrlos sind, aber nicht Wohlbewaffnete, die zu einem Unternehmen gerüstet sind....
...nicht die Waffen schützen den Tyrannen, sondern, man wird es nicht gleich glauben wollen, aber es ist doch wahr, viere oder fünfe sind es jeweils, die den Tyrannen schützen; viere oder fünfe, die ihm das Land in Knechtschaft halten...
...immer ist es so gewesen, daß fünfe oder sechse das Ohr des Tyrannen gehabt und sich ihm genähert haben oder von ihm berufen worden sind, um die Gesellen seiner Grausamkeiten, die Genossen seiner Vergnügungen, die Zuhälter seiner Lüste und die Teilhaber seiner Räubereien zu sein...
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Im ALLEM kannst Du das NICHTS erkennen, und im NICHTS ALL - ES!